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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 11.07.1929
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- 1929-07-11
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- 11.07.1929
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158, l>. Juli 1S29, Redaktioneller Teil, Börsenblatt f. L. Dtschn. Buchhandel. und Besprechung eines Berichts von Vr. Carl Melchior über die Vorschläge -des Pariser Sachverständigen-Ausschusses zur voll ständigen und endgültigen Regelung des Reparationsproblems zusammen. Bei der Beratung, die sich aus alle wesentlichen Punkte der neuen Regelung bezog, wurde der Tatsache Rechnung getragen, daß der Sachverständigen-Ausschuß seine Aufgabe nicht nur als eine wirtschaftliche, sondern in gewissem Sinne auch als eine politische angesehen hat. Ungeachtet der Zurückhaltung, welche sich unter diesen Umständen die nürtschaftliche Berufs vertretung des Bankgewerbes bei einer Stellungnahme zu den Ergebnissen des Sachverständigenberichts auferlegen muß, hielt man es doch für geboten, folgendes zu betonen: Die deutschen Sachverständigen haben die Übernahme einer unbedingten Verantwortung für Verpflichtungen abgelehnt, die möglicherweise außerhalb der Grenzen der deutschen Leistungs fähigkeit liegen. Für die Entschlossenheit dieser Weigerung, wel cher auch der Sachverständigen-Ausschuß Ehre widerfahren ließ, gebührt ihnen um deswillen Dank, weil Deutschlands künftige Lei stungsfähigkeit unberechenbar ist und nach wie vor in entscheiden dem Maße von der Erzielbarkeit von Ausfuhrüberschüssen, damit aber von dem wirtschaftlichen Verhalten des Auslands, insbeson dere der Gläubigerstaaten, abhängig sein wird. Eine Finanzierung von Reparationszahlungen durch Ausländsanleihen abgesehen von den ersten Ubergangsjahren — kann ebensowenig im Sinne des Aoung-Plans wie in dem des Dawes-Gutachtcns liegen. Es sollte deshalb in den Befugnissen, die der Sachverständigen-Bericht Deutschland in Ansehung des geschützten Teils der Jahresleistun gen einräumt, von vornherein nicht ein Notbehelf erblickt werden, dessen Ausübung mit der Signalisierung einer bedenklichen Wirt schaftslage gleichbedeutend wäre, sondern ein Recht, welches Deutschland namentlich dann in Anspruch zu nehmen haben wird, wenn sich Voraussetzungen und Erwartungen als unzutreffend er weisen sollten, von denen der Sachverständigen-Ausschuß, sei es bei der Einschätzung wirtschaftlicher Eutwicklungsmöglichkeiten, sei es bei der Beurteilung der praktischen Auswirkung seiner tech nischen Vorschläge, ausgegangcn ist. Mit die wesentlichsten Bedenken, welche das deutsche Bankge werbe vor fünf Jahren gegen die Annahme des Dawes-Plans geltend gemacht hat, betrafen die Unterstellung der wichtigsten Ge biete des deutschen Geld-, Finanz- und Verkehrswesens unter aus ländische Kontrollorgane; das Bankgewerbe begrüßt deshalb die in Aussicht genommene Beseitigung dieser Organe aufs lebhafteste. Gleichzeitig aber kann es nicht dringend genug betonen, daß mit der Befreiung der Reichsbank von ausländischem Einfluß keines falls eine Beeinträchtigung der Garantien verbunden sein darf, durch welche das geltende Bankgesetz die Unabhängigkeit der Zen tralnotenbank gegenüber der Finanzverwaltung des Reichs sowie gegenüber sonstigen politischen Gewalten und wirtschaftlichen Interessen im Jnlande sicherstellt. Eine Verantwortung für eine politische Entscheidung auf der Grundlage des vorliegenden Sachverständigen-Berichts kann gegen über den Geschlechtern, welche durch die darin vorgesehenen Jahres leistungen belastet werden sollen, unter keinen Umständen über nommen werden, wenn dabei nicht der feste Wille obwaltet, im Innern Deutschlands den Geboten einer gesunden Finanzpolitik uneingeschränkte Geltung zu verschaffen, namentlich gegenüber un wirtschaftlichen Tendenzen in der öffentlichen Ausgabengebarung. Am 28. Juni trat der Hauptausschuß des Deutschen Industrie- und Handelstages unter dem Vorsitz sei nes Präsidenten Franz v. Mendelssohn in München zusammen. Hier hat Reichsbankpräsident vr. Schacht seine oben bereits er wähnte Rede über die Ergebnisse der Pariser Konferenz gehalten. Auf Grund eines umfassenden Berichts über die Reparations fragen und ihre wirtschaftspolitischen Zusammenhänge von Reichsminister a. D. vr. Hamm und einer Aussprache, in der der als Gast anwesende Reichsminister a. D. Dr. Dernburg Bestand teile des Dawes- und Doung-Plans einander kritisch gegenüber stellte, wurde einstimmig eine Entschließung gefaßt, die die fol genden Gesichtspunkte betont: 1. Die Deutschland zu allen bisherigen Leistungen hinzu auf erlegten Summen überschreiten erheblich das Maß dessen, was die deutsche Volkswirtschaft unbedingt aus eigener Kraft leisten kann. Die Maßnahmen, die nach dem Plane von der deutschen Volks wirtschaft die Gefahren sernhalten sollen, die die Übertragung von Zahlungen ins Ausland mit sich bringt, können ihr Ziel nur dann 750 erreichen, wenn stets beachtet wird, daß Reparationsleistungen und I Übertragungen auf die Dauer bei Erhaltung der notwendigen I Selbständigkeit der deutschen Volkswirtschaft nur aus Wirtschafts- I Überschüssen durch deutsche Ausfuhr möglich sind, also auch eine I gesteigerte Bereitwilligkeit der Gläubigerländer voraussetzen, I deutsche Waren abzunehmen, und wenn die Maßnahmen unter Be- I achtung dieses Zusammenhanges jeweils als Mittel vorbeugender V Abhilfe gegenüber volkswirtschaftlichen Krisen angesehen und an- I gewendet werben. I Für die Würdigung des Planes im ganzen ist es von höchster Bedeutung, ob mit ihm die abschließende Gesamtliquidierung des I Krieges verbunden und erreicht werden wird. Eine solche Gesamt- I liquidicrung verlangt insbesondere, daß eine Politik der Dis- I krtmiuieruugcu, Pfänder und Kontrollen endgültig verlassen, im I besonderen die Besetzung des Rheinlands sofort ohne Vorbehalte, I die die Freigabe entwerten und daher unannehmbar sein würden, I aufgehoben und im Saargebiet beschleunigt die deutsche Staats- I Hoheit uuciu unkt wiederhergestellt wird. Sie bedingt weiter, I daß sofort allr Maßnahmen der Beschlagnahme und Liquidation I deutscher Güter, Rechte und Interessen eingestellt und ausgeglichen I und soweit möglich rückgängig gemacht werden. Z 2. Wie auch über den Plan von den zuständigen politischen I Stellen entschieden werden mag, wird die deutsche Wirtschaft auch ^ weiterhin in einer Zeit stärkster Anspannung stehen. Diese Lage I verlangt von allen wirtschaststätigcu Bevölkerungsschichten, Ar- I beitgebern wie Arbeitnehmern, besondere Anstrengungen und I Opfer und pflichtbewußte Zusammenarbeit im Sinne einer auf I das Ganze gerichteten wirksamen und sparsamen Wirtschasts- I führung. I 3. Es ist damit aber auch die entscheidende Stunde gekommen, I die staatliche Wirtschasts-, Finanz- und Sozialpolitik einheitlich I und folgerichtig auf die Steigerung der Produktivität unserer Ge- ! samtwirtschast hinzuweudcn. Da jeglicher volkswirtschaftliche Er- ! folg, wie von der Leistung der wirtschaftlichen und technischen Führer und der Leistung der Arbeitskraft, so nicht minder von der Kapitalkraft abhängt, muß um der Stärkung der Volkswirtschaft im ganzen wie der Beschäftigung der Arbeitskraft im besonderen willen der Ansammlung von Kapital in der deutschen Wirtschaft und der Heranziehung produktiver Kredite in diesem Zeitabschnitt größte Sorgfalt zugewendet werden. Dazu ist unerläßlich, den öffentlichen und sozialen Aufwand entsprechend der Tragfähigkeit der Volkswirtschaft zu entlasten, hierzu sofort beginnend eine Staats- und Verwaltungsreform durchzuführen, die die Hand- ^ habung der öffentlichen Gewalt leistungskräftiger, einfacher und ! billiger gestaltet, Recht und Praxis der Haushaltaufstellung und , Haushaltgebaruug der öffentlichen Körperschaften wesentlich zu verbessern und unverzüglich das Steuersystem einer grundsätzlichen Reform im Sinne dieser Gesichtspunkte zu unterziehen. In Anschluß an die Pariser Verhandlungen und die darauf bezüglichen Verhandlungen im Reichstag faßte ferner das Prä sidium des Deutschen Groß- und Überseehandels folgende Entschließung: »Die bisherige Durchführung des Dawes-Planes hat klar ge zeigt, daß die darin vorgesehenen Zahlungen Deutschlands nicht aus Überschüssen der deutschen Wirtschaft erfüllt werden konnten, daß sie vielmehr ohne das Hereinströmen großer geborgter Aus landskapitalien unmöglich gewesen wären. Diese praktische Er fahrung der letzten Jahre stimmt durchaus überein mit den davon unabhängigen Untersuchungen und Feststellungen über den Zu stand der deutschen Wirtschaft und insbesondere des deutschen Außenhandels. Daraus ergibt sich, daß auch die in dem Uoung- Plan vorgesehenen Zahlungen die wirtschaftliche Leistungsfähig keit Deutschlands weit übersteigen. Sollten die politischen Faktoren ebenso wie die deutschen Sachverständigen unter Berücksichtigung der gegebenen politischen Verhältnisse sich für eine Annahme des Planes entscheiden, so muß außer der auch von der Regierung ge forderten gleichzeitigen Gesamtliquidieruug der noch schwebenden Fragen aus dem Weltkriege verlangt werden, daß diese politischen Faktoren in voller Erkenntnis des ungeheuren Ernstes unserer Lage, die sich schon jetzt beim Großhandel in einem ausgesprochenen Notstand ausdrückt, durch grundlegende Reformen auf allen Ge bieten unserer innerdeutschen Politik die Voraussetzungen für eine Gesundung unserer Wirtschaft schaffen. Geschieht dies nicht, so ist mit Sicherheit zu erwarten, daß auch der Aoung-Plan nur eine rasch fortschreitende Zunahme der Auslandsverschuldung ohne Steigerung der wirtschaftlichen Lcistungs- und Tragfähigkeit her beiführt.«
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