Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 01.11.1928
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1928-11-01
- Erscheinungsdatum
- 01.11.1928
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19281101
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-192811019
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19281101
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1928
- Monat1928-11
- Tag1928-11-01
- Monat1928-11
- Jahr1928
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Pierre Simon Fournier und die Druckkunst des XVlII. Jahrhunderts in Frankreich. Wenn eine zurückliegende Zeitperlode von uns eine besondere romantische Verklärung erfahren hat, so ist cs die siir die gesamte europäische Kunst und das Kunstgewerbe so bedeutsame Epoche des Rokoko Ludwigs XV. gewesen. Sie ist zugleich die Zeit des schönen, ganz vom Geiste der »Galanten Zeit» durchwehten Kupferstich- Huches des Rokoko. Paris, bas zu jener Zeit aus dem Gebiete der Mode die ganze Welt beherrschte, hatte auch hier die Führung. Es war das Zeitalter der Kunstfreunde und gebildete» Dilettanten, die für das Sammeln alter Drucke Interesse besahen und die Klas siker in guten Ausgaben zu lesen wünschten. Zu diesen buchfreudigen Amateuren, die oft die Herausgabe von Luxusbänden finanzierten, gehörte auch Madame de Pompadour, die unter Mithilse von Fournier in Versailles eine Privat-Presse eingerichtet hatte. Wie jede Kulturepoche, so besah auch das Rokoko sein Ornament, seine Schrift, seine Bildsprache, seinen Buchtypus. Hatte man vor dem sich wenig oder gar nicht um Buchdruck, Druckschriften usw. bekümmert, und hatten nur die wenigsten Gebildeten im Anfang des 18. Jahrhunderts in Frankreich über Schriftgießerei etwas ge wußt, so gelangte späterhin dieses »verborgenste Gewerbe» in den Salon und bildete dort den Gegenstand tiefgründiger Erörterungen und Analysierungen, ja in Gelehrtenkreisen beschäftigte man sich sehr ernsthaft mit den Formen der Buchstaben und der Lesbarkeit der Schriften. Dies ist umso bemerkenswerter, als bisher die Theorie des Entwerfens von Buchdrucklettern überhaupt noch nicht öffentlich erörtert worden war. Sicherlich ist dieses wachsende öffentliche Interesse an der Schrift dem Umstand zu danken gewesen, daß die staatliche Druckerei des Louvre eine neue Schrift erhalten sollte, die, eigenartig und unnachahmlich, sür jene Gedenkdrucke und Arbeiten der königlichen Druckerei auch würdig sei. Damit erwuchs der Pariser Akademie der Wissenschaften, die 1866, also vier Jahre nach der Gründung der englischen »Royal Society« entstan den war, die Aufgabe, Regeln für Buchstabcnzeichnung aufzustellcn. Hat sie dies auch pedantisch, ohne Rücksicht auf die technischen Belange der Schriftschneidekunst ausgefllhrt, so hatte sie doch der ganzen Krage außerordentlich gedient. Die »königlichen» Schriften wurden alsdann von Philippe Grandjean de Fouchy und seinen Nachfolgern geschnitten und befanden sich um 1702 in Ge brauch. Ohne Zweifel fand diese »romain du roi« den besonderen Beisall ihrer Zeit, wenn auch damals vom lesenden Publikum noch keinesfalls ein wirkliches Verständnis für die kleinen, siir die Ge samtwirkung und Leserlichkeit aber höchst bedeutsamen Unterschiede unter de» Schriftbildern erwartet werden durfte. Aus jeden Kall hatte der König und die Akademie dem Schristgieher und Drucker zu einem gewissen Ansehen verholfen und damit den Boden für die Ent wicklung und Leistungen eines Mannes wie Fournier-le- jeune