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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 08.11.1927
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- 1927-11-08
- Erscheinungsdatum
- 08.11.1927
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261,8, November 1927, Redaktioneller Teil, Börsenblatts, d. Dtschn. Buchhandel. Zwang verstärkt. Aber alles das gilt, ob das Sortiment kartel liert ist oder nicht, und es reicht auch als Erklärungsgrund durch aus zu. Nur wenn man von vornherein entschlossen ist, allein die Sortimentskarteliierung für alles und jedes als Sündcnbock gelten zu lassen, übersieht man die natürliche Logik dieser Zu sammenhänge. Wie verträgt sich überdies der angeblich vom kartellierten Sortiment ausgehende Zwang zur ständigen Neu- produltio» des Verlags mit der ständigen Klage des Verlags über die ungenügende Aufnahmefähigkeit, ja die direkte Aus- nahmcunlust desselben Sortiments seinen Neuigkeiten gegenüber? Dieser Widerspruch mutz doch stutzig machen. Zum sechsten Satz: Eine den Absatz übersteigende Produktion kann ihren Ausdruck nur in unverkäuflichen Lagerrcste» finden, deren Ilmsang im deutschen Vcrlagsbuchhandcl In der Tat von außerordentlichen Ausmaßen ist, <S. 57.) ist nichts zu sagen. Der Nebensatz enthält eine allgemein be kannte, nirgends bestrittene tatsächliche Feststellung, Der Haupt satz klingt tief, ist aber selbstverständlich. Worin sonst als in unverkäuflichen Lagerresten sollte wohl ein« den Absatz über steigende Produktion ihren Ausdruck finden? Wintcrhoff selbst aber glaubt an der zitierten Stelle noch den Grund gefunden zu haben, weshalb es im Buchhandel überhaupt unverkäufliche Lagerreste in so großen Mengen gibt. Selbstverständlich ist der starre Ladenpreis schuld, der den natürlichen Ausgleich von An gebot und Nachfrage unterbinde. Hier sei zunächst ein Mangel an Genauigkeit fcstgestcllt, der auch sonst vorliegt, wo er von Angebot und Nachfrage spricht. Das Wechselspiel von Angebot und Nachfrage tritt im Buchhandel an zwei Fronten auf: im Verkehr zwischen Verlag und Sortiment und im Verkehr zwischen Buchhandel überhaupt und Publikum, Das will sehr sorgsam auseinandergehalten werden; denn es ist nicht dasselbe. Wenig stens soweit kein direkter Verkehr des Verlags mit dem Publikum eine Rolle spielt, steht das Sortiment zwischen diesen beiden Polen, Es spürt selbst die ungenügende Nachfrage seitens des Publikums und lätzt sie seinerseits den Verlag spüren in Gestalt auch verminderter Lagerbcstellungcn, Das Bezeichnende ist nun aber, datz der Verlag aus eigener Not diese Bremsstellung des Sortiments auszuschalten sucht, indem er direkt an die letzten Konsumenten geht, und zwar ost genug mit Erfolg, Ich wüßte nicht, wo Winterhoff das hier für die Wirkungsmöglichkeit des Wechselspiels von Angebot und Nachfrage austauchende Problem und die eigenartige Stellung des »kartellierten» Sortiments darin untersucht hätte. Hat er es überhaupt erkannt? Ohne Erörterung auch dieser Frage kann man aber im Ganzen nicht zu einwandfreien Ergebnissen gelangen. Außerdem aber täuscht sich Winterhoff, wenn er meint, daß nicht auch im Buchhandel bei überwicgen des Angebots gegenüber der Nachfrage das Mittel der Preisermäßigung bliebe, um den Ausgleich wiedcr- herzustellen. Jeder Verleger hat ohne weiteres das Recht zur Herabsetzung, ja zur Aufhebung des Ladenpreises, Wo ist die Karlcllbestimmung, die das verböte? Wenn aber von diesem Mittel nicht stärker Gebrauch gemacht wird, so hat das eben in der praktischen Erfahrung seinen Grund, daß in vielen Fällen der Absatz damit nicht im geringsten gefördert-zu werden ver mag, Hier mag der Volkswirt bedenken, daß ein Mißverhältnis zwischen Angebot und Nachfrage durchaus nicht immer nur auf ein solches zwischen Preis und Kaufkraft zurückgeht. Es gibt auch ein absolut quantitatives Überangebot (z, B, ein Theater mit 10 009 Sitzplätzen in einer Stadt von 9000 Einwohnern; die letzten 1000 Plätze bleiben unbesetzt, auch wenn man sie gratis abgcben wollt«; ähnlich ist auch die Lage bei manchen Buchauf- lagcn). Gerade beim Buch bleibt die Nachfrage sehr oft nicht wegen 'des Preises, sondern wegen seines immateriellen Wertes oder Unwertes aus. Da ist durch Preismanipulation natürlich nichts zu ändern. Und wenn schon etwas erreicht wird, so ist der Effekt im ganzen nur eine Verschiebung, indem die hier angelockte Nachfrage nun an anderer Stelle fehlt. Der siebente Satz lautet: Man muß sich vergegenwärtigen, datz die Bnchproduktion seit Goethes Zetten zehnmal stärker gewachsen ist als die Bevölkerung, M,j Mag sein. Wenn man nicht nur die Titel zählt, sondern die tatsächliche Produktionsmasse zu erfassen vermöchte, reicht wahr scheinlich lOmal noch gar nicht aus. Aber was hat das auf sich? Ist vielleicht die Eisen- und Stahlproduktion, die Kohlenförde rung, der Bau von Telephonen und Automobilen, die Erzeugung von Bleistiften und Stahlfedern usw, usw, nicht noch stärker gewachsen? Der Mensch von 1800 als Bedarfsträger ist dem von 1900 nicht ohne weiteres kommensurabel. Die Abstellung rein aus die Bevölkcrungsvermehrung ist also wertlos. Für den achten Satz: Die Spekulation des Verlags auf »das erfolgreiche Buch des Tages«, aufgemacht stir den Geschmack der Menge, ist eine überaus bezeichnende Auswirkung der Buchhändlcrkartcllpolittk: der durch sie bedingte einseitige Vertrieb des Sortiments stir gängige Bücher, die Aufblähung der Produktion und der daraus folgende heftige Wettbewerb, um dennoch erzwungenermaßen hohe Auslagen zu er reichen, weisen alle in dieser Richtung, sS, 87,j gilt größtenteils das zum fünften bereits Gesagte, Das Sorti ment muß doch seine eigene Einkaufspolitik in großem Umfang ebenfalls nach dem »Geschmack der Menge- richten. Daran ändert auch die schärfste Kartellierung nichts. Glaubt aber irgend jemand wirklich im Ernst, daß diese »Spekulation des Verlages auf das erfolgreichste Buch des Tages» auch mir einen Deut anders wäre, wenn das Sortiment nicht kartelliert wäre? In Amerika ist das Sortiment nicht kartelliert. Steht dort nicht gerade die »dost seller-Politik» des Verlags in höchster Blüte? Wird dieses Vorbild nicht erst von dort zu uns über nommen, trotz unserer anderen Organisation, aber nicht um ihretwillen? Man muß sich hüten, Ursache und Wirkung zu vertauschen. Winterhoff selbst gibt im übrigen an der zitierten Stelle vorher richtiger mit als Grund für die Einstellung des belletristischen Verlags auf Produktion nur des Gängigsten die Tatsache an, daß ihm Subventionen, wie sie dem wissenschaft lichen Verlag vielleicht zur Verfügung stehen, in der Regel völlig versagt sind. Daß darauf dis Sortimentskartellierung nicht den geringsten Einfluß hat, steht fest. Der neunte Satz lautet: Das unmittelbare Resultat all dieser Umstände ist, daß der Konsument ei» zunehmendes Mißverhältnis zwischen der Leistung des kartellierten Sortiments und den in seinen Bruttogewinnen zum Ausdruck kommenden Ansprüchen empfindet, sS, 84,> Die »Umstände», an die Winterhoff hier denkt, sind folgende: Die unverhältnismäßig hohen Preise lassen als Käufer nur einen ganz engen Kreis der Bevölkerung in Frage kommen. Diesen Interessenten genügt aber die Auswahl, die ein normales Sortimentslager darstellt, in keiner Weise mehr. Außerdem ist der Sortimenter auch nicht mehr zur bibliographischen Aus- lunftserteilung imstande. Die Feststellungen mögen richtig sein, obwohl man hinsichtlich der Preise doch wohl auf die zahlreiche billige Literatur Hinweisen darf, für die die Dinge völlig anders liegen. Da aber Winterhoff hier offensichtlich nur an den an spruchsvolleren wissenschaftlichen oder bibliophilen Bücherinier- essenien denkt, kann man ihm im allgemeinen vielleicht zustim men, Auch die Schlußfolgerung dieser Käufer, auf die er im obigen Satz hinweist, ist ja Tatsache, Nur ist auch hier wieder die Frage berechtigt: was Hai das mit der Kartellierung zu tun? Wenn die Entfesselung ungebundenster Konkurrenz zu jener von Winterhoff gewünschten natürlichen Auslese geführt hätte, wür den doch in erster Linie jene Betriebe auf der Strecke geblieben sein, deren »Unzulänglichkeit» er oben so schön schildert. Dann wäre doch aber die Folge, daß jene anspruchsvollen Bücher interessenten an der Stelle überhaupt kein Soriimenislager und keine bibliographische Auskunft mehr fänden, sondern nur noch etwa »cknuz Stores» mit billigster Gebrauchs- und Unterhaltungs- litcratur. Und ob die »ausgelssenen» Großbetriebe dann wirk lich gerade jene anspruchsvolleren Interessenten besser zu be friedigen vermöchten, ja vor allem überhaupt zu befriedigen gewillt sein könnten, dahinter wird vermutlich nicht zuletzt der Fachkundige einige Fragezeichen machen. Jedem, der in diesen Dingen Klarheit anstrebt, sei dringend die Lektüre der Fach literatur aus England und Amerika empfohlen. Dort besteht 1315
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