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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 31.08.1922
- Strukturtyp
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- 1922-08-31
- Erscheinungsdatum
- 31.08.1922
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- Deutsch
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Redaktioneller Teil. X- 203, 31. August 1922. bürdete, hier verkehrte er mit liebenswürdigen, wohlwollenden Menschen, welche ihm,das Leben angenehm und anregend zu ge stalten unablässig bemüht waren. Die Tätigkeit im Buchhandel nahm nur den kleineren Teil seiner Zeit in Anspruch. Er benutzte -die reiche Muße, welche ihm Winter gönnte, zur Fortsetzung seiner Studien; er las eifrig ältere und fremde Dichter, mit besonderer Vorliebe jetzt Caldcron, und hörte auch wieder Vorlesungen an der Unibersität, bei Schlos- ser ein Kolleg über neueste Geschichte. Auch zur Fortsetzung der literarischen Versuche fand Hirzel in Heidelberg mannigfachen Anlaß. Er wurde Mitarbeiter vom »Neuen Bürger- und Bauern- Salender auf das Jahr 1828-, der im Verlage von Winter erschien. In einem Briefe an die Mutter vom 29. Dezember 1827 be richtet er dann über die Weihnachtsfeier in -der Winter-scheu Familie: »Am frühen Morgen des ersten Feiertages war dann bei Winters Bcscheerung, wo ich auch gar besonders bedacht wurde, u. a. eine Tasse, worauf das Schloß Heidelberg gemalt ist, bekam. Zum Rauchen ward ich nun einmal mit Gewalt getrieben. Die Mädchen hatten mir eine Pfeifcnschnur und einen ganz vortreff lichen Tabaksbeutel gestickt, die älteste mich aber gemalt. Dabei lag .etwas ganz feines' von Tabak, der für lange, lange Zeit Hai- ten wird. Du siehst, wie ich überall mit Wohlwollen und Güte gleichsam überschüttet werde-. Es war dem Ehepaar Winter noch vergönnt, im Kreise der Kinder und Enkel die Feier der goldenen Hochzeit 1852 zu be gehen; dann meldete sich allmählich das Alter, getrübt durch kleine Unfälle, durch schwerempfundene Todesfälle und schließ lich auch durch Verluste und Schwierigkeiten im Geschäft. Am 7. Januar 1858, kurz nach seinem 85jährigen Geburtstage, ent schlief Christian Friedrich Winter sanft, 1884 folgte ihm seine treue Lebensgefährtin in ihrem 89. Lebensjahre nach. Es ist ein reichbewegtes Leben, das ich hier entrollte, aber ein Leben, das durch seine Tatkraft, Arbeitsfreudigkeit und durch seinen edlen, alles Gemeine, Schmutzige verabscheuenden Charakter die größte Bewunderung hervorrust. Mit Recht konnte man auf Winter das Wort Goethes -anwenden: »Dieser ist ein Mensch gewesen und das heißt ein Kämpfer sein-. Der Schicksale des Geschäftes gedachte ich schon in kurzen Zügen, leider findet sich kein Verzeichnis über die Werke, welche Winter verlegte. Wir erfahren nur, daß verschiedene landwirt schaftliche Werke 1842 -beim Ausscheiden von Wilhelm Christian Winter jr. an den Verlag H. L. Brönner in Frankfurt a. M. übergingen; Anton hat dann den Verlag, der vornehmlich technische und naturwissenschaftliche Werke enthielt, weiter betrieben bis zum Verkauf an Polz in Leipzig, hat aber diesen Verkauf nur 3 Jahre überlebt. Er ist der Verleger der Jugendgedichtc Gottfried Kel- lers gewesen. Durch die Vermittlung von Fallen") war -es gelun gen, in seinem Freunde Anion Winter in Heidelberg einen Ver leger für diese Gedichte zu finden. Folien sichtete die Gedichte, setzte die Bedingungen fest und las sogar die Korrekturen. Die Sammlung wurde in Zürich gedruckt und in 1200 fertigen Exem plaren an die Veilagshandlung zum Preise, von 55 Kreuzern rheinisch -das Stück abgclicfert. Keller war später mit dieser Aus gabe gar nicht zufrieden und -auch mit seinem Verleger nicht. Bald nach seiner Ankunft in Heidelberg besuchte er ihn und schreibt darüber: »Mein Buchhändler Winter (Baechtold, Keller. I S. 345), welchen ich auch besuchte, ist ein sonderbarer Kauz. Er war ganz artig -und freundlich, erwähnte aber mit keiner Silbe meine Gedichte, was er für Geschäfte -damit gemacht hätte u. s. f. Dagegen studiert hier ein Sohn meines Vcrlagsb-uchhändlers Vie weg, welcher sagte, daß sein Vater in acht Tagen selbst hier durchreisen werde, was mir ganz gelegen kommt; ich habe schon Vorsorge getroffen, baß ich ihn sofort sehe, wenn er kommt». ») August Mols Folien <1794—1855), der bekannte G-iehener Bur schenschafter nnd Dichter, spater zeitweise Besitzer der Geßncrschc» Buch handlung in Zürich, dessen Besitzungen