Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 01.09.1928

^ 204, I. Sepwnkbcr 1928. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. b. Dtschn. Buchhandel. warten. — Zum Teil gllnstig oder doch zufriedenstellend wird das Geschäft auf dem Markte der Bilderbücher und Jugendschristen, der billigen Unterhaltungslitcratur und des Restantiquariats bezeichnet. Diese Artikel sucht man aber heute schon weniger im Bugra-Meß- hause als in Stentzlers Hof. Neuigkeiten wurden sehr zahlreich angeboten. Der Unterneh mungsgeist des Verlages zeigt sich in unverminderter Regsamkeit. Das alte Lieb von der Überproduktion und den in ihrem Gefolge auftretenden Schwierigkeiten wird also kaum in der kommenden Herbst- und Wtntersaison verstummen. L. Aus den Niederlanden. — Während In den Niederlanden bisher einige Stadtgemeinden für sich Ladenschluhstunden eingeführt hatten, soll dies jetzt durch Reichsgesctz geordnet werden, und es sind die Schluhstundcn von 8 Uhr abends bis 5 Uhr früh dafür vorgesehen worden. Diese Bestimmungen empört das Fretheitsgefllhl der Ge schäftsleute, und es entwickeln sich die gleichen Widerstände wie wir sie in Deutschland damals erlebt haben. Die Buchhändler beurteilen das neue Gesetz verschieden. Es wird für die Großstädte für gut ge halten, aber nicht für die kleinen Orte, an denen doch manche Ge schäfte noch spät ausgcsührt werden. Der kleine Buchhändler an einem kleinen Ort läßt sich sehr gern abends stören, wenn an seiner Ladentllr die Glocke schellt, sagt ein Einsender. Was aber den Buch- händicrvcrcin in Bewegung setzt, ist die Tatsache, daß der Bahnhoss buchhandel von den Schlußzeiten unberührt bleiben soll. Ja! heißt cs im Buchhändlerblatt, wenn der Bahnhossbuchhandel noch so wie früher gchandhabt würde, könnten wir nichts sagen, aber jetzt hat er sich ganz anders entwickelt, führt alle, auch wissenschastlichc Bücher und da würde das Ossenhalte» der Bahnhossstände uns empfindlichen Wettbewerb machen. Die Bedingung: »Verkauf an Reisende«, würde ja sicher nicht eingehalten werden. Auf der Jahresversammlung der niederländischen Buchhändler- Vereinigung sprach der Vorsitzende in seiner Eröffnungsrede über die nörgelnde Unzufriedenheit der Mitglieder in spöttischer Weise. Wel cher Holländer, sagte er, klagt nicht über den Verlaus seiner Ge schäfte? Der Sortimenter klagt über zu geringe Vergütung und der Verleger über das Verlangen nach zu hoher. Die Sortimenter und die Verleger klagen über zu viele neue Bücher. Der Sortimenter klagt über zu viele Reisende und deren zu häustge Besuche, der Verleger über zu wenig herzlichen Empfang seiner Vertreter und die Beschränkungen, die ihren Besuchen auserlcgt werden. Der Sorti menter jammert über zu langsame Lieferung des von Reisenden Gekauften, sodaß er dann zuvlel aus einmal erhält, die Verleger über die zu geringe Aufmerksamkeit, die das Sortiment seinen »natürlich immer sehr wichtigen« Ausgaben entgegenbringt. Der Sortimenter sieht mit bösen Augen die vielen Kinderbücher in den Spielwarcn- läden und der Verleger behauptet, daß der Sortimenter nichts für Kinderbücher täte usw. usw. Sch. Hygienische Tagungen in Leipzig. — Am 9. und 10. September halten folgende hygienischen Verbände ihre Tagungen in Leipzig ab: Die Deutsche Vereinigung für den Kllrsorgedicnst im Kranken haus, der Deutsche Verein für öffentliche Gesundheitspflege, der Deutsche Verein der ärztlichen Kommunalbeamten, der Deutsche Ver ein für Schulgesundheltspslege und die Freie Vereinigung der ärzt lich geleiteten Eheberatungsstellen. Verbot im besetzten Gebiet. — Die Interalliierte Rheinland; kommission hat die in Köln erscheinende Zeitungskorrespondenz »Das Rheinland« wegen eines als beleidigend angesehenen Artikels für 1 Monat vom 30. August 1928 ab vom besetzten Ge biet ausgeschlossen. Verkekrönackrickten. Ausnahme des Postanwcisungs- und Nachnahmevcrkchrs mit dem Königreich Hcdschas. — Vom IS. September an sind gewöhn liche und telegraphische Postanweisungen sowie Nachnahmen auf ein geschriebenen Briessendungen, Wertbriefen, Wertkästchen und Post paketen im Verkehr mit dem Königreich Hedschas nebst Sultanat Nedschd und Nebengebicten zugelasscn. Da in Hedschas usw. nur die Orte Dschidda sDjidaj und Mekka am Postanweisungsverkehr teilnehmen, dürfen nach diesem Lande vorläufig Postanweisungen und Nachnahmesendungen nur nach diesen beiden Orten angenommen werden. Die Postanweisungs- und Nachnahmebcträge sind in beiden Richtungen in englischer Währung anzugeben; Meistbetrag 40 L Als Einzahlungskurs gilt das sür die englische Währung angegebene Umrechnungsverhältnis. ?ersorralnaclrrickten. Jubiläen. — Am 1. September kann Herr Wilhelm Po si tz erg, Inhaber der Firma gleichen Namens in Bottrop, aus eine SOjährige Berufstätigkeit zurllckblicken. Er begann seine Lauf bahn bei der Firma Fredcbeul L Koenen in Essen als Jünger der schwarzen Kunst, trat jedoch bald in die kaufmännische Abteilung über, wo er sich im Lause der Zeit eine Vertrauensstellung erarbei tete. Im ganzen hat er der Firma Fredcbeul L Koenen 33 Jahre lang wertvollste Dienste geleistet. Am 1. Okt. 1911 erwarb Herr Post berg die 1880 gegründete Firma Franz Schulte, Buchdruckeret und Zeitungsverlag in Bottrop. Die reichen geschäftlichen Entwicklungs- Möglichkeiten in dem ausstrebenden Jndustrieort Bottrop erkennend, gliederte er dem Unternehmen eine Buchhandlung mit Nebcnzweigen an; unter seiner energischen Führung nahmen all« Geschäftszweige einen raschen Aufschwung. Mehrere Male mußte er seine Betriebs und Geschäftsräume durch Umbau erweitern. Im August 1925 end lich war der seit Jahren geplante großzügige Neubau an der Kirch- hellenerstraße, in der Nähe des Rathauses, vollendet. Das alte Ge schäft an der Gladbecker Straße wurde als Filiale bcibehalten. Doch damit waren die Pläne des rastlos tätigen Mannes noch nicht er schöpft. Im Frühjahr dieses Jahres wurde mit der Errichtung eines großen modern eingerichteten Druckerei-Gebäudes hinter dem neuen Geschäftshaus begonnen, das in einigen Wochen bezogen werden soll. — Neben seiner überreichen geschäftlichen Arbeit fand Herr Wilh. Postberg immer noch Zeit für allgemeine Aufgaben. Seit 1910 ge hört er dem Vorstand des Niederrheinisch-westsälischen Zeitungs- Verleger-Vereins an; die Vereinigte Kaufmannschaft Bottrop, der Bottroper Spar- und Darlehnskassen-Verein zählen ihn zu ihren Vorstandsmitgliedern. » Das 25jährige Jubiläum als Verlagsleiter begeht am 1. Sep tember Herr vr. Emil Herz, Vorstandsmitglied der Ullstein A. G. und Direktor des Propyläen-Verlages i» Berlin. 1877 in Mar burg geboren, studierte er in Bonn bei Berthold Litzmann Germa nistik, Promovierte mit einer Dissertation über »Englische Schau spieler und englische Schauspieler zur Leit Shakespeares in Deutsch land« und trat 1903 in das Haus Ullstein ein. Das erste große Ver- lagsuntcrnehmcn, das er durchzusühren hatte, war die sechsbändige illustrierte Weltgeschichte. Im Jahre 1909 nahm die Romanreihe der »Ullsteinbücher« ihren Anfang. Zahlreiche Erscheinungen aus populärwissenschaftlichem und belletristischem Gebiet sind unter Lei tung von I)r. Herz gefolgt: Bücherreihen wie »Männer und Völker-, »Die fünfzig Bücher«, während der Kriegszeit die »Ullstein Kriegs- bllcher«, Biographien und Memoiren und später die kleinen Mono graphien »Wege zum Wissen«. — Klassiker-Ausgabe», die der Ver lag Ullstein von Georg Müller erwarb, waren der Grundstock des 1919 gegründete» Propyläen-Verlages, der dann auf Neudrucke von Werken der Weltliteratur, auf Kunstwissenschaft, Graphik und moderne erzählende Literatur ausgedehnt wurde. Zu dieser Propy läengruppe gehört die große Propyläen-Kunstgeschichtc, die bis jetzt aus 13 Bände vorgeschritten ist. Todesnachrichten ans Literatur, Kunst und Wissenschaft. — In Berlin verstarb vor einigen Tagen im Alter von 52 Jahren der Schrift steller Leo Greiner; im 77. Lebensjahr Musikdirektor Professor Hugo Grüters in Bonn; in London, 74jährig, Baron Anatol von Hügel, Verfasser anthropologischer und ethnologischer Werke; im Alter von 07 Jahren in Bozen-Gries Oskar Jerschke, ein Mitbegründer des Naturalismus; in Potsdam im 70. Lebensjahr der Maler Karl Friedrich Kart Haus; in Naumburg a. S., 84jährig, der emcrit. ordentliche Professor der romanische» Philolo gie a» der Universität Marburg, Geh. Negierungsrat Or. Alfons Ktßner ; im Alter von 59 Jahren der bekannte Strafrechtsgelehrts der Hamburger Universität, Professor Ilr. Moritz Liepmann; in Graz im 80. Lebensjahre der frühere Direktor der medizinischen Klinik an der Universität Innsbruck, Professor vr. Prokop Freiherr von Rokitansky; in Berlin, 70jährig, der Sani tätsrat llr. Paul Schlick; im Aller von nur 23 Jahren der Schriftsteller Plato Scutari in Leipzig; am 22. August der Berliner Physiker Kurt Urban, der am Monte Gcnervso sTessinj Forschungen zur Gewinnung von Luftelektrizität aussllhrte und da bei tödlich abstllrzte. Verantwort!. Schriftleiter: Hranz Wagner. — Verlag: Der Börsen verein der Deutschen Buchhändler zu Leipzig, Deutsches BuchhänölerhauS Druck: E. Hedrtch Nachs. Sänitl. tn Leipzig. — Anschrift b. Schrtktleltuiig u. Erpedtkion: Leipzig C 1, Gerichtsweg 26 tBuchbänölerhauSt, Postschlteßf. 274,"78. 980