Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 18.08.1884
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1884-08-18
- Erscheinungsdatum
- 18.08.1884
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-18840818
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-188408180
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-18840818
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1884
- Monat1884-08
- Tag1884-08-18
- Monat1884-08
- Jahr1884
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Zk 1S2, 18. August. Nichtamtlicher Theil. 3727 einem elenden Mittel, um sich zu vergewissern, ob er gegen wärtig sei. Es erschien in der Stein'schen Buchhandlung ein zerlumpt gekleideter Junge, der ein von mehreren angesehenen Nürnberger Bürgern unterzeichnetes Attest vorwies, und bettelte hierauf um Unterstützung für seine Mutter, angeblich eine arme Soldatenwittwe. Zugleich bat er, da er Palm persönlich zu kennen vorgab, und dieser ihm schon früher Gaben gereicht habe, den Herrn persönlich sprechen zu dürfen, um sein Anliegen mündlich bekräftigen zu können. Der Gehilfe nahm das Attest und suchte den Prinzipal in einem der oberen Zimmer des Hauses auf, in welchem dieser verweilte, um nicht gesehen zu werden. Dort theilte er ihm das Anliegen des Jungen mit. Arglos ließ Palm den Bittsteller kommen, sprach mit ihm und theilte ihm eine Gabe mit. Kaum hatte sich der Betteljunge aus dem Hause entfernt, so er schienen zwei französische Gensdarmen in der Buchhandlung, welche durch den Jungen sichere Kunde von der Anwesenheit Palm's er halten hatten. Ohne sich mit Fragen aufzuhalten, drangen sie nach der soeben erhaltenen Weisung zwei Treppen hoch in den oberen Raum des Hauses und betraten Palm's Zimmer mit der Aufforderung, sich sofort anzukleiden und in ihrer Begleitung sich zum commandirenden General zu begeben. General Fröre ließ sich den Verhafteten vorführen und durch einen Dolmetscher ihm die Frage vorlegen, ob er von der Schrift: „Deutschland" etwas wisse, da sie durch seine (die Stein'sche) Buchhandlung an die Stage'sche Buchhandlung in Augsburg gesendet worden sei, und woher er sie erhalten habe. Palm berief sich aus die Art und Weise, wie im deutschen Buch handel die Bücherpackete versendet würden. Nürnberg war ja schon längst ein Hauptcommissionsplatz für den süddeutschen Buchhandel; viele Tausende von Packeten, die von auswärts eingesandt wurden, gingen durch die Hände der Nürnberger Buchhändler und wurden an ihre Adressen weiter befördert, ohne daß der dies Geschäft besorgende Buchhändler den Inhalt kannte. Palm erwiderte also auf die Frage des Generals Fröre, daß er die Schrift von auswärts, von ihm unbekannter Hand erhalten und gemäß der Adresse versandt habe, so wie dies im Buchhandel häufig vorkomme. Der General erklärte ihm hierauf, daß er so lange Hausarrest habe, bis er entdecken würde, wo her er jene Schrift erhalten hätte. — Die Gensdarmen begleiteten sodann ihren Gefangenen wieder in seine Wohnung und blieben dort. Jedoch schon an demselben Mittage erschien ein französischer Offizier im Palm'schen Hause, untersuchte dessen Räume und erklärte, daß dort keine genügende Sicherheit sei; hierauf wurde Palm durch Gensdarmen aus das Rathhaus in ein verschlossenes Zimmer gebracht. Am anderen Morgen — den 15. August — führten die Gensdarmen ihren Gefangenen wiederum in seine nahe Behausung und gaben seiner kranken Frau aus, für einen Wagen Sorge zu tragen, da Palm nach Ansbach zum Marschall Bernadotte, der in dem dortigen Schlosse wohnte, gebracht werden müsse. Gegen diesen strengen Befehl half kein Bitten und Protestiren; mit Mühe wurde es von Frau Palm und dem treuen Gevatter Pech durchgesetzt, daß ein angesehener Rechtsgelehrter Palm nach Ansbach begleiten durfte. Mit diesem und den beiden Gensdarmen fuhr er ab. Ter Abschied von seiner Familie war erschütternd, dennoch blieb Palm guten Muths; offenbar täuschte er sich selbst. In Ansbach gestaltete sich die Sache aber ernster. Als Palm in das