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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 06.06.1924
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- 1924-06-06
- Erscheinungsdatum
- 06.06.1924
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132, 6. Juni 1924. Redaktioneller Teil. — Sprechsaal. «örl-ndl»tt I. d. Dtlchn. «uchh»nd-l. 8043 PersiüillliiiiüirMeli. Goldenes BerussjubNäum. — Am 1. Juni konnte Herr Mathias W c st o r s in Cöl» a. Rh. auf ein« 59jährige Tätigkeit !m deutschen Vcrlagsbuchhandel zurlickblicken. Am 1. Juni 1874 trat er in die Verlagsbuchhandlung non Eduard Heinrich Mayer in Cöln ein und ging nach Übersiedlung dieser Firma nach Leipzig in die Verlagsbuch handlung I. P. Bachem über, in der der Herr Jubilar noch heute als Buchhalter emsig tätig ist. Gestorben: am 18. Mai im 58. Lebensjahre plötzlich am Herzschlag bei seinem Bruder aus dem Weihen Hirsch b. Dresden, wohin er sich besuchs weise begeben hatte, Herr Carl Beyer, der Besitzer von H. Wehdcmanns Buchhandlung in Parchl,n und Verleger der Norddeutschen Post. Er hatte, nachdem er ln Mirzburg studiert und alsdann eine Zeitlang als Gehilse, u. a. in Prag, konditioniert hatte, am 1. Juli 1898 bas Wehdcmannsche Geschäft von seinem Onlcl libernommen und es mit Umsicht und Erfolg fortgcftihrt. Den Weltkrieg machte er als Hauptmanu d. L. mit und erwarb sich das Eiserne Kreuz 1. Klasse und andere Kriegsauszeichnungen. Der Verstorbene war eine lautere, vornehme Persönlichkeit, deren früher Tod von allen, die ihn kannten, schmerzlich bedauert wird,' ferner: am 2. Juni »ach kurzer schwerer Krankheit im Alter von 83 Jahren Herr Wilhelm Witzel in R cmschcid, der die dortige Firma seines Namens 189V gegründet und i» 34jäh- riger treuer Arbeit ausgebaut hat. SvretzsM. Ein Kantjubiläums-Erlebnis. In der »Welt amMontag« vom 49. Mai 1924 war folgende Schilderung zu lesen: Die mannigfachen, Hinweise auf das Kantjubiläum, die schou lange vor seinem eigentlichen Termin durch alle Blätter gingen, hatten in mir den Entschluß geweckt, mich aus eigener Lektüre von der Bedeutung des großen Philosophen zu überzeugen. Ta fast alle seine Werke in der billigen Neclam-Ausgabe erschienen sind, brauchte ich dabei ja keine großen Unkosten zu befürchten, um so weniger, als ich mich zunächst auf die »Kritik der praktischen Vernunft« und die kleine Schrift »Zum ewigen Frieden«, die mich besonders interessierten, beschränken wollte. Ter Buchhändler, dessen Laden ich zwecks Anschaffung dieser bei den Werke betrat, bedauerte, meinen Wunsch nicht erfüllen zu können, da die Werke Kants erst in der folgenden Woche bei ihm eintreffen würden. (Das war die Woche nach dem Kantjubiläum.) Ich suchte also eine zweite Buchhandlung auf und fragte den Verkäufer: »Haben Sie etwas von Kant?« Ter junge Mann glaubte zuerst, ich meinte den Afrikaforschcr Kandt. Als ich ihm jedoch bedeutete, ich wünschte etwas von Immanuel Kant zu haben, dem großen Königsberger Philosophen, dessen zweihundertster Geburtstag in den nächsten Tagen luworstehe, er widerte er mir achselzuckend: »Die Sachen haben wir nicht vorrätig. Cs besteht auch gar keine Nachfrage nach solchen Sachen«. Ein Blick auf die Auslagen des sehr geräumigen Ladens belehrte mich darüber, wonach in Wirklichkeit eine Nachfrage besteht. Ta lag der Roman »Und wenn die Welt voll Teufel wär« von Rudolf Stratz in einer Anzahl von Exemplaren, daneben Operet-tentextbüchcr, Zeitschriften, wie der »Kladderadatsch« und die »Elegante Welt«, Licbesbriesstellcr und Bü cher mit Titeln wie »Mädchen, die man nicht heiraten darf« und »Der richtige Lebensgenießer«, der Roman »Der König« von Karl Nosner und — nicht zu vergessen — das Buch »Die Sünde wider das Blut« von Artur Dinter. In einem dritten Laden schien mir das Glück hold zu sein. Hier konnten wirklich die verschiedensten literarischen Bedürfnisse gedeckt werden. Da lag Bicrbaums »Irrgarten der Liebe« neben einem Buche über Geflügelzucht, der Roman »Ulrike Woytich« von Jakob Wasser mann neben einigen Bänden von Conrad Ferdinand Meyer, ein Band Balladen von Börries von Münchhausen neben einem Buche über Tut- Enk-Amen und den Kricgserinnerungen irgendeiner führenden Per sönlichkeit aus dem verflossenen Weltkriege. Auch von Kant waren drei vom langen Lagern arg vergilbte Exemplare der Schriften »Träume eines Geistersehers«, »Der Streit der Fakultäten« und »Von der Macht des Gemüts* zu haben. In einem vierten Laden fand ich