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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 10.08.1929
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- 1929-08-10
- Erscheinungsdatum
- 10.08.1929
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184, 10. August 1929. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. langer Zeit üblich waren, sind feste und geschmackvolle getreten, die die Arbeit des schmückenden Künstlers in feiner Weise hervor heben. Die Mitarbeit der bildenden Künstler bei der Herstellung des Buches wächst. Illustrierte Einbanddecken sind sehr beliebt und tragen dazu bei, die graphische und typographische Knnst ein ander näher zu bringen. Die Arbeit am Blich eröffnet den Künst lern neue, mit Begeisterung ergriffene Möglichkeiten und nötigt sie zugleich, sich mit Eifer und Liebe in die künstlerischen Probleme der Buchkomposition zu vertiefen, um ihre eigene Arbeit in harmoni schen Einklang mit der des Druckers zu bringen. So widmet heute eine ansehnliche Schar von Künstlern einen großen Teil ihrer Kräfte dem Buch, das dadurch neue Bereicherung, neuen Glanz gewinnt. Unter den Schöpfungen dieser Künstler stehen große illustrative Kompositionen neben leichten und fließenden Ornamenten, fein aus geführte Illustrationen neben flüchtig, aber geistreich und charakte ristisch hingeworfenen Skizzen. Die rasche Entwicklung der letzten Jahre ist nicht nur durch den an neuen Idealen entflammten künstlerischen Willen, Neues und Wertvolles von nationaler Eigenart zu schaffen, er möglicht worden, sondern sie ist auch an die großartigen Fortschritte der Technik gebunden, die verbesserte Typenherstellung, das bessere Papier und die Fortschritte im photomechanischen Verfahren. Be sonders auf dem letzterwähnten Gebiete sind die Schwierigkeiten überwunden, die noch vor nicht allzu ferner Zeit einem wirklichen Fortschritt entgegenstanden. Man erhält heute schon gute Reproduk tionen in Italien, und die Arbeit des Künstlers gelangt in würdiger Form zu allgemeiner Verbreitung. Die italienischen Leistungen auf diesem Gebiete finden auch im Ausland Anerkennung; man rühmt die Zartheit und Wärme, das wenig Schablonenmäßige der italienischen Reproduktionen. Eine wesentliche Neuerung im italienischen Buchwesen sind die Verlegereinbände, die noch vor wenigen Jahren sehr selten waren; man konnte die Bücher meist nur in nachlässiger Heftung erhalten. Die ersten Verlegereinbände waren nach »bodonischer« Art herge stellt, d. h. sie umfaßten das völlig unberührte und unbeschnittene Buch, dem sie so nichts von seinen ursprünglich beabsichtigten Maßen raubten. Ein rühmenswertes Prinzip; denn durch ein willkürliches Beschneiden und Verändern des Buchformats zugunsten des Ein bands kann das Buch schwere Einbußen in praktischer und ästhetischer Hinsicht erleiden. Viele italienische Verlegereinbände lassen an Halt barkeit und sorgfältiger Ausführung noch zu wünschen übrig, doch auch hier ist ein deutlicher Aufstieg zu erkennen. Der heute beliebteste Einband, der Einband »all' italiana«, hat einen viereckigen biegsamen Rücken, der ebenso wie die Ecken mit kräftigem weißen oder farbigen Papier bedeckt ist, während die Deckel aus unbearbeitetem farbigen Karton bestehen, auf den der Titel des Buches gedruckt ist. Neben diesem einfachen aber zweckentsprechenden Einband gibt es Einbände aus Leinen, Seide und Leder. Auch die klassischen Einbände der Renaissance werden häufig nachgeahmt. Die hohe Meisterschaft im Einband, die während der Renaissance erreicht wurde, verfiel wie die Drnckkunst in den folgenden Jahrhunderten; dennoch ist die alte handwerkliche Tradition durch tüchtige Meister fortgepflanzt worden und bis heute erhalten geblieben, und auf diesen wenigen, heute lebenden Meistern beruht die Hoffnung der italienischen Bücher freunde, die Einbandkunst mit der Druckkunst zugleich einer neuen Blüte entgegenreifeu zu sehen. Freilich werden diese Hoffnungen nicht nur durch die geringe Zahl wirklich tüchtiger Künstler verdunkelt, sondern auch durch den Mangel an Verständnis und Entgegenkommen in Italien selbst, der die Meister des Einbandes häufig zwingt, für das ausländische Publikum, das sie zu schätzen weiß, die alten begehrten Formen antiker Einbände dauernd zu wiederholen, anstatt ihr Talent in neuen Versuchen in modernem Geist zu erproben und zu entwickeln. Dazu kommt, daß viele Einbandkünstler um des größeren Gewinns wegen sich weniger bedeutenden kunstgewerblichen Arbeiten zuwen- den und ihrer eigentlichen Kunst nicht die Kraft und Hingabe widmen, die sie erfordert. Unter den italienischen Städten steht Mailand für alle Zweige des Buchgewerbes an erster Stelle, dank der ungeheuren industriellen Entwicklung, die es in den letzten Jahren genommen hat. Es über ragt Nom bei weitem, von dem aber anzunehmen ist, daß dort große, heute noch nicht zu ermessende Möglichkeiten weiteren Auf blühens verborgen liegen. Aber es ist nicht allein die großartige industrielle Entwicklung, die Mailand an die Spitze auch im buchgewerblichen Schaffen gestellt hat. Es ist viel mehr der Einfluß, die Kenntnis und der hinreißende Enthusiasmus eines einzigen Mannes, der durch sein Beispiel das italienische Buchgewerbe aus tiefem Zerfall wieder zu neuer Blüte gebracht hat: des 1875 in Florenz geborenen Mai länder Druckers Naffaello Vertier i. Seit 1901 kämpft Ber- tieri, »fervido apostolo dell' estetica 5el libro«, in seinem, in diesem Jahre von ihm gegründeten Fachorgan »Jl Risorgimento Grafico« für die Erneuerung der italienischen Druckkunst im Sinne der italie nischen Frühdrucker und Bodonis, dessen tiefer Einfluß in Bertieris eigenen Arbeiten zu spüren ist. Sein 1913 erschienenes Werk über Bodoni, »L'Arte di Giambattista Bodoni« (der biographische Teil des Buches stammt von Giuseppe Fnmagalli, dem Verfasser des »Lex.icon Typographicnm Jtaliae«, Florenz 1905), ist die erste wirklich kritische Würdigung des großen Saluzzesen. Bedeutende theoretische Kenntnisse dieses großen Praktikers verraten auch seine beiden 1927 und 1928 erschienenen Werke »Calligrafi e Scrittori di Caratteri in Jtalia nel Secolo XVI« (kürzlich in Neichners »Philobiblon« in deut scher Übersetzung erschienen) und »Jl Libro Jtaliano nel Nove cento«, dem der Schreiber dieser Zeilen manche Anregung verdankt. Auch die von Fumagalli im Jahre 1902 gegründete »Scuola del Libro« in Mailand hat Vertiert vier Jahre lang (1921—25) mit großem Erfolg geleitet. Auf seine tätige Anregung ist auch die Her stellung von Druckschriften, die den Geist der Renaissance mit dem Streben nach neuem Ausdruck verbinden, zurückzuführen, wie der »Jnkuuabula«, der »Sinibaldi«, »Nuano«, »Umanistica« und »Paga- nini«, die zum großen Teil in der Schriftgießerei Nebiolo in Turin geschnitten und gegossen wurden, oder der jetzt auch in Deutschland verbreiteten Monotypeschrift »P a st o n ch i«, die Hans Mardersteig auf Anregung des Schriftstellers Francesco Pastonchi nach altem Vorbild neu gezeichnet hat. Außer Vertiert sind noch andere Persönlichkeiten zu nennen, die sich Verdienste um die Erneuerung des italienischen Buch gewerbes erworben haben. 1925 gründete der Mailänder Künstler und Knnstschriftsteller Augusto C a l a b i, dessen Werke zum Teil in der durch ihre künstlerische Haltung ebenfalls bemerkenswerten Mailänder Druckerei von Gnido Modiano erschienen sind, die Vereinigung »G l i Amatori del Libro«, die sich die intensive künstlerische Pflege des Buches zum Ziel gesetzt hat. Ju Verona wirkt Hans Marö ersteig jetzt mit seiner Officina Bodoni und entfaltet auch sonst eine große Aktivität. Auch die Officina A. Montadori ist hier zu nennen. In Florenz entfaltet vor allem Giulio Giannini eine bedeutende Tätigkeit. Von Verlegern, deren Produktionen den Geist der neuen, auf Vertiefung des künstlerischen Gehalts gehenden Bestrebungen zeigen, sind der bekannte Verlag Ulrico Hoepli und »Alpe s« in Mailand, Angelo Fortu nata Formiggini in Rom und Enrico Bemporad in Florenz zu neunen, der auch eine Zeitlang Präsident des von Giu seppe Fumagalli geleiteten »I st i t u t o Jtaliano del Libro di Firenze« war*). Das Streben in Italien geht, unterstützt von diesen Persönlich keiten, dahin, das Buch in den allgemeinen nationalen Aufschwung einzubeziehen. Man will das Interesse des Volkes nicht nur in den Städten, sondern auch in den entlegeneren Teilen des Landes wachrufen, überall versuchen, Liebe und Verständnis für das Buch zu erwecken. Der allgemeine Drang nach Verbreitung höherer Bildung, das rasche Schwinden des Analphabetentums wird, so hofft man, diese Bestrebungen fördern. Auch über Italien hinaus will mau das italienische Buch propa gieren. Für diesen Zweck kommt das Durchschnittsbuch weniger in Betracht, da die im Ausland lebenden Italiener als Buchkäufer kaum in Frage kommen. Wohl aber findet das kostbare Buch, die kunstvoll und fein komponierte Prachtausgabe großer italienischer Autoren im Ausland eine nicht große, aber verständnisvolle, treue und auch zahlungsfähige Anhänger- und Käuferschaft. Man hofft in Italien, daß das auf diese Weise verbreitete italienische Buch Anregung und Interesse für die italienische Kunst und Kultur auch dort erwecken wird, wo sie bis dahin noch unbekannt waren. Das ist der Wunsch Italiens. Was Deutschland anbetrifft, so ist es wohl das Land, das einem Austausch internationaler Güter immer am begeistertsten zugestimmt hat (auf dem Inter nationalen Bnchdruckerkongreß, der im April dieses Jahres in London stattfand, waren von 225 ausländischen Teilnehmern 100 Deutsche!). Aber zunächst brauchen wir Leser im eigenen Hanse. Des Büchermachens ist zwar kein Ende: aber wer kauft Bücher im Lande der — Dichter und Denker? *) ttber die Ziele dieses Instituts, das eine Art Propagandastclle ist, orientiert ein sehr instruktiver Aufsatz aus der Feder Funtagallis in der reichhaltigen, dem ersten Internationalen Bibliothekskongreß in Nom gewidmeten Juni/Juli-Nummer der »Minerva-Zeitschrift« (Hrsg, von O. b. Ebert, G. Lütke und Hans P r a e s e n t), S. 115—117. 865
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