Residenzschloß gebracht war, verlangte er durch seinen rechtskundigen Begleiter Gehör bei dem französischen Mar schall; jedoch der dienstthuende Adjutant erklärte sofort, daß eine solche Audienz nicht gewährt werden könne, da die Ver haftung auf unmittelbaren Befehl des Kaisers Napoleon er folgt sei. Man theilte dies Palm mit, der bereits in ein ge meines Gesängniß abgeführt worden war, mit dem Bemerken, daß er vor ein Kriegsgericht gestellt werden solle; könne er für die Reise keinen Wagen bezahlen, so würde er zu Fuß gehen müssen. Der Rechtsfreund besorgte das nöthige Reisegeld und tröstete den Verhafteten mit der Versicherung, daß alles Mögliche zu seiner Rettung aufgebotcn und auch dafür gesorgt werden würde, daß er vor dem Kriegsgericht einen Bertheidiger erhalte. Palm ergab sich nun ruhig in sein Schicksal, sein Betragen blieb männlich und standhaft. Er wurde nach Braunau in Tirol abgeführt, das damals noch zu Bayern gehörte; aus welchem Grunde er gerade dorthin gebracht wurde, haben wir nicht mehr herauszubringen vermocht; wahrscheinlich erschien es als fester Platz mit französischer Besatzung als geeigneter Ort. Sein Nürnberger Rechtsfreund reiste zur trostlosen Familie zurück, um mit ihr und seinen Freunden für die Rettung Palm's das Möglichste zu thun. Wie wir aus dem Befehl Napoleon's an seinen Stell vertreter in Deutschland, den Marschall Berthier, ersehen haben, sollten die Buchhändler von Augsburg und Nürnberg verhaftet und vor ein Kriegsgericht gestellt werden. Außerdem waren noch mehrere andere Deutsche angeschuldigt worden, Schmähschriften gegen Napoleon verbreitet zu haben, und zwar folgende: I.Jenisch, Commis der Stage'schen Buchhandlung in Augsburg (wie wir bereits bemerkten), 2. Kupfer, Buchdrucker und Buchhändler zu Wien, 3. Eurich, Buchhändler in Linz, 4. Merkel, Gastwirth zu Neckarsulm und 5. Schoderer, Weinhäudler zu Donauwörth. Diese alle sollten ebenso wie Palm vor ein Kriegsgericht gestellt werden, doch nur die beiden zuletzt Genannten sielen in das Garn der französischen Häscher, wogegen es den anderen drei gelang, sich der Gefangennahme durch die Flucht zu entziehen Nur unserem Palm sollte es beschicken sein, als Opfer zu fallen. Kupfer und Eurich waren die Verleger bezw. Verbreiter der „Genealogie der kaiserlichen Majestäten und Hoheiten" gewesen, die man bei Schoderer und Merkel gefunden hatte. Die kaiserlichen Fran zosen waren besonders durch eine Caricatur zum Zorn gereizt worden, aus der ihrAbgottNapoleon in sehr natürlicher, aber recht unästhetischer Stellung abgebildet war, im Begriff, Fürsten zu machen."') Merkel, der Besitzer einer solchen war, wurde einen Tag nach Palms Tode nach Braunau gebracht, jedoch nach kurzer Haft entlassen. Es dürste hier am Orte sein, einiges Nähere über die Schrift „Deutschland in seiner tiefen Erniedrigung" zu sagen. Dieselbe ist in klein 8° erschienen und umfaßt 144 Druckseiten. Sie be spricht die sranzösischcn Zustände jener Zeit und Napoleon's innere und äußere Politik; sehr richtig findet sie „den Verfall und die tiefe Erniedrigung des Vaterlandes nur darin, daß die größten Höse Deutschlands ihr wechselseitiges Interesse einer näheren Verbindung aufgeopscrt und die Sicherheit des deutschen Staates durch unaufhörliche Spannungen dem Feinde selbst verriethen". Die Einleitung an den Leser schließt mit dem Satze: „Dieser Ab handlung das gehörige Licht zu geben und Deutschlands betrübte Lage Jedem anschaulich zu machen, wurde für dienlich erachtet, über das Betragen der Höfe, die mehr oder mindern Antheil an *) Bekanntlich hatte die Stiftung des Rheinbundes mit zur Folge, daß die Souveränetätsbestrebungen der 16 ihm beitretenden deutschen Reichssürste» meistens durch eine Rangerhöhung ihre Befriedigung fanden. Damals nahmen bekanntlich die Kurfürsten von Bayern und Württemberg den Königstitel, der Martgraf von Baden und der Landgras von Hessen den Titel eines Großherzogs an u. s. w. S23*
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder