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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 09.10.1909
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 09.10.1909
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- Deutsch
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11856 «Srs-Nblau s. d. Dischn. Vllchh-Nd-I. Mchtamtlicher Teil. 235, S. Oktober 1S0S. Ein dampfendes Glas wurde mir mit den Worten: »Nu fett Di man erst betten daN« kredenzt. Südländer mögen solchen Willkommenstrunk verwunderlich finden; die kennen eben die klimatischen Verhältnisse unserer Breitengrade nicht. Aus dem beabsichtigten Abendspaziergange wurde begreiflicher weise nach dieser traulichen Begrüßung nichts mehr. Während der Vorstand in einem Nebenraume ernstlicher Beratung, wie es seines Amtes ist, oblag, hielten wir eine gemütliche Tafel runde ab. Von der Zunft wurde nicht viel gesimpelt, aber manches Lehrreiche aus anderen Gebieten dargeboten, z. B. aus dem Etymologischen. »Wissen Sie denn, woher das Wort Matjes-Hering stammt?« Nachdem einige veraltete Erklärungen vorgebracht waren, sagte der Fragesteller: »Sie irren sich. Die Ent stehung ist folgende: Einst stand ein Engländer an der Küste seines Landes. Da kamen unendliche Züge Heringe an geschwommen, aber ihr Schwimmen wurde immer langsamer, bis sie endlich alle stillstanden. Da fragte der erstaunte Engländer: Heringe, seid ihr matt? Die Heringe antworteten HI Daher kommt der Name Matjes-Hering«. Nun könnte mancher Leser meinen, der Witz sei schwach. Aber die Ge schichte ist noch gar nicht zu Ende. Ein Hörer erzählte sie tags darauf in einem anderen Kreise folgendermaßen: Ein Engländer stand an seiner Landesküste. Da kamen unend liche Züge von Heringen angeschwommen, aber langsam und immer langsamer, bis sie endlich ganz stehen blieben. Heringe, fragt der Engländer, seid ihr müde? Die Heringe antwor teten: Tos! Sehen Sie, daher stammt derName Matjes-Hering. »Ja«, fing nun ein junger Krieger, der Sohn unseres Rosen - Oskar, in bestaubter Leutnantsuniform direkt aus dem Manöverfelde in Itzehoe angekommen, an zu erzählen: »ja, auf dem Wasser ereignen sich wunderbare Dinge. Hat da im August an einem schwülen Tage ein Leutnant unsres Regiments die Aussicht beim Schwimmen. Mehrmals hatte er schon das Taschentuch aus der Hosentasche geholt, um sich den Schweiß aus dem Gesichte zu wischen. Da fliegt plötzlich mit dem Taschentuche das Portemonnaie heraus und in kühnem Bogen ins Wasser hinein. Aber merkwürdig, es geht nicht unter. Schon fangen die badenden Musketiere an zu grinsen, da ruft der geistesgegenwärtige Leutnant: ,Aeh, famos mit dem Papiergeld! Es geht einfach nicht unterl'« Bei solchen Erzählungen stellte sich Hunger ein. Da auch um S Uhr der Vorstand mit seinen Beratungen noch nicht zu Ende war, setzten wir uns ohne ihn an den ge deckten Tisch, um etwas kalte Küche zu genießen. Kalte Küche, das ist u. a. Marschkäse mit Schwarzbrot, wozu dann noch einige andre frugale Erzeugnisse des heimischen Landes und Wassers treten, wie sie der robusten Natur der Landesbe wohner entsprechen. Darauf regte sich die Lust zum Rauchen. Wir sandten in das Vorstandszimmer ein Schreiben folgenden Inhalts: »Herr Präsident! Wie denken Sie über eine Zigarre?» Durch diese respektvolle Anfrage wollten wir uns nur die Erlaubnis für eine eigene Zigarre erbitten. Aber die Güte des Präsidenten schickte uns eine gefüllte Quadratzigarrcntasche, die sofort entleert wurde. Rücksichtsvoll rauchten wir den Inhalt in einem Neben zimmer, um den Speiseraum unverräuchert zu erhalten. Nun mußten wir doch unserem Danke Ausdruck geben. Wir beschlossen, dem Vorstand einige kleine Gläschen, gefüllt mit belebenden Tropfen, zu spenden, und schrieben dazu: »Dem trockenen Vorstand eine kleine Anfeuchtung«. Der Kellner berichtete, daß unsere Gabe schmunzelnd ausgenommen worden wäre. Ein harmloser Gabenaustausch. Doch