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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 22.05.1928
- Strukturtyp
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- 1928-05-22
- Erscheinungsdatum
- 22.05.1928
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- Deutsch
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117. 22. Mai 1928. Redaktioneller Teil. Schweiz und Schweden bei, und auch Japan erklärte, baß es an der 30jährigen Schutzfrist festhalten wolle. Mit einer längeren Rede Maillards, daß die französische Delegation an ihrer Auffassung, daß die Periode der gesetzlichen Lizenz des großbritannischcn Urheber- rechtsgrsetzes keine Urheberrechtsschutzfrist sei sdaß somit groH- britannische Werke vom 26. Jahre nach dem Tode des Urhebers in Frankreich nachgedruckt werden könnten), schloß die bedeutungsvolle Sitzung. Daß Großbritannien zu dieser Erklärung keine Stellung genommen hat, fiel allgemein auf. Man kann noch nicht klar er kennen, ob es sich tatsächlich um eine Briiskierung Englands handelt, auf bas dieses Land wohl die richtige Antwort finden wird, oder ob Maillard zunächst nur die alleräußerste Forderung seines Landes vertreten hat, von der es sich abhandeln läßt. Ob die deutsche Dele gation, nachdem sie einmal den durchaus richtigen Standpunkt ver treten hat, daß sie nur, wenn Übereinstimmung in allen wichtigen Punkten des neuen Unionvertrags erzielt würde, das Opfer der Auf gabe der vom deutschen Volke gewünschten 30jährigen Schutzfrist bringen würde, überhaupt noch eine Verhandlungsbasis mit den For derungen der Franzosen findet, bleibt abzuwarten. , Die Wocheriendarbeitsgemeinschaft auf der Sachsenburg bei Chemnitz. Zu der Wochenendarbeitsgcmetnschaft am 28. und 29. April, die von der Arbeitsgemeinschaft Leipziger Jungbuchhändler mit Unter stützung des Börscnvereins veranstaltet worden war, hatten sich 26 Teilnehmer eingefunden. Dazu kamen 5 Gäste aus der Leipziger Volksbücherciarbeit, mit der die Leipziger Jungbuchhändicrgruppc besondere freundschaftliche Beziehungen gegenseitigen Austausches unterhält. Bon den 28 Buchhändlern kamen 9 vom Verlag, 7 vom Sortiment, 5 vom Antiquariat, je einer von der Buchhändlerlehr anstalt und der Geschäftsstelle des Börsenvereins; 3 studieren zur Zeit an der Universität in Leipzig. Dem Alter nach entfallen die meisten aus die Gruppe von 29 bis 25 Jahren. 8 Teilnehmer waren älter als 25, keiner jünger als 20 Jahre. 29 Teilnehmer kamen aus Leipzig, 2 aus Chemnitz, je 1 aus Dresden, Pirna, Jena und Berlin. Diese Zahlen sind hier einmal absichtlich ausgefiihrt, weil sie die Veranstaltung teilweise charakterisieren können. Die Herkunft nach Bcrufszweigen zeigt die Verteilung auch auf Verlag und Antiquariat. Das ist erfreulich, denn es beweist das Interesse an der Gesamtheit des Berufes, das vor dem Einstocken im engen Nahmen der einzelnen Bcrussgruppc bewahrt. Das Alter zeigt, daß es sich durchweg um Teilnehmer mit bereits gesammelter Bcrussersahrung handelt, die zur Aufnahme und Besprechung der angekündigten Themen nicht nur bildungsgemätz, sondern auch berufspraktisch die nötigen Voraus setzungen mitbringen. Der Ortsherkunft nach war die Veranstaltung eine Leipziger Angelegenheit. Rund 39 Teilnehmer geben übrigens wohl die günstigste Durchschnittszahl für ein Wochcnenbtressen. Am Sonnabend nachmittag hielt zunächst Herr Or. Anger mann, der Leiter des staatlichen