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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 03.11.1900
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- 03.11.1900
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8502 Nichtamtlicher Teil. 256, 3. November 1900. Preßvergehen verantwortlich gemacht. Vier Wochen später (18. Oktober) wurde in Preußen ein neues Censuredikt erlassen, das, obgleich es das Gesetz von 1788 aufhob, im wesentlichen nur eine Erneuerung jenes Gesetzes war. Neu war die Errichtung eines Obercensurkollegiums, das am 17. Dezember 1819 zum erstenmal zusammentrat. 1824 wurde das preußische Censurgesetz auf unbestimmte Zeit verlängert, wie auch das Kollegium auf unbestimmte Zeit (bis 1843) in Thätigkeit blieb. 1832, 1833 und 1835 waren Entwürfe zu einem neuen Censurgesetz ausgearbeitet, aber nicht in Anwendung gebracht worden. Die litterarischen Sünden des jungen Deutschland wurden also lediglich nach dem Censuredikt von 1788 mit den 1819 ein getretenen Verschärfungen und den mancherlei, Anfang der dreißiger Jahre erlassenen Ausnahmebestimmungen be- und verurteilt. Unter der Censur hatte Heine viel zu leiden. Nachdem sein Memoire über Polen, besonders aber die Harzreise (im Gesell schafter Januar bis Februar 1826) durch die Censur arg ver stümmelt worden war, rächte er sich dadurch, daß er in den gleichfalls 1826 geschriebenen -Ideen, das Buch Iw Sranä- das berühmte Kapitel 12 drucken ließ, das nur aus den Worten besteht: -Die deutschen Censoren — Dummköpfe«, wobei zwischen den beiden letzten Worten fünf Zeilen Gedankenstriche stehen, die nach der Meinung des Autors Censurstriche, in Wirklichkeit seine Ansicht über die Organe der Censur bedeuten sollten. 1835 ge hörte Heine nebst den anderen Autoren des jungen Deutschland zu den gänzlich verbotenen Schriftstellern. Für Preußen bedurfte es seitdem einer Nachcensur oder einer besonderen Erlaubnis für jedes außerhalb Preußens gedruckte Werk. Das erste Zeichen der Aufmerksamkeit, das die preußische Censur Heine schenkte, war ein vom 14. Januar 1831 datierter Brief G. v. Räumers als Mitglied des Obercensurkollegiums an die Minister des Innern, des Kultus und des Auswärtigen, in dem er seine Chefs auf Heines Buch -Nachträge zu den Reisebildern-, Hamburg1831, aufmerksam machte. Das vom Obercensurkollegium darüber eingeforderte Gutachten lautete: -Das Buch ist unserer Ansicht nach eines der verderb lichsten Produkte, die in der jüngsten Zeit durch die Druckpresse in das Publikum gebracht worden sind u. s. w.- Eine weitere Arbeit Heines, die am 18. Juni 1833 durch die Censur verboten wurde, war die Vorrede zu -Kahldorfs Briefen über den Adel«. Am 29. Januar 1833 erließ König Friedrich Wilhelm III. eine Kabinettsorder an den Minister des Innern, in der er der Anzeige darüber entgegensah, -was wegen der zu Hamburg und Offenbach gedruckten, höchst verwerflichen beiden Bücher -Fran zösische Zustände- von Heine und -Mittheilungen aus dem Gebiete der Länder- und Völkerkunde- von Börne verfügt worden-. Beide Schriften wurden infolgedessen am 1. Februar für Preußen ver boten. Auch wegen Heines Schrift -Zur Geschichte der schönen Litteratur«, die dem Berliner Polizeipräsidenten keinen Anlaß zum Einschreiten gab, wurde vom Censurkollegium am 19. Mai 1833 das Verbot beantragt und vom Ministerium verfügt. Ende 1833 wurden Band III und IV der Reisebilder und Band I des -Salon- verboten, welches Verbot auch auf die etwa noch erschei nenden ausgedehnt wurde. Auch die französische Ausgabe der