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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 25.03.1903
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- Erscheinungsdatum
- 25.03.1903
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- Deutsch
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2480 Nichtamtlicher Teil. 69. 25. März 1903 ment anbot. Gl. erklärte dies dadurch, daß er nnt einer besonder» Erlaubnis vom Regiment und vom Feldwebel ausgestattet sei. Das Werk, das von dem Reisenden vertrieben wurde, war »Der Militär an Wörter« (Verlag von Bonneß L Hachfeld in Pots dam). Der Reisende ließ durchblicken, daß die Vorgesetzte Behörde es gern sehen würde, wenn die Unteroffiziere auf das Werk abon nierten. Es sollte seiner Angabe nach aus 25 Heften L 90 bestehen und in monatlichen Raten von 3 bezahlt werden. Vier Unteroffiziere ließen sich zu einem Auftrag überreden und unter schrieben einen Bestellzettel, ohne, wie sie angaben, von dem vor stehenden Text genauer Kenntnis zu nehmen. Erst nach Lieferung der 25 Hefte ersahen sic, daß das Werk aus bedeutend mehr Heften bestehe, wodurch sich der Gesamtpreis um mehr als das Dreifache gegen den von ihnen angenommenen erhöhte. Sie machten nun Schwierigkeiten, die Buchhandlung bestand aber auf ihrem Schein und verklagte sie. Die Sache kam zu Ohren des Hauptmanns, der die Unteroffiziere, die keine Schulden machen dürfen, zur Rede stellte. Hierbei kam das Gebühren des Reisenden zur Sprache und es wurde gegen ihn Strafantrag wegen Betrugs gestellt. Vor dem Schöffengericht hielt der Staatsanwalt einen Betrug für er wiesen und beantragte gegen den Angeklagten eine Geldstrafe von 100 ./7. Der Verteidiger führte dagegen aus, daß trotz der er wiesenen kleinen falschen Vorspiegelungen ein Vergehen des An geklagten nicht erwiesen sei, weil eine Vermögensschädigung nicht nachgewiescn sei. Cr unterbreitete dem Gerichtshöfe verschiedne Schriftstücke von Armeekorps, die die Anschaffung des Werks empfahlen. Der Gerichtshof trat den Ausführungen des Ver teidigers bei und fällte ein freisprechendes Urteil. Eine städtische Musterbibliothek*). — Für die Entwick lung des rcichsdeutschen Volksbibliothekswescns ist die Begründung der Charlottenburger Städtischen Volksbibliothek im Jahre 1898 insofern von entscheidender Bedeutung gewesen, als damit zum ersten Male eine Gemeinde ihre Verpflichtung anerkannte, in großem Maßstabe für die geistigen Bedürfnisse aller Bevöl kerungsschichten gleichmäßig zu sorgen. Hierin, in der Schaffung »allgemeiner Bildungsbibliotheken«, die als notwendige Er gänzungen neben unsre rein wissenschaftlichen und Fach bibliotheken treten und eine durchgreifende Reform unsers alten und veralteten Volksbibliothekswesens, ja des ganzen städtischen Bibliothekswesens überhaupt darstellen sollen, beruht der Kern der Bücherhallenbewegung, die seit etwa einem Jahr zehnt einen wichtigen Faktor auf dem Gebiet der sozialen Bil dungsarbeit bedeutet. Die von C. Jeep formulierten neuen Grundsätze sind die folgenden: 1. Leitung und Betrieb der Bibliothek durch einen wissenschaftlichen Bibliothekar im Hauptamt. 2. Tendenzlose, für alle Kreise des Volks berechnete Auswahl der Bücher u. s. w. 3. Zentrale Verwaltung. 4. Lage der räumlich ausreichenden Bibliothek an günstiger Stelle der Stadt. 5. Verbindung der Ausleihbibliothek mit einer Lesehalle. 6. Freier, durch unnötige Förmlichkeiten nicht erschwerter Zutritt für jedermann an jedem Tag. Die Städtische Volksbibliothek zu Charlottenburg, die als die erste kommunale Uudlie Uibrarz» Deutschlands im Sinn dieser Grundsätze bezeichnet werden darf, wurde 1898 in unzulänglichen Räumen eröffnet. Durch die hochherzige Schenkung des Verlags kunsthändlers Emil Werckmeister in Charlottenburg im Wert von etwa 23000 ^ wurde es möglich, einen ausgezeichneten, ca. 8000 Bände umfassenden Grundstock an Büchern anzuschaffen, deren Auswahl von I)r. Ernst Jeep, der auch Mitbegründer der Lesehalle der Gesellschaft für ethische Kultur in Berlin war. getroffen wurde. Die Stadtverwaltung bewilligte 15000 dazu und für das erste Etatsjahr die gleiche Summe, die sich bis 1902/3 auf 29354 ^ gesteigert hat. Einen bedeutenden Aufschwung nahm die Frequenz der Anstalt im September des Jahres 1901 nach der Übersiedlung in den vierstöckigen Neubau (Wilmersdorferstr. 166/67), einem Quergebäudc der stattlichen Kunstgewerbe- und Handwerker schule. Man gelangt hier vom ersten Treppenflur aus in ein ge räumiges Vorzimmer, das der Vücherausgabcstelle vorgelagert und mit Schreibpulten, Wandkarten re. ausgestattet ist. Äon hier betritt man durch eine Glastür den 284 Quadratmeter umfassenden Lesesaal. Dieser Raum erstreckt sich durch drei Stockwerke, ist mit Ober- und Seitenlicht, elektrischer Beleuchtung und Zentralheizung versehen und auf 150 Leser berechnet. Die Höhe der Halle wird durch Bogenlampen erhellt, während die Lesetische mit grün be schirmten Glühlampen versehen sind. Der Raum gewährt be sonders bei künstlicher Beleuchtung einen äußerst anheimelnden, behaglichen Anblick. Eine große Annehmlichkeit für den Besucher *) Vergleiche Reyer, E., Fortschritte der volkstümlichen Biblio theken mit Beiträgen von M. W. Plummer-Brooklyn, l>r. G. Fritz- Charlottenburg. vr. Nörrenberg-Kiel und anderen Leipzig 1903, Verlag von Wilhelm Engelmann. bildet die Einrichtung, daß die reichhaltige, etwa 2400 Bände um fassende Handbibliothek jedem ohne weiteres zugänglich ist, indem inan sich die Bücher selbst an den Lesetisch herbeiholen darf. Diese Handbibliothek umfaßt außer großen Encyklopädien und Fach wörterbüchern eine ausgesuchte Zusammenstellung wissenschaftlicher und schönliterarischer Werke. Ferner finden wir hier Zeitschriftenserien, wie man sie wohl nicht zum zweitenmal in einer derartigen Bibliothek antreffen dürfte, z. B. Deutsche Rundschau von 1874 an, Deutsche Revue von 1874 an, Garten laube 1853 u. folg., Gegenwart 1872 u. folg., Westermanns Monatshefte 1856 u. folg., Velhagen L Klasings Monatshefte 1887 u. folg., Bär 1875 u. folg. In einem Glasschrank liegen Kunstmappen, Atlanten und Wandkarten aus. In bequem ein gerichteten Regalen sind die neusten beiden Nummern und Hefte von etwa hundert abonnierten Zeitschriften ausgelegt. Auf einem Podium hat der Aufsichtsbeamte seinen Platz, von dem aus er den ganzen Saal übersehen kann. Die Ausleihbibliothek ist auf zwei übereinanderliegenden, sich um den Lesesaal herumziehenden Galerien untergebracht. Die Konstruktion der Galerien besteht ganz aus Eisen mit Glasplattenbelag. Der Bücherbestand betrug im April 1902 etwa 20 000 Bände. Ein Fahrstuhl verbindet die Ausleihstelle mit den Galerien. Lesetische und Bücherregale sind nach den in der Reichstagsbibliothek angewandten Mustern her gestellt. Der Lesesaal ist an allen Wochentagen von —9 Uhr un unterbrochen, Sonntags von 10—1 Uhr jedem Erwachsenen ohne weiteres zugänglich; die Altersgrenze ist auf 16 Jahre bestimmt. Die Bücherausgabe findet an den Wochentagen von 12—1 llhr und von 5—9 Uhr statt. Zur Entnahme ist keinerlei Legitimation er forderlich. Die Leihfrist beträgt 14 Tage, Verlängerungen sind zu lässig. Ist ein gewünschtes Buch verliehen, so kann der Besteller beantragen, daß es ihm nach Wiedereinlieferung sofort zugängig gemacht werde. Er wird dann durch Postkarte benachrichtigt. Bücher der Ausleihbibliothek werden auch sofort auf Wunsch im Lesesaal zur Verfügung gestellt. Die Bestellung zu entleihender Bücher kann sowohl im voraus geschehen als auch während der Ausgabestunden. Den leitenden Bibliothekar (Or. G. Fritz) unter stützen zwei Assistenten (F. Lüdicke und Or. G. Albrecht). An Hilfskräften wirken ein Herr und eine Dame in der Aufsicht des Lesesaals, zwei Herren bei der Bücher-Ausgabe, eine Dame für schriftliche Arbeiten und ein Diener für Botengänge. Es wurden von April bis Ende März ausgeliehen 1900/1: 71 788 Bände, 1901/2: 98 322 Bände. Die Besuchsziffern des Lese saals sind für dieselben Zeitabschnitte 24 585 bezw. 47 850, gewiß eine recht erfreuliche Steigerung. Paul Hennig. Salz man ns Krebsbüchlein und die Nachdrucker. — In dem neuesten Heft der »Grenzboten« (62. Jahrg., Nr. 12) kommt R. Bertram auf das bekannte »Krebsbüchlein oder Anweisung zu einer unvernünftigen Erziehung der Kinder« zu reden, das den Schnepfenthaler Philanthropinisten und Pädagogen Salzmann zum Verfasser hat und zu Anfang des vorigen Jahrhunderts ein sehr leicht verkäufliches und vielgelesenes Buch war. Auch heute noch werden sich für das Buch bei geeigneter Empfehlung leicht Käufer finden. »Das Buch ist eine Art Struwwelpeter für Eltern,- sagt R. Bertram in seiner treffenden Charakteristik des Buches. »Aber im Gegen satz zu den lustigen Schauergeschichten des Frankfurter Arztes sind Salzmanns Erzählungen nichts weniger als Karikaturen. Die kleinen aus dem Leben gegriffncn und mit großer An schaulichkeit und Lebhaftigkeit vorgetragnen Geschichten halten sich von jeder Übertreibung fern und sind durchdrungen von Ver ständnis und warmer Liebe für die Kindesnatur. Es sprechen aus ihnen eine gesunde Lebensauffassung, reiche Erfahrung und große pädagogische Weisheit. Dabei fällt der Verfasser nie aus der Rolle, die er sich in dem Titel »Anweisung zu einer unver nünftigen Erziehung« vorgeschrieben hat. Mit trocknem Humor und ernsthaftester Miene erteilt er sachverständige Ratschläge über die beste Art, Kinder ungezogen, unfroh und kränklich zu machen, und erläutert jede seiner Verordnungen durch eine kurze Er zählung. Das Inhaltsverzeichnis liest sich wie eine Anpreisung bewährter Rezepte: Mittel, Kinder gegen gute Lehren unempfind lich zu machen (predige ihnen ihre Pflicht unaufhörlich vor!); Mittel, Kindern Schadenfreude beyzubringen. (Bringe sic nur erst so weit, daß sic sich über andrer Glück ärgern! so werden sie sich gewiß auch bald über ihr Unglück freuen!); Allgemeine Mittel, die Kinder um Gesundheit und Leben zu bringen.« Der etwas unverständliche Haupttitel des Büchleins wird durch eine sinnige Titeloignette erklärt, die dem Büchlein vorge druckt war. Ein Krebs gibt seiner Nachkommenschaft Unterricht im Rückwärtsschwimmen. In diesem sich rückwärts bewegenden Titelkrebs, dem Sinnbild alles Verkehrten, sollten Eltern und Er zieher, wie Bertram meint, ein abscheuliches Cxempel ihrer Er ziehungssünden und Verkehrtheiten sehen, und erleuchtet durch die Belehrung des Krebsbüchleins sollten sie von ihren bösen Wegen ablassen.
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