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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 17.01.1928
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- 1928-01-17
- Erscheinungsdatum
- 17.01.1928
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Nr. 14 (R. 7). Leipzig, Dienstag den 17. Januar 1928. 95. Jahrgang. ÄÄaktwmüerTA Die Krisis in der Weltanschauung der Gegenwart.*) Bortrag, gehalten aus der Herbstocrsammlung des Verbandes der Kreis- und Ortsvereine im deutschen Buchhandel in Potsdam. Bon Pros. vr. Timerding, Braunschweig. Meine hochverehrten Damen und Herren! Wenn ich nun mit meinem Vortrag beginne, so möchte ich zunächst Herrn vr. Bestehorn herzlich dafür danken, daß er mir den Anfang bedeutend erleichtert hat. Denn was ich hier zu sagen habe, klingt beinahe wie eine weitere Ausführung dessen, was Herr vr. Bestehorn bereits angedeutet hat*"). Wenn wir unsere Jugend sich ganz diesen sportlichen Aufgaben hingeben sehen, so werden wir naturgemäß nach den Gründen suchen. Wir werden andererseits auch fragen: Ist eine solche einseitige Ein stellung vielleicht nicht doch gefährlich? Ich glaube, daß alle solche Bewegungen in sich notwendig sind und daß sie nur der Aussluß sind einer Stimmung, die in der ganzen Zeit herrscht. Und diese Stimmung ist zweifellos eine Krisenstimmung. Krisis aber nicht in dem Sinne, daß nun ein großer Kladderadatsch kommen soll, sondern Krisis einfach in dem Sinne, daß wir an einem Wendepunkt stehen. Das müssen wir uns klar machen. Es haben, weiß Gott, die Zeitereignisse genug getan, um es uns cinzuhämmcrn. All das, was wir erlebt haben, ist ein Bestand teil einer Entwicklung, die sich mit Notwendigkeit vollzieht, krampfartig zum Teil, zum Teil so, daß wir verzagt und ver zweifelt dastehen, zum Teil aber auch doch so, daß wir hinter all dem eine neue Sonne über uns aufgehen zu sehen glauben. Wir Hochschullehrer haben ja alles getan, um die Bewegung der Jugend nach den Leibesübungen hin zu fördern. Wir haben gerade diese Seite für außerordentlich wertvoll gehalten. Und *> Wir sreuen uns, nunmehr wenigstens diesen Teil der Ver handlungen der letztjährigen Herbstversammlung des Verbandes der Kreis- und Ortsoereine ans Grund der stenographischen Auszeich nungen veröffentlichen zu können, nachdem anderes sriiher schon be richtet worden war, zum Teil ohne direkte Bezugnahme auf die Pots damer Verhandlungen. Der Vortrag von Herrn vr. Ttmerding hat seinerzeit in Potsdam lebhaftesten Beifall gefunden. Sein Abdruck hier bringt ihn nicht nur den Teilnehmern von damals wieder in Erinnerung, sondern setzt auch der Potsdamer Versammlung noch ein Erinncrungsmal. Dasiir sei dem VcrbandSvorstand namens des Gc- samtbuchhandels gedankt. Tie Schrtstl. **1 Herr Magistratsrat vr. Bestehorn hatte als Vertreter der Stadt Potsdam der Versammlung folgende Bcgrllßungsworte ge widmet: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Namen des Magistrates der Residenzstadt Potsdam und im Aufträge des zu seinem Bedauern dienstlich verhinderten Herrn Oberbürgermeisters habe ich die Ehre, Sie in den Mauern unserer Stadl herzlich will kommen zu heißen. Es ist mir eine ganz besondere Freude, hier die Tagung der Geistigen unseres deutschen Volkes begrüßen zu dürfen. Sie sind die Mittler des geistigen Gutes der Edelsten unserer Nation und der der übrigen Völker. Meine Damen und Herren! Wenn wir heute in unser deutsches Volk schauen, so können wir das Stück Zeit, in dem wir leben, wohl nicht belegen mit dem Namen des Zeit alters der Geistigen. Wenn wir ein Wort suchen, um die Strömung des Geistes des deutschen Volkes kurz umreisten zu können, so müssen wir zu einem Ausdruck greifen, der sich vielleicht bewegt in den merkwürdigerweise sind wir mehr enttäuscht worden, als daß wir in dem, was jetzt vorliegt, einen sehr großen Erfolg sehen könnten. Es hat leider mit dem Sport sich vielfach vcrknüpst das Heranziehen der großen Sportskanonen und das, was ich den theoretischen Sport nenne, nämlich nicht selbst Sport zu treiben, sondern nur für Sport sich zu begeistern. Das war es gerade, was wir nicht wollten. Wir wollten, daß die Jugend selbst ihren Körper stählt. Nehmen wir an, sie tut es wirklich, und die Tatsachen belegen es auch zur Genüge, dann sehen wir hier etwas sich vollziehen, was schon längst angebahnt war. Es ist eine Phase in der auswärtsstrebenden Bewegung der Jugend unserer Zeit und widerspricht nicht dem geistigen Gehalt dieser Bewegung. Denn mit dem Körper bildet sich auch immer irgend wie der Geist. Es verdummt der Mensch nicht in seinem Sport, sondern er nimmt alles Geistige ganz anders auf, mit ganz anderen Sinnen auf, wie ein Mensch, der sein Leben in der dumpfen Stube hinter dem Schreibtisch verbringt. Und gerade da müssen wir nun unsere ganze Hoffnung auf eine gesunde seelische und geistige Entwicklung einsetzen. Aber andererseits müssen wir uns sagen, es ist noch viel Arbeit zu leisten. Zweifel los sind gerade die Buchhändler, ob sie nun dem Verleger- oder Sortimentsgeschäfte angehören, in erster Linie berufen, dabei mitzuwirken. Gerade in einer Zeit der inneren Ratlosigkeit ge schieht es immer mehr, daß der Kunde in den Laden kommt, ohne zu wissen, was er kaufen soll, und daß er nun von dem Buch händler erwartet, daß er ihm beratend zur Seite stehe. Es besteht die Gefahr, daß, wenn er diese Auskunft nicht findet, er den Laden wieder verläßt und eine Seele mehr verloren ist. Deshalb verdenken Sie es mir nicht, wenn ich über ein so weit gespanntes Thema, wie es diesem Vorgänge zugrundeliegt, spreche. Ich glaube, es ist doch eine solche allgemeine Orien tierung in gewisser Weise notwendig, und vielleicht nimmt jeder Sphären des Wortes: Geistiges Zeitalter des Sportmaterialismus. Unser deutsches Volk, insbesondere unsere deutsche Jugend, die, wie wir es früher auch getan haben, nach Zielen sucht, findet dieses Ziel in der Hauptsache im Sportgedanken. Jede Anklage wäre verfehlt. Wir würden uns nur selbst anklagen, da wir Älteren zu dieser Ju gend, die allzu sportmatcrialistisch sich im Augenblick betätigt, viel leicht nicht die richtige Fühlung gesunden haben. Und trotzdem, wenn man htneinsieht in die deutsche Jugend — und sic ist es doch, aus die wir unsere Hoffnung setzen müssen —, so sehen wir hier und da schon eine ticse Sehnsucht: heraus aus diesem Materialismus, hinein in ein lichtes Gebiet. Wir haben es früher wohl leichter gehabt, uns durchzufinden durch die Ideenwelt. Die heutige Jugend — erkennen wir das an — steht vor einem Chaos. Nirgends Autorität, nirgends eine Autoritätsrcligion, nirgends eine Autoritätsphilosophie, nir gends eine Autoritätsmoral. Die Jugend ist gezwungen, sich selbst zu entscheiden. Vielleicht ist das gut für unser deutsches Volk, daß diese Jugend gezwungen ist, sich selbst einzustellen gegenüber den großen Kragen des Geistes und der Seele. Je länger und je mehr diese Sehnsucht »ach überirdischem in unserem deutschen Volke sich durchringt und je mehr diese Sehnsucht das bloß materielle Sätti- gungsbcbürsnis überragt, je eher wird unser deutsches Volk wieder in seiner Gesamtheit eine Zukunst und einen Aufbau haben. Meine Damen und Herren! Wir möchten uns Ihnen, als den Reisern zu jener lichten Höhe, gerne anvertrauen. Finden Sie die Wege zu den Herzen der deutschen Jugend. Ich wünsche Ihrer Tagung einen guten Fortgang, besten Erfolg und in all Ihrer Arbeit ein paar srohc Stunden in unserer schönen Stadt Potsdam. 57
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