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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 11.05.1929
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- 1929-05-11
- Erscheinungsdatum
- 11.05.1929
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X 107, 11. Mai 1929. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f.d.Dtschn.Buchhanvr». vorhandenem Bedarf führte. Eine siihlbare Belebung des Ge schäfts In meist billigeren Qualltäten wurde lediglich an einzelnen schönen Tagen sestgestellt. Die Umsätze betrugen teilweise nur die Hälfte des Umsatzes des gleichen Monats im Vorjahre. Im Ein zelhandel mit Eisenware» und Haushaltungsgeräten hat sich bas Geschäft teilweise ein wenig belebt. Doch kann es keinessalls als zusriebenstellend bezeichnet werden. Die um diese Jahreszeit ein- sctzende stärkere Nachfrage nach Gartengeräten sowie nach Bau beschlägen ist bis jetzt de? kalten Witterung wegen nahezu ganz ausgeblieben. Aus dem Handwerk klingen die Berichte ganz ebenso. Trotz des sich daraus ergebenden Gefühls der Niedergedrücktheit und der Sorge wird aber erfreulicherweise weiter gearbeitet und ge plant. Es bleibt uns auch nichts anderes übrig. Wenn etwas, so kann uns ja nur härteste, unbeirrte Arbeit und immer nur wieder Arbeit und Arbeit vor dem Zusammenbruch bewahren und vorwärts bringen. Zu fordern ist nur, daß alle, die es an geht, nichts unterlassen, dem deutschen Volk wenigstens einige Freude an der Arbeit zu erhalten, alles aber unterlassen, was jede Hoffnung aus den Erfolg und jeden Glauben an den Sinn der Arbeit zu ertöten droht. Wenn etwas geeignet war, uns den ganzen Ernst unserer Lage noch besonders unmißverständlich vor Augen zu führen, so waren es die letzten Vorgänge, die sich auf die R e i ch s f i n a n z- lage beziehen. Mit größter Mühe nur ist es dem Reich ge lungen, bei den Banken noch einmal die Vorschüsse zu bekommen, die es braucht, um die dringendsten Kassenbedürfnisse befriedigen zu können. Sie sind Ende Juli zurückzuzahlen, und die Banken haben im voraus erklärt, daß eine Fortsetzung oder Wiederholung dieses Verfahrens nicht mehr in Frage komme. Das Reich hat also rechtzeitig in anderer Weise vorzusorgen ins Auge fassen müssen. Das Ergebnis sind die jetzt bekannt gewordenen An leihepläne. Daran ist einmal wichtig, daß das Reich also nicht glaubt hoffen zu können, eine Verbesserung seiner Kasscnlage zu erreichen. Das Defizit ist da und aus laufenden Mitteln nicht auszugleichcn. Auch die Sparabstriche zur Balanzierung des letzten Etats versprechen in dieser Hinsicht keine Besserung. Wenn das Loch nicht immer größer werden soll, wird man das übel endlich an der Wurzel bekämpfen müssen. Es ist denn auch schon eine Reform der Arbeitslosenversicherung angekündigt. Wird das aber genügen? Da ist nun sehr interessant, was hinsichtlich der Ausgestaltung der geplanten Anleihe bekannt geworden ist, und das ist das andere wichtige Moment dabei. Der Anleihe soll Steuerfreiheit in einem Umfang gesichert werden, der Staunen erregt. Man hat schon ausgerechnet, daß dadurch dem Reich künftige Einnahmen in Höhe von etwa 10 Millionen entgehen. Das ist ein Betrag, der immerhin auch in unserem Milliarden- ctat einigermaßen spürbar ist. Der Zinssatz steigt damit praktisch auf säst lO Prozent. Anders glaubt man auf einen Erfolg der Anleihe überhaupt nicht rechnen zu können, und selbst so ist er noch keineswegs gesichert. Die gleichzeitig geplante Unterbrin gung der im Besitz des Reichs befindlichen Reichsbahnaktien bei den Sparkassen usw. sieht ohnehin bedenklich nach Zwangsanleihe aus. In Bankkreisen aber macht man sich schon Sorge, ob etwa bei ungenügenden Zeichnungseingängcn für die eigentliche An leihe der Versuch gemacht werden wird, die jetzigen Vorschüsse in Anleihe zu konvertieren. Umgekehrt Prüft das Reich angeblich bereits, wie die Konvertierung der Reinhold-Anlethe seitens des Publikums iu neue steuerfreie verhindert werden soll. Denn es kommt ihm natürlich darauf an, nicht nur alte Schulden in schwercrbelastctc neue umzuwandeln, sondern wirklich frisches Geld bar in die Hand zu bekommen. Liegt dann aber in dem Stcuerfreihettsvcrsprechcn nicht indirekt das Eingeständnis, daß nur eine noch sehr viel weiter gehende steuerliche Entlastung der Wirtschaft überhaupt einen Ausweg aus der jetzigen Sackgasse verheißt? Äußerungen kürzlich von Georg Bernhard in der Bossischen Zeitung und auch von Hilscrding im Reichstag können vermuten lassen, daß man an maßgeblicher Stelle endlich zur Einsicht zu kommen beginnt. Eine grundlegende Umstellung unserer Wirtschaftspolitik in diesen! Sinne ist aber auch