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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.09.1928
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- 1928-09-29
- Erscheinungsdatum
- 29.09.1928
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- Deutsch
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X- 228, 29. September 1928. RedaMoweller Teil. Börsenblatt f. d Dtschn.Buchhandel. Erfolg versprach, der Reform der Jugendschriften und Bilderbücher. Dieser Zweig der Literatur war damals recht unentwickelt. Nicht allein der Inhalt, auch der bildnerische Schmuck war zumeist unge nügend. Hier Wandel zu schaffen, war eine schöne Aufgabe. Sie wurde glänzend gelöst. Ein Kreis vorzüglicher Autoren wurde ge wonnen, allen voran Theodor Dielitz, der Direktor der Königstädti schen Realschule, dessen »Land- und Seebilder«, »Streif- und Jagd züge«, »Kosmoramen« und »Panoramen« der jungen Welt spannend von den Erlebnissen kühner Reisender und Abenteurer erzählten, dessen »Germania« und »Teutonia« die vaterländische Geschichte in ganz neuer Form der Jugend näherbrachten und dessen »Hellas und Nom« das Altertum lebendig auferstehen ließ. Von den Schriften für die weibliche Jugend fanden A. Steins »52 Sonntage« und das »Tagebuch dreier Kinder« eine außerordentliche Verbreitung bis in unsere Tage hinein. Niemals aber märe eine solche möglich gewesen ohne die für die damalige Zeit neue Ausstattung mit farbigen Bil dern. Und hierbei war dem Hause Winckelmann L Söhne ein Helfer erwachsen, dessen Ruhm bald immer Heller erstrahlen sollte. Schon seit etwa 1820 hatte sich im Hause Arnz L Co. zu Düsseldorf ein Knabe mit großem Geschick am Kolorieren der Tafeln und Bilder bogen beteiligt. Er wurde bald als fester Mitarbeiter mit einem Jahresgehalt von 200 Talern angestellt. Bei der Begründung von Winckelmann L Söhne 1828 zog er mit nach Berlin. Sern Gehalt wurde damals auf 400 Taler jährlich erhöht. So begann Theodor Hose mann seine Laufbahn, dessen Ruhm mit dem des Hauses Winckel mann L Söhne untrennbar verbunden ist. Denn mehr als 100 Jugendschriften hat er mit seinen meisterhaften Schilderungen ge schmückt. Er pflegte alles selbst auf den Stein zu zeichnen, die Probedrucke auch selbst zu kolorieren, die dann in der Anstalt als Vorlage für die Koloristen dienten. Das enge Dienstverhältnis Hosemanns zu Winckelmann L Söhne hatte mit der Zeit ausgehört. In der Regel zeichnete er für jedes Buch 8 Bilder. Das Honorar für eine Illustration betrug im Durchschnitt einen Friedrichsdor, manchmal auch mehr bis zu 11 Goldstücken für 8 Illustrationen. Die zunehmende Volkstümlichkeit Hosemanns bewirkte eine große Fruchtbarkeit des Künstlers, die seine zahlreichen berühmten, bei vielen anderen Verlegern herausgegebenen Kunstblätter hervor brachte. Th. Hosemann wurde 1857 Professor, 1860 Mitglied der Akademie und starb 1875, um dieselbe Zeit, wie beide Brüder Winckelmann, die ihn entdeckt und seinen Ruhm begründet hatten. Seine arbeitsreiche Fruchtbarkeit ist später nur von dem ihm durch aus geistesverwandten Adolf Menzel übertroffen worden, mit dem er übrigens kurze Zeit gemeinsam ein Atelier hatte und dessen frühe lithographische Arbeiten sichtbar seines Geistes Stempel tragen. Hosemanns Erfindungsgabe war unerschöpflich. Nie hat ein Künstler bas Berliner Volksleben, vornehmlich die Kleinen, richtiger auf gefaßt, seinen Humor, seine Komik, seine ganze Eigenart besser erkannt und verstanden als Hosemann. Seine Illustrationen zu den Winckelmannschen Jugendschriften gehören zu dem Wertvollsten, was er geschaffen hat und brachten diesen eine so allgemeine Verbreitung, baß sie um die Mitte des vorigen Jahrhunderts auf den Geburts tags- und Weihnachtstischen keiner Berliner Familie fehlten und auch außerhalb Berlins die meistgekauften Kinderbücher waren. Neben diesem neuen wichtigsten Geschäftszweige waren die frü heren Vcrkaufsgegenstände der Firma auch weiterhin gepflegt und neuzeitlich verbessert worden. Alljährlich erschien ein Verzeichnis der Verlagsartikel im Druck. Die schnelle Entwicklung des Geschäfts zeigt sich in der Seitenzahl dieser Kataloge. Während für 1820 nur ein Blatt mit 3 Seiten ausgegcben wurde, umfaßte das Verzeichnis für 1845 bereits 24 Seiten. Bei dessen Durchsicht finden wir als Zuwachs architektonische Vorlagen für Handwerker, Kostümbilber für Theater, Alphabete, allerlei Gesellschaftsspiele, vor allem aber 115 Jugendschriften und Bilderbücher. Unter diesen bemerken wir eine Anzahl Werke von Gustav Hölting oder »Onkel Gustav«, unter welchen Namen Carl Gustav Winckelmann, der Mitinhaber der Firma, »seinen kleinen Freundinnen und Freunden lehrreiche und anmutige Erzählungen« widmete. Im Jahre 1851 machten Winckel mann L Söhne einen interessanten »Versuch, ein Ölgemälde neuerer Zeit durch Farbendruck in Lithographie wiederzugeben, der, soviel wir wissen, noch nie von einer anderen Anstalt versucht worden ist«. Gewählt wurde »Das Milchmädchen« von F. E. Meyerheim. Das Blatt wurde »ohne alle Hilfe des Pinsels mit 21 Platten gedruckt« und kostete 5 Taler. Die erste Auflage von 150 Exemplaren war vor Erscheinen vergriffen und wurde auf der Londoner Ausstellung von 1852 mit einer Medaille ausgezeichnet. So hat die Firma auch auf diesem Gebiete für die damalige Zeit Bedeutsames geleistet und dadurch den späteren siegreichen Verfahren der farbigen Repro- buktion von Kunstblättern den Weg bereiten helfen. Mehrere Jahrzehnte stiller gesegneter Arbeit gingen vorüber. Aus dem alten Hause am Sptttelmarkt floß durch alle diese Jahre ein breiter Strom der Erkenntnis, Belehrung und Unterhaltung nicht nur in Schule und Haus, sondern auch in die Herzen unserer deutschen Jugend. Johann Christian, dessen Lebenswerk somit eine zeitgeschichtliche, kulturelle Bedeutung in bestem Sinne erlangte, hatte sein arbeitsreiches Leben 1845 beschlossen. Sein Sohn Carl George war nach mehr als dreißigjähriger treuer Mitarbeit 1859 aus dem Geschäft ausgeschieden. Als alleiniger Inhaber war Carl Gustav zurückgeblieben. Da ihm ein männlicher Erbe versagt war, er aber mit zunehmendem Alter eine Hilfe brauchte, schlug er seinem Neffen und Schwiegersohn Max Winckelmann vor, in die Firma einzutretcn, die ja auch dessen väterliches Geschäft war. So wurde denn im Jahre 1870 Max Winckelmann Teilhaber der Firma Winckelmann L Söhne. Max Winckelmann, dessen verehrungswürdige Persönlich keit in der Erinnerung auch vieler jüngerer Kollegen noch heute unvergessen ist, wurde 1837 als ältester Sohn von Carl George, des Mitgründers der Firma zu Berlin geboren. Er trat 1855 als Lehr ling in die Buchhandlung von Benrath L Vogclgesang in Aachen ein, ging 1858 als Gehilfe in die C. Andrö'sche Buchhandlung nach Prag und nach Ableistung seines Dienstjahres beim Kaiser-Franz- Garde-Gren.-Reg. Nr. 2 zu Berlin zu Didot Freres et fils nach Paris. 1862 übernahm er in Gemeinschaft mit seinem Vater die Springersche Sortiments- und Kommissions-Buchhandlung zu Berlin, deren alleiniger Inhaber er 1875 wurde. Als 1874 Carl Gustav nach 44jähriger erfolgreicher Tätigkeit für die Firma Winckelmann L Söhne die Augen schloß, übernahm Max auch diese als alleiniger Inhaber. 1877 übergab er die Springersche Buchhandlung, die er sieben Jahre zugleich mit dem väterlichen Geschäft besessen hatte, seinem jüngeren Bruder Georg. Die Zeiten hatten sich inzwischen gewandelt. Drei glorreiche Kriege hatten dem Lande einen hohen wirtschaftlichen Aufschwung gebracht, der mit neuen Bedürfnissen auch auf dem Gebiete-des Jugendschriftenverlages in einem gesteigerten Wettbewerb großer, besonders süddeutscher Kunstanstalten mit bedeutendem Kapital zum Ausdruck kam. Trotz der Auszeichnungen, die seiner Firma noch auf den Ausstellungen zu München und Brüssel 1876 und auf der Welt ausstellung zu Sydney 1881 zuteil geworden waren, erkannte Max Winckelmann schweren Herzens die Notwendigkeit einer Umstellung und führte diese zielbewußt durch, indem er die weitere Herausgabe von Jugendschriften unterließ und sich vornehmlich dem Verlage von Schulbüchern zuwandte. Er ging hierbei neue Wege und stattete, getreu der Winckelmannschen Tradition, zum ersten Male auch Schul bücher, insbesondere die naturwissenschaftlichen mit Abbildungen in Dreifarbendruck aus. Diese wichtige Neuerung hatte großen Erfolg und fand später allgemeine Anwendung. Der Schulbücherverlag blühte dann auch erfreulich empor. Die schmucken Leitfaden der Tier- und Pflanzenkunde von Vogel und Mttllenhoff, besonders aber das Lehrbuch der Physik von Jochmann wurden allgemein an den Schulen eingeführt und fanden bis zur Gegenwart die weiteste Ver breitung. Manche Verlagsartikel der alten Zeit und auch einzelne Jugendschriften und Spiele haben ihre Zugkraft noch heute bewahrt. Auch auf dem Gebiete der schönen Literatur hat sich der Verlag neuerdings betätigt. Neben seiner erfolgreichen geschäftlichen Tätigkeit hat sich Max Winckelmann durch viele Jahre mit voller Hingabe in den Dienst der Allgemeinheit gestellt und die zahlreichen Ehrenämter treu ver waltet, zu denen ihn das Vertrauen seiner Mitbürger und Kollegen berufen hat. Auch im Vorstand der Berlinischen Lebensversiche rungsgesellschaft hat er lange Jahre hindurch eine verdienstvolle Tätigkeit entfalten können. Sein ganzes Herz aber gehörte dem ^Unterstützungs-Verein Deutscher Buchhändler und Buchhandlungs- Gehülfen, dem er 58 Jahre als Mitglied, 33 Jahre als Mitarbeiter und 21 Jahre als Schatzmeister im Vorstand angehört hat. Mit der Güte und Geduld eines Vaters setzte er sein Leben ein für dieses Werk. In den so weiten Kreisen der von Not hermgesuchten Berufs genossen besaß sein Name einen gesegneten Klang. Hier offenbarte sich am schönsten das edle Menschentum dieses seltenen Mannes. Sein Haus war durch viele Jahre eine Stätte anspruchsloser aber herzerquickender Gastlichkeit. In ihm konnte man wohl allen Män nern begegnen, deren Name im Berliner Buchhandel Klang hatte. Zu seinem engeren Freundeskreise gehörten u. a. Rudolf Gaertner, Hans Benecke, Franz Vahlen, Hermann Hocfer, Fritz Borstcll, Hans ReimaruS, Elwin Paetel, Otto Enslin und Christian Boysen (Ham burg). Sie alle deckt längst die kühle Erde. Aber unvergessen leben ihre Namen fort. Als Max Winckelmann im 77. Jahre seines reichgesegneten Lebens und im 52. seiner geschäftlichen Selbständigkeit in der Neu jahrsnacht 1014 abberufen wurde, fand die allgemeine Trauer ergrei fenden Ausdruck in den Nachrufen, die im Börsenblatt erschienen. 1073
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