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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 21.10.1922
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- 1922-10-21
- Erscheinungsdatum
- 21.10.1922
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Redaktioneller Teil. 247, 21. Oktober 1822. daß der Verlag, indem er dieses Werk Justiz (denn die Brief sammlung in ihrer schönen Geschlossenheit erscheint wie ein selb ständiges Werk) veröffentlichte, uns zugleich ein anderes schuldig wurde, von dem eine kurze Probe schon die Briefreihe abschlietzt: eine Ausgabe der Justischen Reisetagebücher. Daß die deutsche Jtalienkenntnis trotz aller angeblichen deutschen Jtaliensehn- sncht so außerordentlich groß ist, läßt sich nicht behaupten. Über der Mignonsrage: Kennst du das Land, wo die Citronen blü hen . . . Hai man in Deutschland immer wieder die italienischen Realitäten vergessen, über der gemütlichen und geschichtlichen Auffassung der landschaftlichen Reize das Land und Volk selbst, oder, um das Beispiel noch konkreter zu fassen, über den Italiener der Rinascita den Italiener des Risorgimento. Die Enttäuschung im Weltkriege wäre etwas weniger groß gewesen, wenn man etwas mehr von der Gegenwart des Bundesgenossen gewußt hätte. Ein Beispiel, das erläutert, welch geringes Interesse man sogar an der biographischen Charakteristik fremder hervorragen der Persönlichkeiten, die in der Zeitgeschichte hervortreten, nimmt, gibt der Umstand, daß, als Papst Pius XI. zu den deutschen Pilgern deutsch sprach, die Verwunderung vieler Zeitungen nicht gering war. Das Beispiel ist auch bezeichnend dafür, daß heut zutage ein im Buchwesen an einer ersten Stelle stehender Mann nicht so ehrgeizig sein darf, seinen Namen für so bekannt wie den einer Filmdiva oder eines Preisboxers zu halten. Denn daß v>. Ratti, der seit 1907 Präfekt der Ambrosianischcn Bibliothek in Mailand und seit 1914 Präfekt der Vatikanischen Bibliothek in Rom gewesen war, der deutschen Sprache nicht völlig ahnungslos gegcniibergestandcn haben wird, hätten sich die Zei tungsschreiber eigentlich sagen sollen, wenn sie in einem Hand buch nachgeschlagen hätten. Diese bibliothekarische Tätigkeit Papst Pius' XI. wird auch den nicht katholischen Buchfreunden Teilnahme für sein Lebensbild abgcwinnen, das, für katholische Leser bestimmt, von dem Verfasser auf einem breiteren Hinter gründe ausgesührt wurde, auf dem die lebendigen Schilderungen des ersten und zweite» Teils, die, in den letzten Lebenstagen Papst Benedikt' xv. beginnend, mit denen der Beisetzung eines Papstes, der Sedisvakanz, der Papstwahl, der Krönung des neuen Papstes weiteigeführt, Feierlichkeiten und Gesetze erläutern, die deutschen Lesern meist allein dem Namen nach bekannt sind. (Papst Pius XI. Ein Lebens« und Zeitbild von Or. M a x B i e r b au m. R o in, Campo san 1 o teutonico. Mit 20 Abbildungen. Köln, I. P. Bachem, 1922.) An der Ausstattung des Werkes darf sich der Buchfreund eben falls erfreuen, zumal an der der Vorzugsausgabe, die in 100 Ab zügen als Vorzugsdruck der Marzellus-Presse Nr. ö erschienen und, aus einem schönen Büttenpapier gedruckt, in einen Halb pergamentband gebunden ist, dessen weißer Vorderdecke! farbig und golden das Papstwappcn schmückt. Es ist gerade gegen wärtig, wo leider meist die ganze Auflage auch der einen län geren Bestand verdienenden Bücher ans weniger guten Papieren hergestsllt wird, doppelt lobenswert, daß von einem seiner Ab sicht und Art nach mit einer weiten Verbreitung rechnenden Buche auch eine kleine »Vorzugsausgabe, hergestellt wurde, und gerade in solchem Zusammenhänge gibt diese »bibliophile« Be zeichnung einen guten Sinn. (Sollte es nicht lohnend sein, auch von fachwissenschaftlichen Werken einiger Bedeutung einige Ab züge ans gutem Papier zu drucken'? Das Risiko kann im Ver gleich mit den sonstigen Herstellungskosten derartige Versuche kaum zu außerordentlichen Wagnissen werden lassen, und es gibt nicht nur unter den Bllchersammlern manchen, dem init einer derartigen Vorzugsausgabe gedient wäre. Man darf nicht ver gessen: cs ist etwas anderes, ob die ganze Auslage auf einem guten, haltbaren Papier veröffentlicht wurde oder aber das Auf lagenpapier die Verfallskeime in sich trägt und damit die ganze Auflage ihrer allmählichen Selbstvcrnichtung Preisgibt.) Die päpstliche Residenz Rom ist die Hauptstadt des Königreichs Ita lien, und erklärlicherweise hat sich das deutsche Urteil über Italien während des Weltkrieges gewandelt. Aber ebenso wie in Deutschland kommt man jetzt zu einem ruhigeren Urteil über das gegenseitige Verhältnis. Gerade