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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.07.1929
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- 1929-07-16
- Erscheinungsdatum
- 16.07.1929
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Ein rechter Buchhändler mutz sein wie eine Schlange. Er darf den Staub der Wirtlichkeit nicht scheuen, muh sich listenreich durch winden durch den Zwiespalt seines verwickelten Berufes und darf den Blick nicht abwenden von der großen Frage des Kausmanns: »Gewinn oder Verlust?!« Ein rechter Buchhändler mutz aber auch sein wie ein Adler! Er mutz Höhensehnsucht in sich haben und sich frei zu halten wissen von zu großer Erdenschwerc, allzeit bereit sein, sich aufzuschwingen zum Hochland alles Wahren, Guten und Schönen! Als so einen rechten Berussgenossen habe ich selbst Philipp Dorneich kennen gelernt, seit er im Jahre 1888 zusammen mit dem Buchhändler Lutb meine Ausnahme in den Kath. Kausm. Verein als damaliger Vizepräsident des Vereins unterschrieb. Aber ich sah ihn schon manchmal seit 188S auf Waldwegen und Bergeshöhen in Frei stunden, als Zögling und Zöglingsvater, mit seiner wohlgezogenen, doch fröhlichen Jiingerschar dahinziehen! Als mein Deutschlehrer in Prima mich 1887 mit den Worten überraschte: »Sie sollten Buchhändler werden, ich wüßte Ihnen auch schon eine Lehrstelle!«, da zeigte er mir wohl einen Beruf, wie ihn mein Sehnen gesucht hatte, aber es reizte mich nicht, gerade in das 1888 gegründete Geschäft des Herrn »Rabattsky« etnzutretcn. Ich machte daher zunächst den Versuch, bei Herber unterzukommen, allein da hieß es bald: »Ausgeschlossen! Wir nehmen nur arme, Hells Schwabenbüblein aus der Heimat des Herderhauses, die in »jähriger Ausbildungszeit als Zöglinge für unsere Zwecke geschult werden!« , So ein Zögling war Dorneich, der mit 12)1 Jahren bet Herder reintrat und später dort fast bis zu der Zeit auch Zögltngsvater sein »mußte, in der er uns an einem Vereinsabend in humorvoller Weise Iseine italienische Hochzeitsreise in die Heimat seiner Frau schilderte. !Er nennt jene Zeit: glücklich und beglückt! Dorneich war der ausgeschlossenste und vielseitigste aller Herder schen Zöglinge, die ich kannte, er war ein guter Redner und seine Worte waren kein leerer Schall, so wenig wie seine Gedichte reines Wortgcklingel waren, selbst die s e u ch t s r ö h l t che n nicht! Es wurde übrigens mancher Becher gelupft, wenn Herderianer beisam men waren. Dorneich weiß ja noch von der Zeit zu berichten, wo man sich sogar um »nünt« und zum Vesper aus dem nahen »Mühl berger« einen Schoppen ins Geschäft holte. Ich selbst erinnere mich auch aus meiner Straßburger Zeit, daß ich als »Trllbnerianer« hin ter einer Hcrderschen Biicherauslage an einem heißen Sommertag mit den Herderschen Kollegen »an der anderen Ecke« Schmollis trank. — Man hört hier oft sagen: »Schwabengetst hat das Herderhaus geschussen und groß gemacht!« Hansjakob hat einst geschrieben: »Die Schwaben sind die Juden Deutschlands!