Heineschen Werke und zwar: Osuvrss vol. V, VI, die die bereits in ihrer deutschen Fassung untersagten Aufsätze über die schöne Lttte- ratur enthielten unter dem Titel: Os l'^llemagns I. II, wurden auf Grund eines Gutachtens des Obercensurkollegiums am 31. Juli 1835 verboten. Noch in demselben Jahre erfolgten die allgemeinen Verbote Preußens und des Bundestages gegen die Schriften des jungen Deutschland. In dem Verbot des Bundestages (10. De zember 1835) wird Heine u. a. als Führer der antichristlichen und gotteslästerlichen, alle Sitte, Scham und Ehrbarkeit absichtlich mit Füßen tretenden Litteraturgruppe bezeichnet. Ein lang verhaltener Groll gegen das Christentum wird als das eigentliche Hauptmotiv des litterarischen Treibens hervorgehoben u. s. w. Wären diese Verbote durchgeführt worden, so könnte von einer Geschichte der Heineschen Schriften in Deutschland und ins besondere in Preußen nicht mehr die Rede sein. Aber nur in Preußen zeigte man mit der Durchführung einigen Ernst, ließ aber die Schriften des jungen Deutschland zu, wenn sie die Billigung des besonders dafür eingesetzten Censors gefunden hatten. Als solcher wurde Geheimrat John und als sein gelegentlicher Vertreter Kammergerichtsrat Grano ernannt. Bon beiden ist eine ziemliche Anzahl litterarischer Berichte erhalten; so ist z. B. infolge eines Johnschen Gutachtens vom 1l. Januar 1838 die zweite Äusgabe des Buches der Lieder am 12. Februar 1838 zugelassen worden. Am 28. Dezember 1841 wurde der gesamte Verlag von Hoffmann L Campe in Preußen verboten. Ende Oktober 1843 reiste Heine über Brüssel, Amsterdam, Bremen nach Hamburg, wo er am 29. Oktober ankam. Hier hielt er sich bis Anfang Dezember auf und war am 19. Dezember wieder in Paris. Das Ergebnis dieser Reise war das große Gedicht -Deutschland, ein Wintermärchen-. Am 17. April 1844 sandte Heine das Manuskript an seinen Ver leger. In mündlichen Vereinbarungen mit diesem — Heine war von Ende Juli bis Anfang Oktober in Hamburg — wurde festgesetzt, daß das Epos Deutschland mit den Neuen Gedichten zusammen erscheinen, aber auch eine Sonderausgabe davon ver anstaltet werden sollte. Das Buch wurde in Preußen verboten, ebenso wie die Sonderausgabe. Mit der Revolution 1848 wurde der Censur ein Ende gemacht und damit hörten auch die Ver folgungen Heinescher Werke auf. Die Beziehungen Gutzkows zur preußischen Censur beginnen im Jahre 1831, in welchem ihm auf seine Eingabe vom 1. Juli am 25. August von dieser gestattet wurde, in das von ihm herausgegebene -Forum der Journallitteratur- auch Gegenstände der Politik, soweit sie mit der Journallitteratur zusammenhingen, vorläufig auf ein halbes Jahr aufnehmen zu dürfen. Am 25. Ok tober desselben Jahres bat Gutzkow um die Erlaubnis, in dem von dem Buchhändler Krause verlegten -Eulenspicgel» den politischen Teil zu übernehmen, ferner die ihm für das Forum erteilte Er laubnis, auch Politisches zu schreiben, von der er bisher keinen Gebrauch gemacht habe, vom 1. Januar 1832 auf ein Jahr aus zudehnen. Für mehrere Jahre hatte die preußische Censur mit Gutzkow nichts zu schaffen. Ec lebte in Süddeutschland und ent wickelte eine vielseitige Thätigkeit u. a. als Mitarbeiter Menzels. 1835 erschien Gutzkows Roman -Wally, die Zweiflerin-, der am 24. September 1835 verboten wurde. Auch Gutzkows Ausgabe von Schleiermachers Briefen über die Lucinde, die ursprünglich zugelassen war, wurde verboten. 