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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.02.1928
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- 1928-02-16
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- 16.02.1928
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x> 40, 1k. Februar 1828, Redaktioneller Teil. Von diesen Zahlen entfällt der überwiegend größte Teil sowohl in der Vorkriegszeit als auch nach dem Zusammenbruch auf das Deutsche Reich. Der Friedenszustand des deutschen Buchimports nach Ungarn betrug 20 830 Doppelzentner, nach obiger Berechnung sollten also auf das heutige Ungarn noch immer mehr als 10 080 Doppelzentner entfallen. Tatsächlich wurden aber im Jahre 1824 nicht mehr als 858, im Jahre 1925 nur noch 837 Doppelzentner eingeführt. Dies kommt höchstens einem 8,5prozcntigen Bruchteil der angemessenen Beteiligung gleich. Erst 1926 ist die Einfuhr aus Deutschland auf 1453 Doppelzentner gestiegen und hat somit ungefähr IS Prozent ihres Vorkriegsanteils erreicht. Der deutsche Kultureinfluß ist dem nach der Friedenszeit gegenüber in den letzten drei Jahren auf durchschnittlich 10 Prozent zurückgegangen. Dies Verhältnis wird dadurch, daß die Büchereinfuhr aus Wien (mit 845 bzw. 925 bzw. 1245 Doppelzentnern) auch zugunsten des deutschen Ab satzes geht, nicht günstiger, sondern im Gegenteil vielleicht noch nachteiliger, da ja auch schon in Fricdenszeiten ein großer Teil des deutschen Bücherbcdarfes aus Wien nach Ungarn eingesührt wurde und in den Statistiken nur wegen der damaligen Zoll- gemeinsamkeit mit Österreich nicht zum Ausdruck gelangt. Wenn man nach den Gründen für diesen erschreckenden Rückgang der deutschen Büchereinfuhr nach Ungarn forscht, so kommt die wirtschaftliche Not des ungarischen Bücherpublikums, das hauptsächlich aus dem Mittelstand hervorgcht, nur in zweiter Linie in Betracht. Man kann die Wahrnehmung machen, daß die gebildeteren Kreise, seitdem die wirtschaftlichen Verhältnisse des Landes sich einigermaßen stabilisiert haben, wieder gerne Bücher kaufen und die mageren Jahre der geistigen Enthaltsam keit nachzuholen trachten. Man kauft aber größtenteils unga rische Bücher — oft in sehr primitiver Ausstattung — oder, wenn man zwischen der deutschen und der französischen Ausgabe eines fremden Werkes zu wählen hat, mit Bestimmtheit das französische Werk, weil das deutsche Buch, das denselben geistigen Inhalt vermittelt, zehnmal so teuer ist wie das französische (wohl ab sichtlich übertrieben: der französische Roman kostet in Ungarn 2—3 Mk. Die Schriftltg.). Die Preise der deutschen Bücher, die nach Ungarn kommen, sind so hoch, daß sie die Konkurrenz mit der heimischen und der französischen Bücherproduktion nicht auf nehmen können (nur onm grano »M« zu verstehen. D. Schriftltg.). Freilich ist die Rolle des Buches nicht allein ausschlaggebend für die kulturelle Beeinflussung eines fremden Kulturgcbietcs. Bei der Beurteilung literarisch-kultureller Beziehungen kommt auch der Umstand wesentlich in Betracht, ob es der betreffenden Bevölkerung möglich ist, ihre Kenntnisse über die kulturelle Lage des anderen Volkes in ihrer eigenen Sprache zu ergänzen und zu vertiefen. Es taucht also die Frage auf, ob die ungarischen Zeitungen und Zeitschriften sich in solchem Maße mit dem deut schen Geistesleben befassen, daß eine kulturelle Bereicherung und eine lückenlose Informierung überhaupt möglich ist, ob Über setzungen deutscher Geistesprodukte die unmittelbare Wirkung des deutschsprachigen Schrifttums, wie dies bei der russischen, skandi navischen oder selbst italienischen und englischen Literatur der Fall ist, ersetzen können. Und hier fällt die Antwort wieder negativ aus. Noch vor einigen Jahren konnte man in ungarischen Zeitungen und Zeit schriften regelmäßig Berichte über die kulturelle Entwicklung Deutschlands, ausführliche Besprechungen über Neuerscheinungen auf dem deutschen Büchermarkt, Übersetzungen von deutschen No vellen und Romanen lesen, und auch die bedeutenderen deutschen Stücke wurden auf den ungarischen Bühnen aufgeführt. Heute ist in dieser Beziehung eine vollständige Stagnation eingetreten. Nicht als ob man für fremdes Kulturgut weniger empfänglich wäre. Französische, englische, italienische Stücke werden noch immer gegeben, Romane und Novellen aus aller Herren Ländern werden in Buchsorm und als Zeitungsbeiträge veröffentlicht, literarische Revuen besprechen die französische, italienische, eng lische Geistesproduktion mit sichtbarer Vorliebe. Deutschland mit seiner überwältigenden Produktion verschwindet fast in ^er Kon kurrenz viel geringerer Rivalen. Wenn nicht der in deutscher Sprache erscheinende, ausgezeichnet redigierte »Pester Lloyd« 174 wäre, würde Ungarn sehr wenig Gelegenheit haben, sich über das, was in geistiger Beziehung in Deutschland geschieht, zu in formieren. Die Ursache für das allmähliche Abflauen des Interesses für die deutsche Literatur ist in dem fast gänzlichen Fehlen jeder deutschen Kulturpropaganda in Ungarn zu suchen. Eine Aus nahme bildet auch hier das Preußische Ministerium für Kultus und Unterricht, das ebenso wie für die ungarische Kulturpropa ganda in Deutschland auch für die Notwendigkeit einer ähn lichen kulturpropagandistischen Betätigung in Ungarn Verständ nis hat und es stets zu verhindern wußte, daß die wissen schaftlichen Beziehungen der beiden Länder ebenso ver dorrten, wie dies aus anderen geistigen Gebieten der Fall ist. Hier müssen wir besonders der Rolle der.Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft gedenken, die durch ihre zahlreichen Bücher spenden an die ungarischen Bibliotheken dort die Vorherrschast des deutschen wissenschaftlichen Lebens zu erhalten half. Was aber auch sonst aus kulturpropagandistischem Gebiet in Ungarn möglich ist, haben die Franzosen und Italiener be wiesen, die die zwangsläufige kulturpolitische Entfremdung zwischen Ungarn und Deutschland rechtzeitig erkannten und sür ihre eigenen Ziele auszunutzen suchten. Wenn ihre Kultur propaganda den kulturellen Einfluß Deutschlands trotz größter Anstrengungen bis jetzt nicht verdrängen konnte, so liegt dies einzig und allein an dem Umstand, daß einerseits alle seelischen Fäden, die Ungarn und Frankreich vor dem Kriege verknüpften, infolge der feindseligen Behandlung bei den Pariser Friedens diktaten zerrissen wurden, daß andererseits aber für die ita lienische kulturelle Propaganda noch jede eigentliche Grundlage im modernen ungarischen Bildungsleben fehlte. Trotzdem haben sowohl die Franzosen als auch die Italiener Erfolge gehabt, die vielleicht' als symptomatisch bezeichnet werden können und die gewisse Lehren für die Zukunft in sich schließen. Die französische Kulturpropaganda hatte in Ungarn schon vor dem Kriege begonnen, ohne jedoch größere Maßstäbe anzu nehmen. Die Gründung eines ungarischen Lehrstuhls an der Pariser Sorbonne, ein bis zwei französische Professoren oder Sprachlehrer, die an den ungarischen Hochschulen wirkten, die Niederlassung französischer Schulorden (Notre Dame de Sion, Sacr« Coeur), die Gründung einer französischen literarischen Ge sellschaft und einer Zeitschrift in französischer Sprache waren die ersten Versuche zum Eindringen in die ungarische Kulturwelt. Und schon diese ersten Versuche hatten eine weitgehende Wirkung. Besonders in der Seele der studierenden Jugend faßte die Sehn sucht nach dem Märchenland, nach Paris, mit seinen blauen romantischen Wundern Wurzel, und die jüngeren Literaten kreise gerieten allmählich in den Bann der französischen Literatur und des französischen Geistes. Der Krieg unterbrach den französischen Einfluß in Ungarn auf einige Jahre. Die Vorliebe sür das französische Wesen war plötzlich verschwunden, die Sympathien sür Deutschland waren stärker als je zlivor, doch kam dann der Zusammenbruch, die Zerstückelung Ungarns, seine Isolierung und damit auch ein Wiedererwachen der französischen Kulturpropaganda. Das Zentrum der Propaganda war die Budapest» fran zösische Gesandtschaft, deren Pressereferent literarische Ambi tionen hatte und sich, da eben einige französische Lehrstühle an den Hochschulen vakant waren, gerne zu Vorlesungen über fran zösische Literatur und Sprache herbeiließ. Bald reichte aber seine Zeit nicht, und so mußten neue Kräfte aus Frankreich verschrie ben werden, die nun eine rege Propagandaarbeit zu entfalten begannen. Der alten Sociötö littsraire Franoaise entstand eine Konkurrentin in der Ungarisch-Französischen Literarischen Ge sellschaft, eine Lafontaine-Gesellschaft wurde gegründet, die Un garisch-Französische Handelskammer trat ins Leben. Um dem Drang nach Westen gerecht zu werden und die Jugend wieder nach Paris zu locken, wurden zwölf französische Universitäts stipendien gestiftet. Drei französische Sprachschulen und eine wissenschaftliche Zeitschrift in französischer Sprache wurden ins Leben gerufen. Die ungarischen öffentlichen Bibliotheken, die sich in einer verzweiflungsvollen materiellen Lage befanden, wurden mit Büchersendungen versorgt, die wissenschaftlichen In-
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