« Er meinte damit die Nüchternheit, die Klugheit, die Rührigkeit, die Zähigkeit, ihr schars rechnerischer Sinn und eine ge wisse Schläue — die breite Biederkeit oft verdecken muh — mache die Schwaben zum Handel besonders geeignet, und sie brächten auch den Beweis dafür durch ihren Erfolg im Weltgetrtebe. Dorneich kam auch aus dem Schwäbischen, aber er war kein ganz echter Schwabe. Darum hatte er noch eine Anlage mehr als die harten Schwabenköpfe: er war rege und bewegt, fast wie ein Franke! Und das war gut, denn die strasfe, geschlossene Inzucht Herderscher Zöglinge hat zu jenen langen Zeiten auch ihre beson deren Nachteile, in denen man aus der einen Sette die Katholiken im Vaterland nirgends recht gelten ließ, in denen aber auch die Katho liken selbst sehr geneigt waren, aus Sorge und Verärgerung sich selbst Mnn nationalen Leben abzuschlietzen. wenn man so als stiller Beobachter zurllckdcnkt, so muß in der Tat die Überzeugung gewinnen, daß Heller, nüchterner und zähe Schwabenkraft, sestgegründct aus gesundem starken Gottvertrauens, wirklich ein außerordentliches Verdienst Aufblühen dieses Geschästes hatten, und daß die Geschlossenheit Mr Erziehung der Zöglinge sür ihre Ausgaben die Durchschlogs- «aft noch mehrte. I Das hätte aber doch jene Gefahr noch mehren können, die in Wem rühmlichen Bestreben des Hauses bestand, zunächst und streng »nur dem katholischen Gedanken zu dienen, wenn nicht neben dem i Ches des Hauses noch ein anderer gestanden hätte, der auch überzeugt r war, daß wahrhaft katholisch sein heißt: in gesunder Beschränkung bas ganze Leben meinen! Denn hätte ein katholischer Buch händler früher etwa seine Ehre drein gesetzt, bas herrschende Lite- raturgesllhl der Katholiken nie zu verletzen, das vielfach gar keinen richtigen Matzstab hatte, so hätte er nicht nur seine Pslicht gegen einen lebensvollen Katholizismus verletzt, sondern auch nie Zukunsts samen streuen können sür eine Zeit wie heute. Einzelne .Akademische Herren', die oft alles besser wissen wollen als die bewährtesten Fachleute, haben gerade über die Zeit im Herder haus, in der die ganze Verantwortung sür bas Geschäft zur Haupt sache aus Dornctchs Schultern ruhte, allerlei Kritik geübt. Allein, wie Herr Hermann Herder draußen mithals, Haus und Herd und Vaterland zu schützen, so hat Dornreich unter schwierigsten Umständen — über bedrohlichen Wirbeln lavierend — zu Hause Grund und Boden und Dach und Fach weiter erhalten. Und es entspricht ganz dem Manne, der sich immer gerührt und doch immer in Gottes Hand gegeben, wenn er schreibt: »Vor siinszig Jahren war dieses Geschäft noch klein, aber schon damals genoß der Name Herder einen Weltruf! Dieser Rus ist also nicht abhängig von der Größe des Ge schästes! Das mag ein Trost sein, wenn es sich je nach den Zeit verhältnissen in seiner äußeren Organisation wieder einschränken müßte.« — überall, wo sich heute die große geistige Not zeigt, sucht man zu Helsen. Den Buchhandel überläßt man nicht nur sich selbst, sondern der Zeitgeist, die Herrschgewalt unzulänglicher Autoritäten, der Reib und die Selbstsucht rauben ihm noch das Notwendigste. Selbst die, die von Beruss wegen von einer Zusammenarbeit im Reiche Gottes aus Erden reden, werden oft zur Gesahr ihrer Glaubensgenossen im Buchhandel, zur Hauptgesahr! Ihre nächste Berussausgabe verleidete sie ja immer gar zu leicht, zu sehr in die Eigengesetze anderer Beruse und ihre Entwicklung durch Konkurrenzmittel einzugreisen, die z. B. dem beruscnen Handel nicht zu Gebote stehen. Und doch hat der soziale Papst Leo XIII. tn seinen Betrachtungen einmal gesagt: Nicht einmal der Staat sei sittlich berechtigt, ohne dringende Not und aus die Dauer tn die notwendigen Eigengesetze des Handels sich zu mischen, weil sremde, auf besonderen Kräften beruhende Mächte notwendige