der Sammelpunkt all der be deutenden Geister war, die ihrem Vaterland den Rücken gewandt hatten. Und später erwähnt er Winter noch einmal"), indem er von Geldsorgen schreibt: »Hier wüßte ich gegenwärtig bei nicman- den zu entlehnen, als bei meinem alten Verleger, welcher mir aber nicht sehr grün ist, weil ich ihm nichts mehr gebe-. Die späteren Gedichte erschienen dann auch bei Vicwcg 1850 nach unangenehmen Auseinandersetzungen mit Winter, über die wir aber nicht näher unterrichtet sind; in einem Schreiben an Vie- weg in Sachen des Honorars für den »Grünen Heinrich» erfahren wir dann auch, daß Keller seinerzeit für die bei Winter erschie nenen Gedichte ein Honorar von 60 Louisd'or empfangen hat"). Wie wenig Freude Vieweg mit seinem Autor und mit dessen Meisterwerk hatte, bezeugt uns der Briefwechsel zwischen beiden. Der alte ursprüngliche Verlag von Winter war also, wie schon oben erwähnt, 1854 verkauft, aber der Inhaber des Sortiments Georg Karl Winter hatte neben dem Sortiment einen neuen Ver lag gegründet und ihn besonders nach dem Verkauf -des Sorti ments an Karl Gross weiter ausgebaut, und -dieser Verlag bildet vorzugsweise die Grundlage -der noch jetzt bestehenden bedeutenden Verlagsbuchhandlung. Georg Karl Winter war kränklich, und so war es geboten, daß -sein ältester Sohn Carl, geboren am 16. Mai 1836, schon bald den väterlichen Berus ergriff und -dem Vater eine Stütze wurde. Im jugendlichen Alter von 14 Jahren kam er bereits zu Baedeker in Koblenz, war dann später bei seinem Verwandten Carl Reimer (Weidmann'sche Buchhandlung), Leipzig, dann bei Nolte (Hcrol-d'sche Buchhandlung), Hamburg, und schließlich bei Bcrgcr-Levrault Wwe. »nd Sohn in Straßburg tätig. Als er 1857 znm Weihnachtssest nach Heidelberg kam, übergab ihm -der schwerkranke Großvater beim Abschied sein Petschaft und den Pfeifenkopf mit dem gemalten Familienwappen, gleichsam als Symbol, daß auf diesem Enkel die Zukunft und Hoffnung der Familie ruhe. Und er hat sich nicht getäuscht; 1859 bereits kehrte der Drei- tmdzw-anzigiährige zurück, um dem Vater eine treue Stütze zu sein, und gliederte an den Verlag eine neue Sortimenisbuch-Harid- lung an. über ein Mcnschenalter hat er das Sortiment geführt, das sich großer Blüte erfreute und lange Zeit die erste Sorti- ments-buchhandlimg am Platze war, vor allem sich auch eines großen auswärtigen Kundenkreises, besonders unter den Pastoren, erfreute. 1868 hatte der Vater auch den Verlag seinen Söhnen Carl und Friedrich abgetreten und sich zur Ruhe gesetzt (gestorben 1870). Nach dem Austritt -des Bruders Friedrich, der die Wintcrsche Druckerei in Darmsta-dl gründete, übernahm Carl den Verlag auf eigene Rechnung und legte den Grund zu der Be- deutnng, die das Geschäft jetzt besitzt. Werke wie Fischer, Ge schichte der Philosophie, Gmelin, Handbuch der Chemie, Dittmar, Weltgeschichte, die seinerzeit sehr bekannte und beliebte Sammlung von Vorträgen für -das deutsche Volk, hcrausgegebcn von Frommcl und Pfaff, die viele schätzenswerte Beiträge enthielt, sind damals entstanden. 1895 verkaufte Winter das Sortiment an F. W. Rochow, 1899 übergab -er den Verlag seinem Sohne Otto, dein jetzigen Besitzer des Geschäfts. 1885 hatte er in Gemeinschaft mit F. Wolfs das Geschäft von Julius Gross erworben, dessen im weiteren Aussatz gedacht werden wird, und stand diesem bis zu seinem Tc-de vor. Er starb am 12. November 1901 nach kurzer Krankheit. Mit Carl Winter ging einer der geachtetsten Heidel berger Bürger -aus dem Leben, ein Mann, der im Geschäftsleben in hohem Ansehen stand, voll Empfänglichkeit für alles Gute und Schöne, -durchdrungen von tiefer Religiosität, vaterländischer Ge sinnung und dem vollen Drang zu helfen und wohlzutun, wo er -konnte. Seine hohe Auffassung von seinem Beruf und dessen -ideellen Aufgaben, wie feine unermüdliche Arbeitskraft verschaff ten ihm äußere Erfolge und manche Ehrenstellen: bis zu seinem Tode gehörte er -dem Vorstande -des Süddeutschen Buchhändlerver- cins und der Literarischen Sachverständigenkommission für Baden, Württemberg und Hessen an. Doch fand er neben seinen Berufs- Pflichten noch Zeit für andere Arbeit nnd andere Interessen. Er nahm an der Entwicklung der städtischen Verhältnisse regen Anteil und gehörte längere Zeit dem Bürgerausschuß und -den städtischen ") Baechtold, Keller. I. 872. »») Baechtold, Keller. I. IOI. ,244
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