aus dieser Überlegung sei kurz der Beschreibung einer Welschlnndfahrt von Prof. vr. Eckert gedacht, in der sich manche anregenden Bemerkungen und 1488 Betrachtungen über das alte und das neue Rom finden. (Deutsche Rom fahrt. Von Christian Eckert. Köln, Rheinland-Verlag, 1921.) Das »ewige« Rom heißt die Stadt nicht ihrer bis in das Altertum unserer Geschichte rückweisenden Ruinen wegen, sondern weil in ihr auch die geisti gen und gesellschaftlichen Wandlungen wechselnder Kulturen sich i» Übergänge» vollzogen, die ihre Spuren im Stadtbilde überall zurückließen. Die Geschichts- und Kunstdenkmäler Roms sind nicht ein Freilustmuseum mit modernen Nummern eines Ver zeichnisses, sie sind clvcumoMs lnim-uos in dem Sinne, daß sie die Belege für die Romliteratur der verschiedensten Jahrhunderte und Völker bilden, in der Menschen des verschiedenartigsten Inge niums und Temperaments ihre Anschauungen über das Rom, das gerade sie sahen, aussprachen. Darin liegt ja eine Eigen heit der Romliteratur (und teilweise der Jtalienliteratur über haupt), daß der Romreisende die eigenen Erlebnisse an den alten Zeugnissen nachzrchrüsen vermag. Er steht vor den gleichen Bauten, vor den gleichen Kunstwerken, in der gleichen Umgebung lote lange vorher ein anderer Romreisender, dessen Buch er zur Hand nimmt, und er erkennt, daß sich nicht die Dinge, sondern die Menschen geändert haben. Ein Hauptwerk unter den Jtalien- büchern, ein klassisches Werk der französischen Memoirenliteratur sind die 1739/1740 geschriebenen Berichte über seine Jtalien- reisc, die Charles de Brosses in die Burgunder Heimat schickte und die noch ihrer endgültigen französischen Ausgabe harren. In den zwei stattlichen Großokiavbänden einer sehr sorgfältigen deutschen Bearbeitung, die es an den nötigen Erläuterungen in Bild und Wort nicht fehlen läßt, sind sie jetzt auch den deutschen Lesern leichter zugänglich geworden, die die Gelegenheit, die Bekanntschaft eines geistreichen und gelehrten, verständigen und witzigen Mannes zu machen, nicht versäumen werden. (Des Präsidenten de Brosses vertrauliche Briefe aus Italien. Übersetzt von Werner und Maja Schwartzkopff. München, Georg Müller, 1918— 1922.) Der Präsident de Brosses, ein sehr originaler Polyhistor, der manche weit vorausschauende wissenschaftliche Gedanken hegte, ein Beobachter und Betrachter klaren und scharfen Blickes, gebildet und geschmackvoll, für einen Franzosen merkwürdig un befangen, ein vornehmer Weltmann, dem sich sonst verschlossene Türen öffneten, ein Psychologe und Realist, kein Schwärmer und Träumer, der in die Begebnisse und Begegnungen etwas hinein sah, was ihnen fehlte, mit der Fähigkeit ausgestattet, seine Ein drücke formsicher in raschen Tagebuchaufzeichnungen zu um reißen, hat uns ein Werk hinterlassen, in dem er, ein sehr sicherer Urteiler von seinem Barock-Standpunkt her, Italien schilderte, das einige Jahrzehnte später den Deutschen Goethes Italienische Reise in einem anderen Lichte zeigen sollte. Es war keine Kunstsahrt, die de Brosses unternommen hatte, und auch deshalb kommen die politischen und sozialen Zustände bei ihm ganz anders zur Geltung als in den Goetheschen Reisebildern. Die Absicht seiner Jtalienreise, philologische Textvergleichungen, hat de Brosses nicht dazu verführt, sie zu einer langweiligen Biblio thekenwanderung auszugestalten, obschon er, oder vielmehr weil er auch ein bekannter Bibliophile gewesen ist. Die Bibliophilie fängt an, wo die Bücher aufhören. Das ist ein sehr ausdeutungsfähigcs Dictum. Man kann meinen, daß der Buchsreund seinen Büchern Eigenschaften hinein- und hinzu empfindet, die ein Durchschnittsleser in ihnen vergeblich suchen würde; man kann meinen, daß der Buchfreund auf die Bücher sammlung verzichten will, um jedes neue Buch desto stärker zu er leben. Und man kann schließlich auch meinen, daß die Bibliophilie sich in die Bibliophobie wandeln wird, in die Abkehr von den Büchern. Dem Bestreben des Bibliophilen, an einem Buche das Gegenständliche zu verstärken, das der Buchnutzer und Durch schnittsleser unbeachtet läßt, entspricht ein anderes, solchen Buch- reiz zu verflüchtigen, zu vergeistigen. Dieser Wunsch, Phantasie und Realität zu verschmelzen, ist ein romantischer Zug, der ja nicht allein dem Buchfreunde eigentümlich ist, der in Gegen wartstagen, die grau und grausam verlaufen, überall herbvr- tritt, wenn man durch eine Flucht in die schönere Vergangenheit, in eine bessere Zukunft sich ihnen entrücken möchte. In die Freude am Unwirklichen mischt sich dann Wohl die romantische
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