Volkshochschulheims aus der Sach senburg, bas erste Referat, das sich mit der Buchwahl des Ju gendlichen beschäftigte. Einleitend erläuterte Herr Or. Anger mann kurz den Begriff des jugendlichen Menschen und grenzte ihn aus der einen Seite gegen das Kindheits- und Pubertätsalter und aus der anderen Seite gegen das reife Mannesalter ab. So ergibt sich ein Zeitraum, der mit ganz verschieden bedingten, individuellen, stärkeren oder geringeren Schwankungen etwa zwischen dem 14. und 39. Lebensjahre liegt. Er ist im wesentlichen charakterisiert durch die selbständige Auseinandersetzung des jugendlichen, werdenden, sich gestaltenden Menschen mit der inneren und äußeren Umwelt. Diese Zeit ist meist erfüllt mit schweren Krisen und Erschütterungen. Ent sprechend mannigfaltig, bezeichnend und bedeutungsvoll ist die Rolle, die das Buch dabei spielen kann. Drei Hauptgruppen von Bezie hungen zwischen Mensch und Buch lassen sich hier herausheben. In der ersten Gruppe spielt das Buch gar keine oder nur eine ganz belanglose und konventionelle Nolle. Im Gegensatz dazu hat in der zweiten Gruppe das Buch großen Einfluß. Es führt aber zu keiner wesentlichen Gestaltung. Es steht neben dem Lebens es ist eigentlich Lebens ersah. In der dritten Gruppe spielt das Buch ebenfalls eine bedeutsame Rolle. Es steht aber nicht mehr neben, sondern mit ten i n dem Leben. Die Vcrknüpsung zwischen Mensch und Buch ist ernsthast, innerlich notwendig und fruchtbar. — Hiervon gibt es allerlei Nuancierungen und Zusammenspiele. Stets aber ist das Buch eine typisch individualistische Angelegenheit. An der ersten Gruppe ist der Buchhändler natürlich am meisten interessiert. Denn hier siegen die angeblichen und sogenannten neuen Käuscrschichten. Die hier festgestellte Beziehungslosigkeit zum Buch 556 hat ihre Ursache in einer ganzen Reihe von Zuständen, von denen die wichtigsten folgende sind: Das Versagen der Schule, die Hemmungs losigkeit des Daseinskampfes, das Schwinden »geistiger Geltungs chancen», die veränderte Einstellung zum Körper, die völlige Ver wirrung und Hilflosigkeit der Zeit in ihren Wertungen. — Die Überwindung dieser Zcitlage ist die Aufgabe der Erziehung. Verschieden ist auch die Rolle, welche die einzelnen Literatur gattungen im Laufe der jugendlichen Entwicklung spielen. Am Anfang steht säst ausnahmslos die schöne Literatur. Ihre große Geltung und Wirkung wird eingeschränkt, sobald auf einer zweiten Stufe der Ent wicklung die weltanschaulichen Auseinandersetzungen beginnen. Da neben stehen die Erschütterungen des Lebens, die wir heute unter dem Schlagwort »sexuelle Not der Jugend» zusammensafsen. Schließlich treten die realen Interessen der Berufsbildung auf. In der Aus einandersetzung mi, den staatsbürgerlichen Ausgaben schließt sich dieser Kreis der grundlegenden Beziehungen zum Buch. Neben diesen, in ihrer objektiven Wertgruppierung vom Stand punkt des Volksbiibners aus gesehenen Darlegungen vr. Angcrmanns, stand dann am Sonntag vormittag das zweite Referat, das von Herrn Thier von den städtischen Bllcherhallen in Leipzig gehalten wurde. Aus dem unübersehbar reichen Erfahrungs- und Tatsachen material der praktischen Bücherciarbeit rollte der Referent das kon krete Bild deswerktätigenLesers aus. Damit kam einerseits ein bestimmter sozialer Typ des jugendlichen Lesers, andererseits aber überhaupt derjenige Volkstcil in seinen Buchintcressen zur Dar