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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.04.1929
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- 1929-04-02
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^ 75, 2. April ISA. Redaktioneller Teil. weifen Bezüge der fraglichen Werke durch die Klägerinnen abzu halten, und daß er die Klägerinnen zwingen will, von dem Notenleihsystem Abstand zu nehmen. Derartige boykottähnliche Maßnahmen sind nach feststehender Rechtsprechung nicht schlecht hin und nicht unter allen Umständen als unsittlich zu betrachten. Sie sind es vielmehr nur unter besonderen Umständen, insbe sondere dann, wenn sie darauf abzielen, in Ausübung wirtschaft licher Macht unangemessene Vorteile zu erkämpfen oder doch mindestens Vorteile, die außer Verhältnis zu dem der Gegen seite zugefügten Schaden stehen. An diesen Voraussetzungen fehlt es hier jedoch.« Neben diesen boykottrechtlichen Sätzen stützt das Landgericht seine Entscheidung aber auch noch auf allgemeinere Erwägungen über die Aufgaben des Verlegers: »Wenn die Klägerinnen«, sagt es, »den Verkauf des Orchestermatcrials zu allgemein bekannten Katalogpreisen ablehnen, das Material grundsätzlich nur ver leihen und ausnahmsweise, nach besonderer Vereinbarung, käuf lich überlassen, so entspricht dies nicht ihrer Stellung als Ver leger. Der Verleger ist dem Verfasser gegenüber verpflichtet, das Werk in der zweckentsprechenden und üblichen Weise zu ver breiten (88 l, 14 des Verlagsgesetzes). Das bloße Verleihen stellt aber noch keine Verbreitung dar, weil es das Werk nicht in den Verkehr bringt. Die Annahme liegt daher nahe, daß die Kläge rinnen durch ihr Verhalten ihre vertraglichen Verpflichtungen gegenüber den Urhebern verletzen. Ob dies tatsächlich der Fall ist, bedarf jedoch keiner Feststellung. Denn selbst wenn die Klä gerinnen auf Grund besonderer Abmachungen mit ihren Ver tragsgegnern rechtlich befugt sein sollten, von einer Ver breitung der Werke durch Verkauf des Notenmaterials abzuseheu und sich mit einem bloßen Verleihen zu begnügen, so entspricht dies jedenfalls doch nicht ihrer normalen wirtschaft lichen Funktion.« . . . »Me Klägerinnen selbst haben keinen weiteren Verleger angeführt, der das gleiche System be folgt. Wenn sie geltend machen, daß die Klägerin zu 2 bezüglich aller Werke und die Klägerin zu 1 bezüglich des hier fraglichen Werkes von Richard Strauß besonders benachteiligt seien, weil sie an die Urheber besonders hohe Beträge hätten zahlen müssen, so wird ihnen vom Beklagten mit Recht entgegengehalten, daß sie, wie allgemein bekannt, mit dem Vertriebe anderer Werke Erfolg gehabt haben. Im Wesen des Berlagsgewerbes liegt es eben, daß der Verlust der einzelnen Werke durch einen Gewinn an anderen ausgeglichen werden muß, und die kulturelle Funk tion des Verlegers beruht nicht zuletzt gerade darin, daß er durch geschickte Verteilung von Gewinn und Verlust dafür sorgen muß, daß auch die Verbreitung weniger rentabler Werke nicht zur wirt schaftlichen Unmöglichkeit wird.« . . . »Einstweilen bezweckt der Beklagte lediglich, die Klägerinnen zur Offenlegung angemessener Katalogpreise zu zwingen. Hierin liegt, wie ausgeführt, kein sittenwidriger Mißbrauch wirtschaftlicher Macht. Sollten die Klägerinnen späterhin zur Einführung von Katalogprcisen über gehen und der Beklagte sich dann durch ein ähnliches Verfahren gegen die Höhe der Preise wenden, so würde von neuem zu prüfen sein, ob 8 826 BGB. anwendbar ist.« Die Entscheidung wird von den Musikverbrauchern, nament lich auch von privaten Zirkeln, die aus Liebhaberei Musik treiben und manches moderne Werk nicht erhalten konnten, begrüßt, von den Musikalicnvcrlegern zum Teil bedauert werden. Unrichtig in dem Urteil ist die Stützung auf die sozusagen öffentliche Ver pflichtung des Verlegers zur Verbreitung. Der Verleger hat die Verbreitungsvcrpflichtung nur gegenüber dem Urheber: ist dieser mit der Verleihungspraxis als Verbreitung einverstanden, so fehlt es an einem Berechtigten, der aus dem Verlagsvertrag oder aus der »wirtschaftlichen Funktion« des Verlegers eine andere Verbreitung verlangen könnte. Die Rechtsfrage löst sich hier doch in eine wirtschaftliche Frage auf. Umfaßt die Übertragung der »unbeschränkten dinglichen Urheber rechte« in älteren Verträgen auch das Rundsunkrecht? Im Rundfunk trug Rest Langer Werke von Wilhelm Busch vor. Die Genehmigung war der Gesellschaft für Senderechte durch