Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.09.1928
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Stuttgarter Verleger Gußmann in der Krickschen Buchhandlung tätig und fand neben der Pflege seiner musikalischen Interessen jenes Verhältnis zur österreichischen Literatur, das ihn später bewog, dem österreichischen Schrifttum in seinem Verlage einen so großen Platz einzuräumcn. Nach Abschluß seiner Ausbildungszeit als Sortiments buchhändler ging er nach Berlin, um sich dort die Kenntnisse zu erwerben, deren er als Verleger bedurfte; denn der Beruf des Ver legers erschien ihm damals noch als der idealste von allen. Was er suchte, sand er tn Georg Heinrich Meyers Verlag, dessen Bestände später die Anfangszeile seines eigenen bilden sollten. Wie in Wien sand er auch in Berlin reiche Anregung siir seine mannigfachen Interessen, hier vor allem in dem großen Bekanntenkreise seines Schwagers Halm. Dann aber zog es ihn wieder nach München, wo er längere Zeit im F. Bruckmannschcn Verlage tätig war. Nachdem er dann noch einige Studienmonate in Paris zugebracht hatte, grün dete der Sechsundzwanzigjährige am 1. Oktober 1903 mit den Georg Heinrich Meyerschen Beständen als Grundstock einen eigenen Verlag-, Zu den übernommenen Werken von Rudolf Huch, Wilhelm Weigand, Wilhelm Fischer-Graz, Theodor v. Krimmel u. a. gesellten sich bald die ersten Bücher des eigenen Verlages. Schon bald wurden die ersten Schritte getan, die zu den be rühmten Klassiker-Ausgaben führten. Ebenso wurden bald Übersetzungen älterer Werke der Weltliteratur gedruckt, so Rabelais' Gargantua und Pantagruel, die Schwänke Heinrich Bebels, der Hofmann des Grafen Castiglione, die Perlen älterer romanischer Prosa und die große Casanova-Ausgabe. Schon nach 5 Jahren war eine große Vielseitigkeit erreicht worden, und der Wagemut und der Optimismus Georg Müllers kommen in dem s. Z. Aufsehen erregenden Katalog von 1808 so recht zum Ausdruck. Hier waren bereits die erste» Werke von Strindberg angezeigt, ein Verlagsunternchmen, dem von Kennern ein sicherer Mißerfolg vor- ausgesagt war; die folgenden Jahre haben gezeigt, wie sehr sie sich getäuscht hatten. Die Sicherheit des Urteils und der künstlerische Geschmack hatten den Verleger auch hierbei das Richtige finden lassen. Georg Müllers Ehrgeiz ging aber nicht allein dahin, seinen Verlag zu einem Sammelbecken wertvoller Literatur zu machen — er wollte seine Bücher auch in einem anziehenden Gewände in die Welt schicken. Er hatte die Werbekrast einer guten Druckausstattnng und eines geschmackvollen Einbandes schon früh erkannt. Als der Ver lag gegründet wurde, da war die Zeit des ärgsten Naturalismus, der Etgensorm und des Jugendstils bereits vorüber. Darum hat er auch ein wesentlich anderes Gesicht bekommen, als er wahrscheinlich erhalten hätte, wenn er etwa zehn Jahre früher gegründet worden wäre. Die Zeiten des Epperimentierens, des Buchschmuckes, des Vortäuschens von Kostbarkeiten mit billigen Mitteln blieben ihm erspart. In jenen Jahren war bereits die Freude am schönen Buch rm gediegenen Sinne erwacht. Diesen neu erwachten Sinn zu pflegen und ihm durch wertvolle Publikationen Nahrung zu geben, darin sah Georg Müller eine wichtige Ausgabe. Auch darüber gibt er in einem Kapitel des Katalogs von 1808 ausführlich Auskunft. In dem für die Entwicklung des Verlages besonders bedeutungsvollen Jahre 1808 hatte er das Glück, gehabt, in Paul Renner