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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 17.08.1929
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- 1929-08-17
- Erscheinungsdatum
- 17.08.1929
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- Deutsch
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Nr. 190 (R. 104). Leipzig, Sonnabend den 17. August 1929, 90, Jahrgang. ÄÄaktwmller TU SSchf.»Thüringischer Duchhandler-Berband. Die 4 3. ordentliche Verbandsversammlung findet Sonntag, den 8, September 1929, in der »Erholung« zu Weimar statt. Bekanntmachung der Tagesordnung und Ein ladung durch Rundschreiben folgen. Magdeburg, den 14. August 1929. Der Vorstand: Friedrich Rein ecke, Vorsitzender. Am Starnberger See*). Von Waldemar Bonsels. Hat nachts das hohe Lichtgebiet des Polarsterns im klaren gestrahlt, bei zunehmendem Mond und kühlem Nordost, so ist es sicher, daß am frühesten Morgen das Boot im See an seiner Boje so ruhig liegt, als wäre sein Spiegelbild auf graulichte Seide gemalt. Die Kette klirrt am Gehölze des Bootes, der einzige und erste Morgenlaut, der in die Stille umherdringt, die über der Weite von Wasser und Landschaft liegt. Die Vögel schlafen noch, der Tau ist noch nicht gefallen. Wenn die ersten Ruderschläge die Oberfläche des Sees be wegen — die Ruder tauchen in die Flut, als sei es zum ersten Mal —, färbt sich das Gipselgcbiet der Zugspitze, der Alpen rahmen des Sees im fernen Süden, mit einem zarten braun- rosa Hauch, und der Morgenwind legt Silberbänke, wie schmale Inseln aus Licht, in die Scemittc. Es ist so einsam und still in weiter Runde, als sei das Seegebiet unbesiedelt, zeitlos un berührt und wie von den glücklichen Augen zum ersten Mal erschaut und entdeckt, die entzückt das große Bild aufnehmen. Im Süden des Ostufers, im weiten Umkreis des kleinen Ambach, reicht fast überall der Wald bis an die Seeufer, sodaß sich dem wandernden Blick ein Gebilde der Natur darbietet, das von Menschen unbewohnt und von aller Zivilisation unberührt erscheint. Die Schloßkirche von Bernried, die am anderen Ufer auftaucht, wirkt in Baustil und Altersfarben so eingesügt, als sei sie kein Gebilde von Menschenhand. Aus dem Morgendunst im südlichen Westwinkel hebt sich die Kirche von Seeshaupt, genau unter der Zugspitze, als wiese sie zu ihr empor, und die umgrünte Häuserwelt der Ortschaft wird sichtbar. In der Mitte des Sees etwa läßt sich das Segel hissen, und nun nimmt der Morgenhauch Gefährt und Seele in seinen kühlen Odem und treibt uns sanft durch die erwachende Welt den Schilfufern von St. Heinrich entgegen. Niemand würde, entzückt und befriedigt von der urwelt- lichen Abgeschiedenheit dieser Landschaft, glauben, daß kaum eine Stunde von diesen Gefilden entfernt eine Weltstadt mit mehr als einer halben Million Menschen atmet. Von ihr her erhält der Starnberger See sein westuserliches Angesicht, das sich wesentlich vom Ostufer unterscheidet. Dort läuft die Bahn in die berühmten Kurorte Obcrbayerns, dort hat sich an ihren Stationen, von Starnberg über Tutzing bis Seeshaupt, ein vom Getriebe der Großstadt berührtes Leben entwickelt, vor allem in Starnberg selbst, das an schönen Sommertagen den Reiz, die Vorzüge und die Schattenseiten eines modernen See bades erhalten Hat. *s An Starnberg findet vom 18.