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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 21.10.1922
- Strukturtyp
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- 1922-10-21
- Erscheinungsdatum
- 21.10.1922
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X- 247, 21. Oktober 1922. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dlschn. Buchhandel. müßten. Ist doch auch das Bibelbuch, ganz unabhängig davon, wie seine Textgestaltung betrachtet wird, als Buch, als Codex, der das alte und das neue Testament vereinte, erst aus den Umgestal tungen des Buchwesens im Mittelalter hervorgegangen. In den ersten nachchristlichen Jahrhunderten gab es keine Bände, die die »Bibel« in sich vereinten, die älteren Kirchenväter, wenn sie die heiligen Schriften lasen und lehrten, dachten dabei nicht an die äußer«, uns durch die Bandfcrm anschaulich gewordene Einheit eines Bibelbuches. Daran zu erinnern ist nicht überflüssig, weil man bisweilen die Art, in der das Bibelwerk gegenwärtig häu figer seine buchkünstlerischen Gestaltungen erfährt, als unnatür lich empfinden will, da anstatt eines schönen Bibeldruckes oder einer schönen, die ganze Bibel schmückenden Bildreihe gewisser maßen nur Sonderausgaben veröffentlicht werden. Hier übt dann die Macht der Gewohnheit einen Einfluß aus, der unberech tigt ist. Das religiöse Gefühl kann sich durch die Herausgabe von Bibelteilen, die in der theologischen Literatur immer üblich gewesen ist, nicht verletzt fühlen. Und das künstlerische muß. wenigstens soweit Bibelillustrationen in Frage kommen, gegen über der vollständigen Prachtwerkbibel sogar in den meisten Fül len gewinnen. Einem Künstler, der diese oder jene der biblischen Schristen mit innigem Anteil, mit echter Herzenswärme illustriert, würde nur eine kalte, leere Bildfolge gelingen, wenn er die einzelnen Kapitel des vollständigen Bibelwerkes illustrie ren sollte. Dazu tritt die Abrundung, die unmittelbare Wirkung einer zur Bibelsammlung gehörenden Schrift in ihrer Einzel ausgabe stärker hervor, alles Gründe, die sür solche Ausgaben sprechen. A. F. Schinnerer hat im Verlage von vr. Ju lius Schröder in München den Achtzehnten Psalm in einer Bildreihe, die er auf den Stein zeichnete und zu der er den Text auf den Stein schrieb, veröffentlicht. Die dramatische Bewegung dieses Psalmliedes, dessen rhhthmische Schwungkraft, das Erlebnis der seelischen Stimmung, die es ausströmt, die es auf das Denken und Empfinden des modernen Künstlers übte, ist in dem Bande, der den Vilderzyklus vereint, auch durchaus buchgerecht, zu einem einheitlichen Ausdruck gelangt, das allge mein Menschliche des biblischen Stoffes ohne archäologische Re miniszenzen zu einem Buchkunstwerk geworden. Das ist nun auch deshalb bemerkenswert, weil damit dieser Band erweist, daß auch das Buch und die seine Form nutzende Graphik zum selbständigen und zeitgemäßen Träger jener epischen Griffelkunst werden kann, die unter den besonderen Voraussetzungen in de» südlichen Ländern sich zur Freskomalerei entwickeln konnte, die Buchseite ist hier an die Stelle der Hallen- und Palastsaalwand getreten. Ein innerer Zusammenhang, dem aussührlicher nach- zugehcn insofern lehrreich ist, als gerade er aus eine Erklärung des vielgesuchten Monumentalstils in der Buchkunst führen könnte. Bnchkunstepochen hängen viel zu eng mit den Kunststil epochen und dem besonderen Kunstgcfllhl eines Landes und einer Zeit zusammen, als daß man sie ohne weiteres durch Wieder holungen ihrer technischen Behelfe, soweit das möglich sein würde, neu erwecken könnte. Das Pariser Rokokobuch etwa ist nicht schon dadurch wieder erreicht, daß man die Druckwerke mit Radierungen oder Stichen verziert, seine unvergleichliche Rokoko- kunst war eben etwas, was jetzt nicht mehr ist, Rokoko. Trotz dem braucht man die alten Buchkunstmeisterwerke als Muster nicht zu verschmähen, wenn man nur nicht vergißt, daß auf den unserer Gegenwart gemäßen Wegen die von ihnen erreichten Ziele zu suchen sind. In den französischen Kupserstichwerken des achtzehnten Jahrhunderts war ein gewisser buchgemätzer Ausgleich durch die Reproduktionsstichübung, die freilich häufig den Eigenwert der Zeichnungen änderte, erreicht worden, der Künstler unserer Gegenwart möchte sich seine Handschrift wahren und bevorzugt die Radierung vor dem Stich, für den er heute auch nur wenige Vermittler, die seine Zeichnungen in das Buch bild übersetzen, finden würde. Andererseits kommt Buchkunst heute dem Buchkupfcr viel weiter entgegen, sie erstrebt Ausglei chungen des Satzbildes, die man früher als eine Notwendigkeit gar nicht