^ 124, 30. Mai 1908. Fertige Bücher. Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. 6021 Professor vr. Wilhelm Kosch in „Deutsche Arbeit^ HI über Johannes Lister von Z. I. Horschick Horschick gehört zu den feinsten Dichtern der Gegenwart. Er ist ein Formkünstler und hat dabei inneren Charakter und ein tiefes Gemüt. Seine „Lieder des Wanderers" haben durch ihre romantische Eigenart Aufsehen erregt. Seine Novellen und Skizzen „Reif im Frühling" sind ein schönes Zeugnis künstlerischen Fortschritts, bewundernswerter Stimmungssülle und rhythmischer Prosa gewesen. Nun liegt seine bisher einzige größere Dichtung vor, eine Art Entwicklungsroman in Form einer Novelle. Johannes Lister ist Künstler, ist Dichter, ist der moderne Mensch mit allen Sehnsüchten der Gegenwart. Er liebt die Bibel und Hölderlin und Giorgione, „Das Stille und Feine, das Vibrierende und die leidenschaftslose besonnene Kraft". Er hat eine komplizierte Seele, eine kritische, eine vorwärts drängende voll ungewöhnlicher Pläne, ähnlich wie Maler Nolten und Niels Lyhne. Eine Gesellschaft von Männern uud Frauen umgibt ihn, ein Kreis von Künstlern und Kunstfreunden und schönen Menschen. Alle sind Kinder der Natur und lieben sie mit pantheistischer Inbrunst. Der heilige Franz von Assisi könnte nicht schöner schwärmen und schwelgen. Lister weiß oft nicht mehr, was Traum und Wirklichkeit ist, so tief versenkt er sich in das Leben der Natur. Seine andere Liebe aber heißt Elisabeth. Die Menschwerdung beider im höheren Sinn bildet den Inhalt des köstlichen Buches: Eine wunderbar innige Natur anschauung, Führich und Schwind vergleichbar, eine berauschende Sprache voll ossianischer Gewalt, ein Hymnus auf Leben, Liebe und Schönheit. Ich weiß, was ich mit dem Folgenden behaupte: Joses Johann Horschick ist nunmehr der bedeutendste Vertreter deutscher Kunstprosa in Böhmen seit Adalbert Stifter. Leipzig, Ende Mai 1908, C. F. Amelangs Verlag. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 7b. Jahrgang. 784