freie Be ruse leicht in Gesahr brächten. Wie sehr die besondere Ausgabe auch die Kulturpolitikcr sreilich immer verleidet hat, sich in sremde Dinge einzumtschen, hat Friedrich von Schlegel schon in seinen Wiener Ltte- raturvorlesungen ausgesprochen: Schon im Altertum habe man da nichts nach innerem Sinn und Bedürfnis genügend frei wachsen lassen, wo die Politiker und die Priesterkasten die Vorherrschast gehabt hätten. Die Blender und Fassadenbauer vergesse» ganz, wer, von der Pastorationsgcistlichkeit unterstützt, ihnen in hundertjähriger, zäher Arbeit den Boden bereitet hat, und sie ahnen nichts vom Unscgen, den ihre übergroße Geschäftigkeit über das ganze christliche Leben noch bringen kann. Aber, was auch noch kommen mag, Männer, die wie Dorneich gebaut haben, die stets ihre Pslicht taten, so gut sie sie wußten, deren Weg schnurgradeaus ging, die zittern nicht vor Rückschlägen! Ihnen leuchtet durch die schwärzesten Wolken schon zu deutlich die Ruhe und die HarmDnie des Ewigen! »Gottes Werk ist weise Huld!« Man mag das Büchlein Dorneichs als eine bewußte und ge wollte Schilderung von reinen Äußerlichkeiten betrachten, gesehen aus der Froschperspektive eines Stistlcins und aus seine Lehrzeit beschränkt, es weckt doch eine Flut von Erinnerungen und immer leuchtet wie ein roter Faden das Gradlinige hervor, das zu jinben die Zeit unserem Nachwuchs so schwer macht! vovitat, Lmil: Wexe unü Aele der reitunxswissenscstukt- ssckea /Arbeit. Verlag Walter cko Oruxter L Oo-, korlill 1828. XI. 8" IS 8. 1 N. In dieser Schrift hat Pros. Dvvifat seinen Vortrag veröffent licht, mit dem er nach seiner Berufung auf den Berliner Lehr stuhl sür Zeitungswissenschaft im November 1828 seine Vorlesungen eröffnete. Dovifat vertritt den Gedanken, daß die Zeitungswissen schaft im Rahmen des allgemeinen Universitätsunterrichts bei all denen Verständnis für die Zeitung und ihre Probleme wecken solle, die tn ihrem späteren Berus irgendwie mit der Presse zu tun haben werden. Mit Recht wendet sich Dovifat aber gegen die Auffassung, als ob es Ausgabe der zeitungswissenschaftlichen Insti tute sei, die journalistische Berufsbildung selbst zu vermitteln, wäh rend es sich nur um die Vermittlung von Kenntnissen handeln kann, die für das spätere praktische Wirken wohl von Wert zu sein, es aber nicht zu ersetzen vermögen. Die Forschungsarbeit der Zei tungswissenschaft will Dovifat weiter ansgebaut wissen, denn er schreibt mit gutem Grund: »Gegenüber den Erscheinungen des öffent lichen Lebens, gegenüber den Gesetzen der politischen Willensbilbung ist die eigentlich wissenschaftliche Erkenntnis bisher zu wenig vorge drungen«. Andererseits aber zieht Dovifat in dem Bestreben, die Zeitungswissenschaft nicht zur Hilfswissenschaft anderer Disziplinen herabbrilcken zu lassen, die Grenzen doch zu eng. Es gibt Fragen und Arbeitsgebiete im Bereiche der Presse und der öffentlichen Mei nung, die nicht ausschließlich der Zeitungswifsenschast, sondern auch einer anderen Disziplin noch angehören, ohne daß deshalb bet ihrer Erforschung eine »Arbeitsteilung« vorgenommen werden müßte. Sehr wichtig ist am Schlüsse Dovisats Hinweis aus die Ethik der Presse und die Notwendigkeit, bei Reformen und der Lösung aktueller Probleme der Zeitung mitzuwirken. Daß dies an dieser Stelle ausgesprochen wurde, ist besonders zu begrüßen. A. Dresler. 77S
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