empfand, sie sorgt, daß der Druckton zu einem Mittel der Vereinheitlichung wird. Der XII. Avalundruck, den Jakob Hegner in Hellerau druckte und Karl M. Schultheiß mit seinen Radierungen zierte (Honorä de Balzac. Sar - ^ rasine. Wien, A v a I u n-V e r l a g, 1922), ist ein solches Stück gepflegter Buchkunst, in dem geschmackvoll nichts versäumt wurde, um ohne Aufdringlichkeit, mit einer gewissen noblen Selbstverständlichkeit Buchwerte zusammenzustimmen. Man unterschätze das nicht, denn die Entwicklung von Stil und Tra dition hat hierin einen Ausgangspunkt. Die französische Läition äs dux8, als deren Reorganisator Leon Conquel zu gellen hat, fand in der Geschmackssicherheit ihrer Haltung und in ihren glänzenden Graphiktechniken zwar nicht den Ersatz für ihr Man gelndes, die Kunst im Buchdruck im Sinne einer vergeistigten Werkstattlehre und Werkstattübung. Dafür hat sie etwas, was unseren Bemühungen um die Buchkunst häufig abgeht, eine Eleganz, eine Leichtigkeit, die alle Arbeitsmühcn verdeckt. Sie zeigt mehr Esprit und weniger Seele. Und dieser Schmiß, man verzeihe das unakademische Wort, würde nicht wenigen unserer Buchkunstwerke recht zuträglich sein, die bisweilen ohne die Prä tentionen eines idealen Kathedralstils, ohne eine allenthalben zur Schau getragene Feierlichkeit und Würdefestigkeit nicht aus- zukommen scheinen, die, überallhin sich wendend, stets etwas vorzustellen wünschen. Auch ein zierliches Bändchen, wie es dieser XII. Avalundruck ist, der mit einem Künstler bekannt macht, von dem manches Schöne noch zu erhoffen ist, stellt etwas vor, wenn es etwas wert ist. Der Weltkrieg mit allen seinen Folgeerscheinungen hat in keinem Lande einen genialen Karikaturisten her vorgerufen, obschon für sein Auftreten die buchgewerblichen Voraussetzungen günstig waren. Die Beweglichkeit des Bilddrucks, die die Lithographie gestattet, die Monumentalität des Plakat formats, die unseren Liebhaberausgaben nichts Ungewöhnliches ist, hätten ihm seine» Weg auch in das Buchland erleichtern kön nen. Und ebenso fehlt der Satiriker, der das Zeitbild in seinem Zerrspiegel ausfangend, es in ein Sinnbild menschlicher Irr- trimer und Schwächen umdeutet. An Versuchen fehlt es nicht, aber ihnen fehlt das befreiende, große Lachen, das, den Tages lärm übertönend, in die Ewigkeit hinausschallt. Manches Nach, dcnkenswerte, manches Einseitige und Unrichtige und Wider- spruchsvolle findet man in dem Quartanten: Hjalmar Kuh le b, Der Zeitgenosse mit den Augen eines alten Wandervogels gesehen. Illustriert von A. Paul Weber. Leipzig, Erich Matth es, l922. Und auch die aufrechte und aufrichtig ausgesprochene Meinung des Versassers in Ehren. Immerhin, man empfindet mehr die pädagogischen als die satirischen Tendenzen, und bei, den Bildern, die einen Klehschüler zu verraten scheinen, sind die Absichten einer Illu stration merklicher zu spüren als die einer Karikatur, die ihre Farben höhnisch mitleidig aus Gift und Herzblut mischte. Um so mehr ist der Verlag zu rühmen, daß er ein Buch solcher Art veröffentlichte. Wenn das Beispiel Nachahmung fände, könnte der Parteipolemik, die sich in Zeitschriften und Zeitungen aus tobt, ein Ventil eröffnet, könnte auf dem Buchkunstgebiete mit dem Karikaturenalbum ein Verständigungsmittel geschaffen wer den. Lachend hören sich die Gegner leichter, als wenn sie aufein ander schimpfend um das letzte Wort streiten. »Das Geheimnis des Gefallens in allen Künsten liegt im Leben. So wenig sich' jemand in eine .gut konservierte Dame' verlieben wird, so wenig gewährt ein Kunstwerk Freude, aus dem alle Lebensgeister ge wichen sind«. Diese prächtigen Worte (ihre Anwendung erklärt auch auf das einfachste die Buchkunst-Erfolge und -Mißerfolge) stehen in dem schönen Bande: Carl Justi, Briefe aus Italien. Bonn, Verlag von Friedrich Cohen, 1922, dessen Druckausfllhrung durch Poeschel L Trepte als ein Beispiel schlicht-vornehmer Ausstattung wissenschaftlicher Werke noch besonders hervorgehoben werden soll. Ein kurzer Hinweis muß sein Lob erschöpfen. Soll man sagen, daß man in seinen Blättern den Verfasser des »Winckclmann und seine Zeitgenossen- an der Arbeit sieht und dabei auch erkennt, wie der Verfasser des »Vslasquez« sich vorbereitete? Oder darauf verweisen, welch eine Fülle kunstwissenschaftlicher Anmerkungen in diesen Bricf- blättern steckt? Oder nur hervorhebcn, daß die gewiß nicht zu unterschätzende deutsche Jtalienlitcratur mit ihm um ein Haupt- stück vermehrt worden ist? Man darf die ihm eben entlehnte Bricfstelle auf das Buch selbst beziehen, man muß hinzufüge», 1487
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