die Friedr. Bassermannsche Verlagsbuchhandlung erteilt, 3S0 weil dieser durch Verträge von 1896 und von 1918 »die unbe schränkten dinglichen Urheberrechte an sämtlichen bei ihr erschie nenen Werken von Wilhelm Busch« übertragen worden sind. Die Erben von Wilhelm Busch klagten aber, weil sie die Erteilung der Genehmigung der Rundfunkwiedergabe trotz dieses Ver trages ihnen selbst Vorbehalten behaupteten. Alle drei Instanzen gaben ihnen recht. Das Reichsgericht tat dies mit u. a. folgender Begründung: ^Nachdem die Rundfunksendung neue Wege und Mittel darge boten hatte, den Gedankeninhalt von Schrift- und Tonwerken mitzuteilen, ordnete die Rechtsprechung sie unter das .Verbrei ten' ein. (RGZ. Bd. 113, S. 416/420). So wurde diesem Aus druck, unter dem im Urheberrecht lange Zeit hindurch vornehm lich das Zugänglichmachen von Werkexemplaren verstanden wor den war, ein dem Sprachgebrauchs des Lebens angenäherter er weiterter Sinn verliehen. Man erwog: Das durch den Rund funk völlig verwandelte Nachrichtenwesen dürfe den Begriff der Verbreitung nicht mehr beschränken auf Handlungen, durch die ein Werkexemplar anderen als den bei der Herstellung Beteiligten zugänglich gemacht werde. Allgemeinem Sprachgebrauchs fol gend müsse er als Übermittelung einer Kenntnis des Geisteswerks an Andere verstanden werden. Daraus folgt aber keineswegs, daß auch in älteren Verträgen — aus Zeiten, die noch nichts vom Rundfunk wußten oder noch nicht gewohnt waren, ihn als verkehrswichtige Macht anzusehen — Verbreiten regelmäßig so gedeutet werden müsse, als umfasse es schon die Rundfunk sendung mit. Den dahingehenden Ausführungen der Revision ist nicht beizustimmen, weil sie den für die Vertragsauslegung wesentlichen Umständen etwas ihnen Fremdes zuschreiben. Rund funksendung ist nicht, wie die Revision verficht, einfache Ver breitung gleich jeder anderen. Für die Auslegung älterer Ver träge ist sie etwas von den überkommenen, altbekannten Ver breitungsarten sehr Verschiedenes. Denn sie ermöglicht es, den Gedankeninhalt eines Werkes gleichzeitig an Hunderttausende, ja Millionen von Menschen bis in ferne Erdteile zu übermitteln. Dadurch hat sie das Nachrichtenwesen, und mit ihm ein wichtiges Stück des Verkehrs überhaupt, im Vergleich zu früheren Zeiten völlig verwandelt. Die sachlichen Grundlagen und Voraus setzungen für Verträge, die der Mitteilung von Geisteswerken dienen, sind auf ungeahnte Weise dadurch verändert, daß aller orten für sie ein neues Mittel zu Gebote steht; und zwar eines, das seiner Wirkung nach zu einer neuen Gattung gehört. Eine solche durchaus umwälzende Verwandlung läßt sich nicht auf die Formel bringen: Der Bassermannsche Verlag habe die unbe schränkten dinglichen Urheberrechte und somit sämtliche damals und später erwachsende wirtschaftliche Befugnisse aus diesen Rechten erworben: alles, was an Verwertungsmöglichkeiten durch die nachfolgende Entwicklung sich herausgestellt habe, falle nach allgemeinen Rcchtsregeln (88 398 ff. BGB.) ihm zu. Dem wäre unbedenklich bcizustimmen, wenn die neu entstandene Möglichkeit der Verwertung als Spielart oder Abspaltung bereits vorhande ner Gattungen etwa darin bestände, daß ein neues Druckverfah ren, eine Art, Werkexemplare auf ehedem unbekannte Weise her zustellen, das Gebiet vorteilhafter Ausnutzung erweiterte. Damit läßt es sich aber nicht gleichsetzen, wenn die Technik durch derart umwälzende Neuerungen wie den Rundfunk eine außerhalb alles Berechnen? und Vcrmutens liegende Babn eröffnet, ein ganz neues Wirkungsfeld des geistigen Verkehrs erschließt. Hier widerspräche es dem Vertragszweck, dem wahrscheinlichen Partei willen und der Billigkeit, der von der Revision vertretenen Aus legung zu folgen. Wohl bedarf das Gesetz, um in veränderter Umwelt, mit neuen Vcrkehrserscheinungen und wirtschaftlichen Gebilden seinem Zwecke zu genügen, einer anpassenden Aus legung . . . Aber auf die Auslegung von Verträgen läßt sich dies nicht schlechthin übertragen.« Dies sind die wesentlichen Erwägungen des Reichsgerichts, die dann noch weiter ausgeführt und in ihren Hauptsätzen wieder holt werden. Niemand wird bestreiten, daß der Rundfunk ein neuer Akt der urheberrechtlichen Nutzbarmachung ist und nie mand wird dem Verleger bei der Einräumung von Verlags rechten oder u. a. auch bei einer sogenannten Übertragung von Urheberrechten das Recht der Rundfunkwiedergabe als ohne weite-
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