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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 11.12.1922
- Strukturtyp
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- 1922-12-11
- Erscheinungsdatum
- 11.12.1922
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- Deutsch
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Redaktioneller Teil. 287, l l. Dezember 1922. Bibliothekartag in Cassel ist ausdrücklich der Sorge Ausdruck ge? geben worden, daß es im Winter dieses Jahres notwendig sein wird, Sludentenhilfe in Anspruch zu nehmen, also die Gebühren des studentischen Proletariats, um überhaupt noch bestimmte wis senschaftliche Bibliotheken und Leseräume benutzen und Heizen zu können. Sie sehen also, daß am Ende Sludentenhilfe dort ein- greifen muß, wo der Staat sich nicht mehr in der Lage sieht, entsprechende Gelder für diese Bibliotheken zu bewilligen. Dabei ist der Student selbst hilfsbedürftig. Meine Damen und Herren! Wir haben in wichtigen Fragen des deutschen Bibliothekswesens ungefähr «inen Rückschritt vom Jahre 1922 auf das Jahr l900 gemacht. Diese Auffassung ist nicht etwa cine willkürliche Annahme, die lediglich der Sorge und dem Pessimismus entsprungen ist, sondern diese Feststellung ist auf der offiziellen und sachverständigen Vertretung der deutschen Bibliothekare Pfingsten 1922 gemacht worden. Ich kann es mir nicht versagen, die hier einschlägige Entschließung dieser Tagung mitzutcilen: Die für den Bücherankauf für wissenschaftlich« Biblio theken im Rechnungsjahr 1922 ausgesetzlen Mittel, soweit sie bis jetzt bekannt sind, bleiben weit zurück hinter den heutigen Bedürfnissen, die durch die Preissteigerungen für deutsche Bücher und für den Einband um das Fünfzehn- bis Zwanzig sache gegenüber den Jahren vor dem Kriege gewachsen sind. Die Bibliotheken sind heute unter das Niveau von I960 zurllck- geworsen (Hört, hört! im Zentrum), das seinerzeit als unver träglich mit den ihnen gestellten Aufgaben anerkannt worden war. Rascheste Hilfe ist erforderlich, wenn unheilbarer Schaden verhütet werden soll. Sie werden mir zugeben: eine solche Entschließung ist eines der schmerzlichsten Dokumente der deutschen Literatur. (Sehr richtig! im Zentrum.) Sie zeigt uns, wie schwer Reparation und Frledensvertrag sowie der ganze außenpolitische Atmosphärendruck auch auf den Grund lagen der deutschen Geisteskultur lasten. (Lebhafte Zustimmung im Zentrum und bei den Deutschen Demokraten.) Meine Damen und Herren! Gleichzeitig mit dem Rückgang der deutschen Bibliotheken zeigt sich eine starke Abwanderung deutscher Bibliotheken ins Ausland. Wir haben die Erscheinung, daß deutsche Privatbibliotheken vom Range der Bibliothek eines Rcchtslehrers wie Gierke, vom Range der Bibliothek einer medi zinischen Autorität wie Waldeyer in das Ausland abgewandert sind. Das sind Verlust«, di« heute deshalb kaum ersetzt werden können, weil man nur selten an Neuauflagen denken kann. So führt dieser Ausverkauf fast unersetzlich« volkswirtschaftliche und auch geisteswissenschaftliche Verluste mit sich. Mit dem Rückgang der Bibliotheken und mit dem Verkauf der deutschen Bibliotheken ins Ausland geht ein bedenklicher Rück gang der Herstellung wissenschaftlicher Bücher. Gewiß hat sich die Bllcherproduktion als solch«, wenn ich sie mit dem Friedens stande vergleiche, wieder sehr erheblich gehoben; aber was im besonderen die Wissenschaftsliteraiur betrifft, merkt man jedoch von Monat zu Monat immer deutlicher, wie die Erzeugung nach läßt. Begreiflich genug. Die Preise für einen Druckbogen betragen heute bei einem wissenschaftlichen Werk 36 000—35 000 Mk., um bereits in der nächsten Zeit überholt zu werden. Auch hier sind Vergleiche außerordentlich lehrreich. Wenn man ein wissenschaft liches Werk von 28 Bogen nimmt, das im Frieden mit etwa 6 Mark verkäuflich war, dann hatte man einen Herstellungspreis von etwa 3000 Mark. Nach der Berechnung der jetzigen Woche beträgt der Herstellungspreis eines solchen Buches etwa 400 000 Mark. So sehen Sie, wie ungeheuer die Preise geworden sind. Und wiederum: Ein wissenschaftliches Buch mit einem Laden preis von 4 Mark im Frieden ist heut« unter 840 Mark nicht mehr zum Verkauf zu stellen. Man mag nun nicht meinen, es sei an sich belanglos, daß der Druck dieses oder jenes wissenschaftlichen Werks ausfalle. Die Dinge liegen weit ernster, einmal für den Betrieb der Jnlandwissenschaft, dann aber stellt die Produktion wissenschaftlicher Bücher heute einen Teil des deutschen geistigen Exports dar. Wenn es je irgendeine Zeit in unfern Auslands- 1722 j beziehungen gegeben hat, in der es notwendig war, die Ausfuhr deutscher Gedanken und Geistesströmungen in großzügigem Maß- slabe wieder aufzunehmen, um aus das Ausland einzuwirken, ist es die gegenwärtige Stund«, und deshalb ist der Niedergang der wissenschaftlichen Bücherherstellung gleichbedeutend mit dem Nie dergang deutschen Ansehens, auch mit der Minderung von Mög- lichkeiten, moralische Eroberungen im Ausland« zu machen.« (Sehr richtig! in der Mitte und rechts.) Nach Ausführungen über die Not der Privatdozenten, der Studentenschaft und der Museen fuhr Professor O. vr. Schreiber fort: --Meine Damen und Herren I Die Anzeichen und Äußerungen des wissenschaftlichen Rückgangs sind noch längst nicht erschöpft. In diesen Zusammenhang gehören auch einige Worte über den Niedergang und den Rückgang des wissenschaftlichen deutschen Verlegertums. Wohlgemerkt, ich spreche nicht von der allgemei nen deutschen Buchproduktion. Wir haben ja leider vielfach eine Buchproduktion, di« heute trotz der Entwertung des Geldes sich nach wie vor aus bestimmte Luxusdrucke, auf bestimmte Ausgabe» einslellt und dadurch beweist, daß in mancher Hinsicht Dekädenz- erscheinungen deutscher Kultur vorhanden sind. (Sehr richtig!) An dieser Stelle spreche ich nur von der Wissenschaftsliteratur, und da hat man heute bereits festzustellen, daß die wissenschaft lichen Verleger schwerer tragen denn je. Es gibt heute kleinere wissenschaftliche Verleger, die den Druck eines einzigen großen wisfenschastlichen Werkes eingestellt haben, weil sie an dem einen große,: Lieferungswerk sich mit ihrem gesamten Geschäft unter Umständen ruinieren können. (Sehr richtig!) Der Mangel an Betriebskapital macht sich sehr empfindlich geltend. Ich will nicht davon sprechen, daß die Verleger im letz- ten Jahre teilweise eine oft unverständliche Preispolitik getrieben haben. Sie haben in vieler Hinsicht, was das wissenschaftliche Buch betrifft, die Preise zu niedrig gehalten. Sie hätten sich dabei einrichten sollen und einrichien müssen auf den Preis der Neu auflagen. Das sind Dinge für sich. Worauf es mir hier an kommt, ist, zu sagen, daß der wissenschaftliche Verlag als solcher heute in Deutschland derartig geschwächt ist, daß die große wun dervolle Entwicklung, die der deutsche Verlagsbuchhandel im >9. Jahrhundert genommen hat, nun in mancher Hinsicht als der Vergangenheit angehörend bezeichnet werden kann. Es ist vor allem schwer, unsere großen wissenschaftlichen Fachzeitschriften über Wasser zu hatten. Wir haben heule Fach zeitschriften, die von der Notgemeinschaft der deutschen Wissen schaft mit einem Zuschuß von 20 000 Mark leben konnten. Die- selberi. wissenschaftlichen Fachzeitschriften brauchen heute, um existieren zu können, 500 000 bis eine Million Mark. Ich habe die Kalkulation einer rechtswissenschaftlichen Zeitschrift heute morgen bekommen, die, um erscheinen zu können, in einem ein- zigen Jahrgang mäßigen, bescheidenen Umfangs, gemindert in der Seiten- und Bogenzahl, einen Zuschuß verlangt von der Not gemeinschaft der deutschen Wissenschaft — und diesen Zuschuß er halten mutz — von zwei Millionen Mark. Dabei besieht der Ge samtetat der Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft aus gan zen 40 Millionen Mark. (Hört, hört! bei den Deutschen Demokraten!) Meine Damen und Herren! Wenn der wissenschaftliche Ver- lagsbuchhändler bestehen bleiben soll, dann bedarf es unbedingt — ich nehme besondere Veranlassung, diesen Gedanken hier aus zusprechen — eines Valutazuschlages für das deutsche Buch. In früherer Zeit sind die Auffassungen eines deutschen Valutazu schlags vielfach strittig gewesen: ob nicht am Ende der deutsche Name im Ausland leidet und die deutschen Ideen im Ausland nicht genügend verbreitet werden, wenn man einen solchen Valutazuschlag macht. Aber heute, wo man den Gesamtumfang dieser Frage schärfer sieht, ist es ganz klar, daß der deutsche wis senschaftliche Verlagsbuchhandei um der deutschen Wissenschaft willen nicht durchhalten kann, wenn wir diesen Valutazuschlag für die Bücher, die in das hoch- und mittelvalutige Ausland gehen, nicht besitzen.
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