den Buchkllnstler zu sinken, der sehr bald seinem Unternehmen das äußere Gesicht gab und noch heute Druckausstattung und Einbände der wichtigeren Ver öffentlichungen desselben bestimmt. Bei der Verlagstätigkett und der Auswahl seiner Verlagswerke ist Georg Müller, insbesondere in der ersten Zeit, von Freunden glücklich unterstützt worden. So zeichnet Otto Julius Bierbaum, der lebenslustige, der ewig begeisterte, als großer Anreger und Freund Georg Müllers sür so viele ganz frühe Publikationen des Verlages als Herausgeber. Insbesondere aber ist hervorzuheben, baß Bierbaum dem Verlag sein hinreißendes Temperament und den optimistischen Schwung lieh, ohne den eine so ungeheuere Menge von Unternehmungen, ganzer »Bibliotheken», unmöglich zustande kommen konnte. So ist dieser Verlag der deutsche Verlag des Opti mismus geworden, wie man ihn genannt hat. In seinen Verlags werken drückt sich das ost genug aus. Genannt seien da die Samm lungen »Lcbenskunst«, die »Gastrosophische Bücherei«, die »Bücherei der Abtei Thelem», die Bierbaum selbst gründete und herausgab und deren entzückende Duodez-Bände ganz und gar süddeutsches Rokoko sind. Hierzu kommen Memoiren, Briefe, Denkwürdigkeiten, Werke über Rokoko-Architektur u. a. Aus seiner Wiener Zeit hat Müller die Vorliebe sür österreichische Ltieratur mitgebracht. Aus 20 stattlichen, reich illustrierten Bänden besteht die Sammlung »Denkwürdigkeiten aus Alt-Lsterreich«, in denen der Glanz, die Fest lichkeit und die Kultur Österreichs Ausdruck finden. Aber auch die neuen Österreicher fanden wie die Süddeutschen bei Müller ihren Ver lag — süddeutsch von Wien bis zum Rhein: Wilhelm Weigand, Wilhelm Schäser, E. G. Kolbenheyer, Richard Schaukal, Otto Stoeßl, Anna Crorssant-Ruft, Karl Blcibtreu, Karl Hans Strobl. Eine schon erwähnte wettere große Verlagsgruppe bildeten die Klassiker- und Gesamtausgaben, betreut von Carl Schüdhekopf, Norbert von Hcl- ltngrath, Julius Peterscn, Oskar Walzel, Henry Thode, die entgegen dem bisherigen Gebrauch des Pädagogischen Einschlages entbehrten, die festlich schön sich darboten und die wirklich eine Renaissance der deutschen Klassiker herbeifilhrten. Genannt seien hier die Ausgaben von Goethe, Schiller, Hölderlin, Brentano, Shakespeare, Hosfmann, Heine, Hebbel. Von Ausländern Turgenjeff, Gogol, Thackeray, Poe, Stendhal, Müsset, Diderot. Es müßten noch Spalten gefüllt wer den, um alle anderen wichtigen Vcriagswerke und Sammlungen auf- znflihren, genannt seien nur noch die Klassiker des Altertums, die Bibliothek der Philosophen, die Bücherei der neuen Serapionsbrüder, die 44bä»dige Strindberg-Ausgabe, die Gesamtausgabe Wcdekinds in 8 Bänden und neuerdings die Sammlung großer Tafelwerle »Der indische Kulturkreis in Einzeldarstellungen- aus dem Bereich der Sammlung Karl Ernst Osthans', deren literarische Auswertung der Verlag vor einigen Jahren übernommen hat. Ebenso zu diesem Kreis gehört die Reihe »Kulturen der Erde«, die allerdings inzwi schen abgegeben worden ist. Auch sonst hat der Verlag in der letzten Zeit so manches abgegeben, er wäre sonst unübersehbar geworden. Genannt sei da nur die Propyläen-Goethe-AuSgabe, die von Georg Müller selbst 1808 gegründet nach Kriegsende in den Propyläen- Verlag übergelcitet wurde und diesem ihren Namen lieh. Als wäh rend des Krieges die Verlagstätigkeit aufs äußerste gesteigert wurde — so brachte Müller gegen Kriegsende etwa 1 Million Bände jährlich