Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.06.1908
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 23.06.1908
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19080623
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-190806230
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19080623
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1908
- Monat1908-06
- Tag1908-06-23
- Monat1908-06
- Jahr1908
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
143, 23. Juni 1V08. Nichtamtlicher Teil. «örsrnblklU s. d. Dgchn. «uchhandkl. 6899 die damit gegebene Schwierigkeit dadurch zu lösen, daß man ein fach erklärt: »wir werden den Verlegern so viel von ihrem Eigen tum wegnehmen, daß der Zweck der Bibliotheken erfüllt werden kann, ohne daß der Staat weitere Mittel hierfür aufwendet«. Wenn weiter der Frage, ob ein solches Verfahren auch berechtigt sei, damit vorgebeugt wird, daß man sagt: »wir müssen den Ver legern ihre Bücher wegnehmen, weil sie sie gutwillig nicht her gegeben haben«; wenn schließlich noch u. a. die Zustände in Rußland und der Türkei als erstrebenswerte Vorbilder für uns hingestellt werden: dann fragt man sich wirklich, wie solche Forderungen mit solcher Begründung in einem Rechtsstaat möglich sind und ob wieder einmal der böse Geist in Deutschland umgeht, der alles Ausländische für gut und nachahmenswertem, nur weil es aus ländisch ist. Der eiserne Bestand von ethischen Grundbegriffen der Mensch heit' ist ja im wesentlichen unveränderlich; aber er ist doch einer stetigen, wenn auch äußerst langsamen Erweiterung unterworfen, während welcher die hinzutretenden Begriffe in ihrem ethischen Charakter noch schwankend sind. So ist der Begriff des materiellen Eigentums ein uralter, auch nach seiner ethischen Seite hin durch aus gefestigter; der Begriff des geistigen Eigentums dagegen ist sehr neuen Datums und hat sich als e t h i s ch e r Grundbegriff noch nicht volle Geltung verschaffen können. Zur Zeit des Privi legwesens galt das geistige Eigentum noch als vogelfrei. Es war der gute Wille der Mächtigen, ob sie es, aus mehr oder weniger eigennützigen Gründen, innerhalb ihres Machtbereichs schützen wollten. — Deutschland war es, das zuerst den Begriff des geistigen Eigentums als ethisch gleichwertig neben den des materiellen stellte; und die Führung bei dieser Bewegung in Deutschland hatte Sachsen. Und eben weil man hier den Schutz des geistigen Eigentums als sittliche Forderung schlechthin erkannte, hat man in Deutschland darauf verzichtet, ihn von Formalitäten irgend welcher Art abhängig zu machen; hat man in Sachsen, Baden, einigen kleineren deutschen Staaten sowie in den meisten Kantonen der Schweiz auch auf die Pflichtexemplare verzichtet, als auf eine heute durch nichts mehr zu rechtfertigende Forderung einstiger Willkürherrschaft. Wenn die wenigsten Staaten der Erde so weit haben gelangen können, den sittlichen Begriff des geistigen Eigen tums in dieser Klarheit zu erfassen und zu schützen; wenn selbst viele deutsche Bundesstaaten noch nicht so weit gekommen sind, den alten Zopf der Pflichtexemplare endlich einmal abzuschneiden, — soll das ein Grund für Sachsen sein, seine Vergangenheit zu verleugnen und eine dem Mittelalter entstammende, ungerechte und verhaßte Abgabe wieder aufleben zu lassen? Denn man sage nicht, daß es sich hier um eine geringfügige Sonderbesteuerung des Verlagsbuchhandels handle: Nicht um unser Geld kämpfen wir, sondern um unser Recht! Wo ist es sonst in Deutschland oder in irgend einem Kulturstaat erhört, daß der Staat von seinen Bürgern Steuern in Gestalt von Natural leistungen verlangt? Und wo ist der Rechtsgrund dafür, daß gerade der Verlagsbuchhandel mit einer solchen Abgabe, die man sonst überall mit gutem Grund abgeschafft hat, belastet werden soll? Bedarf es noch der Erläuteiung, daß diese Abgabe eine in sich ungerechte ist, die den einen Verleger schwer, den andern fast garnicht trifft, je nach der Verlagsrichtung? Und ist man sich der Konsequenzen bewußt, wenn man wieder zu solchen Naturalliefe rungen greift? Was den Bibliotheks-Verwaltungen recht ist, soll das nicht anderen staatlichen Instituten billig sein? Dann verlangen Museumsverwaltungen »Pflichtexemplare« von allen Erzeugnissen der graphischen Künste, oder von allen gewerbsmäßig hergestellten