Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 08.08.1906
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 08.08.1906
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19060808
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-190608089
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19060808
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1906
- Monat1906-08
- Tag1906-08-08
- Monat1906-08
- Jahr1906
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
7524 Nichtamtlicher Teil. 182, 8. August 1906. französischen Willkür und dem französischen Haß ausgeliefert werden solle. Auf Bitten der Verwandten Schoderers ent schloß sich deshalb der genannte Stadtschreiber Kremer, ein aufopferungsvoller Freund Schoderers, dem Verhafteten mit Extrapost nachzueilen und alles zu seiner Rettung auf zubieten. Und nun entfaltete Kremer eine wirklich be wunderungswürdige Tätigkeit I Zuerst eilte er nach München, um einflußreiche Freunde, selbst unter ihm bekannten französischen Offizieren, zu gunsten Schoderers anzurufen, dann nach Braunau, um beim dortigen Stadtkommandanten, an den er sich Empfehlungsschreiben verschafft hatte, für die Freilassung des Freundes zu wirken, dann nach Passau, um einen Verteidiger zu besorgen, hierauf wieder zurück nach München, um die dortige Polizeidirektion zur Einmischung in diese doch rein bayrische Angelegenheit zu veranlassen . . . . Der Polizeidirektor v. Stetten führte Kremer sogleich zum bayrischen Minister Montgelas, der Schoderers Mißgeschick sehr bedauerte und alles aufzubieten versprach, ihn zu retten. Er wies Kremer an den König Max I., der sich mit dem französischen Kriegsminister Berthier eben in Nymphenburg befand. Der Polizeidirektor führte Kremer selbst dahin und meldete dem König die Gefahr, in der Schoderer schwebte. König Max stand sofort von der Tafel auf und eilte in den Vorsaal zu Kremer, zu dem er teilnahmsvoll sagte: »Es ist mir leid um ihn, allein Marschall Berthier wird seine Aus lieferung nicht zugeben, da er einmal schon in Braunau ist.« Auf die Vorstellung, daß Schoderer unschuldig sei und ohne die geringste böse Absicht gehabt zu haben, in dieses Unglück gestürzt worden wäre, erwiderte der König: »Das glaube ich gerne; allein jede Schmähschrift ist verboten und in dem Grade, als selbe mehr oder minder beleidigend, eine ge ringere oder höhere Person anbelangt, wird auch das llrlmsv aggraviert.« Übrigens versprach König Max, mit Marschall Berthier selbst zu reden, und hieß Kremer so lange warten, bis er gerufen würde. Nach einer Stunde erschien der König mit Berthier im Vorzimmer. Ungeachtet aller Vorstellungen, sogar seitens des Königs, daß Schoderer nur aus Unvor sichtigkeit und keineswegs aus Bosheit gefehlt habe, war die Antwort Berthiers, Bosheit und Dummheit seien in diesem Falle Geschwister. Er würde sich beim Kaiser Napoleon selbst kompromittieren, wenn er Schoderer auslieferte, nach dem dessen Prozeß bereits von der in Braunau ver sammelten Militärkommisston instruiert sei. Man müsse dem Wege der Gerechtigkeit (?) folgen. — Mit diesen Worten kehrte Berthier in den Speisesaal zurück. Der König gab Kremer noch einige Hoffnung, schien aber dabei selber wenig Zuversicht zu haben. Minister Montgelas dagegen versicherte ihm noch vor der Rückreise nach Braunau, »man würde es nicht bis auf Schoderers Tod ankommen lassen«?) Inzwischen hatte das Braunauer Kriegsgericht bereits über Palm und Schoderer, sowie über die andern (ab wesenden) Angeklagten das von Napoleon im voraus bestimmte Todesurteil ausgesprochen. Aber noch während die Richter versammelt waren und eben das niedergeschriebene Urteil Unterzeichneten, ja als schon alle Anstalten zur Er schießung Palms und Schoderers getroffen waren, kam ein Unteroffizier vom 16. Chasseur-Regiment als Ordonnanz angesprengt und überreichte dem Vorsitzenden des Gerichts eine Depesche. Dieser winkte sofort Kremer und den in zwischen eingetroffenen Verteidiger Schoderers, Hofrat Erdel von Passau, aus die