schließlich die Neclam-Ansgabe der Schrift »Zum ewigen Frieden«. Auf die »Kritik der praktischen Vernunft« mußte ich endgültig verzichten, da ich weder Zeit noch Nei gung zu weiteren Nachforschungen hatte. So geschehen in Berlin, der Hauptstadt und dem Kulturzentrum des Deutschen Reiches. Ob's mir in einer anderen Stadt wohl bessc*. ergangen wäre? Jedenfalls zerbreche ich mir seit den spaltenlangen Gedenkartikeln zum Kantjubiläum den Kopf darüber, auf welche Tatsachen sich die Behauptung, Kant sei unveräußerlicher geistiger Besitz des ganzen deut schen Volkes, gründet. Eulenspicgel. * Der Schriftleitung der »Welt am Montag« wurde daraufhin nach stehende Erwiderung mit der Bitte um Ausnahme gesandt: An die Schriftleitung der Welt am Montag Zrerlin SW. 68, Nitter-Str. 75. Sie bringen in der Beilage zu Nr. 20 Ihres Blattes (19. Mai 1924) ein angebliches »Kantjubiläums-Erlebnis« eines Ihrer Leser. Darnach hatte die eine Berliner Buchhandlung in der Kantwoche nichts von Kant auf Lager, in der zweiten kannte man Kant überhaupt nicht, in der dritten waren ein paar vergilbte Stücke kleiner Schriften Kants vorhanden, in der vierten fand der WifsenSdurstige endlich wenigstens die Ncclamausgabe von »Zum ewigen Frieden«. Solange der sich be zeichnenderweise »Eulenfpiegel« nennende Leser nicht die Namen der Buchhandlungen nennt, in denen er diese seltsamen Erfahrungen ge macht hat, ist ohne weiteres anzunehmen, daß er überhaupt nicht in einer Buchhandlung war, sondern unglücklicherweise viermal in Buch bindereien oder Papierhandlungen geraten ist, von denen ja viele nebenbei auch Bücher führen. Tafiir spricht auch die Art der Auslage vou Büchern, wie er sie beobachtet haben will, uud die angebliche Aus drucksweise der Verkäufer. Kein wirklicher Buchhändler bezeichnet seine Ware, die edelste, die es gibt, als »Sachen«. Hätte der Ein sender wirkliche Buchhändler besucht, so hätte er gesehen, daß viele, auch kleinere Firmen ausschließlich Kant gewidmete Auslagen veran staltet hatten, zum mindesten aber einige Bücher von Kant oder über Kant im Schaufenster jeder Buchhandlung auslagen. Daß ein wirk licher Buchhändler, und sei es auch nur ein Lehrling, noch nichts von Kant gehört hätte, noch dazu in den vergangenen Wochen, ist ausge schlossen, nicht nur in Berlin, das wieder einmal fälschlich und über flüssigerweise als »Kulturzentrum des Deutschen Reiches« bezeichnet wird, sondern selbst in der kleinsten Stadt. Also heraus mit den Namen oder dem Eingeständnis, daß das gebildetste deutsche Gewerbe leichtfertig anzupraugern versucht worden ist! Sehr bedauerlich ist, daß dem wisfcnsdurstigen Einsender, der allerdings erst durch die Hinweise anläßlich des 200. Geburtstages auf Kant aufmerksam wurde und erst jetzt das Bedürfnis fühlte, sich »von der Bedeutung des großen Philosophen zu überzeugen« (hatte er viel leicht bis dahin gleich dem erwähnten »Buchhändler« auch noch nichts von Kant gehört?), »Zeit und Neigung fehlten«, sich die Kritik der praktischenVcrnunft doch noch zu verschaffen. Da er wußte, daß »fast alle Werke Kants in der Reclam-Ausgabc zu haben sind«, so wäre es ihm durch Hinweis aus diese Tatsache doch vielleicht gelungen, selbst in einer der von ihm gekennzeichneten Buchhandlungen das Werk zu erlangen: denn die Neclamsche Universal-Bibliothck haben auch viele Buch binder und Papierhäudler am Lager. Vielleicht hätte er dann gefun den, daß das Werk selbst noch sehr viel mehr Schwierigkeiten bietet als seine Erlangung. So muß nun Kant leider auf das Urteil dieses »Eulenspiegels« über sein Bedeutung verzichten. Sie haben wohl die Güte, diese Zeilen in Ihrem Blatte zu ver- öffentlichen, wofür im voraus bestens dankt Berlin, den 19. Mai 1924. Gleditsch-Str. 29. Emil Felder, Vcrlags-buchhändler. Die »Welt am Montag« hat diese Erwiderung nicht gebracht, eine Erfahrung, die der Buchhandel gerade bei Berliner Blättern nicht zum erstenmal macht. Deshalb darf wohl einmal die Frage aufge worfen werden: Ist der Buchhandel für gewisse Berliner Schrift steller und Redaktioneu vogelfrei? Kommt es diesen auf »Geist- reichigkeit« um jeden Preis mehr an als auf Wahrheitsliebe und jene Vornehmheit, die doch immer den Stolz des Journalisten ansmachte? llnd wieweit kann der dem Zeitnngsgewerbe doch immerhin nahe genug verwandte Bnchhaudel überhaupt noch auf Wahrnehmung seiner berechtigten Interessen in der Presse rechnen? Red. d. Bbl. 1045*
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