nun folgte, ja, durch wen nur veranlaßt? ein tückisches Zwischen spiel. Der Vorstand, um 11 Uhr fertig mit seiner Beratung, setzte sich zu Tisch und speiste nun mit der schweigenden Würde, wie sie das hohe Amt erheischt. Die Herren be schäftigten sich gerade mit dem Spickaal, da meinte einer von uns: »Jetzt würde eine kleine Anfeuchtung gewiß wieder gern angenommen». Der Kellner folgte schnell dem Rufe. Mit einer frisch entkorkten Flasche und einem Präsentierteller mit acht Gläsern betrat er den Speiseraum, wir zogen, unsere kleinen Gläser in der Hand, hinterdrein, einige begrüßende Worte unseres Jtzehoer Kollegen, endend »Eins, zwei, drei«. — dann aber ein so furcht bares Prusten und Spucken der Vorstandsherren, daß wir erschreckt und entsetzt ins Nebenzimmer flüchteten. Zu unserm Glück. Denn sonst wären uns wohl einige Gläser an die Köpfe geflogen. Schauderhaft! In der Flasche soll lau warmes Leitungswasser gewesen sein! Hatte nun Tücke oder unglückliche Verwechslung dabei die Hand im Spiele gehabt? — Trotzdem saßen wir nachher noch einige Stunden ohne Groll in fröhlicher Geselligkeit beieinander. Unser Kollege aus Hadersleben mit dem listigen Husarenzwinkern um Augen- und Mundwinkel trug viel zur Unterhaltung bei. Seine »Musikalische Familie Kulicke« war eine Glanznummer. Am andern Morgen wachte ich erst spät auf. Ein eintöniges Geräusch ermunterte mich nach und nach. Es troff vom Himmel herunter auf die Dächer und auf die Blätter der Bäume, unaufhörlich und gleichmäßig. Bald hatte ich denn auch heraus, daß das Regen war, Regen, der beschworene Regen. Indessen, was machte es! die Morgenzüge brachten zwei Dutzend Kollegen, die Wagen waren bestellt, und »Wir werden uns doch nicht das Programm verrungenieren lassen!» — also fuhren wir hinein in den strömenden Regen. Zwar leckten die Dächer der Jtzehoer Breaks ein wenig, und die linnenen Ssiten- wandungen hielten auch nicht ganz dicht. Doch wir sollten auch nicht ewig in dem Wagen sitzen; schon nach einer halben Stunde hieß es: Halt! Aussteigen! Nun begann die Wanderung in den Wald hinein, zu der Höhe hinauf, wo der gewaltige Bismarckturm steht. Die geplante vater ländische Ansprache wurde auf eine trockenere Stunde ver schoben. 48 Füße stapften die 1»8 (?) Stufen zur Platt form hinauf. Schade, wirklich schade! Bei Sonnenschein muß der Anblick in die gesegnete, hügelige Landschaft und auf die Laub- und Nadelholzwaldungen herrlich sein. So aber deckte Regennebel das ganze Land. Also, schnell wieder hinunter! Das ging aber nicht so einfach Uns auf dem Fuße war die Flensburger Fortbildungsschule, mehr als 50 Köpfe stark, gefolgt und schlang sich wie ein Heerwurm die engen Wendeltreppen hinauf. Ach, die armen Jungen in ihren dünnen Jacken und leinenen Hosen! Endlich waren wir alle glücklich wieder unten. Es ging weiter unter Buchen und Tannen einher, zwischen hohen Hecken hindurch, an Knicks entlang; es regnete »egal» fort! Schließlich öffnete sich uns die Tür zu einem freundlichen Wirtshause, die nassen Überröcke wurden abgelegt, der Altonaer Musik assessor setzte sich ans Klavier, die kräftigen Töne des alten Torgaucr Marsches ließen schnell Paare zusammentreten, und so bewegte sich in anmutigen Windungen eine Polonaise durch den Saal, die einige Paare mit einem flotten Walzer zu beenden suchten. Die volle Wärme brachte dann heiße Fleischbrühe in den Körper zurück. Nicht alle von uns hatten sich an Wagenfahrt und Wanderung beteiligt. Als wir um die Mittagsstunde wieder im Bahnhofshotel eintrafen, war dorthin telephoniert worden, ich müßte in einer sehr dringlichen Angelegenheit sofort mit einem der entleerten Wagen nach der »Stumpfen Ecke« kommen. Da der Kutscher erklärte, er wisse genau Bescheid, so vertraute ich mich ihm und dem nassen Elemente draußen wieder an. Die stumpfe Ecke entpuppte sich als eine ganz
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