Seite und eröffnete ihnen, sie sollten nichts für Schoderer fürchten; wenn auch das Urteil bereits st Nach dem Tagebuch Kremers, das dieser in jenen schlimmen Tagen gewissenhaft von Tag zu Tag führte. Siehe Auer Ludwig, l. o. gefällt sei, würde es an ihm doch nicht vollzogen werden. Es seien von Marschall Berthier Befehle gekommen, die Exekution aufzuschieben. (Das war um halbein Uhr; Palm dagegen wurde um Halbzwei Uhr erschossen!) Schoderer durfte sogar seinen Kerker verlassen und eine Privatwohnung beziehen, in der er bis zur endgültigen kaiserlichen Entscheidung polizeilich überwacht wurde. Zweifel los hatte König Max seinen Einfluß für ihn noch weiter geltend gemacht, und außerdem hatte Schoderer (glücklicher als Palm) noch einen andern bei Napoleon vielvermögenden Fürsprecher, seinen obengenannten Schwager Andreas Dietrich, Bürgermeister und Besitzer des Gasthofs »zum Krebs« in seiner Vaterstadt Donauwörth. Ein Jahr zuvor, auf seinem Zug gegen Österreich (1805), waren Napoleon und die meisten seiner Marschälle und Generale: Bernadotte, Berthier usw, bei ihm abgestiegen; sie waren alle voll Lobes über die ihnen zu teil gewordene vorzügliche Verpflegung. Außerdem hatte Dietrich als Lieferant für die französischen Truppen sich die ganz besondre Anerkennung und Gunst Napoleons erworben. Ja, dieser wollte ihm sogar den Orden der Ehrenlegion verleihen; allein Dietrich lehnte diese Aus zeichnung ab und bat nur um eine einzige Gunst: des Kaisers Gnade, wenn er diese einmal benötige, anrufen zu dürfen. Jetzt war der Augenblick gekommen, die ausdrück liche Zusage, die ihm Napoleon damals gegeben hatte, auf ihre Echtheit zu prüfen. Sofort wandte sich Dietrich in dringendster Weise an den ihm persönlich bekannten und ihm zugetanen Marschall Berthier in München und bat unter Berufung auf das Ver sprechen Napoleons für seinen aufs höchste gefährdeten Schwager um Gnade. Der Erfolg seiner Bemühungen ließ nicht lange auf sich warten — es war ja auch nicht die ge ringste Zeit zu verlieren. Nicht bloß daß — wie erwähnt — noch im entscheidenden Augenblick die sofortige Auf schiebung der Hinrichtung Schoderers ungeordnet wurde, — es traf auch baldigst nachfolgendes Schreiben Berthiers an Dietrich ein: »München, 31. August 1806. Herr Dietrich! Ich habe den rührenden Brief, den Sie mir in Betreff Ihres unglücklichen Schwagers Schoderer geschrieben, empfangen. Ich habe mich sofort, als gält's mein eigenes Leben, zu seinen Gunsten an den Kaiser gewendet. Einstweilen habe ich ange ordnet, daß seine Haft nach Möglichkeit erleichtert werde. Hinge es von mir ab, den Wünschen Ihrer Familie Genüge leisten zu können, Ihre so gerechte Sorge verschwände mit diesem Augen blick. Seien Sie meiner Teilnahme versichert, die mir Ihre Lage einflötzt, wie meiner persönlichen Hochachtung. Hr. Andreas Dietrich, Berthier.» Bürgermeister zu Donauwörth. Trotz dieser beruhigenden Zeilen zitterte Dietrich noch immer für das Leben seines Schwagers. Es war nämlich inzwischen die Kunde von Palms Erschießung nach Donau wörth gelangt, und allgemein hieß es, daß der unversöhn liche Zorn Napoleons noch weitere Opfer fordere. Aber Dietrich hatte letztem nicht umsonst an sein Wort mahnen lassen; ein neuerliches Schreiben Berthiers meldete die end liche Begnadigung und Freilassung seines Schwagers: »München, den 9. September 1806. Ich fühle mich glücklich, Herr Andreas Dietrich, Sie erfahren lassen zu können, daß Kaiser Napoleon, welcher niemals er wiesene Dienste vergißt, in Erwägung dieser Dienste, die Sie seiner Armee geleistet haben, gewillt ist, die Ausführung des Urteils der militärischen Kommission gegen genannten Joseph Schoderer einzustellen und ihn von der gegen ihn verhängten Strafe zu befreien. Ich gebe hiemit sofort den Befehl, ihn der bayrischen Regierung zur Verfügung zu stellen. Glauben Sie, Herr Dietrich, daß die Unterzeichnung, welche ich zur Ausführung dieses kaiserlichen Befehls gegeben habe,
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder