5122 Börsenblatt s. d. Dlschn, Buchhandel. Künftig erscheinende Bücher. ^ 114, 18. Mai 1907. Verlag von Egon Fleische! A Co., Berlin XV. 35. Im Mai erscheint: T Hessenluft Novellen von Alfred Bock^^ Geheftet M. 2.—; gebunden M. 3.- In diesem mit kraftvollem Realismus geschriebenen Buche zieht ein Stück deutschen Volkstums an uns vorüber, das in seiner Sonderart verschwinden wird, wenn in nicht ferner Zeit der moderne Verkehr, städtische Sitten und Anschauungen ihren Weg hinauf zu den Lohen des Vogelsberges gefunden haben. Bock erweist sich in seinen Novellen wieder als ein vorzüglicher Kenner des hessischen Bauerntums. Wie alle seine Schriften lehrt auch diese neueste Darbietung den Städter den Zusammenhang mit dem Volk gewinnen, den er meist verloren hat. Das volks kundliche Element, das geschickt in die Darstellung verwoben ist, verleiht den Novellen einen besonderen Reiz. Sonnensucher Roman von August Friedrich Krause Geheftet M. 6.—; gebunden M. 7.50 Der Dichter schildert darin die geistige Entwicklung eines Menschen, in dessen Adern zweierlei Blut pulst, in dessen Seele zwei Kulturen sich treffen, die aus verschiedenen Welten stammen. Sein Leld ist das Kind einer Mutter aus altem Bauerngeschlechte, das in der schlesischen Ebene einst erbangeseffen und wohlbegütert gewesen war. Der Vater aber war der letzte, dekadente Sproß einer alten Kaufmannsfamilie, die, körperlich wie geistig degeneriert, längst von der Löhe herabgesunken war, aus der sie einst gestanden. Die seltsame Wesensmischung von Kraft und Schwäche, von Trotz und Demut, von Angebärdigkeit und Willensschwachheit, von Ursprünglichkeit und wirklichkeits- abgewandter, scheuer Träumerei macht sich schon in dem Knaben geltend. Das Erbteil des Vaters vertieft und ver schärft dem Jüngling und Manne alle seelischen Konflikte und treibt ihn schließlich, als er sich von allem Außenleben abwendet und ganz in sich selbst zurückzieht, dem letzten Abgrunde zu. Aber die ursprüngliche Kraft und der Trotz, die, wenn auch geschwächt, von den Ahnen der mütterlichen Seite in seinem Blute sind, helfen ihm weiter und reißen ihn auch über das Schwerste hinweg, Eine Fülle von Gestalten und Geschicken übt Einfluß auf die Entwicklung des Leiden, und durch sie gewinnt das Bild seines Lebens Reichtum an Farbe. Sonnensplitter Roman von von Leitgeb Geheftet M. 6.—; gebunden M. 7.50 Leitgeb hat, seit uns seine reiche und bedeutende Dichter- Persönlichkeit einen so erfolgreichen Roman wie die „Stumme Mühle" geschenkt hat, eine längere Zeit vergehen lassen; aber er hat die Zeit reich genützt. Was er in seinem neuen Werke bietet, ist alles innerlich verarbeitet. Dieses wechsel reiche, vielfarbige Innenleben, das seine Gestalten führen, brauchte Zeit, um im Geiste des Dichters auszureifen. Er gibt diesmal den Roman einer Frau, die zu spät erkennen muß, daß sie an einen ihrer nicht würdigen Mann gekettet ist. Leitgeb hat hier Gelegenheit, seine ganze Kunst zu entfalten. Er zeigt uns seine Leldin als frisches junges Mädchen, als lebenslustige junge Frau, in Zweifeln befangen, von Verzweiflung übermannt, von den Kleinlichkeiten des Lebens fast zerrieben, und wir leben eine jede Phase dieser Kämpfe mit und werden aufs tiefste gepackt. Der Erfolg des Buches dürfte dem der „Stummen Mühle" nicht nachstehen. Das Gasthaus zur Ehe Roman von - Fedor von Zobelütz ^ Geheftet M. 6.—; gebunden M. 7.50 Fedor von Zobeltitz gehört zu jenen „meistgelesenen Autoren", die die Stützen der Leihbibliotheken bilden und den Schaufensterschmuck der Sortimenter. Das ermöglicht nun allerdings keinen Rückschluß auf die literarischen Qualitäten des Verfassers, denn das große Publikum ist kein strenger Kritiker, beweist aber immerhin, daß Zobeltitz jedenfalls die glückliche Gabe besitzt, gut zu unterhalten. And in der Tat: seine mit leichter Feder ungemein flott geschriebenen Romane sind immer in hohem Maße amüsant; er ist ein scharfer Beobachter, ein feinsinniger Schilderer und vor allem einer jener liebenswürdigen Schriftsteller, die auch an sich tragische Probleme in die Beleuchtung eines gesunden Lumors zu rücken verstehen. „Das Gasthaus zur Ehe" gehört zu diesen tragikomischen Romanen, die belustigen und ergreifen und zudem einen seltenen Reiz innerer Spannung besitzen, der den Leser bis zum Abschluß in seinem Bann hält.