stellung, zu dem der Buchhandel immer noch die geringsten Bezie hungen hat. Diese Buchintcressen sind sehr lebendig und nicht weni ger verschiedenartig als die des »gebildeten bürgerlichen Lesers» oder des Intellektuellen. Es gibt nicht de» Arbeiter, an den man einfach eine ihm bildungsgemäße Literatur heranbringen könnte, über alle Lebensalter hinweg liegt die Spannungskurve der zunehmenden und wieder abnehmenden Intensität des literarischen Allgemeinintercsses. Daß dieses aber beim Werktätigen keineswegs etwa abhängig ist von der sozialen Berufsstcllung oder den soztalbedingtcn Bildungsvoraus setzungen, zeigt die praktische Erfahrung der Büchereiarbeit, die scharf zwischen der Gruppe der handwerklich Tätigen, den eigentlichen Hand arbeitern und der Gruppe der Angestellten, dem Typ des Handlungs gehilfen etwa, unterscheidet. Der letztere nämlich ist nicht sonderlich tief interessiert, ist wenig zugänglich und bildsam. Vor allem aber zeigt er in sich wenig Unterschiedlichkeit. Der sogenannte proletarische Leser dagegen ist lebendiger und stärker interessiert und zerfällt in eine ganze Reihe deutlich voneinander sich abhebender Typen. Da ist zunächst die Gruppe, die dem jugendlichen Leser am nächsten steht: der Leser von Reisebeschreibungen, Abenteuerliteratur, historischen Romanen und beschreibender, populärer Naturwissenschaft. Dann die Gruppe des bildungsstrebenden Arbeiterlescrs: Hier findet man unter anderem die Leser der großen Bildungsrvman« und der philo sophischen Literatur (nicht Marx an erster Stelle, sondern Schopen hauer und Nietzsche oder auch Lassalle) und anderer geisteswissenschaft licher und geschichtlicher Werke. Bei letzteren sogar solche aus dem klassischen Altertum <!>. Die nächste Gruppe ist die des klafsenbewuß- ten Lesers. Er liest Völkerkunde, theoretische Nationalökonomie; aus der schönen Literatur besonders den sozialen Roman. Ferner Arbeiter- biographien und sozialistische Literatur (diese aber keineswegs an erster Stelle!). Alsdann viertens der gemütvolle kleinbürgerliche Typ, der besonders gern Romane, Novellen und Gedichte (Raade, Sohnrey, Freytag, Storni usw.), stimmungsvolle Lebensbeschreibun gen und Fransnbiicher liest; aber auch z. B. Gartenbauitteratur und Naturwissenschaften (Brehm). Die letzte Gruppe ist die des Berufsmenschen: Hier findet man aber nicht nur den Leser, der die Fachliteratur seines eigenen Berufs, sondern sehr eifrig auch die technische Literatur aus ganz anderen Bcrussgebieten systematisch studiert. Diese Gruppen stehen natürlich nicht zusammenhangslos neben einander. Sie sind vielmehr häufig durch allgemeine und gleich gerichtete Themen verbunden (z. B. sozialistische Lebenssragen, bio logische Themen usw.). — Diese Gruppierungen wurden von dem Re ferenten durch eine große Anzahl von Büchertiteln charakterisiert und umschrieben. An beide Referate schloß sich eine sehr lebhafte Aussprache an, in der besonders die Gesichtspunkte der buchhändlerischen Berufspraxis zur Geltung gebracht wurden. Eine ausführlichere Darstellung der Referate und der Aussprache wird in dem demnächst erscheinenden Hest 9 des Jungbuchhändler-Nundbriescs enthalten sein. Neben den Arbeitsstunden kam auch die frohe Geselligkeit zu ihrem Recht. Aus der Sachsenburg findet zur Zeit ein viermonat licher Frauenkursus statt, von dessen Teilnehmerinnen die Buch-
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