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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.06.1928
- Strukturtyp
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- 1928-06-23
- Erscheinungsdatum
- 23.06.1928
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- Deutsch
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X 144, 23, Juni 1928, Redaktioneller Teil, Börsenblatt s.d.Dtschn. Buchhandel. dcnplan, das Leben selbst zu gestalten. In der Gegenwart mag dies noch mehr zutage treten, eigentlich war es aber wohl immer so. Aber es Hilst alles nichts, Ihr jungen Berussgenossen »on heute, laßt cs Euch von einem alten Mann gesagt sein: es mutz in diesen Jahren noch tüchtig gelernt werden. Und je plan-, schulplanmäßigcr dies geschieht, um so größer wird der Ertrag Eures Mühens sein. Es wird Euch immer noch leichter gemacht als uns vor 60 Jahren, da der Unterricht täglich im Winter von 7 bis 9 und im Sommer von 6—8 Uhr morgens erteilt wurde. Wir sehen, wie das Ausland daraus bedacht ist, auch den deutschen Buchhandel auszuschalten. Mit allerlei Mitteln, auch dadurch, daß man dem buchhändlerifchen Nachwuchs durch Fach schulen eine umfassendere Ausbildung als früher zuteil werden läßt, um so ihm die Waffen zu unserer Bekämpfung in die Hand zu geben. Mögen unsere Berussgenossen im Ausland das tun, — wir können daraus nur die Erkenntnis herleitcn, unsere Jugend noch besser, noch gründlicher und umfassender als bisher theoretisch und praktisch für den Wettkampf auszurüsten. Es gibt kein anderes Mittel, aus dem Elend unserer Zeit heraus- zukommen als überlegenes Wissen, Können und — Fleiß, der nach Goethe 98 Prozent des Genies ausmacht. Möchte doch unsere Jugend sich diesen Satz einbrennen! Daß cs der Deutschen Buchhändler-Lehranstalt auch in Zu kunft beschicden sein möge, immer die rechten Mittel und Wege dafür zu finden und unsere Jugend immer mehr und mehr die Aufgaben unsrer Zeit, ihrer Aufgaben, erkennen möchte zum Segen des deutschen Buchhandels, das wünsche, das hoffe, das glaube ich, Stuttgart, Juni 1928, Otto Sperling, Die Duchhändler-Lehrlingsanstalt in der alten Börse. Eine Jugend erinnerung. Der Vater war als erster Rat an das Kreisgericht in Eilen burg versetzt worden und hatte am Markt, unmittelbar neben dem Rathaufc, beim Schlosser Weide den ersten Stock gemietet. Über der Eingangstür des stattlichen Hauses baumelte ein großer vergoldeter Schlüssel, das Handwerk grüßend. Die Mei sterin, eine kleine runzlige Frau mit nicht gerade gütigen Augen und scharfer Zunge, fand, daß ihr neuer Mieter zu viel geige und die Türen zu sehr schmeiße. Viel zufriedener war sie mit dem Inhaber des zweiten Stockes, dem Herrn Pastor emeritus Staeglich, einem würdigen Vertreter von Gottes Wort auf dem Lande, Da der Herr Pastor Witwer war, kam er zur Bescherung am heiligen Abend zu uns herunter und aß den ersten Feiertag mit uns den Gänsebraten, Die lange Gestalt mit der schweren silbernen Brille und dem leutseligen Wesen genoß nach der jahrzehntelangen dörflichen Einsamkeit das Trei ben auf dem Markte der Kleinstadt wie das Getriebe am Pots damer Platz von seinem Fenstersitz aus. Für mich war die Be kanntschaft des Pastors mit den Eltern von Bedeutung, denn sie gab später die Richtung, daß der Beruf des Buchhändlers der mcinige werden sollte. Nachdem ich drei Jahre an den Brüsten der Wissenschaft ans der Lateinschule und Realschule des Waisenhauses in Halle mit nicht übermäßigem Erfolge gesogen hatte, faßten meine lieben Eltern den Entschluß, mich Buchhändler werden zu lassen. Ein Sohn des Herrn Pastor war der Buchhändler Staeglich in Firma Reichenbach'sche Buchhandlung in Leipzig, So zog ich denn als Pensionär Oktober 1869 in die Familie Staeglich in der Salomonstraße, gegenüber von F, A, Brockhaus, In die Lehre kam ich zu Theodor Lißner, der ein Sortiment in der Pctersstraße betrieb. So erfreulich sich mein Befinden in der kinderreichen Staeglichschen Familie mit der schönen großäugigen Frau Staeglich gestaltete, so wenig günstig war für meine ge schäftliche Ausbildung die Placierung im Lißncrschen Geschäfte, Das Geschäft befand sich bereits bei meinem Eintritte in einem unaufhaltsamen niedergehenden Zustande, was der Inhaber wohl zu verdecken suchte, aber selbst einem so weltunersahrenen Wesen, wie ich es war, auf die Länge nicht verborgen bleiben konnte. Zunächst bedrückte mich ja das nicht, die schädlichen Folgen stellten sich erst später heraus. Natürlich wurde ich ein Zögling der Buchhändler-Lehr anstalt und wanderte jeden Morgen um 7 Uhr über den Au- gustusplatz nach der Buchhändlerbörse neben der Rikolaikirchc, Wir mochten da wohl etwa 50 Schüler sein, ausgerüstet mit sehr verschiedenartigen Bildungselementen, Vielleicht ein Dutzend von uns bildeten eine besondere Klasse, darunter Hiersemann, Nauhardt, Hirschfeld, von Funcke und einige andere, die wir als die Reiferen apart unterrichtet wurden. Unserer nahm sich per sönlich vr, Bräutigam liebreich an, der damalige Direktor der Anstalt, ein geborener Pädagog, der es verstand, sich die Zu neigung seiner Schüler zu erwerben, sie anzufeuern, sie indivi duell zu behandeln und aus dem verschiedenartigen Material zu formen, so weit es irgend anging. Wie erfreute es ihn, wenn einige die schwereren Aufgaben wählten bei Abfassung eines Aufsatzes, wie begütigend half er mir über einen mißlungenen Vortrag über Ossian hinweg, den ich mit unzureichender Vor bereitung unternommen hatte. Französisch hatten wir bei einem kleinen Herrn Brand, so viel ich mich des Namens erinnere, dessen Sohn mein Mitlehr ling bei Lißner war; Englisch lehrte uns ein langer Engländer, Mr, Mac-Hardy, glaub ich, hieß er, bei dem wir auch Privatstun den hatten, dem wir manchen Schabernack spielten. Es wurde kaufmännische Buchhaltung und anderes gelehrt, aber im ganzen betrachtet war wohl die Zeit der Berufsschule damals noch nicht gekommen, möglicherweise liegt es auch am Empfänger, wenn die Früchte nicht reiften. Jedenfalls waren es für die jungen Leute vorwiegend angenehme Stunden und sie wußten sich die selben beim alten Kastellan und einer benachbarten Konditorei noch reizvoller zu gestalten. Wie ja Leipzig vor dem Sieben ziger Kriege so viel des Anregenden für ein jugendliches Gemüt bot. In der benachbarten Nikolaikirche predigte der alte AHI- seld gedankenreich und gcmütstief; in der Thomaskirche er klangen Bachsche Motetten und Ostern die Matthäuspassion, im Theater spielte Friedrich Haase feine Glanzrollen und Reineckes Klavierspiel und Davids Geige ertönten im Gewandhaus, Weniger schön, aber immerhin lebenswarm war das Treiben der Messe, wenn die Geschästslokalitäten in der Peters- und Grimmaischen Straße an die Meßbesucher vermietet wurden und man in den Hinteren Lokalitäten arbeiten mußte. Durch Ein holung der Pakete erhielt man einen Begriff von der Welt stellung des Leipziger Buchhandels und wer Energie und Fleiß besaß, der konnte in dem Wasser schwimmen lernen, wie das ja mein alter Freund Hiersemann getan hat. Nach einem Jahre war unsere Ausbildung auf der Anstalt beendet und nach mündlicher und schriftlicher Prüfung unter Vorsitz von Raimund Härtel wurden wir entlassen mit der Be merkung, daß wir nun fähig seien, selbst für unsere weitere Aus bildung Sorge tragen zu können. Ich sah noch unfern Markt- Helfer als Landwehrmann auf dem Augustusplatz abmarschieren in den Krieg, dann fuhr ich nach Graz in Steiermark, meine erste Gehilfenstellc antretend, M, Ziegert, Aus der Schule geplaudert. Erinnerungen an die Buchhändler-Lehranstalt zu Leipzig 1884—1887. Der kleine Ausschnitt, den ich hier zu geben versuche, ist nichts als ein sehr subjektiv gefärbtes Bild, mehr eine impressio nistische Skizze, in der die Erinnerung vielleicht manches ver schoben oder verbogen hat. In die damalige Zeit hineingestellt und nicht vom Standpunkt der Gegenwart angesehen, würden die Dinge sicher ganz anders wirken als sie uns heute erscheinen, Bon einem Übermaß an Bildungsmöglichkeiten, wie sie sich heute dem Suchenden darbieten, konnte man in den achtziger Jahren nicht reden. Das wäre eine Übertreibung, Eine gewisse satte Selbstzufriedenheit hatte Platz gegriffen, Handel und Wan del gediehen, alte Bildungsidealc etwa im Stile von Goethes »Wilhelm Meister« wurden aus ihren Winkeln hervorgesucht, 701
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