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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 13.07.1929
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- 1929-07-13
- Erscheinungsdatum
- 13.07.1929
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Deutsche Buchhändler-Lehranstalt zu Leipzig. — Nachdem im Laufe des Monats Juni im Anschluß an den vorbereitenden Unter richt die Besichtigung der großen Papierfabriken zu Kriebstein bei Waldheim und Technitz bei Döbeln stattgefunden hatte, befanden sich die jungen Buchhändler unserer Einjährigen Höheren Fachkurse unter Führung ihrer Ordinarien am 4., 5. und 6. Juli auf einer Stu dienreise nach Weimar, wie diese seit Jahren zu unserm Ausbildungsplan gehört. Es wurden unter Einteilung der Teil nehmer in drei Gruppen von je etwa dreißig Schülern und Schüle rinnen besichtigt: das Schillerhaus, das Gocthe-National-Museum, Goethes Gartenhaus, der Park, die Fürstengruft, das Wittums- Palais, das Goethe-Schiller-Archiv, die Landesbibliothek, das Lan- desmuscum, Schloß Belvedere, Schloß Tiefurt und das Museum für Urgeschichte. Da sich die Lehranstalt vorher mit den einzelnen Ver waltungen der Staatlichen Sammlungen in Verbindung gesetzt hatte, und da auch die Frage der Unterkunft und Verpflegung auf das beste geregelt war, konnte sich in der zur Verfügung stehenden kurzen Zeit die so stattliche Besuchsfolge reibungslos abwickeln. Der starke Ein druck der Stadl der deutschen Klassiker wurde zu einem unvergeß lichen Erlebnis gesteigert durch die besondere Liebenswürdigkeit nam hafter Weimarer — 'nschaftler, denen an dieser Stelle der aufrich tigste Dank ausgesprochen sei — um alphabetisch zu verfahren: dem Direktor der Landesbibliothck Herrn Professor vr. Deetjen, Herrn Gerhardt vom Landesmuseum, Herrn Professor vr. Hecker vom Goethe-Schiller-Archiv sowie den Herren Lindig vom Museum für Urgeschichte. Herr Professor Deetjen stellte in wundervoller Führung durch die von ihm geleitete Bibliothek den Wesensinhalt des Gefamtbegriffs Weimar dar; es ist unsagbar, welch ausgezeichnete Anschauung der deutschen Literatur innerhalb der Weltliteratur gerade der Besuch dieser Bibliothek unseren jungen Leuten zu bieten vermag. Nicht /sinnverwirrend durch ihre Menge, sondern eindrucksvoll und ver traut grüße« so viele Titel der nach Goethes Anordnung überall bei Tageslicht lesbaren Buchrücken den Besucher. Hier in der Nuhmes- / Halle Weimars befinden sich Statuen und Bilder all derer, die als Gäste, Leser oder auch als Autoren ein- und ausgegangen sind, um sich selbst Stoff zu eigenem Schaffen zu versorgen, oder um gutes Altes in brauchbareres Neues oder in Schöneres umzuschmelzen. Wenn der Besuch in der Bücherei noch einen »Höhepunkt« vertragen hätte, so hätte dieser nur durch den Besuch jenes Raumes erreicht werden können, der sämtliche Goethe-Ausgaben und außergewöhn lich reiche Schätze der Goethe-Literatur birgt. Von den ersten schlichten Bändchen Goethes an bieten sich dem buchhändlerischen Auge in zeitlicher Folge alle Ausgaben, sowohl die noch von des Dich ters Hand besorgten als auch die kritisch-wissenschaftlichen anderer Herausgeber bis zur Gegenwart, darunter insbesondere die Sophicn- und die Propyläen-Ausgabe. Jeder durfte einen dieser Bände in die Hand nehmen und stellte ihn nach eingehender Betrachtung liebevoll wieder an seinen Platz zurück; es ist zu verstehen, wenn einer von den Schülern wünschte, daß er immer hier sein könnte, um zu studieren. Wenn im Leipziger Rundfunk vor kurzem ein Kritikus bei seinen Buchbesprechungen sagte, die Klassiker seien tot, weil sie selten gekauft und gelesen würden, so sollte er doch einmal den Geist von Weimar auf sich wirken lassen. Als wir von hier scheiden mußten, geschah es mit Worten herzlichsten Dankes; Worte waren cs nur, aber durch die Tat werden die Schüler künftig beweisen, daß ^ihnen die Klassiker hier erst eigentlich lebendig geworden sind, und oazu hat ganz besonders der lehrreiche Vortrag des Herrn Pro zessors Hecker im Goethe-Schiller-Archiv beigetragen. Herr Pro fessor Hecker, der eigentlich Ferien hatte, brachte uns ein freund liches Opfer, indem er uns die Faust-Ausstellung persönlich zeigte. Wir Glücklichen haben den Urfaust in der berühmten Abschrift des Fräu leins von Göchhausen gesehen, selbst ein paar Verse darin gelesen, und einige haben ihn liebevoll in Händen gehalten. In fesselnder Weise stellte Herr Professor Hecker das Verhältnis des Urfaust zum eigentlichen Faust dar, indem er die Fragen aufwars: Was hat Goethe am Faust interessiert? Was interessiert uns? Des weiteren zeigte er au den ausliegeuden Niederschriften des Faust, in der Handschrift des Sekretärs oder Goethes selbst, einige Verbesserungen des Dichters, um die Frage anzuschlicßen: Sind die Verbesserungen des Dichters eigentlich immer wirkliche Verbesserungen? Herr Pro fessor Hecker verneinte diese Frage und beleuchtete sie an dem Text von »Wanderers Nachtlied«. Die erste Fassung hat gelautet: »Der du von dem Himmel bist, alle Freud' und Schmerzen stillest«, die zweite Fassung hingegen: ». . . alles Leid und Schmerzen stillest«. Da es am Schlüsse heißt: »Was soll all' der Schmerz und Lust?«, so hätte nach der ersten Fassung dieses Wort Lust Beziehung zum Worte Freud' gehabt, nach der Verbesserung Goethes aber hängt es in der Lust. Das »Warum?« müssen wir dem Dichter überlassen. So zog in der kurzen Zeit, die wir hier weilten, eine Fülle reichster und tiefster Eindrücke in unser Herz ein, und wir schieden recht ungern aus diesen weihevollen Räumen. Großen Dank sind wir auch Herrn Gerhardt vom Landes museum schuldig, der uns mit ganzer Hingabe an die Malerei durch sein Museum führte, um zum Schluß die Prellerscheu Odyssee-Land schaften in meisterhaftem Vortrage künstlerisch zu erschließen. Wie ein Ausgleich gegen so viel Klassisches und Geistiges wirkte der Be such des Museums für Urgeschichte, wo die Herren Lindig, Vater und Sohn, unseren jungen Schülern und Schülerinnen in zwei Stunden eine vortreffliche Anschauung der Urgeschichte gaben. Mit drolligem Humor wurde uns aus Funden von Ehringsdorf bei Weimar und anderen Orten ein langes Stück menschheitsgeschicht licher Entwicklung entrollt; besonders lehrreich waren für die jun gen Leute einige Eignungsprüfungen als »steinzeitliche Feuerstein klingen-Schlager«, als »Handmüller« oder als »Feueranmacher mit Bogen und Bolzen«. Planmäßig vereinte der erste Abend alle Teilnehmer aus dem Schlosse Belvedere, der zweite im lieblichen Tiefurt, wo nach kurzer, aber dringend notwendiger Erholungspause jugendliche Laune und Frohsinn die wünschenswerte Entspannung brachten. Am Freitag abend genossen wir das erhebende Schauspiel eines Fackelzugs der Teilnehmer an den Veranstaltungen des Schillerbuudes. Der ganze Ausflug war vom Wetter begünstigt bis auf den Sonnabendnach mittag, an dem die vorgesehene Wanderung nach der Ettersburg unterbleiben mußte, dafür war aber noch ein gemütliches Abschied nehmen vom lieben Weimar möglich. Mit herzlichem Danke sei auch des Herrn Breunung ge dacht, des Inhabers von Ludwig Thelemann's Buchhandlung, der uns kollegial bei der Ankunft am Bahnhof empfing und uns manche Stunde mit seiner Frau Gemahlin und seinem Söhnchen widmete, — der es sich auch nicht nehmen ließ, nns am Sonnabendabend das Ab schiedsgeleit zum Bahnhof zu geben, und der sein Urteil über unsere Schüler und Schülerinnen in einer Karte an den Direktor in die Worte zusammengefaßt hat: »Riesige Freude haben mir Ihre jungen Menschen in den wenigen Stunden des Zusammenseins be reitet«. Ein Teil der jungen Buchhändler fuhr am Sonntag noch nach Eisenach, um auch die Stadt Luthers, Bachs, Fritz Reuters und die Wartburg kcnnenzulernen, während die Mehrzahl die Rückreise nach Leipzig autrat, wo sic in vorgerückter Stunde von ihrem ver ehrten Oberstudicudirektor Professor Or. Frenzcl begrüßt wurde. Allen Schülern und Schülerinnen wird die Reise unauslöschlich ins Gedächtnis geschrieben bleiben, und ein Teilnehmer, der überströ menden Gefühls sagte: »Nach einem solchen Erlebnis wird man stolz darauf, Buchhändler zu sein!«, drückte wohl am besten die Stimmung aus, die uns alle bei der Rückkehr nach Leipzig beseelte. Korselt. Bericht über die Jahresversammlung der Ost-Mitglieder der American Booksellcrs' Association vom 13.—17. Mai in Boston. — In der Eröffnungsrede wies der Vorsitzende Herr A r t h u r B r e n- tano j r. daraus hin, daß das abgclauseuc Jahr keine erwähnens werten Neuerungen in der Veröffentlichung und in der Verbreitung von Büchern gebracht hätte. Die Kettenbuchhaudluugeu haben sich vermehrt. Dieser Kettculadenhandel ist in allen Geschäftszweigen stärker geworden, ob er dem Handel Vorteile bietet, ist zweifelhaft; Brentano deutet au, daß er doch manchen Buchhändlern die Selb ständigkeit nehmen würde. Ebenso haben sich die Leihbüchereien ver mehrt. Ein besonderer Erfolg wird darin gesehen, daß unter Hilfe der Vereinigung und auch zum Teil auf Anregung ihrer leitenden Männer die Vereinigung der Buchhändler des Westens zustande ge kommen ist, womit eine Kräftigung des Buchhandels jenes Teiles des Landes verbunden sei. Die Vereinigung steht unter eigener Leitung mit eigenen Beamten, und sie hat ja ihre Lebensfähigkeit durch die Versammlung in Sau Francisco, vier Wochen vor der Bostoner Tagung, bewiesen (s. Bbl. Nr. 124). »Das Buchgeschäft«, sagt Brentano, »hat sich nicht in dem Maße entwickelt oder ver größert wie es beinahe jedes andere Gewerbe in unserem erfolg reichen Lande verzeichnen kann. Es ist für einen einzelnen schwierig, einem verwickelten Geschäftszweig an den Puls zu fühlen, doch nach meiner Meinung haben die Schuld mit daran das Aufkommen und die teilweisen Erfolge der Buchklubs«. Bemerkenswert au dieser Versammlung war überhaupt, daß sie vom Anfang bis zum Schluß fast nur unter dem Zeichen der Buchklubs stand (ausführliche Be richte hierüber s. Bbl. Nr. 124 und 140). 767
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