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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 19.03.1927
- Strukturtyp
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- 1927-03-19
- Erscheinungsdatum
- 19.03.1927
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- Deutsch
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X- 66, IS. März 1927. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. geschrieben haben; denn was man nicht klar sagen kann, weiß man auch nicht richtig. Erwähnenswert sei noch die Feststellung, daß der Prozentsatz der Bücherverlanger und der Sich-beraten- lassenden von dem Niveau der Buchhandlung abhänge. Die Tage der Autodidaktik, die leider hier nur andeutungsweise geschildert werden können, sanden mit einer Vorlesung der ausgezeichneten Worte Schopenhauers über das Bücherlesen und Selbstdenken ihr Ende. ° --- Am dritten Tage wurde die Entwicklung freier und gebun dener Wirtschaft, vom Zunftwesen ausgehend, von Weitsch unter überraschend reger Mitarbeit plastisch dargestellt. Als wir dann in unserer gegenwärtigen Wirtschaftsordnung nach Ansätzen der Sozialisierung suchten, sie in der Sozialpolitik (Betriebsrätegesetz, Erbschaftssteuer, Einheitsschule, Genossenschaften usw.) sanden und die Sozialisierungspläne von 1919 durchsprachen, unter Bezug nahme aus das hier sehr aufschlußreiche Werk von Varga, Wirt schaftspolitische Probleme der proletarischen Diktatur, das aufzeigt, woran Räte-Ilngarn gescheitert ist, wurde uns bei Berührung der Konzentrationsbewegung und der Zusammenbruchs- und Uber- produktionslheorie, die allesamt — durch vorzügliche Bei spiele erläutert — jedem Einzelnen klar wurden, deutlich, daß die früheren Gegensätze sich -in dem gegenwärtigen statischen Kapitalismus (nach Mennicke) ausgleichcn. Im Grunde herrsche zur Zeit keine Überproduktion, sondern eine falsche Verteilung (Luxus-Notwendigkeiten), die man allenfalls als par tielle Überproduktion bezeichnen könne, die sich aber durch das Kartell, also Gebundenheit und Profit, überwinden lasse. Der Wert dieser Arbeitsgemeinschaft lag für die Teilnehmer darin, daß sie hier eine cntwicklungsmäßige Darstellung erhielten und methodisch im Gespräch geschult, zugleich aber auch zu stärkerem Beobachten und Beschäftigen mit wirtschaftlichen und geistigen Gegenwartsfragen angeregt wurden. Die sachliche und logisch auf gebaute Arbeitsgemeinschaft wird noch im Jungbuchhändlerrund brief eine eingehende und zusammenhängende Darstellung er fahren. vr. Bielefeld hat hieran eine Darstellung der Entwicklung der Organisation gefügt und uns nach kurzem Abriß über ihre Geschichte in die brennenden Fragen der Gegenwart cingeführt. (Vertikale und horizontale Gliederung, Großbetrieb und Indivi dualität, Bürokratisierung, Flucht in die Verselbständigung, der geborene Subalterne, Minderung der Gewinnspanne, Kommis sionslieserung und Barbezug u. a.) So gab auch sein Vortrag über: »Die Entwicklung von Staat und Stamm aus das deutsche Buch», in dem er uns mit den zeitlichen und örtlichen Unter schieden vertraut machte und unser Auge und Ohr zu schärfen bat, da vor dem Blut die Sprache komme, uns ganz bedeutsame Hin weise für die eigene berufliche Arbeit und schulte — unter Auf- zcigung des Rassenschwindels — unser Untcrscheidungsvcrmögcn für Bücher stammlichen oder staatlichen Charakters. Am Vorabend der Arbeitsgemeinschaft über die Mechanisie rung der Arbeit gelangte »Kaisers Gas. I- zur Vorlesung. Dieses künstlerische Werk führte uns tief in die Probleme hinein, aber es konnte uns nicht daran hindern, die Entwicklung zu bejahen und alle Romantik, so wie sie sich in der Gegenwart noch in dem siedelnden Menschen, in dem Rufe »Zurück zum Handwerk» zeigt, abzulchncn. Schon Jahrhunderte lang schreitet diese Entwicklung von der geschlechtlichen Arbeitsteilung, Bcrussbildung und -tcilung fort, bis sie jetzt eine Zerlegung in Handgriffe erfahren hat. Den daraus sich ergebenden Vorteilen (Fertigkeit, Zeitgebundenheit, schnelles Einarbeiten, Verbesserung der Werkzeuge, Exaktheit) stehen ebensolche Nachteile gegenüber (Entindividualisierung, Un möglichkeit des Denkens, Abstumpfung, Übermüdung, Verkümme rung der Körperteile). Unsere Stellungnahme wird vom Auslese prinzip eine bejahende, von unserer Lebensauffassung aus gewiß eine verneinende sein. Wir werden indessen die Entwicklung nicht hemmen können, sondern — das Ganze der Arbeit im Auge be haltend und die Zusammenhänge erschauend — uns helfen, indem wir unsere Teilchenarbeit als notwendig und nützlich erkennen. Wilbrandt führt die Teilnahme an organisatorischen Arbeiten und den Wechsel der Arbeit an — Rofcnstocks Werkstattaussiedlung ist sehr vorsichtig zu behandeln —, bis uns schließlich der Amerikaner Pound die einzige Möglichkeit in der Durchmechanisierung aufV zeigt, der er — als Gegengewicht — die Feierabendgestaltung gegenüberstellt, jene Zeit, die bei weiterer Durchmechanisierung sich verlängern wird, weil sich die Arbeitszeit verkürze. Das Jugcndproblem muß durch eine allgemeine technische Schulung (Matcrialschulung) aus Kosten der Berufsschulung gelöst werden. Die Mechanisierung steige auch weiter in die geistigen Kreise. So gilt es, von der Basis her wieder eine geistige Verbindung zu schassen, sonst bricht die Volkspyramide zusammen. Mag sich nach und nach auch wirklich, in der Industrie vor allem, diese Entwicklung durchsetzen, so können wir, wie die darauf folgende Arbeitsgemeinschaft von vr. Bielefeld bewies, im Buch handel eine solche Gefahr nicht entdecken. Von gewissen mecha nischen Arbeiten, wie Fakturenordnen und Prospcktcinlcgen, kann allerdings eine lähmende Wirkung ausgehen. Hier liegt es am einzelnen Menschen, durch eine gesunde Anschauung sich Ausgaben einzuordnen und sie in Beziehung zu der geistigen Seite zu setzen, die man in buchhändlerischen Arbeiten stets einer Sache abzu- gewinncn vermag. Anders liegt das Problem, wenn wir die nachteiligen "Wir kungen der Mechanisierung auf den Buchhandel beachten. Hier gilt es, eine möglichst starke Beteiligung an der Feierabcndgestal- tung zu erreichen. Dazu bedarf es des Verständnisses und einer Mitarbeit auf gleichem Niveau, bei der die Autodidaktik in Form der Arbeitsgemeinschaft eine wesentliche Rolle spielt. Nicht Kul turpropaganda, sondern Angleichung und gemeinsames Hinauf arbeiten werden uns für diese Arbeit bereitmachen. Nur mit dem Glauben: Der Mensch ist ein Seil, gespannt vom Tier zum Über menschen, werden wir aus unserer sozialen Schicht hinaus in andere Wirkungskreise eintreten können. Es wurde dann weiter über die rein sachliche Bildung gespro chen, die als möglich bezeichnet und in der der Weg vom Sortiment durch den Verlag zum Aufrücken als der beste bezeichnet wurde. Insbesondere aber wurde auf die Gefahr der Verallgemeinerung der Einzelersahrung, den Mangel an Beurteilungsvermögen und an Gefühl für die geistigen Strömungen beim bloß kausmännischcn Angestellten hingewiesen. Neben diesen drei Hauptarbeitsgemeinschasten gaben uns Heinrich Vierordt einen Dichterabend, der deutlich den Gedanken, daß nichts Neues ohne Verwurzelung im Alten entstehe, in uns weckte, und Karl Becker eine Einführung in den Verkehr des Buch händlers mit der Klischeeanstalt, in der wir aus besonders häufige Schnitzer aufmerksam gemacht wurden. Das Ende der Woche stand im Zeichen eines gemeinsamen Festes, bei dem die Teilnehmer es an ernsten Darbietungen in Sprechchor, Lied und Musik, aber auch an mancherlei lustigen Ein fällen nicht fehlen ließen. Dieser schöne Abend hat uns dann auch noch einen Teeabend mit Kuchen durch die dankerfüllten fremden Gäste verschafft, die sich am Tage darauf eifrigst hinter die Lek türe unserer nunmehr sich stets besser entwickelnden Werbe-Zeit- schrift »Nimm und lies!» machten. Am Sonntag-Morgen setzte das Schluß-Rundgespräch ein, in dem bei der Kritik das Fehlen einer Sortimentcrpersönlichkeit als Mitleiter stark empfunden wurde, sich im übrigen aber alle Teil nehmer mit Teilung der Arbeit und des Stoffes und dem ganzen Aufbau der Woche vollständig einverstanden erklärt haben. Welches die Werte und die Bedeutung dieser Tage für den Einzelnen sind, können nicht allein jene Bekenntnisse am 13. Fe bruar sagen, sondern das wird die Zeit und mit ihr die Arbeit jedes Einzelnen an seiner Stelle zu erweisen haben. Es sei noch erwähnt, daß die oft anstrengende geistige Arbeit durch Wintersport und Spaziergänge aller Art einen körperlichen Ausgleich erfahren hat, und daß uns hierbei Schnee und Sonne besonders wohlgesinnt waren. Endlich seien hier am Schluß noch einige Sätze auF dem Be richt einer Teilnehmerin angefügt: »Wir waren imstande, uns gegenseitig ehrlich unsere Mei nung ins Gesicht zu sagen, hatten unter Umständen sogar be griffen, was es heißt, den andern Menschen mit seiner Meinung als Tatsache zu nehmen, und konnten so wirklich voneinander lernen. Es waren zwischen uns die Schranken sortgesallen, die einen im täglichen Leben so oft nicht an den andern Menschen herankommen lassen. 3IZ
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