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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 22.04.1930
- Strukturtyp
- Ausgabe
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- 1930-04-22
- Erscheinungsdatum
- 22.04.1930
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- Deutsch
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idi? 92, 22. April 1930. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d.Dtschn. Buchhandel. in einer Art anzuprangern, die dem Ansehen des Verfassers und des Verlegers abträglich ist und die Verkäuflichkeit des Buches herabmindert. Solche Fälle sind ja des öfteren schon vorge kommen und jedem Verleger bekannt. Das Änderungsrecht des Verlegers wird aber nicht gegeben sein, wenn cs sich um Stil- Absonderlichkeiten handelt, und feien sie bis zur Ma rotte gesteigert und gehäuft und noch so sehr geeignet, wörtlich angeführt und lächerlich gemacht zu werden. Stilmarotten sind immerhin -«Stil« und gehören ins Gebiet >der Geschmäcker, über die zu streiten nicht angeht. Was kann der Verleger an Manuskripten ändern? Von Verlagsdirektor Ludwig Deubner, München. Nach dem Wortlaut des Gesetzes über das Verlagsrecht sind »alle Änderungen zulässig, für die der Verfasser seine Ein willigung nach Treu und Glauben nicht versagen kann-. So klar damit die Rechtslage auch umschrieben ist, wird doch kein Verleger, der auf ein gutes Einvernehmen mit den Verfassern seiner Bücher Wert legt, esvauf eine richterliche Entscheidung über Meinungsverschiedenheiten in solchen Dingen ankommen lassen, und so ist dies nach meiner Auffassung weniger eine Rechtsfrage als eine Sache der Zweckmäßigkeit und des Taktes. Grundsätzlich darf man wohl sagen, daß ein Verleger nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht hat, darüber zu wachen, daß die auch seinen Namen tragenden Bücher in einem fehler freien Deutsch geschrieben sind. Es geht nicht an, die Verant wortung hierfür ganz den Verfassern zu überlassen, die nur für den Inhalt ihrer Arbeit allein verantwortlich und sich etwaiger Mängel der sprachlichen Fassung wohl in den meisten Fällen kaum bewußt sind. In einer mehr als zwanzigjährigen Tätig keit als Verlags- und Schriftleiter sind mir viele hundert Manu skripte durch die Hand gegangen von Gelehrten der verschieden sten Wissensgebiete und Schriftstellern von Namen und Ruf, und ich habe dabei leider immer wieder beobachten müssen, wie wenig Gefühl und Verständnis für ein gutes reines Deutsch doch in unserem Volke steckt. Dabei denke ich nicht einmal an die feinen Unterschiede im Ausdruck, sondern an wirkliche Verstöße gegen Sinn und Grammatik, bekommt man doch selten eine Arbeit, in der nicht Alltagsworte wie: obwohl und trotzdem, als und wie, daher und deshalb, herauf und herab usw. verwechselt oder falsch gebraucht sind. Daß sich solche Fehler in jeder Tages zeitung in Menge finden, kann nicht als Entschuldigung gelten, da Zeitschriften und Bücher nie in der gleichen Hast hergestellt zu werden brauchen, ein sich seiner Verantwortung bewußter Verleger also immer die Zeit haben wird, sorgfältig zu lösen und Mängel zu beseitigen. Würde es in diesen Fällen nun zweckmäßig sein, die Richtig stellung »beim Verfasser anzuregen«? Nach meinen Erfahrungen nicht, denn der Verleger muß auch den Anschein vermeiden, den Verfasser schulmeistern oder etwas besser wissen zu wollen. Wohl habe ich anfangs nur zaghaft grobe Fehler und sprachliche Ver stöße, falsche Orts- oder Namenangaben, Jrrtümer in Jahres zahlen, Berechnungen und dergleichen stillschweigend aus merzt. Daß es von den Verfassern ebenso stillschweigend gut geheißen wurde, wenn sie überhaupt die leise bessernde Hand bemerkten, ermutigte mich, darin weiterzugehen und auch un verständlich gewordene Schachtelsätze auszulösen, durch allzu häufige Wiederholung störende Wörter durch andere des gleichen Sinnes zu ersetzen und dergleichen mehr. Ich habe aber nicht ein einziges Mal erlebt, daß ein Verfasser sich über solch vor sichtiges und taktvolles übergehen seiner Arbeit beschwert hätte. Es wurde darüber nie ein Wort gewechselt, und so blieben die immer etwas Peinlichen Auseinandersetzungen beiden Teilen er spart. Freilich habe ich nie mit Dichtern zu tun gehabt, bei denen man annehmen muß, daß jsdes Wort, jeder Ausdruck und jede Wendung gerade so gewollt ist, und die »dichterische Frei heit« vieles entschuldigen kann. Hier verbessern zu wollen, wäre vermessen, aber im allgemeinen darf nach meinen praktischen Erfahrungen wohl gelten, daß die Verfasser unaufdringliche Änderungen nicht beachten oder aus dem Gefühl einer gewissen sprachlichen Unsicherheit heraus sichwirkliche Verbesserungen ihrer Arbeit gern gefallen lassen. Besondere Schwierigkeiten machen hierbei eigentlich nur die Fremdwörter, die nach Möglichkeit zu vermeiden sich jeder deutsche Verleger angelegen sein lassen sollte. Hat man es nun mit einem Schriftsteller zu tun, der gern in Fremdwörtern schwelgt, so läßt sich ein« offene Aussprache und Verständigung über deren Beseitigung nicht umgehen. Oft genug ist aber nur Gedankenlosigkeit an dem fremdsprachlichen Ausdruck schuld und eine gute Verdeutschung ohne weiteres vollkommen, nur muß man hierbei doppelt vorsichtig zu Werke gehen und nicht gewalttätig werden. So wäre es z. B. falsch, Temperament mit Gemüt oder Plakat mit Anschlag verdeutschen zu wollen, und ein Einspruch gegen solches »Verbessern« wäre sicher zu erwarten. Dagegen würde ich jederzeit für ksminin weibisch oder für Läition Ausgabe setzen und kaum genötigt sein, dies rechtfertigen zu müssen. Man muß selbst fühlen, wie weit man hier gehen kann, ohne zu ver letzen und absichtliche, berechtigte Eigenheiten im sprachlichen Ausdruck zu verwischen. Bei Kürzungen, die sich schon bei illustrierten Büchern nicht immer vermeiden lassen, aber bei Zeitschriften sehr oft nötig sind, wenn auf das gute Aussehen der einzelnen Seiten und das rechte Zusammenpassen von Bild und Text Wert gelegt wird, sind dagegen alle Eigenmächtigkeiten von Übel, da man selbst nie wissen kann, worauf es dem Verfasser gerade ankommt. Andererseits muß dies schon der Kosten wegen sehr überlegt ge schehen, da eine ungeschickte Kürzung viel Neusatz erfordern kann, während oft genug sich das Gleiche fast kostenlos erreichen läßt. Es wird daher immer gut sein, dem Verfasser zwei Fahnen abzüge, einen davon mit den notwendigen, aber die geringsten Unkosten machenden Kürzungen, zu schicken, wobei selbstverständ lich darauf zu achten ist, daß keine Lücken gerissen werden, der Sinn nicht entstellt wird oder Überleitungen von einem Ge danken zum anderen nicht verloren gehen. Bittet man dann, diese Kürzungen nur als Vorschläge zu betrachten, da man dem Verfasser nicht vorgreifen, ihm nur die immer unangenehme und mühsame Arbeit abnehmen oder erleichtern, es aber ganz seinem Ermessen überlassen wolle, was fortfallen soll, so wird er sich in den meisten Fällen damit einverstanden erklären und für dis Vorarbeit dankbar sein. Rücksichts- und verständnislose Streichungen müssen dagegen böses Blut machen, und ich habe über solch eigenmächtiges Vorgehen mancher Verleger oder Schriftleiter leider schon oft klagen hören. Wir sollten nie ver gessen, daß jedes uns anvertraute Manuskript das Geisteskind eines anderen ist und Anspruch hat aus eine behutsame und Pfleg liche Behandlung. Verdient es diese nach gewissenhafter Prü fung nicht, dann lieber weiterschicken. Haben wir das Kind des anderen aber einmal angenommen, dann müssen wir ihm alles zugute tun und nichts zuleide. Nur so können auch wir dazu beitragen, die Grundlagen für einen deutschen Sprachstil zu schaffen, der uns so sehr fehlt, weil unsere Gebildeten über allem Studieren anscheinend keine Zeit mehr finden, sich in den Geist unserer Muttersprache einzuleben und einzufühlen. Warum braucht die Äugend von heute noch Bücher?*) Der Tag des Buches ist ein Werbetag für das Buch. Der Tag des Buches 1830 ist der Jugend geweiht. Wenn er seine Werbung an die Jugend richtet, wenn in der Überschrift dieses Aufsatzes die Frage aufgeworfen werden kann: »Warum braucht die Jugend von heute noch Bücher?«, dann muß, so könnte man folgern, irgend etwas in dem Verhältnis der Jugend zum Buch nicht stimmen. Wer diesen Schluß zieht, setzt mit Recht voraus, daß die Jugend in einem Verhältnis zum Buch stehen muß, und in der Fragestellung: «Warum braucht die Jugend von *) Ansprache an die Jugend auf dem Bunten Abend, den die Vereinigung Stettiner Buchhändler zum Tag des Buches ver anstaltete. 371
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