270, 20. November 1906. Fertige Bücher. 118SS 0^8 >vLm^Lm8-8iie» Die Berliner „National Zeitung" schreibt: Kaltenbachs. Eine heitere Geschichte aus Berlin XV von Robert Misch. 6. Tausend mit Illustrationen von Walter Caspari. Preis M. 2.75, elegant gebunden M. 3.75. Verlag „Äarmonie", Berlin XV. 35. Das ist wirklich einer der amüsantesten Romane der neueren Literatur, einer der wenigen echt humoristischen, die über die bloß ulkige Situationskomik hinausgehen und ihre Komik ungesucht aus den Charakteren entwickeln nach Art der großen englischen Äumo- risten, denen Robert Misch hier mit Glück nachstrebt. Dieser Ren tier Kaltenbach ist eine ganz köstliche Großstadttype, ein Geizhals und Äaustyrann, der seine Familie unterdrückt, eine Schwägerin aus Amerika schröpfen und beerben will, aber schließlich von der famosen, smarten Dame angeführt und untergeduckt wird Wie das geschieht, welche Künste und Listen beide Gegner anwenden, wie sich dadurch die Schicksale des Sohnes, der Tochter und der Nichte gestalten: all das ist so amüsant und zugleich so spannend, daß man es selbst Nachlesen muß. Man hat dann nicht bloß einige Stunden unterhaltsam verbracht, sondern auch einen Blick in eine Berliner Bourgeoiswelt vom Schlage der Buchholzen getan. Kaltenbach selbst ist eigentlich ein umgekehrter Buchholzen. Diese will ihre Familie glücklich machen - er denkt nur an sich selbst. Schließlich kommt alles zum guten Ende und wir lernen dabei eine Fülle origineller, scharf beobachteter Figuren kennen. Da ist zum Beispiel der famose Äerr Kolb, ehemaliger Mime und Theater direktor, jetzt Agent, Erfinder und Phantast von reinstem Wasser — in seinem liebenswürdigen Optimismus ein wenig an Mr. Micawber in Dickens' „Copperfield" erinnernd. Da ist ferner seine kluge Tochter, ^die Zahnärztin; ^ da wirbelt das lustige Toll- die „keinen Mann kriegen kann". Nicht zu vergessen den drollig- schnoddrigen Einjährigen Ahlers. Bis auf die dralle Köchin und den Friseurgehilfen, der den Grafen spielt, stehen diese Gestalten alle rund und lebensprühend vor uns. Keine tiefen Ideen zwar, keine großen „Probleme" und „Fragen", aber echte Menschen und ein Bild des anständigen Berliner Mittelstandes, ein Mikrokos mus, wie er zu Lunderttausenden zwischen und neben uns existiert. Der bekannte Lustspieldichter läßt aucb hier, wie in seinen Komö dien „Biederleute", „Nachruhm", „Das Ewig-Weibliche" usw. seiner behaglich-satirischen Laune die Zügel schießen. Gleich das erste Kapitel, wie Kerr Kaltenbach in der Markthalle seine „Ein käufe" macht und bei Aschinger umsonst frühstückt, ist köstlich Und wer könnte ohne fröhliches Behagen lesen, wie man bei der Ankunft der amerikanischen Tante den alten Geizhals zu einem opulenten Champagncrfrühstück zwingt; oder wie Fritz voll bren« nender Eifersucht Ahlers im Garten überrascht und dann hoch erfreut dem „Rivalen" die aufgezwungene „Braut" überläßt?! Dies fröhliche Buch wird mit seinen feinen, graziösen Caspari- Illustrationen, die eigentlich mehr illustrierte satirische Randglossen, mehr ironische Bildmetaphern sind, wohl bald das sechste und auch das zehnte Tausend überschreiten. Ein Buch, so recht ge schaffen, um sich im Grase ausgestreckt oder im bequemen Garten stuhl daran zu ergötzen. 7/6 Exemplare §emi8cli1, brosctiiert unä §edunäen mit 40 A K08a-Verlan§re11el! V6rlag8gk86ll8eliaf1 „Harmonik", ökrün Vl. 35 1S6I-