—20. September die Herbst tagung des Börsenvereins statt. Eine Ansicht von Starnberg bringen wir auf der 2. Umschlagseite der heutigen Nummer zum Abdruck. Es blsibt darüber erstaunlich und wunderbar, wie dis paar Kilometer Seebreite die Entwicklung, das Gewese und den Cha rakter der beiden Sceuser geschieden haben. Es scheint oft, als wäre das llfergebiet des Ostens mit seinem prachtvollen Hinter land eine große Insel, dis nur, je nach der Jahreszeit häufiger oder seltener, von den Dampfern berührt wird. Ist unser präch tigstes Schiff mit seinem Komfort, seinen Reisenden und seiner guten Restauration hinter der Halbinsel, nach Starnberg zu, am Abend entschwunden, so ist der Verkehr mit der Welt wie abgebrochen, nicht einmal Automobilen ist die Durchfahrt an der Seestraße des Ostufers erlaubt. Das ist keine Klage. Im Gegenteil, so ist es uns recht. Mögen die Uberoiligen, die sich nach rasender Fahrt an ihrem Ziel langweilen, sich an das Westufer halten. Wir haben noch den seltenen Vorzug der Zeit, der Ruhe, des rechten Erlebens. Das ist cs, was den Starnberger Sec, den schönsten und festlichsten der bayrischen Seen, in die Vielgestalt der Urteile über seinen Reiz und seine Schönheit stellt: die einen haben ihn gesehen, die anderen haben ihn erlebt. Erst mit dem Erleben wird sein Wesen recht offenbar. Als ob es nur mit Landschaften so wäre! Auch mit Menschen und allen Werken der Kunst ist es nicht anders. Eine Rundfahrt auf dem See, die Hundert tausende im Jahr unternehmen, gibt ihn dem Beschauer im schönen Bild, offenbart die Anmut der Ufer, die herrliche Frei heit des Fernblicks auf die weite Alpenkette, von der Bcnedikten- wand bis zu den Allgäuer Bergen, aber kaum anders, als es auch ein gutes Bildwerk täte. Erst im Verweilen, in rechter Teilnahme an seiner Art und seiner Natur öffnet sich der tiefere Reiz und die hohe Gunst dieser Landschaft. Erleben heißt andächtiges Einstellcn auf das Wesen, Er leben heißt Hingabe und Verzicht, Erleben heißt Verwachsen und Erkennen. Erst mit diesen Vorzügen gewähren der See und seine Usergebiete freigebig ihre Schönheiten, deren seltener Wert in der unmittelbaren, unbeschränkten Wirkung der Natur liegt, die hier von keinem menschlichen Eingriff gestört, wie von An fang her atmet. Der Schritt von den schattigen Waldwegen der Ufer, wie aus dichten Lauben, erreicht den Strand durch Schilf oder Uferweiden, als habe ihn nie vorher ein Mensch be treten, die Wellen rauschen an ihren Strand, als hätten sie selbst ihn gefügt, und die alten Bäume tauchen Wurzeln und Äste in die Flut, wie in ihr eigenstes Lebcnsgebiet. Kein Ufer damm, keine Promenaden, kein ummauerter Fahrweg stört das Empfinden der schlichten Zugehörigkeit und der freundlichen Angenommenheit. Die Gärten der Landhäuser sind kleine Waldflccke, die Obst bäume, die die Bauernhäuser umwachsen, im Frühling ein Blütenmeer, im Herbst eine bunte Fruchtfülle, stehen nicht anders aus den Wiesen wie vor tausend Jahren, sie scharen sich zu sammen, als hätte sie niemand gepflanzt, und verlaufen im Wiesengrund, als gehörten sie ihm und nicht den Menschen. Auf die Wiesen und in die Wälder ist sin einziger Schritt. Die alten Fischerboote wirken oft, als seien sie zu Noahs Zeiten im See geboren und in ihm ausgewachsen, und die Stille der Nächte ist von heiliger Größe. Kein Laut stört ihren Frieden, der nicht der Natur selbst entstammte, und mit der Besinnung aus diese Ilrgebiete irdischen Lebens erwacht das Glück für das eigene Dasein zu ungekürztem Wohlstand der Empfindungen und Ge danken. 888
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