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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 15.11.1927
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- 1927-11-15
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- 15.11.1927
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Nr. 266 (R. 142). Leipzig, Dienstag den IS. November 1927. 64. Jahrgang. Redaktioneller TA „Beruf und Bildung". Von Karl Heidkamp. I. Die folgende Auseinandersetzung mit dem Thema, das mehr oder weniger jeden Zeitgenossen schon einmal beschäftigt haben dürfte, zumal wir uns in einer Krisenzeit des Berufs- und Bildungslebcns befinden, ist ursprünglich entstanden aus dem Nachdenken über eine merkwürdige Frage, die mir während meiner Berufstätigkeit als Sortimcntsbuchhändler leider oft ge stellt worden ist. Ich will vorausschicken, daß ich meine Auf gabe als Buchhändler darin sehe, uns überkommenes und spora disch wachsendes Geistesgut zu vermitteln und gegebenenfalls auch mit diesem Geistesgut erzieherisch aus meine Mitmenschen einzuwirken. Aus Grund dieser Berufsauffassung, deren allge meine Grundlage ich im folgenden näher beleuchten will, wurde sehr oft die erstaunte, mitunter auch mitleidig-ironische Frage von Kunden aus allen Berufsständen und Gesellschaftskreisen an mich gerichtet, ob ich denn »Idealist» sei. Eine solche Frage aus dem Munde »gebildeter» Kausleute, Beamter und gar Erzieher hat mich aufhorchen und Nachdenken lassen über unsere Zeit und die Bildungsfragen der Menschen. Bei der Betrachtung der Mitmenschen sah ich deutlich zwei große Gruppen sich voneinander abheben: Die Einen wurden Mir Vor bild und Ideal, und die Anderen geriet ich in Gefahr verachten zu lernen. Erst das Erleben und die Hingabe an Menschen, die mir Vorbild wurden, gab mir die Demut wieder, die dem einfältigen Menschen eigentümlich ist und dem »Gebildeten» selbstverständ liche Lebensform sein sollte. Wohl weiß ich zwischen wahrer Demut und Ergebenheit und andererseits einfacher Stumpfheit zu unterscheiden: und ich weiß, daß lebendige Ergebenheit an einen Berus, eine Aufgabe oder auch eine Person nur frucht bar und sinnvoll sein kann, wenn sie mit Spannung geladen ist. Ich will einen kurzen Abschnitt aus Ad. Stifters Nach sommer, einem unserer größten »Bildungs-Romane», der mich sehr in meinem Glauben an die Erhabenheit des gewählten oder übernommenen Berufs bestärkt hat, einsügen: »Es gibt solche, die sagen, sie seien zum Wohl der Mensch heit Kausleute, Arzte, Staatsdiener geworden; aber in den meisten Fällen ist cs nicht wahr. Wenn nicht der innere Beruf sie dahin gezogen hat, so verbergen sie durch ihre Aussage nur einen schlechteren Grund, nämlich daß sie den Stand als ein Mittel betrachteten, sich Geld und Gut und Lebensunter halt zu erwerben. Oft sind sie auch, ohne weiter über eine Wahl mit sich zu Rate zu gehen, in den Stand geraten oder durch Umstände in ihn gestoßen worden und nehmen das Wohl der Menschheit in den Mund, das sic bcztveckt hätten, um nicht ihre Schwäche zu gestehen. Dann ist noch eine eigene Gattung, welche mit ihren eigenen Angelegenheiten in Unordnung sind. Es ist aber auch kein Zweifel, daß es solche -gibt, d»ncn Gott den Gescllschaststrieb und die Gesellschaftsgaben in -besonderem Maße verliehen hat. Dies« widmen sich aus innerem An triebe den Angelegenheiten der Menschen, erkennen sie auch am sichersten, finden Freude in den Anordnungen und opfern .oft ihr Leben für ihren Beruf.» Wie sieht es heute in den weitesten Kreisen unseres Volkes mit -der tatsächlichen Berufsauffassung aus? »Im Beruf stehen» nennt man heute schlechthin: mit irgendeiner Tätigkeit, sei es als Kaufmann, Beamter, Angestell ter oder Arbeiter, gegen Bezahlung tätig sein. Wenn diese Tätig keit ehrlich, pflichttreu und Pünktlich ausgeübt wird, ist dies das höchste Lob, das ausgestellt werden kann. Der Begriff des »Berufen-seins» auf Grund einer eigenen Besinnung und innerer Entscheidung im Sinne der Stisterschen Ausführungen ist uns weithin verloren gegangen. Es muß dies erwähnt werden, um uns vor Augen zu führen, wie sehr unser zerrissenes Leben und unsere zusammengebrochene Kultur uns von dem wahren Be griff des Berufes entfremdet haben. Noch im Mittelalter be deutete Beruf ganz allgemein soviel wie (durch Gnade) »berufen sein». »Bon jener Anfangstat des löten Jahrhunderts an» — wie Hofm-annsthal sagt —, »jener Setzung des Ethos über den Logos» ist der menschliche Sinn für das »berufen sein» in fortschreiten dem Maße zerstört worden, und es sind heute Ausnahmssälle, die entweder ehrfurchtsvoll bestaunt werden (meist wenn der Be treffende schon tot und berühmt geworden ist), wenn einer in innerer Größe und äußerer Konsequenz sein Leben mit seinem Beruf identifiziert (Beispiele van Gogh, Hölderlin, Kierkegaard, Nietzsche). Oder cs werden solche Menschen zur Lächerlichkeit verdammt, wie Don Quichote (für dessen Größe uns allmählich -der Sinn aufgeht) oder Chaplin, dessen Komik bitterste Tra gik ist. Um ein Gleichnis -für wahre Berufserfüllung und innere Entscheidung zu bilden, umreiße ich kurz die Geschichte des Hei ligen Christopherus, der vor seiner Taufe nach der I-exsnäa Lursa Reprobus hieß: »Er trug Christum» — heißt es in der begsnäa ^urea — »auf vielerlei Weise: aus seinen Schultern, da er ihn über das Wasser brachte, in seinem Leib durch die Kasteiung, die er sich antat: in seinem Geist durch seine innige Andacht: in seinem Btunde durch sein Bekenntnis und seine Predigt«. Christophorus wollte dem Mächtigsten in der Welt dienen und ging daher zu einem König, den man ihm -als den Mäch tigsten bezeichnet«, und diesem diente er solange, bis er spürte, daß der sich vor dem Teufel fürchtete, und nun ging er hin und suchte den Mächtigeren, den Teufel, um ihm seine Dienste an zubieten. Doch mußte er wiederum bald merken, daß auch der Teufel Furcht kannte vor einem Mächtigeren: Christus. Da ging Christophorus, Christus zu suchen, um ihm, dem wahrhaft Mächtigsten, zu dienen. Die Menschen wiesen -ihn zu einem Ein siedler, der würde ihm sagen können, wie er Christus dienen müsse: und der Einsiedler gebot ihm zu -beten und zu fasten. Doch das schlug Christophorus, der ein ungewöhnlich großer und starker Mensch war, aus und verlangte einen anderen Dienst, denn Beten und Fasten könne ihm nicht genügen. Da verwies ihn der Einsiedler an einen starken Strom und gebot ihm, die Menschen hinüberzutragen, so könne er mit Hilfe seiner Kraft Christus dienen. Und so diente denn Christophorus dem mächtigsten aller Könige: Christus, der -sich ihm eines Tages offenbarte. Er kam als Kind, das hi-n-übergetragen sein wollte; und als Christophorus 1337
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