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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 09.10.1909
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 09.10.1909
- Sprache
- Deutsch
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^ 235, 9. Oktober 1909. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt s. d. Drschn. Buchhandel. 11857 gewöhnliche, nein, eine ganz außergewöhnliche Bierstube, die weit in die Lande hinein berühmt ist wegen ihres Bieres, ihrer Speisen und der — Grobheit ihres Wirtes. Bald war ich eingeweiht in die Erlebnisse des Morgens. Unser Rosen-Oskar bestellte sich, nachdem die Gesellschaft in einer Nische nahe der Schenke Platz gefunden hatte, etwas Kaviar. Als er das Bestellte erhielt, ließ er seinen Blick ver wundert über den Teller gleiten, was der Wirt bemerkte, der dann schnell hinzutrat und sagte: »Ehre Ogen sünd woll all' slechtl Hier hebbt Se en Glas, nu könnt Se woll beter kiecken!«, wobei er eine in Horn gefaßte Lupe auf den Tisch warf. Ei der Tausend! Das kam unerwartet. Und etwas später, als an das Bier mit den Worten gemahnt wurde: »Man en betten gau, dat wie Beer kriegt! — da sprach der Wirt mit rollenden Augen: »Ick will Se wat seggen, hier hebbt Se softem Penn un 'ne Zigarr, nu gähn Se man na 'ne anner Wirtschaft un laten stck dor en Glas Beer geben. Dat Beschwerdebok künnt Se noch hebben, dat is aber all null, da geiht nix mehr in.« »Mann, Se gcsallt mi-, antwortete unser Rosen-Oskar, die 1b H und die Zigarre einstcckend, »lat uns man noch en betten tosamen blieben!« »For mi jo», entgegnete der Wirt, -aberft hier hebb ick to seggen.« Im Anschluß an diese originelle Ein leitung hatte sich ein kordiales Verhältnis zwischen dem Wirt und seinen Gästen entwickelt. Der eine sucht seinen Vorteil durch höfliche Liebenswürdigkeit, der andere durch berechnete Grobheit. Es kommt nur darauf an, daß die rechten Leute zusammentrefsen. Draußen regnete es weiter. Es regnete auch während der 3 r/zständigen Hauptversammlung. Die Dauerhaftigkeit des Regens war doch noch zäher, als die Gründlichkeit, mit der bei uns die Adreßbuchfrage und die Verkehrsordnung er örtert wurden. Zum Schluß entspann sich ein edler Wettstreit zwischen Bremen und Hadersleben wegen des Ortes der nächsten Versammlung. Entschied sich auch die Versammlung diesmal noch für Bremen, so hoffe ich doch für 1911 auf Hadersleben. Es ist gut, wenn einmal deutsche Buchhändler an unserer Nordgrenze tagen, um auch dadurch zu zeigen, daß Schleswig bis zur Königsau deutsch ist und deutsch bleiben soll. Über das Festmahl ließe sich viel sagen, wenn man auf die gehaltenen Reden eingehen wollte. Aber da all jährlich zu Kantate so wundervolle Reden über den Buchhandel, und was damit zusammenhängt, gehalten und im Börsenblatt vollinhaltlich abgedruckt werden, und wir in unserer nordischen Bescheidenheit') nicht einmal zu denken wagen, uns jenen berühmten Rednern an die Seite zu stellen, verzichte ich lieber darauf. Die humoristisch-satirischen Schlußreden bei der Zigarre lassen sich ohnehin nicht mitteilen, da man die kleinen freundschaftlich boshaften Intimitäten des eigenen Hauses der Öffentlichkeit nicht gern preisgibt.") An besonderen Tischliedern war nur eins vorhanden. Es pries die Fürsorglichkeit des neuen Präsidenten, der als freiwilliges Versuchskarnickel sechs Wochen zuvor in Itzehoe gewesen war, um Küche, Keller, 'Anmerkung des Setzers: Diese. Bescheidenheit ist m. E. be dauerlich. Nicht alles was in Leipzig zu Kantate geredet wird — ich muh es alljährlich setzen —, ist einer ciceronischen Oratio ver gleichbar, manches erhebt sich kaum zu einem Sermon. Vielleicht ständen daneben rednerische Lichter aus dem Norden gar nicht so tief im Schatten. "> Eine große Freude ward uns zuteil durch ein Begrüßungs- telegramm vom Ersten Vorsteher des Börsenvereins und dem weiland Vorsitzenden des Verkaussordnungs - Ausschusses, die zurzeit im Bereich unseres Kreises waren, aus Sylt, wo sie an diesem Tage der Regen wohl auch in ihren Kabinen festgehalten haben wird. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 76. Jahrgang. Betten, Wagen, Gegend und Umgegend gründlich zu studieren und zu probieren. Dieser Sorgfalt verdankten wir ein vorzügliches Mahl mit gutem Trunk. Im übrigen schöpften wir manch perlenden Liedertrunk aus einem modernen Zehnpfennig-Born, wobei man, was poetische Be friedigung anbelangt, meist besser fährt, als bei den aä boo- Erzeugnissen eines Tischliederfabrikanten. Daneben hatten wir aber Einzel-Vorträge musikalischer und gesanglich mimischer Art, jene Hadersleber, diese Hamburger Marke, die dreist als Meisterleistungen bezeichnet werden dürfen. Eine Repertoire-Nummer, die jedes Jahr stürmisch verlangt wird, ist Isaak Silberstein. Vortrefflicher denn je wurde der Isaak Silberstein gesungen und gemimt, das Haus, so sagt man ja wohl, geriet in Erregung, und einer, der dem Kreis Norden- Tag seit mehreren Jahren fern geblieben war, fiel in Ver zückung. Ein Luftwechsel mußte unbedingt sofort vollzogen werden. Wohin aber? Laute Rufe: »Zur stumpfen Ecke» gaben schnell Richtung und Ziel an. Der Wirt Zur stumpfen Ecke hat schwerlich je solchen Einbruch erlebt. Vor der Menge der Gäste erstarb seine Grobheit; das kleine Vorderstübchen hätte dem bekannten Apfel keinen Raum mehr geboten, geschweige denn Menschen. Deshalb wurde die Tür nach der Straße kurzerhand zugeschlossen. Einer aber, der zuvor in Verzückung gefallen war, stand jetzt aufrecht auf den Stufen, die zur Schenkstube führten, in langem schwarzen Rock mit weißer Binde, deren Glanz wetteiferte mit der weißen Binde des Pilsner in seiner Hand, hatte Sprache und die Macht der zündenden Rede wieder gefunden und rief, mit verklärten Blicken die dichtgedrängte Menge überschauend: »Kinder! Alles Bier heute abend geht auf meine Rechnung!« Solche kurze, aber inhaltvolle Rede kann immer lauten und allgemeinen Beifalls sicher sein. Nun wissen wir alle aus Schillers Wallenstein, daß Itzehoe leichtlebiges und leichtsinniges Blut hervorgebracht hat und wohl noch heute Hervorbringen kann, denn jener lange Peter hat bekanntlich in einer Nacht seines Vaters goldne Füchse durchgebracht. Deshalb mochte es gut sein, daß für die allermeisten von uns schon nach einer halben Stunde der letzte Zug kam, ein Badezug, der aber an diesem Regentage so leer war, daß jeder von uns bequem ein Sonderabteil hätte einnehmen können. Warum das nicht geschah und weshalb wir uns zu einem Dutzend in ein Abteil und den Platz davor zwängten und drängten, will ich nicht erzählen. Genug, als der Zug vier Minuten in Elmshorn hielt und wir das breite Fenster hinabließen, hatte das Publikum auf dem Bahnsteig auch seinen Anteil und Genuß am Kreis Norden-Tag. Am Montag morgen regnete es nicht nur weiter, sondern der Sturm heulte dazu und rüttelte an den Fenster scheiben. Einer nach dem andern von den Zurückgebliebenen eilte zum Bahnhof, um mit einem Morgenzuge die trockene s?) Heimat zu erreichen. Nur zwei harrten aus. Und siehe! um die Mittagsstunde schwieg der Wind, der Himmel klärte sich aus und die Sonne lachte vom blauen Gezelt her nieder. Entschluß und Ausführung war das Werk eines Augenblicks. Telephonisch wurde ein Wagen herbeigerufen. Im herrlichen Sonnenschein eine Fahrt durch die anmutige Landschaft, durch tiefe Wälder, über braune Heide — gewiß war's ein Genuß! Aber viel genußreicher noch soll dann das Mittagessen gewesen sein, an dem die Frauen der Jtzehoer Kollegen teilnahmen. Uns hatte natürlich bei dem strömenden Regen kein liebliches Frauen-Antlitz gelächelt. Und da die beiden Kollegen außerdem wahrheitsliebende Männer sind, dürfen wir ihnen wohl glauben und sie — beneiden! Stellte sich soviel ausgelassene Fröhlichkeit ein, trotzdem oder weil es regnete? Einerlei! sie war da, und ich halte eS für keinen Frevel, darüber zu berichten. Warum sollen 1S4I
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