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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 15.08.1924
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- 1924-08-15
- Erscheinungsdatum
- 15.08.1924
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- Deutsch
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I0V80BS-I-»«« I. d. Dtlch». B«chh-»d-l. Redaktioneller Teil. X» 191, 15. August 1924. ler völkisch selbstbewußter Politik hinzustellen. — Eine andere fast ebenso ausführliche Besprechung rühmte mich als bekannten Jndologen, was ich gar nicht bin. Der Herr kennt mich überhaupt nicht, aber er gibt sich wissenschaftliches, fachkennerisches Ansehen, und der Leser glaubt es ihm. Wie spaßhaft ist es, zu beobachten, wie der »Nimbus«, den solch eine wissenschaftlich tuende ausführ liche Besprechung dem Schriftsteller manchesmal verleiht, zer fließt, wenn man daraufhin angesprochen wird — und alles ob- - weisen muß. Man kommt sogar noch in den Ruf »übergroßer« Bescheidenheit.... Und nun das Gegenbild dazu: Man weiß doch Wohl, daß der Zwicbelfisch, Rauchs Vorhof, Der Bücherwurm u. ä. ihre große Verbreitung bei Buchhändlern und Bllcherkäufern der Tatsache verdanken, daß hier Charaktere ihr Werturteil abgeben, sodatz der Unterrichtung und Wegweisung Suchende einigermaßen sicheren Grund hat, auf den er bauen kann. Ein Buch, das dort empfohlen wird, ist keinesfalls schlecht, es hat mindestens litera rische oder künstlerische Werte. In den ersten besten Jahren, als der literarische Ratgeber des »Kunstwart « noch auf der Höhe und nicht so zufällig zusammengewürfelt war, diente er in ähnlicher Weise. , Aber mögen noch so viele wertende Bücherzeitfchriften und Werbchefte herauskommen, sie erfüllen noch lange nicht die Auf gabe, die uns mit dem Heraufkommen einer neuen Schicht von Bücherkäufern in noch größerem Ausmaße gestellt wird als früher. Bestanden und manche beschäftigt hat diese Aufgabe immer schon, aber wo sie gesehen wurde, ist sie doch noch nicht ge löst worden. Und meistens wurde sie eben nicht einmal gesehen. Das beweist ja die Verfahrenheit unseres Nezensionswesens, die übrigens keine neue Erscheinung ist, kein Zeichen etwa unseres »Unlcrganges des Abendlandes«. Man lese bei Fichte und seinen Zeitgenossen die nicht endenden Klagen über das Rezensicrungs- unwcsen nach und man wird finden, daß sich in über 150 Jahren nichts wesentlich geändert hat. Der Deutsche Pressedienst, Rudolstadt, hat nun zwar, wie aus wiederholten Einsendungen im Börsenblatt zu ersehen war, einen Weg zu führen gesucht, um die Verschwendung von Be sprich u n g s st ü ck e n durch den Verlag einzudämmen und einigermaßen Sicherheit zu geben, daß verschickte Bücher auch wirklich beachtet und besprochen werden. Aber die Lösung der Not ist das auch noch nicht. Wie sieht nun so eine Besprechung aus? Entweder ist sie fachwissenschaftltch, und diese Besprechungen lesen eben wieder nur Fachwisscnschaftler oder wissenschaftlich angeregte Laien, die sich über das betreffende Gebiet unterrichten wollen. In diesen Besprechungen wird das Werk daraufhin geprüft, ob es dem Höhenstand der Wissenschaft entspricht, das Gebiet vielleicht er weitert, Neues, Wertvolles bringt, auch ob in einer Form, die höheren wissenschaftlichen Ansprüchen genügen kann. Der Kri tiker sagt vielleicht noch, worin er anderer Meinung ist, wo er Ergänzungen für nötig hält, Verbesserungen vorschlägt u. dgl. Aber mit dem allen ist keine Hilfe zum fruchtbaren Lesen gegeben für Nichlfachlcute. Und diese Aufgabe muß eben jetzt gelöst werden, da aus der Jugend- und Arbeiterbewegung immerhin neue Leserkreise erschlossen werden. ' Die üblichen Zei tungsbesprechungen allgemeiner Schriftwerke kommen, wie ge sagt, fast nie an diese sachliche Gründlichkeit der wissenschaft lichen heran. Sie sind, wie der ernsthafte Verleger, der sich nichts Vormacht und nicht schon über die Tatsache jubelt, daß sein Buch überhaupt erwähnt wurde, längst weiß, fast durchweg wertlos: für den Leser, der nichts daraus ersieht, für den Verleger, der keine Steigerung seines Absatzes dadurch bemerkt, und für den Buchhändler, der nun doch nicht weiß, ob er das Buch empfehlensollundwem. Was ich für wünschenswert halte, ist überhaupt kein geschäft liches, sondern ein Volksbildungsunternehmen im weitesten Sinne. Aber es ist ungeheuer schwer, so einfach hinzusagcn und zu schreiben, wie es fein sollte. Unsere deutsche Sprache ist nun einmal so geartet, daß man in ihr nur das klar sagen kann, was in sich schon klar ist. Die Aufgabe, von der ich rede, ist aber erst geahnt und noch nicht gelöst. Wenn sie gelöst ist. wird man es ganz einfach »erklären « können. Ich habe wohl selbst Versuche in dieser Richtung gemacht und betrachte es als einen Teil meiner Lebensaufgabe, diese Versuche immer weiter zu treiben und immer vollkommener auszugestallen. Aber ich möchte auch andere hiermit aufrufen, diesen Versuch auch von sich aus zu machen. Ein solches sachliches Zusammenarbeiten von verschiedenen Aus gangspunkten aus wird sicher dienlich sein: der Bildung unseres Volkes zu fruchtbarem Lesen, der Steigerung des Bücherabsatzcs durch Gewinnung und Erziehung neuer Käuferkrcisc, die Hilfe zum Buch nötig haben wie der Abc-Schütze einen Schreibe- und Leselehrer. Ich will es einmal handgreiflich grob auszudrücken suchm: Wir Kritiker, oder wie wir uns sonst nennen, müssen eine Stellung zu dem betreffenden Buche haben, die nicht »kritisch- ist in dem Sinne, daß wir nur seine Schwächen sehen, sondern daß wir das Wertvolle und Aufbauende, das für den seelischen und geistigen Säfteumlauf unseres Volkes Dienliche heraüsfinden. Unsere Besprechung des Buches muß nun versuchen, den Leser auf diesen Blickpunkt einzustellen, sodatz er das Buch von da aus sieht und liest. Wenn er so die »Witterung- für das Echte, Wertvolle, Le- bendige hat, wird er viel leichter jenes fruchtbare schöpferische Lesen, von dem im ersten Aufsatz <Nr. 189) die Rede war, finden. Im Anschluß an dieses Geben eines fruchtbaren Blickpunktes und einer bejahenden Einstellung zum Wertvollen wären dann erst Hinweise auf die Schwächen zu geben, die vom Leser nicht übersehen werden sollen, die aber nicht nur als Wunden und Fehler gebrandmarkt, sondern möglichst auch wieder ins Aufbauendc, Weiterführende umzuschalten und auszuwerten sind. Wir wollen also für die breite Masse der Leser nicht unsere sachwissenschaftlichen Sonderkennlnisse und unser Besser- wissen gegenüber dem Verfasser vorexerzieren, wir wollen nicht dem Verfasser gute Ratschläge erteilen, nicht unsere Weltanschauung der seinen als überlegen beweisen, nicht mit kaltschnäuziger Wollust in seinem Versagen herumwühlen und dergleichen. Aufbauende Kritik, wcitersührende Besprechung, Blickpunkte geben, diese Aufgabe ist für breite Massen ungeheuer wichtig, vielleicht die brennendste in der Beratung der Leser, aber auch ungeheuer schwer. Es wird eine sorgfältige Selbsterziehung der Besprechenden selber und eine vorsichtige kluge Auswahl unter ihnen durch die Schriftleiter nötig sein, bis wir allmäh < l i ch dieses Ziel erreichen und diese Aufgabe lösen. Auf einem Sondergebiet des Lebens mit Büchern ist diese Frage längst ge sehen und in Angriff genommen worden: in der Beratung der Leser in der Volksbücherei. Ich weiß, wie dort gearbeitet wird, um sie immer besser zu lösen. Ich habe seit Jahren selbst ver sucht, in den mir von anderen übertragenen Besprechungen diese Wege zu gehen oder noch planmäßiger in meiner eigenen Zeit schrift »Der innere Kreis- so zu arbeiten. Wenn man freilich solche Hefte ganz aus eigener Arbeit heraus schaffen kann, gibt das natürlich am ehesten die Möglichkeit einer allmählichen Ver wirklichung des Geahnten und als notwendig Erkannten. Ver suche in dieser Richtung sind teilweise größere Aufsätze, die eine Auseinandersetzung bedeuten, — so im kommenden Hefte etwa mit Dinters »Bearbeitung« der Evangelien, mit Wilhelm von Scholzens Einstellung zum Dichterischen, mit Büchern über Do stojewski, über den künstlerischen Tanz, über Maeterlincks Okkul- tismus-Buch, Emmels ekstatisches Theater u. a. Oder in kleineren Beiträgen, wie: Eine unbekannte Schrift Fichtes, GoethesGedichte in Urausgaben, Humboldts Natur- und Kulturschilderungcn, Schrempfs Nietzsche, Lipperts Von Seele zu Seele, Die Finken steiner Singwoche. Bilderbändc wie »Winterschönheit-, Alle Gassen — Stille Winkel, Altdeutsche Holzschnitte. Eingehender ist der Versuch »Tagorerummel, der Sadhu und Mahatma Gandhi«, Oder eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit der Nack'kultur und Aktphotographie vom Standpunkte der Kunst, d. h. der Seele aus. Auch zu Künstlern kann man hinführen, nicht indem man sie »kritisiert« oder »erklärt« (wenn man eine Kunst »erklären« könnte, würde ja der Künstler selber eine Erklärung seiner Schau von Welt und Leben geben, aber nicht ein Kunstwerk, das eben die einzige Ausdrucksmöglichkeit für sein Geschautes ist), sondern indem man dem Leser des Aufsatzes einen Blickpunkt gibt, eine Ansatzstelle, von der aus er nach menschlichem Ermessen an den
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