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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 01.11.1928
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- 1928-11-01
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- 01.11.1928
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ter eines Werks nicht für ganz verträglich hielt, darf mit vollem Recht als überwunden betrachtet werden. Könnte dem Bearbei ter oder Verleger verwehrt werden, zahlreiche Reproduktionen aufzunehmen, durch welche der Text veranschaulicht würde, z. B. die Darstellung der Völkerschlacht, des Wiener Kongresses, Bilder bedeutender Persönlichkeiten, satirische Darstellungen, welche sich auf den Bundestag, das Treiben der Diplomaten in Wien, die Kleinstaaterei, die Nationalversammlung, das Leben in den poli tischen Zentren beziehen? Gewiß nicht. Der Gesetzgeber hat gerade an solche Wiedergaben gedacht, dies geht in klarer Weise aus den Motiven der Regierungsvorlage hervor, welche be merken, daß die vorgeschlagene Bestimmung dem Rechtszustand nach § 8 Ziffer 4 des früher geltenden Gesetzes entspreche, daß es aber erforderlich erscheine, die Bedingung aufzunehmen, es müsse sich um die selbständige wissenschaftliche Arbeit han deln, um zu verhüten, daß eine Ausbeutung der künstlerischen oder photographischen Abbildungen stattfinde. Eine solche Aus beutung künstlerischer oder auch photographischer Abbildungen wäre aber durch die Verschiebung des Verhältnisses von Haupt sache zur Nebensache ebenso möglich wie durch die Ignorierung des Moments der selbständigen und wissenschaftlichen Darstellung. Nun finden wir des öfteren bei Prozessen die Meinung vertreten, es müsse, um die Anwendung der Vorschrift zu ermöglichen, auf die bezügliche Abbildung in dem Text besonders hin gewiesen sein. Dem kann nicht zugestimmt werden, es ge nügt vollkommen, wenn der innere Zusammenhang vorhanden ist, sofern also der für das Werk in Betracht kom mende Leser keinen Zweifel haben kann, daß durch die Abbildung der konkrete Textteil erläutert werden soll und erläutert wird. Wenn sonach, um bei obigem Beispiel zu bleiben, auf der Seite, auf welcher Treitschke in der bekannten dramatischen Weise die Zusammensetzung des Wiener Kongreßes schildert, eine Abbildung wiedergegeben wird, die eine Sitzung der bedeuten- sten Teilnehmer desselben farbenprächtig veranschaulicht, so ist dieselbe nur zur Erläuterung des Textes beigcsügt und ein aus drücklicher Hinweis darauf in der betreffenden Stelle des Textes vollkommen überflüssig. Weiter wird aber verlangt, daß es sich um eine selbständige wissenschaftliche Arbeit handelt. Eine Arbeit ist nur dann eine selbständige, wenn in ihr das Ergebnis eigner Geistesarbeit enthalten ist, eigene Auf fassung muß vorliegen, Analyse und Synthese. Natürlich wird der selbständige Charakter nicht dadurch beein trächtigt, daß die Vorarbeiten berücksichtigt werden, das, was andere vorher gedacht und ausgesprochen haben. Bis zu einem gewissen Grade ruht ja jedes geistige Schassen auf den Schul tern der Vergangenheit und die Beherrschung der früheren Lite ratur beweist ja gerade die geistige Arbeit. Nur mit dieser Ein schränkung kann man dem Satze zustimmen, selbständig sei nur die von anderen Arbeiten unabhängige Arbeit. Die kritische Stellungnahme zu früheren Behandlungen der gleichen Materie, des gleichen Problems, ist ein Zeichen der selbständigen Geistes- tätigkeit, kritiklose Wiedergabe läßt auf die Unselbständigkeit zwar nicht immer, aber doch vielfach schließen. Einerseits darf der Begriff »Selbständig- nicht überspannt, anderseits auch nicht verwässert werden, damit nicht zum Nachteil der Urheber die Folge eintritt, die der Gesetzgeber ausweislich der Bemerkung in den Motiven verhüten wollte. In der praktischen Rechts übung fehlt es nicht an gutachtlichen Äußerungen, welche letzten Endes auf eine Überspannung des Begriffs hinauskommen. Ihnen gegenüber muß der Richter sich ganz besonders daran erinnern, daß auch das Gutachten erster Vertreter des betreffen den Fachs von ihm nur nach entsprechender Kritik angenommen werden darf. Wissenschaftlich ist aber der Inhalt einer Arbeit dann, wenn er, wie das Reichsgericht ausgesprochen hat, nach Art der Erörterung und Darstellung offensichtlich einem wissen schaftlichen Zwecke dienen soll und hierzu eine eigenartige selb ständige Behandlung des Stoffs in systematischer, nach durch greifenden Hauptgedanken geordneter Darstellung im wesent lichen zum Zwecke der Belehrung zum Ausdruck kommt (R. G. Z. 22 S. 59, 36 S. 192). In der Praxis macht die Abgrenzung zwischen wissenschaftlich und nicht wissenschaftlich häufig Schwie rigkeiten, insbesondere, wenn es sich um eine Arbeit mitPopu - lärwissenschaftlichem Charakter handelt. Die volkstümlich wissenschaftliche Darstellung steht aber der streng wissenschaftlichen insofern durchaus gleich, es muß sich selbst verständlich auch bei ihr um eine logische Gedankenfolge handeln. Im Gegensätze zu manchem Gutachten ist mit Entschiedenheit der Standpunkt zu vertreten, daß die gefällige, leicht verständ liche Form der Darstellung den wissenschaftlichen Charakter an sich durchaus nicht beeinträchtigt. Jeder Stoff und jedes Pro blem kann wissenschaftlich behandelt werden, kultur- und sitten- geschichtliche Fragen bilden keine Ausnahme. Ob man die wissenschaftliche Bedeutung des Werks höher oder niedriger zu bewerten hat, ist für die Anwendung des H 19 an sich gleich gültig, maßgeblich ist vielmehr, ob der gegebene Stoff syste matisch, also nach bestimmten Gedanken des Verfassers zu dem Zweck der Förderung der Erkenntnis des Problems und der wissenschaftlichen Forschung im Hinblick auf die damit verbun dene Belehrung be- und verarbeitet worden ist. Das Fehlen von Literatur- und Quellenangaben, worauf manchmal in Gut achten ein großes Gewicht gelegt wird, kann für den nichtwissen- schastlichen Charakter des Werks nicht als bedeutungsvoll an gesehen werden. Es gibt bekanntlich zahlreiche, allgemein als wissenschaftlich anerkannte Werke auf allen Gebieten der Geistes wissenschaft, in denen von der Wiedergabe des Handwerkszeugs der Forschung Abstand genommen wird, auf das der Verfasser des Werks natürlich nicht verzichten kann. Ohne Einfluß ist Weiler auch die Feststellung, daß die Arbeit den wissenschaftlichen Zweck nur unvollkommen erreicht hat, mit Unrecht berufen sich diejenigen, welche hieraus ein sogar ausschlaggebendes Gewicht gelegt wissen wollen, auf die angeführten Urteile in R. G. Z. 22 S. 59 und 36 S. 192. Die oberstrichterliche Auslegung hat bei der Erläuterung des Begriffs »wissenschaftlich- von einer Hinzu ziehung dieses Merkmals stets abgesehen. Wissenschaftliche Arbeit und Unterhal tungsarbeit stehen einander an sich gegenüber, der Unter haltungsaufsatz ist, auch wenn er belehren will und belehrt, dieserhalb noch keine wissenschaftliche Arbeit; daraus folgt aber keineswegs, daß die wissenschaftliche Arbeit nicht in einer Form gehalten sein kann, welche durch ihre gefällige Ausdcucksweise auch unterhält. Es gibt Meister der Darstellung, die auch das schwierigste Problem in besonders gefälliger Ausdrucksweise be handeln können und behandeln; ist Treitschkes Geschichte nicht wissenschaftlich, weil die Form der Darstellung einen ästhetischen Genuß bietet und belehrt und unterhält, oder Mommsens Schil derung Julius Cäsars, die auch heute noch als Meisterstück be zeichnet werden darf? Gewiß, die Grenze zwischen Belletristik und wissenschaftlicher Arbeit ist keine ein für allemal feststehende, sondern eine flüssige und in vielen Fällen schwer zu ziehen, es muß aber daran sestgehalten werden, daß die gefällige Form der Darstellung keineswegs ein gegen den wissenschaftlichen Charak ter sprechendes Moment ist. Dies ist aber ganz besonders zu beachten bei den mit Abbildungen versehenen Werken kultur- und sittengeschichtlichen Inhaltes, deren Veröffentlichung in erster Linie zu Streitigkeiten Anlaß gegeben hat, bei denen die Entscheidung sich aus die Auslegung des tz 19 zu stützen hatte. Sie bringen es mit sich, daß aus die gefällige Form der Dar stellung ein ganz besonderer Wert gelegt wird und gelegt werden muß; man würde die praktische Tragweite und Bedeutung des § 19 im Widerspruch mit der Absicht des Gesetzgebers außer ordentlich einschränken, wollte man dieserhalb die wissenschaft liche Arbeit für die Regel in Abrede stellen. Schließlich muß auch betont werden, daß in bezug auf die Frage, ob zur Erläuterung des Textes alle Abbildungen er forderlich waren oder nicht, ob nicht auch eine kleinere Anzahl genügt hätte, nicht ein engherziger kleinlicher Gesichtspunkt die Entscheidung bestimmen darf. Wenn der Verfasser des Werks auch wirklich des Guten in dieser Beziehung etwas zu viel ge tan hat, so sind doch unter der obigen Voraussetzung — Ver hältnis von Hauptsache zur Nebensache — die Abbildungen nur zum Zwecke der Erläuterung beigesügt.
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