gemacht, »der cs vermochte, gleichsam von der Arbeitsbank aus zu theoretisieren und Geschichte zu schreiben und selbst mit Feile und Stichel die Vorzüge einer Schrift zu veranschaulichen, die er sür höchst bewundernswert hielt». Uber diesen hervorragenden französischen Schriftgießcr und die ganze Zeit, der er angehört, berichtet höchst anschaulich Paul Beaujon in seinem Buche »PierreSimonKournierund die Druckkunst des XVIII. Jahrhunderts in Frank reich». Die Übertragung des Werkes aus dem Englischen erfolgte durch Herrn vr. Oscar Zolles, Berlin. Der Satz des als Privaidruck von der Monotypc-Setzmaschinen-Ver- trtebsgesellschaft m. b. H., Berlin SW 48, heraus- gegcbencn Buches wurde in originalgetreuem Nachschnitt der Antigua und Kursiv des Pierre Simon Fournier aus der Monotype-Einzel- buchstaben-Gießsetzmaschine hergcstellt. Die Auslage betrug lüvll Exem plare und wurde bei Poeschel L Trepte in Leipzig gedruckt. Nach folgend sei einiges aus dem interessanten Werke mttgeteilt. PierreSimonFournter wurde im Jahre 1712 als Sohn des Schriftgießers Jean Claude Fournier, des Leiters der Gießerei von Le Bö geboren. Er war künstlerisch befähigt, im Zeichnen, in der Aquarellmalerei und in der Kunstfertigkeit des Holzschnitts wohl bewandert. Bereits als 25jährlger hatte er den Versuch unternommen, durch ein Punktsystem die Schriftgrade zu systematisieren. 1788 widmete er sich dem Stempelschneidcn und Gießen von Lettern und war, wie er von sich selbst sagt, ständig be strebt, die Druckkunst zu vervollkommnen. Bereits 3 Jahre nach seiner formellen Ausnahme als Schristgießereibesitzer gab er zwei Probenbücher heraus, deren reicher wertvoller Inhalt überraschen mußte. Der erste Quartband Mocidlos ckes tlaraetöros cks l'impri- msris et ckes untres eüoses Necessaires au cklt art, uouvelleineut gruves I>ar Simvll-?ierre Uvuruier le jeuue« enthielt eine vollständige 1208 Reihe von Graden neuer Schriften. Eine Vorrede bestand aus inter essanten Biographien großer sranzöstscher Schriftschneider der Ver gangenheit, bereu er ehrend gedachte. Fournier hatte Muster der schönsten Schriften von französischen und ausländischen Gießereien gesammelt und die Vorzüge und Mängel dieser Schriften studiert. Er besaß eine »flinke und ungeduldige Hand«, war bestrebt, alles selbst zu tun und von der »fremden Hand« loszukommen, was ihn allerdings nicht hinderte, sich zuweilen fremder Vorbilder bei seinen Schriftschnitten zu bedienen. Mit einer gewissen Naivität kopierte er zuweilen Schriften früherer Zeiten und wenn er auch nicht so weit ging wie Garamond, der sich selbst in einem Drucke zu seiner Kopie der Aldine-Schrist beglückwünschte, so achtete er doch vielfach keineswegs die Begriffe des geistigen Eigentums im Schristzeichnen, wie dies etwa der Schristgteßer Louis Luce tat. Dies brachte Fournier übrigens eine Menge von Verdrießlichkeiten ein. Der erwähnte Louis Luce hatte übrigens eine sehr eng wirkende sogenannte »poetische« Schrift hergestellt, um die außerordentlich langen klassischen Alexandriner ohne Brechen der Zeilen drucken zu können. Fournier sah hierin das Anzeichen einer Stiländerung und gestaltete seine Schriften entsprechend. Besonders bet der Schaffung der Kursiv ging er eigene Wege und brachte sie mit sicherem Ge schmack dem Schreibstil seiner Zeit näher. Zugleich gelang es ihm, die Kursiv der zugehörigen Antiqua genau anzupasse». In der Fournier-Kursiv spiegelte sich die zeitgenössische Schreibart wieder. In seiner Ouartprobe finden sich sodann zwei Grabe hebräischer Schrist, »sür die ehrwürdigen Väter des Oratoriums geschnitten«, sowie eine Serie von 118 Verzierungs stücken resp. »Rös chen« und einige Vignetten in Holzschnittmanier. Es verlohnt sich, an dieser Stelle kurz einiges über die Berzierungskunst des Rokoko zu sagen. 1740 hatte die »Jmprimerie Royale« ein vorzügliches Druckprobenbuch herausgebracht, das einige Zierstücks enthielt, die zu Rokoko-Verzierungen geschickt zusammengestellt waren. Es handelte sich hierbei um eine Kombinationsetnfassung, aus der man sim Gegensatz zu den nur einseitig zu verwendenden einstigen nichtssagenden »Röschen«) die mannigsachstcn Rahmen, Leisten, Zier- und Schlußstücke usw. zusammensetzen konnte, ganz wie es dem Setzer seine Phantasie eingab und die Zeitrichtung sorderte. Statt ge schlossener geometrischer Formen ließen sich jetzt die einzelnen kleinen gegossenen Zweige, Blumen, Sternchen, Kronen usw. zu reizvollen Mustern zusammenstellen. Auf diesem Gebiete war Fournier groß und er bewies seine unerschöpsliche Ersinbungsgabe mit den in seinen Probeheften gezeigten Anwendungsbeispielen. Besonders wertvoll und in seinem Schmuck unübertroffen ist das von Fournier le jeune 1742 herausgegebene zweite Probenbuch. Die gegossenen Ornamente bildeten einen Ersatz sür die Kupferstiche oder Holzschnitte, deren man sich bisher so reichlich bedient hatte. Fournlers Rokoko-Schmuck ent hielt auch eine Serie kleiner Einzelstllcke zur Schaffung geblümter Hintergründe und geschlossener Zierformen sowie mit Schmuckstücken verbundene Linien. Höchst anmutig wirken die Zweige und Blatt sprossen ans der »Petit-Parangon«, die zu höchst gefälligen Ranken znsanimengesteilt werden konnten. Dabet waren diese Stücke sehr sauber geschnitten und gegossen, aus ihnen wurden Pagoden, Gitter werke u. a. zusaminengesligt. Den Satz dieser vorbildlichen Probeseiten wünschte Fournier naheltegenderwelse selbst zu setzen! als Schriftgicßer war er jedoch durch engherzige Gewerbevorschristcn gehindert, sich selbst als Drucker zu betätigen. Schließlich erteilte man ihm doch die Erlaubnis, als er die Ouartprobe 1742 herausbrachte, Drucksormen in seinem eigenen Hanse zu setzen und aus einer seiner kleinen Pressen zu drucken. Voll Ehrgeiz nannte er sich daher selbst »Drucker« und er slihltc sich dazu berechtigt, denn Uber seine Verdienste um die Druckkunst war er sich durchaus im klaren. Fournier hatte eine hohe Meinung von der Typographie, sollte doch seinem Vorschlag nach das Wort »Typograph« nur demjenigen Vorbehalten bleiben, der »eine freie und unabhängige Kunst ausllbt und Kenntnisse in der Druckerei mit der Praxis des Schriftschneidens und -gießens verbindet«. Er war ein Genie, in allen drei Zweigen der Typographie wohl bewandert, seine Vielseitig keit war bewunberswert. Er sagte: »Um ein guter Schriftschneider zu sein, muß man ein Typograph sein, d. h., man muß alle Einzel heiten des Gieß- und Druckverfahrens kennen, um seine eigene Arbeit danach einzurichten. Der Stempelschneider, als Meister der Kunst, muß alle Vorgänge des Gießens und Drückens voraussehen.« Eine der bedeutsamen Schöpfungen Fournlers war die »revi dierte Tabelle von proportionierten Graden« aus einem Punktsystem, die er in der mehrfach erwähnten Ouart- probe von 1742 veröffentlichte. Die Normalisierung war bereits 20 Jahre vorher durch ein königliches Edikt vom 28. Februar 1723 ge fordert worden. Doch bestand noch weiterhin Verwirrung über
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder