8930 X? 188, 15. August 1929. Künftig erscheinende Bücher. Börsenblatt s.b.Dtschn. Buchhandel. Deutsches Volkstum. Goethe schrieb in „Hermann und Dorothea" die Worte: Wir wollen halten und dauern, fest uns halten, und fest der schönen Güter Besitztum, denn der Mensch, der zur schwankenden Zeit auch schwankend gesinnt ist, der vermehret das Übel und breitet es weiter und weiter; aber wer fest auf dem Sinne beharrt, der bildet die Welt sich. Nicht dem Deutschen geziemt cs, die fürchterliche Bewegung fortzuleiken und auch zu wanken hierhin und dorthin. Dies ist unser! So laß uns sagen und so es behaupten! Diese Worte setzte Friedrich Ludwig Jahn löio auf das Titelblatt seines Buches „Deutsches Volkstum", in welchem er das von ihm zum ersten Male angewandte Wort „Volkstum" wie folgt erklärte: „Was Einzelheiten sammelt, sic zu Mengen häuft, diese zu Ganzen verknüpft, solche steigernd zu immer größere! verbindet, zu Sonnenreichen und Welten eint, bis alle sämtlich das große All bilden — diese Einungskraft kann in der höchsten und größesten und umfassendsten Menschcngesellschask, im Volke, nicht anders genannt werden als — Volkstum. Es ist das Gemein same des Volkes, sein innewohnendes Wesen, sein Regen und Leben, seine Wiedererzcugunggkraft, seine Fortpsianzungsfähigkeit. Dadurch waltet in allen Volksgliedern ein volkstümliches Denken und Fühlen, Lieben und Hassen, Frohsein und Trauern, Leiden und Handeln, Entbehren und Ge nießen, Hoffen und Sehnen, Ahnen und Glauben. Das bringt alle die einzelnen Menschen des Volks, ohne daß ihre Freiheit und Selbständigkeit untergeht, sondern gerade noch mehr gestärkt wird, in der Viel- und Alloerbindung mit den übrigen zu einer schönverbundenen Gemeinde". „Der Name Deutsch war bis zu den neuesten Unglürksfällen ein Beehrungswort. „Ein deutscher Mann", „dag war deutsch gesprochen", „ein deutsches Wort", „ein deutscher Händedruck", „deutsche Treue", „deutscher Fleiß", — alle diese Ausdrücke zielen auf unser festgegrünöeteS, wenn freilich nicht mit prunkendem Außenschein hervorstechendes Volkstum. Vollkraft, Biederkeit, Grad- heik, Abscheu der Winkelzüge, Redlichkeit und das ernste Gutmcinen waren seit einem Paar Jahr tausende die Kleinode unseres Volkstums, und wir werden sie auch gewiß durch alle Weltstürme bis auf die späteste Nachwelt vererben." Gott sei Dank! Wir werden es! — Wer heute sind viele Mitglieder unseres Volkes auf Irrwege geraten, die weit, weit abwärts von diesem Volkstum führen. Bei sehr vielen sind die Hochgedanken „Volk, Deutschheit und Vaterland" schon gänzlich abgestorben. Internationale Ideen und Phantastereien sind an ihre Stelle gesetzt worden, und alle, welche davon angestcckt sind, torkeln ohne Halt bald dieser, bald jener neuen Irrlehre folgend, von einem Irrtum in den anderen. Biederkeit, Gradheit, Abscheu der Winkelzüge, Redlichkeit und dauerndes Gukmeinen sind durch Eitelkeit, Selbstüberhebung, Selbstsucht, Besserwissen selbst der Unerfahrensten ersetzt worden. Alle befeinden die anderen und versuchen sich selbst Vorteile auf ihre Kosten zu verschaffen. Wer noch das große Erbe unserer Vorfahren achtet und hochschäht, wer wie Friedrich Ludwig Jahn auf diesem Erbe, auf Wahrheit und Gerechtigkeit seine Lebensanschauung aufbaut, wird verlacht und befeindet. Man will die Wahrheit nicht hören, weil sie unbedingt den Trug und den Irr tum beseitigen wird, welche sich heute so gebärden, als ob sie eine neue Weltordnung hcrbei- führen könnten. Auch heute gelten noch die Worte des Dichters Johann Heinrich Voß: „Dir Wahrheit und Gerechtigkeit, dir schwör' ich treu auf immerdar, vergebens lockt die Welt und dräut mit ihrem Trug und Schimmer; sei noch so schlimm Gefahr und Not, Verachtung selbst und schnöder Tod, unredlich sein ist schlimmer!"