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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 04.02.1904
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- 04.02.1904
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- Deutsch
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1156 Nichtamtlicher Teil ^ 28, 4. Februar 1904. trachteuswerten Schatz an Gemälden und bildnerischen Kunstwerken hinterlassen. Auch der Musik war Heinrich Brockhaus mit großer Liebe ergeben. Je weiter seine Jahre voranschritten, um so leidenschaftlicher wuchs seine Neigung zu ihr. Nichts konnte ihn im spätem Alter, als er seine Reisen beschränken mußte, mehr beglücken, als ein wohlgewähltes Konzertprogramm, oder als ein Quartettabend in seinem Hause, wozu er gern Gäste bei sich sah und berufene Künstler, deren Freundschaft er pflegte, um sich versammelte. Am 27. August 1829 wurde ihm sein erster Sohn, Heinrich Eduard, geboren, am 16. Juli 1838 sein zweiter Sohn Heinrich Rudolf, beide die späteren Nachfolger in Besitz und Leitung des Geschäfts. Dieses entwickelte sich unter der Leitung der Brüder Friedrich und Heinrich und später (seit 1850) unter der alleinigen Leitung Heinrichs in großartiger Weise, ungeachtet mancher Schwierigkeiten, die in den teilweise sehr bewegten politischen Verhältnissen (1830, 1848, 1866) chre Ursache hatten und auf großen Betrieben, die viele Hunderte von Mitarbeitern beschäftigen, naturgemäß schwerer lasten als auf kleinen. Es ist nicht Aufgabe dieser Lebensskizze, alle die Verlags-Unternehmungen aufzuzählen, denen er Leben gegeben, deren Bestand er ge sichert hat, Zeugen großer geschäftlicher Erfolge und — Kinder der Sorge, wie sie eben in jedem Verlagsgeschäst, wechselnd und unberechenbar einander folgen; wohl aber darf auch im Rahmen dieser Skizze hervorgehoben werden, daß ein großer Zug durch seine Verlagstätigkeit geht, daß es große Ziele sind, die er, oft genug ohne Rücksicht auf den verlegerischen Erfolg, mit seinen Veröffentlichungen verfolgt, Ziele literarischer, künstlerischer, wissenschaftlicher, politischer Art, die er sich vorgesetzt und fast immer auch erreicht hat. Allein vom Konversations-Lexikon, dem Eckstein seines Hauses, hat er den, den Zeitströmungen folgenden veränderten Plan von sechs Auflagen entworfen, ihn mit hervorragenden Wissen schaftern ausgeführt und die gewissenhafteste Revision und Redaktion des Ganzen meist selbst geführt. Was Heinrich Brockhaus in seinen jungen Jahren zu seinem unverhohlenen Schmerz versagt geblieben ist, das persönliche Anschauen fremder Länder und Leute, hat er im spätem Alter in ungewöhnlich reichem Maße nachgeholt. Es erweckt Bewunderung zu sehen, wie dieser vielbeschäftigte, um alles in seinem großen Hause persönlich sich kümmernde und sorgende Mann fast Jahr für Jahr auf langen Reisen unterwegs sein kann, gänzlich außer Sorge, daß die große Maschine seines heimischen Geschäftsbetriebes ohne seine persönliche Aufsicht etwa Schaden nehmen oder gar still- stehen könnte. Und häufig gerade dann begab er sich auf irgend eine meist weite Reise, wenn wichtige geschäftliche Entschlüsse zu fassen waren. Die vielen neuen Eindrücke, die er unterwegs in sich aufnahm, wirkten wohltätig auf ihn; die zeitweilige Befreiung vom lästigen Zwang der geschäft lichen Alltäglichkeit wirkte beruhigend auf seine Unschlüssigkeit, verscheuchte das Drückende, das wichtigen Entscheidungen voranzugehen pflegt, gab ihm Zeit, seine Gedanken zu kon zentrieren und sich selbst volle Klarheit zu schaffen. Freilich reiste er niemals unvorbereitet. Wie er die Fremde, die er gerade aufzusuchen trachtete, in ihren Be sonderheiten zuvor aufs sorgfältigste studiert, den Reiseweg festgelegt hatte, so sorgte er auch daheim auf glatten Abschluß seiner Arbeit und feste Regelung des Geschäftsgangs, den er ohnehin vortrefflich organisiert und — soweit irgend möglich — bewährten Mitarbeitern anvertraut hatte. Sich selber behielt er lediglich die Aufsicht vor. »Nur dasjenige selber machen, was kein andrer ebenso gut machen kann«, war sein Grundsatz. Mit dessen Befolgung entging er körperlicher Ermüdung, hielt sich den Kopf frei für die allgemeine ge schäftliche Übersicht und das Gemüt empfänglich für das viele Neue, das täglich an ihn wie an andre herantrat und seine verlegerische Beachtung verdiente. Von unterwegs liefen dann auf die wöchentlich ausgesandten Berichte seine Enscheidun- gen wichtiger Sachen in knapper, klarer Fassung ein. Auch mancherlei Anregung für neue Verlagsunternehmen, die sich ihm auf der Wanderfahrt eingeprägt und seine Gedanken gefesselt hatte, pflegte sich einzustellen und fand daheim ihre Ausarbeitung. Diese vielen, oft weit ausgedehnten und nicht selten beschwerlichen Reisen stählten ihm Geist und Körper. Sie dienten zugleich zur Anknüpfung geschäftlicher Verbindungen, deren viele sich in der Folge als segensreich erwiesen haben. Auch galt es, auf allen Gebieten menschlicher Betätigung hochstehende Männer persönlich zu begrüßen, denen der welt bekannte Besucher willkommen war. In der Hauptsache aber suchte Heinrich Brockhaus mit diesen wohlvorbereiteten Wande rungen seinen unstillbaren Wissensdurst zu befriedigen. So hat er nicht nur Deutschland, Österreich und die Schweiz in allen großen und in vielen kleinen Städten, in Tälern und auf Gipfeln durchforscht, sondern auch nach England, Irland, Schottland, Italien, Frankreich, Holland, Belgien, Dänemark, Norwegen, Schweden, Ägypten, Palästina, Syrien, Griechenland, Sizilien, Algier, sogar nach Island hatte er den ruhelosen Wanderstab gesetzt. Und was er an geistigem Erwerb auf diesen Reisen in sich aufnahm, das verzeichnete er mit der Gewissenhaftigkeit gelehrter Forscher an Ort und Stelle in sein Tagebuch, um es daheim in Mußestunden, die er sich meisterlich abzuringen wußte, zu völlig eignem Besitz zu verarbeiten. Wie in der Arbeitsamkeit, so war Heinrich Brockhaus auch ein Muster in Ordnungsliebe, die sich auf alles er streckte, was er angriff, und auch sein Innenleben beherrschte. Ein guter Haushalter in jeder Beziehung, wußte er auch den im höchsten Grad kostbaren menschlichen Besitz, die Zeit, vortrefflich zu hüten und in Ordnung zu halten. Nur da durch gelang es ihm, unbeschadet aller aus ihm lastenden Arbeit und Verantwortung, sich frei zu Hallen für den Genuß von vielem Schönen, was andre, in dieser Richtung weniger Be gabte sich versagen zu müssen glauben und nicht ohne Bedauern entbehren. Heinrich Brockhaus fand immer noch Zeit, Bücher zu lesen, Konzert und Theater zu besuchen, private Arbeit zu pflegen, wie die vorausgehende und nachfolgende Ver arbeitung seiner Reisen sie forderte. Sogar der zeitraubenden Kunst, »sich mit Anstand zu langweilen«, wie er die her- gebrachte Geselligkeit zu bezeichnen pflegte, war er mit aller Rücksicht, die er seinen häuslichen Verpflichtungen schuldete, ergeben und opferte ihr, wiewohl ungern, manche kostbare Stunde. Auch der Dienst des öffentlichen Wohls traf bei ihm auf Zeit und Opferbereitschaft. Als Stadtverordneter hat sich Heinrich Brockhaus um seine Vaterstadt verdient gemacht, und von 1842 bis zur Auflösung im Jahre 1848 war er ihr Vertreter in der Zweiten Sächsischen Stände kammer. Der wiederholten Aufforderung der Regierung, 1850 in die nach seiner und vieler Vaterlandsfreunde Ansicht verfassungswidrig zusammenberufene Kammer wieder einzutreten, setzte er hartnäckigen Widerstand ent gegen und wurde als einer der wenigen »Renitenten« von der Wählbarkeit ausgeschlossen. Völlige persönliche Unabhängig keit, freimütiges Bekennen seiner Meinung war ihm Lebens bedürfnis. Aufrichtig freute ihn die Anerkennung, die er von seiten der freien Wissenschaft erfuhr, als ihn die Universität Jena 1858 gelegentlich ihrer Dreihundertjahrfeier zu ihrem Ehrendoktor ernannte. Nicht minder freudig überraschte ihn 1872 die Verleihung des Ehrenbürgerrechts der Stadt Leipzig bei Gelegenheit der Hundertjahrfeier des Geburtstags seines Vaters. Sowohl im Vorstand des Vereins der Buchhändler zu
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