1834 ließ Ludolf Wienbarg seine als Privatdozent in Kiel gehal tenen Vorlesungen unter dem Titel -Aesthetische Feldzüge, dem Jungen Deutschland gewidmet- in Hamburg erscheinen. Diese hier zum erstenmale auftretende Bezeichnung des Jungen Deutschland sollte nichts anderes bedeuten als Deutschlands Jugend, zu der Wienbarg gesprochen und für die er auch sein gedrucktes Werk bestimmt hatte (diovino Itslis,: Ns-srini, Os, jouns Örsnos: Viotor Lu^o). Wienbargs Schrift erntete bei manchen Zeitgenossen reichen Beifall, nicht so bei dem preußischen Obercensurkollegium, das am 4. Juni 1834 den Verkauf des Werkes untersagte und am 2. Oktober 1835 auch desselben Verfassers: -Wanderungen durch den Tierkreis- verbot, während sein Werk -Holland im Jahre 1831—2- unbeanstandet blieb. Auch Theodor Mundt, der dritte der vier vom Jungen Deutschland, hatte im Anfänge seiner litterarischen Thätigkeit manches Geplänkel mit der Censur. In Sachsen gestattete man das Erscheinen der von ihm geplanten -Perspektiven für Litteratur und Kunst» nicht. Die ihm für diese Zeitschrift zugegangenen Bei träge gab er in einer Sammlung: -Schriften in bunter Reihe zur Anregung und Unterhaltung-, Leipzig 1834, heraus. Einer dieser Beiträge: -K. L. v. Knebels litterarischer Nachlaß- und zwar eine Stelle in einem Briefe Herders an Knebel, die sich gegen das Weimarische Fürstenhaus richtete, verstimmte in Weimar. Nun ließ Mundt 1835 in Leipzig ein Werk: -Madonna, Unterhaltungen mit einer Heiligen- erscheinen, welches großen Unwillen bei den Behörden erregte und vom preußischen Obercensurkollegium (30. April 1835) verboten wurde. In dem Gutachten des Kolle giums ist u. a. auch von den Schriftstellern dieser Schule des Jungen Deutschland die Rede. Während die bisher genannten drei Vertreter des jungen Deutschland nur durch je eine Schrift das Mißbehagen der preußi schen Regierung erregten, hielt der vierte, Heinrich Laube, die Be hörden lange in Atem. Er galt nicht bloß als ästhetischer Stören fried, der bisweilen Streifzüge auf politisches und religiöses Gebiet unternahm, sondern auch als politischer Verbrecher, dem noch dazu der -Schandfleck- des ehemaligen Burschenschafters anhaftete. Er war der einzige unter seinen Gesinnungsgenossen, der mit den preußischen Gefängnissen längere Bekanntschaft machte. Die von Geiger mitgeteilte Selbstbiographie Laubes aus den Akten, di« man in dem oben angezeigten Werke Nachlesen möge, weicht in verschiedenen Punkten von den 1875 erschienenen Erinnerungen 1810—1840 Laubes ab. Die Aufmerksamkeit der preußischen Polizei lenkte sich schon 1832 auf Laube. Am 3. Dezember 1832 berichtete der Regierungspräsident G. A. Rochus von Rochow in Merseburg an den Minister des Innern, daß Laube und Josl Jacoby in Leipzig die Erfinder von jür Preußen ungünstigen Nachrichten wären. Es wäre daher gut, wenn beide aus Leipzig entfernt oder zur Leistung ihrer Militärpflicht von dort abgerufen würden. Da Laube wegen Kurzsichtigkeit zum zweiten Aufgebot der Land wehr vermerkt war, mußte man abwarten, ob der Verdächtige elbst Anlaß zur Verfolgung geben würde. Dies geschah bald genug. Wenige Wochen später erschien Laubes erste größere Schrift -lieber Polen-, Fürth 1833, als erster Band einer größeren Sammlung: -Das neue Jahrhundert.- Ueber diese Schrift gab das Obercensurkollegium ein Gutachten ab und beantragte: 1. die Schrift zu verbieten, 2. wegen der späteren Bände des Sammel werkes: -Das neue Jahrhundert- Verfügungen zu treffen, 3. bei Bayern Beschwerde wegen des Druckes der Schrift zu erheben und 4. der Preßkommtssion des Bundestages Mitteilung zu machen.
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