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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.10.1926
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- 1926-10-07
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- 07.10.1926
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M 234, 7. Oktober 1928. Redaktioneller Tell. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel, Die Sommer-Akademie in Duhnen. Der hier folgende Bericht wurde von Herrn Martin R iegel - Hamburg aus der Kreis Norden-Tagung in Cuxhaven am b. September 1926 erstattet (s. auch Bbl. Nr. 156): Als mir vom Vorstande des Kreises Norden der Auftrag übergeben wurde, über die Sommerakademie in Duhnen zu be richten, wurde mir sofort klar, daß ich diesen Auftrag auf zweierlei Art und Weise erledigen könnte. Einmal könnte ich Ihnen einen mehr oder weniger schwung vollen Bericht über den glücklichen Verlauf der Akademie geben und Ihnen ausführlich von all der Mühe und Arbeit erzählen, die mit der Tagung verbunden war. Aber je länger ich über die Angelegenheit nachdachte, umso mehr kam ich davon ab, und ich glaube vor allen Dingen im Sinne der Teilnehmer der Akademie (der Dozenten sowohl wie der Hörer) zu handeln, wenn ich mich mit der Gesamtfrage der Sommerakademien befasse. Eine Klärung dieser Frage ist not wendig, denn alle Sommerakademien werden über kurz oder lang auf einen toten Punkt kommen, der unter Berücksichtigung der Weiterbildung unseres Nachwuchses überwunden werden muß. Was ich damit meine, werde ich später ausführen. Wie sehen nun die heutigen Sommerakademien aus und was wollen sie? Sie wollen unter allen Umständen, und möge es kosten, was es wolle, etwas Besonderes oder Neues schaffen. Das wird natürlich nicht gesagt, geht aber aus allen Berichten, die man über den Verlauf der Akademien liest, klar hervor. Schon die oft eigenartige Abfassung einzelner Berichte bringt den Be weis dafür. Wenn ich mich nicht täusche, dann besteht hier die Absicht, Charakter« zu bilden. Ich kann nicht umhin, vor dieser Treibhausluft zu warnen. Persönlichkeiten können nicht durch irgendeine Methode oder »gewollt» erzogen werden. Diese ent stehen unter ganz anderen Umständen und unter Einflüssen, die —Gott sei Dank — die Menschen nicht in der Hand haben. Was durch die Sommerakademien bestenfalls erreicht werden kann, das ist die Bildung eines gesunden Bodens, auf -dem bei sorgfältiger Pflege einmal eine wertvolle Saat aufgehen wird. Aus dem bisher Gesagten werden Sie bereits erkannt haben, daß ich diesen Dingen sehr nüchtern gegenüberstehe, und zwar mit der -Ruhe und Sachlichkeit eines 40jährigen. Als Angehöriger dieser »unwürdigen Zwischengeneration» möchte ich einmal aus sprechen, daß die Geschichte wahrscheinlich unsere Ruhe und Sach lichkeit ganz anders einschätzen wird, als es heute oft geschieht. Man überlege nur, was für -ein Erbe wir angetreten haben und unter welchen trostlosen Verhältnissen wir es übernehmen muß ten. In unserer Lage war und ist Ruhe und Sachlichkeit un erläßlich notwendig, damit ganz im Stillen ein fester Grund und Boden für die nächste Generation entsteht. Nach dieser Einleitung, die ich geben -mutzte, wenn meine späteren Ausführungen richtig verstanden -werden sollen, komme ich zu meiner eigentlichen Aufgabe. Ich werde Ihnen zuerst den Verlauf der Tage in Duhnen schildern, dann auf den angedeuteten toten Punkt zu sprechen kommen. Darüber hinaus will ich Ihnen einen Weg zeigen, der zu einer positiven Weiterbildung unseres Nachwuchses führen kann. Zuletzt komme ich zu -den Sommerakademien zurück und werde Ihnen kurz schildern, welche Rolle sie in Zukunft meines Erachtens spielen werden. Die Somm-erakademi-e des Kreises Norden in Duhnen gab jedem Teilnehmer viel Gutes für sein persönliches Leben und für seinen Beruf. Wie war das möglich? Weil diese «Festtage« auf -dem auf gebaut wurden, was wirklich vorhanden war, d. h. wir hielten uns an Begriffe wie »Landschaft» und »Heimat». Und -die Natur um uns -verlangte einfach diese Einstellung. -Ein jeder — wenn er nicht ganz und gar vom Bücherstaub'bedeckt war — mußte sich mit dem weiten, einsamen Wattenmeer abfinden! Ganz hinten im Westen lag -die Insel »Neuwerk«, der Endpunkt unserer Wan derung. Hinter dem Wattenmeer lag -die »Fahrstraße» der gro ßen »Überseer»! Hierdurch wurde das Bild lebendiger, und wir traten über unsere Heimat hinaus mit der weiten Welt in Ver- 1202 bindung. Nachts leuchteten die »Feuer» -dieser »Straße» über das Wattenmeer zu uns herüber. Hinter uns die fruchtbare Marsch, durch gewaltige Deiche geschützt vor der vernichtenden -Gewalt der Sturmflut. Das war die Landschaft, die uns ausgenommen hatte! Und unsere Unterkunft? Wir waren gut untergebracht in einem Gasthause, das nach niedersächstscher Art gebaut war. Ein« geräumige Diele gab uns den gemeinsamen Wohnraum. Zu beiden Seiten lagen die Schlasräumc. Die Verpflegung war gut. Die Zahl der Teilnehmer bewegte sich durch Zu- und Abgänge immer um 20 -herum. Das war der äußere Rahmen der Sommeraka-demie. Hier hinein brachten nun die -Arbeitsgemeinschasten ein buntes und vielseitiges Leben. Am ersten Tage kam vr. Peßler aus Hannover und sprach mit uns über den »Niedersächsischen Kulturkreis». Er gab uns einen vorbildlichen Querschnitt durch die Kulturgeschichte un serer Heimat, und uns fielen einfach die Schuppen von den Augen, wie wir unsere Heimat in diesem Licht« sahen. Nach der Aussprache verwünschte gewiß jeder die modernen landschaftlichen und politischen Begriffe wie Provinzen, Regierungsbezirke, Kreis« usw.! Jeder dachte an das große »Niedersachsen», das auch heute noch den Kernpunkt für das germanische Wesen in Deutschland bildet. — Die Baukunst.unserer Vorfahren zeigt« uns vr. Peßler am Nachmittag durch die Besichtigung einiger alter Bauern häuser. — Am Abend belegte er seine Ausführungen durch eine große Anzahl guter Lichtbilder. Der zweite Tag verlangte «ine völlige Umstellung, denn vr. Kracke versetzte uns durch seinen Vortrag über die »neueren geistigen Bewegungen im Spiegel der Literatur» in eine ganz andere Welt. Er zeigte uns das Ringen der modernen Geister mit -dem Stoff und der Form. Durch das Vorlesen eines Ab schnittes aus dem »Opsergang» von Unruh erhielt der Tag seinen Höhepunkt. Die sich daran anschließenden Aussprachen über Kultur, Impressionismus, Expressionismus, Rhythmus, Akt usw. verteilten sich über den Nachmittag und bis spät in die Nacht hinein. Es ging das Gerücht, daß die letztd-Arbeitsgemeinschaft sich -wirklich um 3 Uhr nachts entschließen konnte, auseinander zugehen. An diesem Tage ist dem jüngeren Buchhändler sowie dem älteren sehr viel Wertvolles für seinen Beruf geboten worden. Für manchen Teilnehmer begann — wie schon gesagt — der dritte Tag nach recht kurzer Nachtruhe. Aber von Müdigkeit konnte wohl -kaum die Rede sein an einem Tage, wie dieser es -war! »Neuwert»! Das sagte jedem Teilnehmer unserer Akademie alles! Mit vier Wagen durchs Wattenmeer mit tiefen Prielen! Dann das grüne Neuwerk mit dem dicken Turm aus fernen Jahr hunderten. Dann die Deiche, von denen Herr Oellcrich aus Cux haven soviel zu erzählen wußte. Weiter: die kommende Flut mit ihren Weißen Schau-mköpfcn und -den Gewitterwolken am Himmel! Dazu das Geschrei -der vielen, vielen -Seevögel. Und zuletzt die Heimfahrt durch das nächtliche Wattenmeer! Leuchtfeuer an -der Fahrstraße, Meeresleuchten in den Spuren unserer Wagen, und um uns herum eine unendliche Ruhe! Der vierte Tag galt wieder ganz dem -Berus, und Pro fessor vr. Mcnz sprach mit uns über die »Psychologie des Käufers» an Hand -des -Buches von Keyserling »Die neuentstehende Welt«. Auch dieser Tag gab Anregung über Anregung. Es war nur schade, -daß uns Professor vr. Mcnz schon am frühen Nachmittag verlassen mutzte. Die Zeit für seine Arbeitsgemeinschaft war zu kurz bemessen. Um diese Erlebnisse spann sich ein bunter Kranz köstlicher Einzelheiten, wie Wattenwandern, Wanderungen ins Land auf schönen Feldwegen durch herrliche Getreidefelder. Zweimal ging's zum Sonnenuntergang -auf den Galgcnberg, was sich jedesmal lohnte. — Musik, Gesang und Volkstänze kamen voll und ganz zu ihrem Recht. Am vierten Tage nachmittags und abends überlegten -wir dann, was wir verkehrt und richtig gemacht hatten. Da wurde ausnahmslos f-estgestellt, daß -eigentlich alles sehr schön gewesen
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