Münzen, Medaillen und Plaketten; da verlangt ein technisches Museum ein »Pflichtexemplar« von jeder im Lande fabrizierten Maschine! Es ist unnötig, weiter auszuführen, zu welchen Unsinnigkeiten und Ungerechtigkeiten die folgerechte Anwendung dieses wunderbaren Grundsatzes der Naturalabgabe für Samm lungszwecke heutzutage führen müßte! In der Ersten Kammer hat Herr Geheimrat Wach behauptet, daß »die Verleger der Welt in einer Reihe von Kongressen die Lieferung von Pflichtexemplaren als eine Notwendigkeit an erkannt hätten«. Das wäre in der Tat ein schwerwiegendes Argument. Betrachten wir deshalb die Tatsachen etwas näher. Der auf das »äsxöt legal« bezügliche Beschluß des I. (Pariser) Kongresses lautet: s 1. »Sofort nach Veröffentlichung jedes Druckwerks sollen zwei Exemplare hinterlegt werden, welche für die nationalen Sammlungen bestimmt sind« und 3. »die Verpflichtung dieser Hinterlegung des Druckwerks liegt dem Verleger ob, mangels eines solchen dem Autor«. Aber die Verhandlungen zeigen deutlich, daß es sich hierbei gar nicht um die Frage gehandelt hat, die uns hier beschäftigt: ob diese dem Verlagsbuchhandel auferlegte Naturalabgabe eine gerechte ist oder nicht, sondern lediglich darum, von wem diese einmal bestehende Last getragen werden sollte! Bis dahin waren die" Pflichtexemplare in Frankreich und vielen anderen Ländern von" den Buchdruckern eingefordert worden. Infolge der großen Unzuträglichkeiten, welche dieses System mit sich gebracht hatte, war eine starke Agitation dafür eingeleitet worden, daß sie in Zukunft nicht von diesen, sondern von den Verlegern ge fordert werden sollten, und man legte Wert darauf, daß in einer Reihe von Kongressen gleichlautende Resolutionen in diesem Sinne gefaßt wurden. So war die oben zitierte, auf dem Ver leger-Kongreß zu Paris im Juni 1896 beschlossene Resolution bereits vorher dem Internationalen Kongreß für das literarische und künstlerische Eigentum in Antwerpen vorgelegt und ein stimmig von dem Kongreß der französischen Buchdruckerei-Besitzer in Lyon vom 25. August 1894 sowie von dem Kongreß derselben in Marseille am 14. September 1895 angenommen worden. Ebenso erfolgte die nochmalige Annahme (mit einem hier nicht interessierenden Zusatz) auf dem Verlegerkongreß zu Brüssel im Jahre 1897. Es heißt also den Tatsachen Gewalt antun, wenn man behauptet, daß durch diese Resolution die grundsätzliche Frage der Pflichtexemplare im bejahenden Sinne beantwortet worden sei. Diese Frage ist vielmehr zum ersten Male auf dem Inter nationalen Verleger-Kongreß in London im Jahre 1899 durch ein sehr gründliches und streng sachliches Referat des Herrn Marston behandelt worden. Dieser führt aus, daß das Pflichtexemplar berechtigt erscheine zur Sicherung des Urheberrechts oder für die Schaffung einer nationalen Bibliothek wie das »British Museum«, verbunden mit Zwecken der Bibliographie. Sodann fährt er fort: »Lut I venture to tdinlc timt tde qusstion assumss a total!)? ckikksrsnt aspeet virsn it dsoomss ons ok tds compulsorv gilt ok 8. nurndsr ok ooxiss to a nuinder ok xmdiio lidrariss«. Das ist genau der Fall, um den es sich bei uns inDeutschland, resp. jetzt in Sachsen handelt! Denn bekanntlich besitzt Deutschland —leider! — keine Reichs bibliothek, die dem British Museum an die Seite gestellt werden könnte, und der deutsche Buchhandel hat auch ohne Zentral-Biblio- thek und Pflichtexemplare seine Bibliographie so auszugestalten gewußt, daß sie der britischen mindestens ebenbürtig an die Seite gestellt werden kann. Herr Marston widmet nun sein ganzes Referat dem Nachweis, daß diese Art von Pflichtexemplaren nicht nur eine schwere sondern auch eine durchaus ungerechte Sonderbesteuerung des Buchhandels sei. Er steht also genau auf demselben Standpunkte, auf dem auch der deutsche Buchhandel jederzeit gestanden hat und auch heute steht. Auf die auch im Deputationsbericht wiederkehrende Be hauptung, das Pflichtexemplar bedeute für den Verleger nicht viel mehr als die Kosten des dafür nötigen Druckpapiers, sagt Marston: »I oannot quiks so easilv aoospt suod an airv v a )- ok ckisposing ok tds matter« und bezüglich der Forderung der Pflichtexemplare: »I dave alwavs maintainsck tkat it is a eass vdsrs lau? ancl justios ars not s )? n o n m o u s.« 897*
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder