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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 21.10.1922
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- 1922-10-21
- Erscheinungsdatum
- 21.10.1922
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Redaktioneller Teil. X° 247, 2k. Oktober 1922. sasser nicht ständig in den höchsten Regionen bewegt, weil er mit den gegebenen Verhältnissen, weil er mit der »Tücke des Objekts» aus seiner allseitigen Vertrautheit mit dem Gegenstände zu rech nen geleint hat. Mit den Buchkunstforderungen allein kommt man ebensowenig weiter wie mit ihren Lösungen, die keine Kosten zu scheuen brauchen. Denn diese Lösungen sind häufig nicht gegeben, es heisst auskommen und Sachlichkeit, die zur Schönheit wird, mit Sparsamkeit verbinden. Man kann, für den gleichen Preis, etwas gut oder schlecht machen. Etwas bei nahe ebenso Kostbares mit einem weniger kostspieligen Versah- ren zu erreichen als mit einem teuersten, das ist eine Buchkunst, die man durchaus nicht für diejenige eines weis miiieu z„ halte» braucht. Buchhandwerk und Buchkunst lassen sich nicht trennen, der künstlerische Geist adelt das Buchhandwcrk, aber er adelt nur ein Handwerk, das da ist, ein bisweilen übersehener Umstand. Ein Buchkunstwerk ist kein künstlerischer Traum, sondern ein Erzeugnis, das aus den Realitäten mechanischer Prozesse her- Vorgehen soll, die Buchkunst kann sich nicht auf die Anordnungen beschränken, was entstehen soll, sie mutz den Ausführendcn de» genauen Weg zeigen, wie es entstehen soll. Zeugnisse eines hier selbstverständlichen Zusammenwirkens von Handwerk und Kunst sind die in derWeitz-Fraktnr und Tiemann-Mcdiaeval von Poeschel L Trepte gedruckten La legurct-Ansgaben des Tempel-Ver lags inLeipzig, die noch unvollendete Ausgabe von Dan - tes Werken, italienisch und deutsch, insbesondere aber die griechische und deutsche Homer-Ausgabe, von der bis her die Odyssee borliegt, deren deutscher Titel: Homers Odyssee. Auf Grund der Übersetzungen von Jo hann Heinrich Votz bearbeitet von E. R. Weih (den griechischen Text gab Professor vr. W. Nestle heraus) dar auf hinweist, wie weit sich diesmal die Anteilnahme des Buch künstlers an dieser Homeredition, einer der schönsten, die es gibt, und der schönsten, die im Handel ist, erstreckte. Sie weckt so die Er innerung an die Arbeiten der Buchdruckergelehrten, der Aldus und Estienne, die von dem künstlerischen und wissenschaftlichen Geist ihrer Urheber ersüllt waren und in deren Werkstätten alles zusammenstrebte, was eine Buchherstellung glücken lätzt. Eine Konsequenz wäre hier, datz der Auchkünstler selbst zum Verfasser des von ihm in seiner Druckherstellung geleiteten Werkes wird, datz er es, um die innere Kontinuität, auch die zwischen Bild und Schrift, zu wahren, selbst illustriert und kalligraphiert, datz derart jeder srcmde Einflutz ausgeschaltet bleibt. Das kann in den meisten Fällen freilich nur zu Versuchen führen, weil der Künst ler in der Regel weder über das schriftstellerische Talent noch über die schriftstellerische Technik verfügen wird, denn der Künst ler schreibt ja seine Gedanken im Bilde nieder, nicht noch in den Worten. Allerdings cs gibt auch in solchem Zusammenhänge hervorzuhebende Ausnahmen, etwa die Bildergeschichten von Wilhelm Busch, deren Verse trotzdem nur eine der Verständlich keit wegen von dem ikonographischen Autor gemachte Zugabe waren. Immerhin, wenn ein Künstler solcherart ohne den Ehr geiz einer literarischen Großtat eigene Erlebnisse schildert, kann dabei etwas Anmutendes und Lustiges herauskommen. »D i e Leut' vom 22er Haus». Nach Jugenderinnerun gen gezeichnet, erzählt und geschrieben von Alfred Gerstenbrand. Wien, Burgverlag, 1922, sind ein solches amüsantes Büchlein, das an einige ähnliche Düsseldorfer Kllustlerscherze aus dem letzten Viertel des neun zehnten Jahrhunderts erinnert. Welche die bleibenden Bücher unter den deutschen Liebhaberausgaben unserer Gegenwart sein werden, mit kurzfertigen Urteilen zu vermerken, wird auch für die gelehrten Buchkunstrichter nicht leicht sein. Immerhin kann der Buchkunstfrcund an dem starken Eindruck, den dieser oder jener Baud in ihm erweckte und festhiell, wenigstens cinigcrmatzeu ermessen, ob er es mit einem gemachten oder einem gewordenen Buche zu tun hat, und ohne auf die vsrba mazistri schwören zu wollen, daran einen Gradmesser des Buchranges finden, der nicht allzusehr täuschen wird. Wenn er die kräftigen Blätter wendet, aus denen Bruno Goldschmitts Holzschnitte für die Ausgabe von Friedrich von Schillers Wilhelm Teil stehen (die als VI. Band der Meisterwerke der Weltliteratur im Verlage von vr. Julius Schröder, 1468 München, 1922, erschienen sind), hat er nicht allein den Eindruck einer vortrefflichen buchgewerblichen Leistung, sondern auch den einer außergewöhnlichen buchkünstlerischen Kraftäutzerung. Und wenn er dann vielleicht in die Buchkunstgeschichte zurückblickt, mag er etwa in den Jahrzehnten verweilen, in denen Dar« dem Buchholzschnitt seine reifsten Werke anvertraute, um sich dann — leider — in den Übersteigerungen seiner technischen Virtuosi tät zu verlieren. Schon dieser Vergleich, zu dem einige äußere, innerlich jedoch nicht verwandte Übereinstimmungen der techni schen Artung der Buchholzschnitte Doröz und Goldschmitts verlocken, verweist darauf, datz diese Ausgabe des Wilhelm Teil ein so bald nicht zu vergessendes Buch sein dürfte. Wenn man aber dem Vergleiche weiter nachgeht, so zum Beispiel das Seesturmbild auf S. 91 prüft, dann erkennt man mit besonderer Deutlichkeit, wie der deutsche Meister mit der Be herrschung der buchgerechten Mittel scheinbar mühelos das Gleiche erreicht, was Dores Illustrationen erzwingen wollten, indem sie sich einen pittoresken Stil aneigneten, der sie aus dem Buche ausschlotz. Man hat die Befriedigung, sich dem Genüsse eines reisen Werkes hingeben zu können, das aus seine» eigenen Werten selbstsicher ruht, eine Ausgabe von Schillers Teil zu besitzen, die etwas mehr enthält als nur ein paar über die Sei ten verstreute buchbildliche Redensarten. Datz auch im buchge werblichen Sinne die Jllustrationstechnik nicht versagen darf, datz auch für das Buchbild noch die Kunst im Buchdruck wesentlich ist, schließt nicht aus, daß die Beziehungen zwischen dem Vuch- bilde und dem Werke, das es schmückt, aus einer inneren lebendigen Verwandtschaft hcrvorgehcn müssen. Ganz im Gegen- teil, fehlt eine solche, so ist dieser Mangel durch keine Buchkunst zu ersetzen. Es ist also eigentlich eine Frage zweiter Ordnung, auf welchen graphischen Wegen ein Buchkünstler in sein Buch hin eingelangt. Denn die Ausgleichungen in der Buchform werden sich durch eine geschickte Kunstfertigkeit, wenn der Künstler nicht allzu eigensinnig ist, bis zu einem gewissen Grade wenigstens, immer erreichen lassen, sobald man nur die Buchkunstmittel, die die Erfahrung gewinnen Uetz, anwenden will. Der vierte Phantasusdruck (Apuleius, Amor und Psyche. Mit Steinzeichnungen von Edwin Scharff. Mün chen, Phantasus Verlag, 1922) erläutert das in einer vorzüglichen Weise. Die Steiuradierungen sind dem lichten Satz spiegel eingepaßt, die Bilder verbinden sich in der Art feiner Federzeichnungen mit der Schrift, ihre freie Linienführung ist durch ihr unmittelbares Vervielfältigungsverfahren gewahrt. Das ist gerade in diesem Falle unerläßlich, denn es sind die Ent würfe eines Plastikers, die dieses Buch zieren, buchgerecht zieren. Das Photogramm und die photomechanischen Reproduktions verfahren haben das Feingefühl für die plastische Umritzlinie sehr abgestumpft, die Unterschiede zwischen dem Sehen des Bildhauers und des Malers sehr verwischt. Man freut sich, datz in dem Lichtbilds so deutlich das Bildhauerwerk im Raum steht, und vergißt dabei, datz die schlichten Umrisse nach Bildhanerarbciten des achtzehnten, der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts künstlerisch wertvoller sein konnten als die glänzendsten Auto typien, wie sie auch buchgemätzer für einen buchkünstlerischen Standpunkt waren. Aber das sei nur nebenbei erwähnt, da der Hinweis auf den Plastiker die innere Ebenmätzigkeit dieses Buches erklären soll, das ein Ausnahmefall ist, die gelungene Illustra tion eines antiken Autors durch einen modernen. Buchkunst mutz auch aus einem künstlerischen Gemeinschaftsgefühl zwischen Buch und Werk hervorgehen. Es ist ein Paradoxon, wenn man be haupten würde, nnr der Bildhauer könne einen griechischen oder römischen Klassiker illustrieren, indessen -doch ein Paradoxon, in dem ein tieferer Sinn steckt. Wir haben lediglich Nachrichten über die antike Buchillustration und wir können uns von ihr keine rechte Vorstellung mehr machen. Vielleicht hatte sie, so weit das künstlerische Buchbild in Frage kommt, mit den Vasen- bildcrn einige Verwandtschaft, deren erstaunliche Griffclkunst man erst in den letztverslossenen Jahrzehnten recht zu würdigen gelernt hat. Das alles sind Dinge, über deren Möglichkeiten oder Nichtmöglichkeiten sich gelehrte Untersuchungen anstellen ließen, die schon dann, wenn sie auf den Band bezogen würden, die Buchform unserer Gegenwart, mancherlei Zweifel auslösen
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