Redaktioneller Teil. Bekanntmachung. Durch Beschluß der ordentlichen Hauptversammlung des Börsenvereins vom 14. Mai 1922 ist der Vorstand ermächtigt worden, nach Eintragung der in dieser Hauptversammlung angenommenen neuen Satzung in das Genosseuschaftsregister den Tag ihres Inkrafttretens zu bestimmen. Nachdem di« Einwägung in das Genossenschasts- register unter dem II. November 1922 erfolgt ist, erklären wir hiermit die neue Satzung, deren Wortlaut dem im Börsenblatt Nr. 100 vom 29. April 1922 veröffentlichten (Anlage III der Tagesordnung, Entwurf 8) entspricht, unter dem 15. Dezember 1922 als verbindlich. Sonderdrucke der neuen Satzung stehen für unsere Mitglieder in je einem Exemplar kostenlos zur Verfügung, weiter« Exemplare werden zum Selbstkostenpreis abgegeben. Leipzig, den 7. Dezember 1922. Der Vorstand des Böisenvei eins der Deutschen Buchhändler zu Leipzig. 0r. Arthur Meiner. Paul Schumann. Hans Volckmar. Max Röder. OttoPaetsch. Ernst Reinhardt. Wissenschaft und Buchhandel im Reichstag, i In der 267. Sitzung des Deutschen Reichstags, Mittwoch, den 15. November 1922, bildete den zweiten Gegenstand der Tagesordnung die Interpellation der Abgeordneten Marx und Genossen, betreffend die Not der deutschen Wissenschaft (abgc- druckt im Bbl. Nr. 289, S. 1694/95). Zur Begründung der Inter pellation hatte das Wort namens der Interpellanten der Herr Abgeordnete Prof. I). vr. Schreibe r. Aus seinen überaus be achtenswerten, wertvollen Ausführungen seien folgende Aus züge nach dem stenographischen Bericht wiedergegeben: »Meine Damen und Herren! Handln Hand mit dem Nieder gang unserer Forschungsinstitute geht auch der Rückgang deutscher Bibliotheken. Es wäre sehr einseitig, die Bibliothek etwa als ein Institut anzusprechen, das abseits vom großen kulturellen Ver kehr liegt, dessen Wesen darin besteht, staubige und alternde Büchermassen anzuhäufcn und aufeinandcrzuschichtcn. Wer viel mehr gewohnt ist, die Quellgründe und die Arbeitsplätze der deutschen Kultur in solchen Zusammenhängen tiefer zu erfassen, weiß, daß die großen Bibliotheken zentrale Werkstätten deutscher Kultur bedeuten, gewissermaßen die geistigen Hochöfen unseres Landes, oder ebensovicle geistige Verpflcgungsämter unseres Volkes. Sie sind ebensoviele gewerbefleißige Mittelpunkte einer ideellen deutschen Produktion. Wie sieht es heute mit diesen Bibliotheken aus? Bei einer vergleichenden Statistik, die auf dem letzten deutschen Bibliothekartag Pfingsten 1922 in Cassel vorgelegt wurde, besitzen von sechzehn großen deutschen Biblio theken acht dieser Büchereien noch nicht einmal ein Viertel der Kaufkraft vor dem Kriege. Zu der Schwächung der Kaufkraft tritt noch das große Vakuum der Jahre 1914 bis 1921. Für diese Zeit stellen die Bibliotheken, wie man mit Recht bemerkt hat, ein riesenhaftes Trümmer- und Trichterfeld dar, weil unendlich große Lücken hier gerissen sind. Das wissenschaftliche Buch des Auslandes wird zudem für unsere Büchereien immer weniger er schwinglich. Das sei kurz erläutert. So geht in der letzten Zeit durch unsere Bibliotheken eine Neuerscheinung der englischen medizinischen Literatur, die über die Vererbbarkeit von Augen- krankheitcn, also von Farbcnblindheit, von Kurzsichtigkeit, von Astigmatismus und von anderen Augenkrankheiten handelt, die eben vererbt werden können. Dieses Werk kostet heute 45 Schil ling, also rund 80 990 Mark. Wir stehen heute vor der Tatsache, daß wir eine Reihe kleinerer Jnstitutsbibliotheken haben, die überhaupt nicht mehr in der Lage sind, diese 80 090 Mark für ein einziges wissenschaftliches Auslandbuch aufzuwenden, weil da mit etwa die Hälft« ihres Etats sofort erschöpft ist. (Hört, hört!) Sie sehen an einem solchen Einzelfall, welche große Schwä chung in der ganzen wissenschaftlichen Stellung unserer Büche reien inzwischen eingetretcn ist. Erschwere^ machen sich dazu genau wie bei de» Forschungsinstituten die großen sächlichen Posten für Heizung, Beleuchtung und vieles andere geltend, und die Steigerung der Pcrsonalkostcn geht damit Hand in Hand. Personaletat und Sachausgaben zwingen damit die Bibliotheken, einen großen Teil der Fonds aufzuzchren, die für wissenschaft liche Literatur überhaupt bestimmt find. Ja, arrf dem erwähnten 172t