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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 20.08.1924
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- 1924-08-20
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- 20.08.1924
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wird die Ateinung Bllchers hinfällig, welcher sagt"): »In der Wirtschaft wird die Reklame so lange Bestand haben wie die kapitalistische Ordnung des untcruehmungsweiscn Betriebs-. Ganz ähnlich liegen die Verhältnisse aus geistigem Gebiet. Der Kaufkraft entspricht hier die geistige Aufnahmefähigkeit, welche ebenfalls nicht unbeschränkt ist, deren Grenzen zwischen der rein physischen Leistungsfähigkeit des Gehirns und der Zeit, sich mit geistigen Dingen zu befasse», liegt. Zwar ist die Leistung durch Übung steigerungsfähig, die Beschäftigung mit neuen Ideen kann aber doch nur unter Zurückdrängung älterer erfol gen. Als Beispiel der mannigfachen Verflechtungen von wirt schaftlichen und geistigen Dingen sei nur folgendes genannt: Aus diesen Überlegungen ergibt sich, daß jede Stunde Mehr arbeit auf wirtschaftlichem Gebiet eine Stunde weniger Möglich keit bedeutet, sich mit geistigen Dingen zu beschäftigen. Das be- deutet kein Werturteil, denn die Beschäftigung in der fraglichen Stunde könnte ja im Anschauen eines minderwertigen Kinostllcks bestehen. Jedenfalls kann ein wirtschaftlicher Nutzen automaiisch einen kulturellen Nachteil bedeuten. Nachdem wir festgestellt haben, daß Reklame einen Kamps um den Anteil an der wirtschaftlichen oder geistigen Aufnahme fähigkeit bedeutet, können wir einige weitere Thesen über angeb lichen Nutzen oder Schaden der Reklame auf das richtige Maß zurllckführen, wir können ferner zum erstenmal den praktischen Wert unserer Theorie erproben. Steigert die Reklame die Gesamtproduktion? Nur schein bar, d. h. je nach dem Umfang, welchen man dem Begriff »Ge samt- gibt. Innerhalb einer Wirtschaftsgemeinschaft nicht, son dern nur im Wettbewerb zwischen einzelnen Gemeinschaften. Hirsch-) sagt: »Beherrschung des Absatzes bedeutet noch nicht Be herrschung des Konsums, und gerade die straffsten Trusts zeigen eine Steigerung der Gesamtausgaben für Reklame-. Hier ist die Erklärung dafür. Erst bekämpfen sich die Einzelunternchmun- gen einer Branche, nach erfolgtem Ausgleich beginnt der Kamps mit den anderen Warcngruppen. Der Buchhandel zeigt zurzeit beide Wettbewerbsformen, z. B. die verschiedenen Verleger von Klassikeiausgaben suchen gegeneinander Absatz für gerade ihre Ausgabe zu schassen; durch die Werbcstelle kämpft aber der ganze Buchhandel dafür, daß Klassiker überhaupt gelesen werden. Steigert sich aber nicht die Kaufkraft durch Sinken der Preise infolge gesteigerter und rationeller Produktion? Das ist ein Trugschluß und hat höchstens kurze Zeit für einige Gruppen Gültigkeit. Im ganzen genommen, bleibt das Realeinkommen als Ausdruck des Anteils eines Einzelnen an der Gesamtproduk tion dasselbe. Sinken der Preise muß Sinken des Einkommens in Geld ansgcdrückt nach sich ziehen, vorausgesetzt, daß nicht wieder das Gleichbleiben des geldlichen Einkommens - Steige rung des Realeinkommens — auf Kosten einer fremden Wirtschaft erfolgt, oder daß die Besserstellung durch rationellere Produk tion oder Mehrarbeit erfolgt.' Alles Dinge, deren Nutzen nicht der Reklame gutzubringen ist. Hat denn die Reklame, d. h. die Tätigkeit des »Werdens», überhaupt eine größere Bedeutung für die »Volkswirtschaft«? Da müssen wir erst die Bedeutung des Wortes »Volkswirtschaft- klarstellcn. Es ist ein Unterschied, ob die Reklame von einem Privatkonzern ausgeht oder etwa von der Postverwaltung. Rur im letzteren Fall kann man von wirk licher Volkswirtschaft sprechen, im elfteren Fall bedeutet Volkswirtschaft nur ein politisch zusammcngehaltenes Konglo merat von Privatbetrieben. Nur die Reklameerfolge der echten volkswirtschaftlichen Betriebe, wie der Post, kommen der Volksgemeinschaft zugute. Der privatwirtschastliche Betrieb ver wendet seine Reklameerfolge in erster Linie zu eigenen Zwecken, die nur mittelbar durch die Löhne seiner Arbeiter oder durch vor teilhaften Import ans einer fremden Volkswirtschaft der heimi schen Nutzen bringt. Arbeitet der Privatbetrieb über die politi schen Grenzen hinaus, so bleibt ein Teil des Nutzens im Aus land. Es zeigt sich also, daß die Bedeutung der Reklame in erster Linie privatwirtschastlicher Natur ist. ») Bücher: Entstehung der Volkswirtschaft, s.—6. Auflage. Tü bingen 1SL1. S. S3S. **> Hirsch: Organisation und Form des Handels in Grundr. d. So zialökonomik. Abt. V. Z2S. Die Reklame ruft neue Bedllrsnisse hervor. Auch das ist wirtschaftlich nicht immer ein Vorteil. Denn neue Bedürfnisse können nur aus Kosten der alten befriedigt werden. Nach soviel Negativem könnte man mich für einen Gegner der Reklame halten. Mit Nichten. Ihr Wert ist unbestritten, und zwar als Mittel und Werkzeug im sozialen Prozeß, als eines Mittels zur Auswirkung des Grundtriebs »Wettbewerb». Ein Grundtrieb, den wir zu den wichtigsten zählen müssen, denn durch ihn wird hauptsächlich jeder fortschrittliche Wandel in der Welt herbeigeführt. Verhindern will ich nur, daß der Reklame Werte oder Unwerte zugeschoben werden, welche den Kräften zukom- mcn, die die Reklame in ihren Dienst stellen. Gelegentlich kommen einige Reklameschriststeller aus die richtige Fährte, z. B. Mataja*), wenn er schreibt: »Es würde eine Übertreibung sein, jegliche durch die Re klame etwa bewirkte Belebung des Absatzes bestimmter Unter nehmungen einer solchen Förderung gletchzustellen, weil die Steigerung zugunsten der einen auch mit der offenen oder viel leicht versteckt gelegenen Beeinträchtigung anderer verbunden sein kann, ja verbunden sein muß, wenn nicht Erzeugung und Handel, als Ganzes genommen, eine Erweiterung erfahren». Mataja zieht also Grenzen der Reklamewirkung in ähnlicher Weise, wie sie hier dargelcgt werden. Gleich kommt aber die Ab schwächung; er fährt fort: »Die einzelne Reklame, d. h. die für eine bestimmte Ware gemachte, mag sich ja nur als wirksam für eine Verschiebung des Bedarfs darstellen, das Reklamewesen als Ganzes erhöht und vermannigfacht aber Bedürfnisse und Verbrauch-. Es wird also übersehen, daß das, was für einzelne Waren und Unternehmungen gilt, auch für ganze Wirtschaftsgruppen und völkische Wirtschaftsgemeinschaften Gültigkeit hat. Ferner daß das Reklamewesen nicht das Streben nach Erhöhung und Vermannigfachung der Bedürfnisse und des Verbrauches in sich trägt, sondern das Wirtschaftssystem, welches sich dieses Re klamewesen, das Malaja im Auge hat, als praktisches Mittel und Werkzeug geschaffen hat. Dieses von Mataja verneinte »Ne- klamewesen- ist aber nicht die Reklame als soziale Erscheinung, sondern nur ein historisches Gebilde, abhängig und wandelbar mit dem Aufbau des Systems, von dem cs abhängt. Ähnlich? Beispiele ans der Reklamcliteratnr lassen sich noch viele bci- brtngen-j. Auch die Freude über die volkserzieherische Wirkung der Reklame, welche als Beweis das Beispiel der amerikanischen Sparkasse anführt, die durch Reklame ihre Einlagen wesentlich erhöhte, wird stark hcrabgemindert, wenn man bedenkt, daß die eingelegten Gelder dem Konsum entzogen wurden, also irgendwo Absatzschwierigkeiten hervorriefcn, welche ihrerseits neue Re- klameanstrengungen mit neuen Unkosten auslösten. Auf geistigem Gebiete liegen die Verhältnisse genau so. Hier entspricht der Kaufkraft die physische Aufnahmefähigkeit des Gehirns, sowie die verfügbare Zeit des Einzelnen, sich mit neuen Neen zu befassen. Sie ist im allgemeinen, wie die wirt schaftliche Kaufkraft, konstant und kann nur in langen Zwischen räumen, ähnlich wie dort durch rationellere Produktion oder Mehrarbeit, durch Übung oder Zeitgewinn gesteigert werden. Run erklärt sich, warum geistige Bewegungen anscheinend urplötzlich zum Durchbruch kommen. Man spricht dann oft von der Interesselosigkeit eines Volkes, von der geistigen Unreife. Meist handelt es sich gar nicht um Reife oder Unreife, sondern um die einfache Tatsache, daß geistige Strömungen jahrelang ein Volk oder eine kleinere Gruppe so intensiv beschäftigen, daß zu anderem gar keine Zeit ist. Auf den Zusammenhang von Wirt schaft und Geistesleben in diesem Punkt wurde schon oben hin gewiesen. Jede Stunde Mehrarbeit nimmt die Möglichkeit, sich mit geistigen Dingen zu beschäftigen. Intensive Wirtschafts tätigkeit wird jede volksbildnerische Tätigkeit von vornherein stark beschränken. Daß trotzdem ein intensiv wirtschaftlich arbei tendes Land einen Hochstand in Kunst und Wissenschaft erreichen «) Malaja, Die Reklame. 8. Ausl. München isso. S. 87. —°> Z, B. Lauterer, Lehrbuch der Reklame. Wien ISA. S. A
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