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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 17.11.1928
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- 1928-11-17
- Erscheinungsdatum
- 17.11.1928
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Nr. 268 (N. 142). Leipzig. Sonnabend den 17. November 1928. 85. Jahrgang. ReÄMwneUer Teil. Was war ehedem „Zeitung"? Von vr. Johannes Kleinpaul. Das Wort »Zeitung» ist niederdeutschen Ursprungs, von »Tiden» (die Gezeiten) abgeleitet. Gegen das Ende des 14. Jahr hunderts kam es aus. Hanseatische Kausleute, die ins Ausland reisten, schrieben nach Hause »Tydinge- aller Art: allgemein interessante Neuigkeiten, und wirtschaftliche; »Tydinge, was (Wachs) by 10 Mark, schoene Werk by 46 Mark» usw. meldete im Jahre 1432 Heinrich van Riepen nach Reval. Heute noch in der Form »Ebbe- und Fluttide« gebräuchlich, bezeichnet »Tide» bekanntlich einen der ältesten Begriffe von Periodizität. Daran hat man aber damals in der frühe sten Anfangszeit der »Geschriebenen Zeitungen» bestimmt nicht gedacht. Das gilt erst für die moderne Zeitung; die ist — im Gegensatz zum eigentlich nur einmal erscheinenden Buche — eine fortlaufend erscheinende Druckschrift. Das Vergleichsmittel liegt wohl darin, daß dieselbe Verkehrsgelegenheit, die Zeitungen mit bringt, solche auch mit fortnimmt, wie die Flut zu-, die Ebbe abträgt. Bis ins 17. Jahrhundert hinein hat sich in unfern Küsten landen die Bezeichnung »Tydinge» für »Zeitung» erhalten. Schon im Jahre 1502 aber findet sich das Wort »Zeitung« zum ersten Male gedruckt. Und zwar, ohne daß man irgend welches besondere Aufheben davon machte, als etwas durchaus bekanntes. Es ist das auf einem in der Bayerischen Staats bibliothek zu München verwahrten Blatte, der Abschrift eines Briefes des Herzogs Leonhard Lauredon von Venedig an den Kardinal Raymund von Burgk: was und wieviel Türken niedergelegt sein worden. Da steht, mitten auf der zweiten Seite, nach andern Nachrichten, die Zwi schenüberschrift: Newe zeytung von orient vnd ausfgange. Dann aber geht es in ganz derselben Weise, wie oben, weiter. Von den Reformatoren gebraucht sehr bemerkenswerter weise Luther zweimal das Wort »Zeitung- in der Vorrede zu seiner Übersetzung des »Neuen Testaments»: »Evangelium ist ein griechisch Wort und heißt aus Deutsch: gute Botschaft, gute Mär', gute neue Zeitung, davon man singt, sagt und fröhlich ist, gleich als da David den großen Goliath überwand, da kam ein gutes Geschrei und tröstliche neue Zeitung unter das jüdische Volk, daß ihr greulicher Feind erschlagen und sie erlöst wären zu Freude und Frieden, davon sie sangen und fröhlich waren.» Auch die vielen älteren Bezeichnungen für »Zeitung«, die Luther hier anführt, haben ihre Geschichte. »Mär'» findet sich in diesem Sinne gleich am Anfänge eines der ältesten Denk mäler unseres deutschen Schrifttums, des Nibelungenliedes: Uns ist von alten maeren Wunders viel geseit von Helden lobebaeren, von groeszer arebeit. Noch dis Kunde von der Gefangennahme des Königs Max im Jahre 1488 gelangte als »H o f m ä r'» von Brügge nach Wien, und heute noch wird allenthalben in der Weihnachtszeit mit Frohlocken gesungen: Vom Himmel hoch, da komm' ich her! Ich bring euch gute, neue Mär', Der guten Mär' bring' ich so viel, Davon ich singen und sagen will. Von -Zeitungsinger n- weiß man in Nürnberg, der Meistersingerstadt, und aus dem mittelalterlichen Frankfurt; noch vom Jahre 1740 hat sich ein Lied: »Der wahrhafte Zei tungsinger» erhalten. Ob sie Volkslieder sangen? Viel leicht waren es Bänkelsänger, vielleicht auch nur Aus rufer. Der »Bel man», der Mann mit der Glocke, dessen im Jahre 1572 ein suggerscher »Diener» in einem Briefe aus Besaneon gedenkt, war ehedem ein Verkünder von Neuigkeiten und ist es heute noch; und noch sagt mancher seine Sprüche in einem rhythmisch-melodischem »Sprechgesang». Alles das: »Geschrei», »Volkslied», »Mär'», und was solche »Zeitungsinger» verbreiteten, war Kunde, die von Munde zu Munde ging: »Mündliche Zeitung». Manche Botschaft wurde aber auch ohnealleWorte abgemacht, beispielsweise die ältesten Familienanzeigen. Wo irgend in einem Hause ein Kind geboren wurde, stellten unsre Ahnen, wenn es ein Knabe war, eine Axt, wenn ein Mädel, eine Spindel vor die Türe. Nach der Sage von Pipin wurden dem abwesenden Vater bei der Geburt eines Sohnes ein Bogen und ein Pfeil über sandt. Nicht, daß das etwa auf besondere Verabredung geschah; jeder wußte in solchem Falle Bescheid. Auch später noch, als es Sitte war, derartige freudige Familienereignisse der Nach barschaft »ansagen« zu lassen, trug dabei — aus Schasfhausen erwähnt das Jakob Grimm — die ansagende Magd als stummberedtes »Wortzeichen«, wenn es ein Mädchen war, einen Strauß in der Hand, war es ein Knabe, auch noch einen vor dem Busen. Gewissermaßen ein Vorläufer der aus dem Welt kriege bekannten »Funksprüche an alle», die sie sahen! Heute noch ist es alltäglich, daß ein Disnstbote oder ein Kind, die im nahen freundschaftlichen oder verwandtschaftlichen Verkehr einen Brief zu bestellen haben, gleichzeitig auch aller lei mündlich ausrichten. Früher wurde wohl gar manchem zuverlässigen Boten — Klosterbrüdern u. dgl. — das Wich tigste mündlich aufgetragen, das man nicht zu Papier zu bringen wagte, damit es nicht unterwegs »Beraubern» in die Hände fiele. Nach dem »Ruodlieb» wurden selbst Liebesgrüße in dieser Weise übermittelt; vielleicht, daß die Liebesleute nicht schreiben und lesen konnten. Auch jetzt ist die »Gesprochene Zeitung» noch nicht ver stummt. In Rußland ist sie gerade in jüngster Zeit erst recht beredt geworden, und allerorten macht es der »Rundfunk» jedem, der ihm zuhören will, wieder so bequem, wie seinerzeit, anno 1577 Herzog Albrecht von Bayern, der seine Zei tungen »abhörte«, — sich vorlesen ließ. Infolge von alledem lesen wir von »mündlichen Zeitungen» vielfach auch in -geschriebenen». Jeder, der aus irgendeiner Ferne kam, brachte Neuigkeiten mit, und überall gab es »Zei- tunger»; die zeichneten es auf, und dann machte es weiter seinen Lauf. Eine mündliche Zeitung besonderer Art ist ein Blatt vom Jahrs 1680 in der Weimarer Bibliothek: »Das nagelneue P i q u e t - S p i e l». Frankreich, Holland, Spanien, Schweiz, Kaiser, Herzog von Limburg, England, Straßburg, Regensburg, Reichstag, Philippsburg, Speyer und Worms, Gemeine katho lische Geistlichkeit, Kurpfalz, Kursachsen, Schweden, Dänemark, Graf Tecklenburg, Türk sagen nacheinander ihre gereimten — nach damaligem Geschmacke gepfefferten — Sprüche auf. Ein ebensolches Stück wurde bereits dem ersten Jahrgang der »Leip ziger Zeitung» zur -Kurzweil des neubegierigen Lesers» an- 1281
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