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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 21.07.1927
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- 1927-07-21
- Erscheinungsdatum
- 21.07.1927
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1H8, 2l. Juli 1927. Redakttoneller Teil. Börsenblatts, d. Dtschn. Buchhandel. Lauenstein i. E. nach der Flutkatastrophe. Wer Lauenstein kennt, wer das alt« hochgetürinte Erz- gebirgsstädtchen lieben lernte als Erholungsuchender in unse rem schönen Beyerhcim, wem der Zauber der herben, spröden erzgebirgischen Landschaft ausgegangen ist im weiten Rundblick von den Bergen oder in stiller Wanderung durch das herrliche Wa-bdtal nach Kratzhammer, dem Laufe der kleinen silberklaren Weißen Muglitz folgend, dem zunächst gellen diese Zeilen. Sie sollen seine bange Frag« beantworten: Wie mag es dort jetzt aussehen? Diese Frage veranlaßt« auch uns, am Dienstag, dem 12. d. M., von Dresden aus hinaufzusahren. Die Katastrophe schrieb uns den Weg vor. Im Müglitztal von Heidenau ab sind Straß« und Eisenbahn und bis aus einen verschwindenden Teil alle Brücken zerstört, und es bedarf jahrelanger Arbeit, um dieses lieblich« Tal dem bisherigen geregelten Verkehr wieder zu erschließen. So fuhren wir mit!der Bahn nach Hainsberg und dann durch das Tal der Wilden Weißeritz nach Kipsdorf hin auf, um mit der sofort nach der Katastrophe eingerichteten Autobuslinie über Altenberg—Geising nach Lauenstein zu ge langen. Ein herrlicher, leuchtender Sommertag, das in der Segens füll« reifender Ernte prangende Land mit der friedlich zu Tale plätschernden Wildsn Weißeritz bildeten einen scharfen Kontrast zu den bangen Befürchtungen, die unsere Herzen erfüllten und di« in ihrem Umfang noch weit übertrosfen wurden durch das grausige Bild furchtbarer Zerstörung bei unserer Ankunft in Lauenstein. Unser Autobus hielt, oder besser, mußte dort halten, wo angesichts des Lauensteiner Bahnhofs die Straße zwischen der Fabrik und der Gartenvilla des Besitzers nach Louenstein auf wärts führte. Das Hochwasser der Roten Müglitz hatte bis dahin Straße und Bahnanlagen verschont, die kleinere Schwester der Roten Müglitz, die sonst so harmlose, lustig über Felsgeröll an unserem Bcycrheim vorbei zu Tale springende Weiße Müg litz, durch fortgesetzte Regengüsse schon mächtig angeschwollen, hatte dann noch die Wolkenbrüche in Kratzhammer und dem böhmischen Grenzgebiet ausgenommen und in einer bis über 4 m steigenden ungeheuren Flutwelle mit rasender Gewalt die furchtbare Zerstörung angerichtet. Was ist Menschenwerk gegenüber der Wucht entfesselter Naturgewalten, wie klein wird unser himmelstürmendes Denken und Schassen, wenn Gott in der Sprache der Urgewalten zu uns spricht und in wenigen Augenblicken ein unerbittlicher Vernichtungsstrom niederreißt, was nach unserem Denken für die Ewigkeit geschaffen war! Welch ein Bild der Zerstörung schon gleich bei unserer Ankunft! Wie Streichholzschachteln waren die Eisenbahnwagen am Bahn hofe von den Schienen gehoben, meterweit fortgeschleudert und übereinandergeworfen, die Schienen von der Wucht des Was sers gebogen und mit den Schwellen fortgeschwemmt. Signal und Beleuchtungsmasten, Telegraphenstangen in wildem Durch einander übereinandergeworfen zu einem schier unentwirr baren Knäuel. Dazwischen gewaltige entwurzelte Bäume, blankgeschält von der Wucht des Wassers, gespenstisch aufragend in dem Chaos der Verwüstung. Hausrat Mer Art, Betten, Kinderwagen, Möbel und Bilder in wirrem Durcheinander. Wie manches Stück dabei, an dem Liebe und Erinnerungen von Menschen hingen, die mit ihnen denselben Weg der Vernichtung gingen. Ich zog aus dem Sande das Postkartenbild eines feld grauen blutjungen, gewiß im Felde gefallenen Soldaten hervor. Wieviel liebende Trauer mochte dieses vielleicht einzige Bild des geliebten Sohnes am Ehrenplatz des Hauses umwoben haben! Jetzt lag es beschmutzt inmitten der grausigen Ver wüstung wie einst er selbst, und die ihn liebten, folgten ihm nach. Wie durch ein Wunder blieb das Bahngebäude erhalten, trotz dem es vom Wasser um- und durchspült wurde, nur di« dahinter liegenden Schuppen wurden ein Opfer der Fluten, ebenso di« schwere eiserne Eisenbahnbrücke kurz vor der Station. Ihre massiven Steinsockel waren fortgespült, die abgerissenen Schie- 910 nen und die verbogenen Eisenteile der Brücke hingen in und über den noch immer wild dahinbrausenden schmutziggelben Wassern der Müglitz. Doch nun zu unserem Heim! Aber wo ist der Weg? Vor der besonders im Innern stark zerstörten Fabrik, aus der Arbei ter gewaltige Schlammassen entfernten, übersah man unge hemmt bereits das ganze weite Tal der Verwüstung, denn der links an der Straße liegende Garten mit seinem reichen Baum bestand und die dahinterliegenden das Flußbett der Weißen Müglitz vor ihrer Mündung umsäumenden Bäume und Sträu- cher waren wie wegrasiert und gaben ungehemmt den Blick frei. Hier war die ganze Wucht der Wassermassen aufgeprallt und halte aus dem schönen Landhaus links der Straße eine klägliche Ruine gemacht. Ihre gegen das Tal gekehrten Außenmauern waren eingedrückt und fortgeschwemmt, und unter dem noch überhängenden Dache blickt« lachender Sonnenschein, ein bitte rer Kontrast, in das zerstörte Behagen der ossenliegenden Wohnräume. Doch wo ist die Straße zu unserm Heim? Diese sowohl wie ein großes Stück der bergaufwärts zur Stadt füh renden massiven Straße ist von den Fluten fortgespült. Wir mußten in das die ganze Talsohle einnehmende breite Flußbett hinabsteigen, um auf einer von Pionieren angelegten Brücke zu der noch erhalten gebliebenen Molkerei zu gelangen. Hier war noch ein Stück der schönen Allee, die zu unserm Heim führte, vorhanden. Doch nur ein kleines Stück. Der Hauptteil dieser schönen Anlagen, auf die die Lauensteiner besonders stolz waren, wurde ein Opfer der Fluten. Der schöne schattige Weg ist an einigen Stellen bis glatt an den nackten jetzt vom Wasser be spülten Felsen vernichtet. Das Amtsgerichtsgebäud«, in dessen Mauern die Flut ein großes Loch gerissen, steht jetzt unmittelbar an der Userböschung. Der Weg davor ist verschwunden. Wir mußten wiader zurück. Der eigentliche Weg führt über die Stadt über einen von Pionieren angelegten, vom Tale auf die Straße stoßenden Weg. Dann geht es di« bekannten Stufen abwärts über ein« schleunigst errichtete Notbrücke, über die man durch den Gesän-gnishof in das Heim gelangt. Die hölzerne Brücke vor dem Heim ist verschwunden, ebenso di« alte male rische Steinbrücke mit dem schöngeschwungenen Rundbogen vor dem Schützcnhaus. Der Schuppen vor der Heimbrücke ist in sich zusammengesunken. Der hinter dem Schützenhause mit vieler Mühe angelegte Sportplatz ist vernichtet. Die Müglitz suchte ihr altes Bett wieder aus, bis unmittelbar unterhalb des Ab sprunges an der Sprungschanze -hat sie sich ein neues Bett ge wühlt und einen großen Teil des Wiesengrundes fortgefpült. überall ragen aus dem Boden abgerissene Gas- und Wasser rohre heraus, Baumstämme und Trümmer zerstörter Behau sungen füllen das ganze Tal. Der Weg am Engadin vorüber ist größtenteils zerstört. Das letzte Häuschen an -der linken Seite, bevor der Weg aus die Dalstraße nach Kratzhammer stößt, steht jetzt unmittelbar hoch oben an dem steil abfallenden Ufer. Der ganze Weg und der breite Vorgarten sind bis hinunter aus die Flußbctts-ohle weggerissen. Pioniere bauten dort gerade einen Damm, um die Flutbahn abzuleiten und das Haus vor dem gänzlichen Zusammensturz zu schützen. Die schöne Talstraße nach Kratzhammer bildet ein unbe schreibliches Bild -der Verwüstung. Teilweise ist sie gänzlich ver nichtet, fortgerissen mit den Straßenbäumen und den Telephon stangen, sortgerissen bis aus die Tiefe der Talsohle. Keine Brücke hielt der mächtigen Flutwelle stand. Wie abgeschnitten fällt die Straße von Liebenau schroff gegen das tiefe Flußbett ab. Die schöne alte steinerne Brück« ist wie wegrasiert. Wo die Straß« noch vorhanden, versperren sie mächtige Barrikaden von ent wurzelten Bäumen und Sträuchern, Hausteilen, Möbelresten, Matratzen und allerhand Hausrat. Barrikaden so fest und hoch, wie sie die gewiegtesten Revolutionäre nicht besser hätten bauen können. Reste einer alten illustrierten holländischen Bibel lagen verstreut an der Straße, sie stammten aus dem ersten Hause in Kratzhammer, wo zwei ältere holländische Damen eine Heimstätte gefunden 'hatten. Das Haus mit all seinen 8 In sassen war nach wenigen Sekunden ein Raub der rasenden Flu ten. Wir wandelten den alten schönen Waldweg parallel der Straße -den Weg nach dem Mückentürmchen aufwärts bis zu der
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