mehr als dringend geworden. Nicht nur die Finanznot des Reiches und die kritische Lage der Wirtschaft zwingen dazu, ebenso auch unsre Verpflichtungen dem Ausland gegenüber. S18 Die Pariser Tributkonferenz schleppte sich nach den dramatischen Hochspannungen Ende vorigen Monats in den letzten Tagen verhältnismäßig langweilig hin. Das hinderte aber nicht, daß gerade hinter diesem Schleier sich wichtigste Ent scheidungen vorbereiteten. Die französischen Bluffmanöver haben sich als wirkungslos erwiesen. Selbst die Angriffe auf die Mark haben abgeschlagen werden können, wenn auch freilich mit schweren Opfern für die deutsche Wirtschaft. Ein schwacher Trost ist, daß dabei auch Frankreich hat bluten müssen. Nachdem PoincarSs Künste verpufft sind, kehrt infolgedessen allmählich die Vernunft zurück. New Jorker Blättermeldungen zufolge sind zwischen England, Frankreich und den Vereinigten Staaten sogar schon Verhandlungen im Gange zwecks einer Stützung der Reichs mark. Voraussichtlich erhält die Golddiskontbank seitens der Bank of England, der Banque de France sowie eines amerika nischen Bankensyndikats einen Kredit. Man hat davon gespro chen, daß Morgan sich jetzt um die Mark ebenso bemühen wolle, wie er früher bekanntlich den Franken gestützt hat. New Horker Bankkreise, die internationale Verbindungen unterhalten, geben nach wie vor der Überzeugung Ausdruck, daß die Tributkonferenz einen Ausweg finden werde, der zu einer Vereinbarung führe. Die Kommerzialisierung der Reparationsschuld könne jedoch für die nächste Zukunft kaum zur Erörterung stehen, da der New Aorker Bondsmarkt gegenwärtig keineswegs in der Lage sei, eine derartige größere Anleihe aufzunehmen. Auch würde der mög liche Zinssatz jetzt unverhältnismäßig hoch sein. Zum Verständ nis dieses offenbaren Stimmungswechsels in Amerika muß man auf die gleichzeitigen Vorgänge auf der Abrüstungskonferenz in Genf verweisen. Der völlige Mißerfolg der Gibsonschen An regungen läßt naturgemäß die Zeit für derartige große, risiko reiche internationale Finanztransaktionen noch nicht reif er scheinen. Wahrscheinlich spricht dabei auch mit, daß sich bei der Unterredung kürzlich zwischen Mussolini und Chamberlain für die Lösung der Afrikafragen und des Mandatsproblcms so be trächtliche Schwierigkeiten offenbart haben, daß die Weltfinanz auch von dieser Seite noch nicht die erforderliche Ruhe gesichert glaubt. Außerdem scheint die Ungewißheit des Ausgangs der englischen Wahlen größer geworden zu sein und ebenfalls zum Abwarten zu mahnen. Vielleicht hat alles das Frankreich ver anlaßt, zunächst die Sprengung der Konferenz zu versuchen, da angesichts der veränderten Lage sein Interesse an einer Revision der Dawesregelung nur noch gering ist, zumal ja dabei eine Herabsetzung der deutschen Verpflichtungen in Frage kommen soll. Poincarä betrieb in erster Linie die Kommerzialisierung. Daß die Gewinne der Tributbank für die Abdeckung der Entente- Schulden an Amerika nach Ablauf der deutschen Zahlungen zu rückgestellt werden sollen, ist in Frankreichs Augen sicherlich auch nur »eine Taube auf dem Dache». Da aber Deutschland in der Ablehnung von Verpflichtungen über das 37. Jahr hinaus offen sichtlich fest bleibt, scheint man auch von dem Gedanken einer pro visorischen Lösung abzugehen bereit zu sein. Der amerikanische Kompromißvorschlag will nun offenbar daraus hinaus, die Zu stimmung der Alliierten dadurch zu gewinnen und ihnen das Nachgeben dadurch leichter zu machen, daß man ihnen im Laufe der Zeit ein Ansteigen der Tributlasten auf 2,5 Milliarden in Aussicht stellt, Deutschland aber die Annahme dadurch schmackhaft zu machen, daß man die Zahlungen mit dem von Schacht ge nannten Betrag beginnen läßt und ihm eine Revisionsmöglich keit sichert, für den Fall, daß die Zahlungen seine Leistungs fähigkeit übersteigen. Daraus, daß Schacht jetzt offenbar den Hauptwert darauf legt, diese Revisionsmöglichkeitszusicherung mit allen erforderlichen Kautelen zu verankern, insbesondere den Transferschutz entsprechend auszubauen und Moratorien vorzu sehen, möchte ich schließen, daß er grundsätzlich bereit ist, auf die Brücke des amerikanischen Kompromisses zu treten. Der wahr scheinliche Ausgang wird damit einigermaßen deutlich erkennbar. Immerhin sind, wie die letzten englischen Erklärungen beweisen, noch keineswegs alle Schwierigkeiten überwunden. Die Aus einandersetzungen innerhalb der Entente über die nötigen Ver zichte werden noch Harle Arbeit sein. Das Ergebnis ist dann aber immer noch erst ein Gutachten. Was wird die Politik schließlich daraus machen?
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