heraus — sollte unerwartet und plötzlich der Führer dieses Unternehmens hinweggerasst werden, ohne den eine Wetterführung scheinbar unmöglich war. Am 28. Dezember 1817 erlag Georg Müller an seinem 40. Geburtstage einer heim tückischen Scharlachinsektton. Doch war das Werk, wenn ihm, dem Gründer auch nur begrenzte Jahre gewährt waren, so gefestigt, und so ganz mit seinem Geiste erfüllt, daß es trotz mancher Erschütte rungen in den kommenden Jahren im ganzen unversehrt bis heute geblieben ist und weiter in seinem Sinne und seiner Art geführt werden kann. Siegfried Neuhöser war vom Frühjahr 1918 bis 31. Dezember 1922 Verlagsleiter. Er übernahm den Verlag von den Erben, gründete eine Kommanditgesellschaft und suchte in diese hin überzuretten, was sich ermöglichen ließ. Manches mußte abgestoßen werden, so insbesondere, wie schon erwähnt, einige der viel bewun derten Klassiker-Ausgaben und manches andere Wertvolle. Man hat ihm hieraus einen Vorwurf gemacht, doch wohl zu Unrecht, denn sollte die Rettung gelingen, so war eine Abtrennung nicht zu umgehen und sür die Zukunst nur heilsam. Mit ihm und nach ihm war Hans Winand in der Verlagsleitung tätig. Ncuhöfers Nach folger, Gottfried Kümpel, leitete, zunächst gemeinsam mit Hans Winand, den Verlag in der kritischen Zeit der Deflation. Seine ungewöhnlichen verlegerischen Fähigkeiten wurden durch die sich immer mehr geltend machenden Folgen einer Gasvergiftung im Felde oftmals gefesselt. Trotz des 1824 einsetzenben wirtschaftlichen Rückschlages und seiner schwer erschütterten Gesundheit gelang es ihm, dem Verlag die von Georg Müller in dessen Fundament ein gebauten festen Quadern unseres Schrifttums zu erhalten. Küm- pels Plan, die im Jahre 1919 verkaufte Gruppe zurückzuerwerben, ließ sich nur in zwei Fällen iE. Th. A. Hossmann und Hebbel) durchführen, zeigte sich doch bald, daß die Absatzfähigkcit der einst so begeistert ausgenommenen vielbändigen Klassiker- und Gesamtaus gaben insolge der Verarmung der alten Käuferireise aus das emp- sindlichste zurllckgegangcn war. Dennoch war es ihm in den weni gen Jahren, die er an leitender Stelle im Verlage weilen durste, ge lungen, diesen um eine stattliche Reihe von Ausgaben zu bereichern. So war der Beweis erbracht worden, daß der Verlag das geistige Erbe seines Gründers in Ehren gehalien und, nach einem von seiner Einflußnahme unabhängigen Rückschläge nach dem großen Kriege, wieder gemehrt hatte. Es war daher nur folgerichtig, wenn die Verwalter des nunmehr Kllmpclschen Erbes — nach dem Tode Gottfried Kümpels, im Mai 1927, trat Herr vr. Hanns Floerke in die Verlagsleitung ein, ab 1. Oktober 1927 außerdem Frau Elfe Drischel — sich über die Notwendigkeit einig waren, den als Mittler zwischen Nord und Süd unentbehrlich gewordenen Verlag bet aller Rücksicht auf die tiefgehenden Veränderungen in der Struktur des Leserpublikums nach Möglichkeit im Sinne des Gründers weiter- zufllhren. Diese Absicht erfuhr eine weitere Festigung, als der Ver lag Anfangs 1928 eine Interessengemeinschaft mit der Hanseatischen Verlagsanstalt tn Hamburg etnging, zu der einige seiner Autoren Beziehung hatten. Hält man sich vor Augen, was der Georg Müller Verlag wäh rend 25 Jahren, oft unter den ungünstigsten Verhältnissen, zu leisten vermocht hat, so kann man die Zuversicht haben, daß er seine Mis sion auch weiterhin erfüllen wird. 107S
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