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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.12.1910
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- 1910-12-02
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- 02.12.1910
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279. 2. Dezember 1S1V- Nichtamtlicher Teil. vvrsenblatl s. d. Dtschn. Buchhandel. 14967 Seit langer Zeit ist es nun bekannt, daß von zahlreichen Ausgaben Goethescher Werke, auch von solchen Lessings, Schillers und einiger anderer Doppelgänger unterlaufen, die auf den ersten Blick völlig den Eindruck von Exemplaren derselben Auflage machen. Nicht nur Format und Schrift, auch der Text stimmt von Seite zu Seite, von Zeile zu Zeile genau überein. Unter wirft man sie jedoch einer ins einzelne gehenden Vergleichung, so machen sich alsbald allerlei Verschiedenheiten bemerkbar, teils in den zum Schmuck verwendeten typographischen Zieraten, teils in abweichenden Lesarten. Der bekannte Buchhändler Salomon Hirzel, der eifrige und glückliche Goetheforscher und Goethe sammler (1804—77) scheint der Entdecker dieser merkwürdigen Doppelgänger zu sein, die seitdem unter dem Namen von »Doppel drucken« in den Bibliographien und kritischen Apparaten ein höchst ungewisses Dasein fristen. Denn was eigentlich unter einem »Dvppeldruck« zu verstehen sei, führt vr. Gust Milchsack (Ober bibliothekar in Wolfenbüttel) in seiner jedem Katalogmacher zu empfehlenden »Instruktion für die Bearbeitung des Alphabetischen Zettelkatalogs in der Herzoglichen Bibliothek zu Wolfenbüttel.« (Nebst Erläuterungen und Beispielen. Wolfenbüttel 1893, Julius Zwißler) aus, hat noch niemand zu definieren unternommen, vr. Milchsack unternimmt es deshalb selbst, die Erwägungen wiederzugeben, die den Erfinder bewogen haben dürften, die bibliographische Terminologie mit dem Ausdruck »Doppeldruck« zu bereichern. Vor Erfindung der Stereotypie, sagt vr. Milch- ack, mußte ein Verleger, wenn er bei einem Werke, das Aussicht hatte, in verhältnismäßig kurzer Zeit in mehreren Auflagen ab gesetzt zu werden, die Satzkosten für die neuen Auflagen sparen wollte, den ursprünglichen Satz stehen lassen. Bei Bedarf einer neuen Auflage brauchte er dann bloß die zurückgelegten Satz formen hervorzunehmen, um so viel Exemplare davon abziehen zu lassen als ihm beliebte. So etwa, meint man, seien die als »Doppeldrucke« bezeichnten Auflagen entstanden. Daß dabei auch manche früher übersehene Fehler verbessert, Holzstöcke, die man inzwischen gebraucht, durch andere ersetzt worden wären, sei ganz natürlich. Bei einem Schriftchen von wenigen Seiten oder Bogen konnte diese Erklärung nun wohl mit dem Anspruch auf einige Wahrscheinlichkeit auftreten, bei einem Buche wie Goethes Iphigenie (1790, 136 S.) oder Lessings Nathan (1779, 255 S.) wurde sie schon in hohem Grade bedenklich, bei einem Werke von tausend und mehr Seiten muß sie rettungslos fallen. Denn wenn es schon fragwürdig ist, ob deutsche Druckereien des acht zehnten Jahrhunderts Schriftmengen, wie sie Iphigenie oder Nathan erforderten, sei es auch nur für ein Jahr ohne schwere Schädigung ihres Betriebes brachlegen konnten, über Satz materialmassen, wie sie Werke vom acht- bis zehnfachen Umfang des Nathan verschlungen hätten, war gewiß nicht eine imstande, überhaupt zu verfügen. Allein auch von solch dickleibigen und dazu kompreß gesetzten Büchern sind Doppeldrucke vorhanden, z. B. in der von Milchsack angeführten Ausgabe von Tacitus' Werken von Ernesti, Leipzig 1801, einem an 2300 Seiten zäh lenden Werke. Die Exemplare dieser Ausgaben weisen, obschon sie einander täuschend ähnlich sehen, die Kennzeichen des »Doppel- Jahres verkauft und von demselben Satze neugedruckt wurden. Die Bezeichnung »Doppeldruck« trifft hier auch tatsächlich nicht zu, wie auch die oben mitgeteilte Erklärung der »Doppeldrucke« in manchen anderen Fällen nicht zutreffen wird. Zur Feststellung der Übereinstimmung zweier Drucke gibt vr. Milchsack zum ersten- male ein ebenso einfaches wie sicheres Mittel an. Alle Abzüge von einem sachgemäß behandelten Schriftsätze müssen bis in die kleinsten Einzelheiten genau übereinstimmende Abbilder zeigen. Buches einander nicht deckende Wörter oder Wortgruppen, natürlich nicht etwa bloß an einer Stelle, sondern in dem ganzen Druckwerke auf jeder Seite ausfinden, so können sie nicht von demselben, so müssen sie vielmehr von verschiedenem Satze abgedruckt sein. Die Übereinstimmung oder die Verschiedenheiten lassen sich äußerlich leicht feststellen, wenn man die erste und letzte Zeile einer Seite etwa in der Mitte durch Auslegen eines Lineals oder weißen Papiers in gerader Linie mit einander verbindet. Diese Linie muß auf allen verglichenen Ab zügen, wenn sie von demselben Druck sind, jeden unter ihr liegenden Buchstaben der einzelnen Zeilen auf das genaueste übereinstimmend schneiden. Finden sich jedoch Unterschiede in größerer Zahl und an verschiedenen Stellen, so wurden zwei verschiedene Satzformen verwendet, von denen jede nur die mit ihr sich deckenden Abdrucke erzeugt. Diese sehr einfache Tatsache, sagt vr. Milcksack, enthält das Geheimnis, das die »Doppeldrucke« umgibt. Denn in allen bisher bekannten Doppeldrucken sind Divergenzen des Satzes in großer Menge erweislich. Es ist merkwürdig, daß Hirzel, ein mit allen Manipulationen des Buchdrucks vertrauter Verleger und Troemel, der Verfasser einer vortrefflichen Schillerbibliographie und gelernter Schriftsetzer, diesen Sachverhalt trotz genauer Untersuchung nicht erkannt haben. Sind nun aber die sogenannten »Doppeldrucke« Abdrucke verschiedenen, eigens für jeden von ihnen hergerichteten Satzes, so repräsentieren sie auch verschiedene, in der vollen und ungetrübten Bedeutung des Wortes selbständige Auflagen, und der Bibliograph kann nicht umhin, sie als solche zu behandeln (Milch sack a. a. O. 33). Von erheblicher Wichtigkeit sind jedoch derartige Drucke aus der Reformationszeit, da sie uns nicht nur einen Einblick in das Arbeitsverfahren der damaligen Drucker, sondern auch in die Textgestaltung und Absatzfähigkeit des betreffenden Werkes ermöglichen, wie vr. Johannes Luther (Oberbibliothekar zu Greifswald) in feinen Untersuchungen, deren Hauptergebnisse in nachfolgendem m tgeteilt sind, dargelegt hat. (I. Luther, aus der Druckerpraxis der Reformationszeit. S.-A. Leipzig, Otto Harrassowitz. 1910. — Derselbe, neue Wege der Lutherbibliographie. S.-A. Weimar, Hermann Böhlau Nachfolger, 1910. — Derselbe, Die Reformationsbibliographie und die Ge schichte der deutschen Sprache. Berlin 1898, G. Reimer.) Der Beginn der Reformation hatte ein derartiges Anschwellen literarischer Erzeugnisse auf theologischem Gebiete im Gefolge, daß die Druckhervorbringungen auf anderen Wissensgebieten sehr stark zurücktraten. Diese starke Beanspruchung der Druckpressen ließ bis auf geringfügige Ausnahmen für einige Zeit die in der Jn- kunabelperiode so beliebten großen Folianten aus den Werkstätten verschwinden und dem Quartformat, dann auch dem Oktavformat Platz gewinnen. Der Umfang nahm ab; an Stelle der dick leibigen Bücher trat die Flugschrift, die von den weitesten Kreisen gelesen wurde. Die Druckereien mußten für schnelle Herstellung der Druckschriften in großer Auflage sorgen; denn nicht nur die Gelehrten, sondern auch die Leute aus dem Volke warteten un geduldig auf die Kundgebungen der führenden Geister. Die lateinische Gelehrtensprache wurde Schritt für Schritt durch die allgemein verständliche Volkssprache verdrängt. Man könnte fast versucht sein, das Buch der Reformations zeit als niemals fertig zu bezeichnen. Schnell wurde das neue Manuskript gesetzt und gedruckt, aber noch während des Druckes bemühte sich der Druckherr, wo es ging, auch der Verfasser — bei Nachdrucken hatte letzterer keinen Einfluß —, um die Verbesserung des Textes. Es wurden nicht nur Druckfehler noch entfernt, während die ersten Exemplare bereits die Presse verließen, auch sachliche Änderungen, die etwa besserem Verständnis dienen konnten, wurden noch während des Druckes vorgenommen. Ersah der Drucker, noch während er an einer Schrift druckte, eine größere Absatzfähigkeit derselben, so wartete er nicht erst die Zeit ab, bis er nach dem Ausdrucken der ganzen Schrift mit einer neueu Auflage beginnen konnte, sondern er erhöhte die Auflage bereits für den noch unter der Presse befindlichen Teil der Druckschrift und setzte den bereits ausgedruckten und abgelegten Teil derselben neu, um mit diesem Neusatz die erhöhte Auflage der späteren Bogen zu ergänzen. Dieses Verfahren ergab die eigenartige Erscheinung der von vr. I. Luther »Zwitterdrucke« genannten Mischdrucke, die jedesmal eine Gruppe von zwei oder mehreren Teilauflagen einer Schrift darstellen, die zum Teil gleich, zum Teil aber auch verschieden sind, und die in der Folge- zeit im besonderen für die Drucke der Schriften Luthers, aber auch anderer eine große Rolle spielen. Ihrer Feststellung muß die Bibliographie für die Zeit von 152'» an erhöhte Aufmerksam keit widmen Das ist nicht nur für die Ermittlung des Urdruckes, sondern auch für die Bestimmung der relativen Höhe der Erst ausgabe von Bedeutung; denn gerade die Erstausgaben unter liegen am ehesten dieser Art der Herstellung. 1939*
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