Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 20.08.1924
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1924-08-20
- Erscheinungsdatum
- 20.08.1924
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19240820
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-192408202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19240820
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1924
- Monat1924-08
- Tag1924-08-20
- Monat1924-08
- Jahr1924
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
10766B1ricnblall f. d. Dtschn. Buchhandel. Redaktioneller Teil. X- l9S, 20. August 1924. den Absatz werben. Jeder der drei Ausdrücke Hai seine Berech tigung, keiner ist ohne weiteres auswechselbar, mit jedem be kommt die Werbetätigkeit ein anderes Gesicht"-. Dies ist im folgenden zu beachten, wenn von Werbung die Rede ist. Stets meinen wir den gesamten Umfang der Tätig keit. Wo sich eine Einschränkung ergibt, wird es besonders zu bemerken sein. Man hat nun versucht, auf die verschiedenste Weise an die Erscheinungsform der Werbung heranzukommen. Man hat sie moralisch und ethisch, Volks- und privatwirtschastlich, ästhetisch und soziologisch gewürdigt. Überall standen sich die Meinungen hart gegenüber, ohne daß man über eine lose Anerkennung des gegnerischen Standpunkts hinaus zu einer wirklichen Erfassung und Einordnung gelangt wäre. Meines Erachtens ist dieses negative Ergebnis nicht erstaunlich, denn man wandte eine falsche Methode an. Abgesehen von einigen richtigen Ansätzen, welche dann aber nicht über den wegweisenden Anfangsgedanken hin« ausschriiten""). Man ging induktiv vor, stellte in zeitlich enger Beschränkung die Erscheinungen und Auswirkungen bestenfalls der Werbung, meist nur einiger Werbemittel, fest und versuchte dann, sie in den ganzen sozialen Prozeß einzuordnen. Man be ging meist den Fehler, sie als absolut selbständig wirkendes Ge bilde vorauszusetzen; man untersucht« aber nicht, ob vielleicht die Werbung nur eine sekundäre Erscheinungsform sei, die viel leicht gar nicht unabhängig von dem sozialen Hauptprinzip be urteilt werden durfte. So konnten ganz verschiedene Meinungen aufgestellt werden, die in ihrer am weitesten über das Ziel schießenden Polarität wie folgt formuliert wurden: »Befriedige den Menschen all ihre Bedürfnisse, und derjenige wird ein Mes sias sein, der ein neues Bedürfnis schafft-"^) und »In Wirklich keit ist die Reklame nicht nur aufdringlich durch ihre Erscheinung und unablässige Wiederholung, sie ist zumeist auch so beschaffen, daß sie wenigstens ästhetischen, wenn nicht auch ethischen Ab scheu erregt. Die Reklame ist für die subjektiven Zwecke der Per sonen, die sich ihrer bedienen, ein höchst geeignetes Mittel. Dem objektiven Zweck, daß Menschen auf möglichst gute, möglichst öko nomische Art ihre Bedürfnisse befriedigen, dient sie nur in ge ringem Maß oder wirkt ihm sogar entgegen-^). Die ruhige, etwas resignierte Mitte bildet: »Können wir den Handel nicht entbehren, so müssen wir auch die Mittel als nötig und berechtigt anerkennen-ff). Stellen wir nun kurz zusammen, was sich bisher als die hauptsächlichsten Ansichten dafür und dagegen herauskristallistect hat. *) Vgl. dazu die Definition von Schultze-Pfälzer <in Propaganda, Agitation, Reklame. Berlin 1928. S. 79): Die Propaganda ist eine friedliche Durchdringung der Mcinungswelt mit positiven Werdeinhal ten, die eine Verstandes- oder gefühlsmäßige Anerkennung erheischen und sich aus ausschließlich öffentliche Angelegenheiten bezieht (Anmer kung: bzw. den Anschein der öffentlichen Angelegenheiten erregen will). Die Agitation dient der kämpferischen Zerreißung der Meinungs- ivelt mit dem Zwecke, durch die Verneinung des fremden Werdeinhalts dem eigenen zum Siege zu verhelfen, wobei die elementaren mensch lichen Instinkte das öffentliche Leben in eine leidenschaftlich verfolgte Willensbahn zwingen sollen. Die Reklame ist öffentliche Werbung tm privaten Interesse des Werbers, die mit suggestiv wirkenden Mitteln eine öffentliche Meinung erzeugen will und dieses Ziel dadurch erreicht, daß ein behaupteter Wertansprnch plötzlich in eine private Aktion aufgelöst wird. **) Es kann nicht Zweck dieser Abhandlung sein, sämtliche ausge sprochenen Meinungen lückenlos zu zitteren, gegeneinander abzuwägcn und bogmengeschichtlich zu begründen. Ich beschränke mich absichtlich aus das Zitat einiger besonders wichtiger Meinungen, wohl wissend, baß einig! der hier für richtig gehaltenen Thesen in anderem Zu sammenhang von anderen gesagt worden sind, ohne baß sie allerdings folgerichtig auf das Problem der »Werbung- angewandt wurden. *"* **) > Earl Kiisath: Reklame, Volkswirtschaft und Ästhetik. Plutns IVM, Nr. 19. t) Ferd. Tönnics: Zweck »nd Mittel im sozialen Leben, tn Haupt probleme der Soziologie. Bd. I, S. 262. München 1928. ff) v. d. Borght: Handel und Handelspolitik. 2. Ausl. Leipzig 1907. S. 19«. Zugunsten der Reklame wird angeführt: Privatwirtschaftlich: 1. Sie dient der Vermehrung des Reinertrags. 2. Sie vergrößert den Geschäftsumsatz. 3. Sie beschleunigt den Absatz, vermindert damit Zinsver- lust, erspart Lagerspesen, wirkt einer Qualttäts- oder Wertverminderung bei Saisonwaren entgegen (Mode- artikel, Lebensmittel). 4. Sie ermöglicht Ausdehnung des Betriebs und gestattet dadurch rationellere Betriebsweisen. Volkswirtschaftlich: 5. Sie beeinflußt den Verbrauch günstig, indem sie anregt, was eine Ausdehnung der Produktion möglich macht; sie macht manche Artikel erst bekannt, die sonst unbeachtet ge blieben wären. 6. Sie steigert die Gesamtproduktion. 7. Sie wirkt qualitätsverbessernd, da man sür eine schlechte Sache auf die Dauer keine Reklame machen kann. 8. Sie ruft neue Bedürfnisse hervor. 9. Sie befürwortet den Fortschritt, indem sie mit Veraltetem aufräumt und mit Neuem und Besserem Bahn bricht. 10. Sie wirkt preisregelnd und marktbildend. 11. Sie fördert den Export. 12. Sie verfeinert den Geschmack der Käufer. 13. Sie begünstigt die Öffentlichkeit der Geschäftsführung und bekämpft, namentlich durch den Markenartikel, das Ge heimnis der Herkunft einer Ware. 14. Sie verbreitet Aufklärung über alle wirtschaftlichen Be ziehungen. 15. Sie vermittelt Kenntnis von Erzeugungsstätten, Preisen. Waren, Neuheiten und bringt Verkäufer und Käufer leich ter zusammen. 16. Sie stellt eine Menge von Berufen in ihren Dienst. Zu Ungunsten der Reklame wird angeführt: 1. Oftmals ungenaue Berichterstattung, denn sie verbreitet objektive Kenntnisse nur, soweit sie dem subjektiven Zweck dienlich erscheinen. 2. Sie veranlaßt Verschwendung z. B. durch Modenwechsel, obwohl die gebrauchten Gegenstände noch weiterhin der- wendbar wären. 3. Sie kann auch schädliche Dinge verbreiten helfen. 4. Reklame verteuert die Produktion, denn die Kosten müßten in irgendeiner Form wieder in Erscheinung treten. Was ist nun über all diese entgegengesetzten, teilweise ziem lich unklaren und ungenauen Anschauungen zu sagen? Alle Widersprüche lassen sich auf einen methodischen Grund fehler bzw. auf die vollständig unmethodische Betrachtungs weise zurückführen: Man vergißt, daß Reklame in jedem Fall nur ein nach außen hin in Erscheinung tretendes Mittel einer Hand lung ist. Jede derartige Handlung besitzt eine modale und eine finale Seite. Die modale ist stets wertfrei, die finale dagegen der ethischen Beurteilung unterworfen. Dieses übersehen der Unterschiede, die zwischen den beiden Seiten bestehen, bringt es mit sich, daß man die modale Seite — die Reklame — verant wortlich macht für den ethischen Wert, für wirtschaftlichen Nutzen oder Schaden die finale Seite. An Beispielen gezeigt: Final ist der Mord und also nach den Gesetzen der Ethik schädlich; wertfrei ist das dazu benutzte Gewehr, denn das gleiche Werkzeug kann auch der Jagd dienen, welche ebenfalls wie der Mord eine finale Handlung, aber im Gegensatz zur ersten als nützlich erschein«. Ob Buchreklame gut oder schlecht ist, kommt nicht in Frage, son- dern nur, ob sie zum Vertrieb eines guten oder schlechten Buches verwandt wird. Damit soll natürlich nicht gesagt sein, daß ein Diebstahl moralisch gerechtfertigt ist, wenn er im Dienste der Re klame geschieht. Wir werden später sehen, daß echte Reklame eine rationelle Handlung darstellen muß. Ein Reklameerfolg durch Eigentumsschädigung eines anderen kann aber niemals als rationell bezeichnet werden. Beim Handel überhaupt dient Reklame nur dazu, Mängel eines Verteilungssystems zu mildern oder Vorteile zu steigern. Es ist deshalb nahezu unverständlich, wie ein Soziologe von der Bedeutung Tönnies' noch neuer-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder