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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 09.01.1882
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 09.01.1882
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- Deutsch
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92 Nichtamtlicher Theil. 6, 9. Januar. geistigen Empfindens zu erheben, um sein Herz zu befreien von Sorge und Schmerz, oder seine Seele zur Andacht zu stimmen. Aus diesem Grunde betrachtete er die Musik auch mehr als ein köstliches Kleinod, welches er nur vertrauten Kreisen erschloß, und gar Mancher in seiner weiteren Umgebung ahnte kaum, ein wie reicher Schatz künstlerischer Begabung diesem bescheidenen Manne innewohnte. Das religiöse Leben gewann in ihm eine eigenartige Gestaltung. Zwar war Kaiser am wenigsten der Mann, welcher sein Christenthum aus der Zunge trug, auch hierin übte er eine keusche Zurückhaltung: aber er bezeugte es durch Thaten reiner Nächstenliebe. Bei seinem regen Sinn für das öffentliche Wohl hat Kaiser die durch die Kirchengemeinde- und Synodalordnung von 1873 geschaffene Neugestaltung des kirchlichen Lebens mit Freuden be grüßt. Schon bei der Vorbereitung der ersten Wahlen zu der zweigestaltigen kirchlichen Körperschaft ist er eifrig thätig gewesen. Im Januar 1874 wurde er gleichzeitig mit dem Staatsminister vr. Falk durch eine säst an Einstimmigkeit grenzende Majorität zum Mitglied? des dorotheenstädtischen Gemeinde-Kirchenrathes gewählt; nach Ablauf der sechsjährigen Wahlperiode wurde ihm von allen Stimmen außer einer, wahrscheinlich seiner eigenen, das Aeltestenamt aufs neue übertragen. Mit wärmster Pflicht treue hat er sich seines kirchlichen Amtes angenommen und die Sitzungen mit solcher Regelmäßigkeit besucht, daß kaum eine ein malige Abwesenheit constatirt werden kann. Allen kirchlichen Angelegenheiten brachte er ein lebhaftes In teresse entgegen und zeigte in der Behandlung derselben ebenso ein zartes Verständniß für das innere Wesen der Kirche, wie ein unge wöhnliches Maß von Geschick, Einsicht und Erfahrung in Bezug aus die jenigen Dinge, die ihrer weltlichen Seite angehören. Aus Frömmig keit und Ueberzeugung war er liberal, ohne je aggressiv zu sein; auch abweichenden Meinungen gegenüber verleugnet- sich nie die edle Milde; anziehend und fesselnd mußte auf Jeden einwirken die angeborene Freundlichkeit und die durchgebildete Humanität seines Wesens. Sein Urtheil war stets nüchtern, unbefangen, der Gründe sich wohl bewußt, von Liebe zur Sache und von lauterem Wohlwollen für die betreffenden Personen eingegeben. Natürlich, daß seiner Stimme von seinen Collegen ein besonders geneigtes Gehör geschenkt wurde und seine Ansicht für die zu fassenden Beschlüsse oft ausschlaggebend war; er hat ein anerkennenswerthes Theil dazu beigetragen, daß von jeher der schönste Friede bei den Verhandlungen der kirchlichen Körperschaft geherrscht hat. Es war nur ein äußerer Ausdruck der Stellung, die er schon immer im Gemeinde-Kirchenrathe einnahm, daß er vor Jahres frist einstimmig zum Laien-Borsitzenden gewählt wurde. Er wurde gewiß herangezogen, wenn es die Erledigung besonders schwieriger und wichtiger Ausgaben galt, wie sie dem Gemeinde-Kirchenrath und der Vertretung grade in den letzten Zeiten Vorlagen; neue verwickelte, Zeit, Kraft und Umsicht erfordernde Arbeit war in seinen Händen, als Krankheit und Tod seiner eifrigen kirchlichen Thätigkeit unerwartet ein Ziel setzten. Durch das Vertrauen der dorotheenstädtischen kirchlichen Körperschaft war er auch Mitglied der Friedrich-Werder'schen Kreissynode geworden. Zum öfteren hat er hier durch kurzes verständiges Eingreifen in die Debatte sich bemerklich gemacht, zweimal ist ihm Gelegenheit zu einem längeren Vortrage ge geben gewesen, und beide Male hat er durch Inhalt und Dar stellung mit seinem Referat sich die Herzen der Consynodalen gewonnen. Im Frühling 1876 galt es die Beantwortung der vom königl. Consistorium gestellten, bereits vorher erwähnten Frage, wie dem Bildungs- und Lesebedürfniß durch Verbreitung guter Schriften am wirksamsten Befriedigung zu verschaffen sei. Hier konnte er schöpfen aus dem Reichthum seiner buchhändlerischen Erfahrung und aus der Tiefe seiner Begeisterung für gesunde und wahrhaft sittliche und sittigende Volksbildung; und er breitete vor der Synode eine Fülle von Thatsachen und anregenden Ge danken aus, daß ihm ein allgemeiner warmer Dank dafür zu- theil wurde. — Im Frühling 1880 war von den kirchlichen Behörden zur Berathung gestellt: die eingreifendere Betheiligung der Kirche und ihrer Organe an der Fürsorge für das sittliche Wohl und die christliche Erziehung der Waisen. Auch hier stand ihm die eingehendste Kenntniß und Erfahrung zu Gebote von seiner Wirksamkeit im Waisenrathe her. Auf Grund derselben kam er zu zwei Sätzen, von denen die Synode den zweiten sich aneignete: 1) daß eine solche eingreisendere Betheiligung nach Lage der Berliner Verhältnisse als Bedürfniß sich nicht darstelle; 2) daß es dagegen zu empfehlen sei, die Mitwirkung der Herren Geistlichen da in Anspruch zu nehmen, wo nach Ansicht des Vormundes oder des Waisenrathes in be sonderen Fällen eine ernste Ermahnung der Mündel, wegen schwer tadelnswerther Führung geboten erscheint. Es lag diesen Sätzen die löbliche Absicht zum Grunde, den Geistlichen viel äußere weitläufige und oft nutzlose Arbeit zu ersparen, ihre Thätigkeit aber zu sittlicher und religiöser Ein wirkung aus die Waisen zu verwenden. Auch sür diese Arbeit wurde ihm der Dank der Synode ausgesprochen. Daß Kaiser auch an den vielen schwierigen Arbeiten der „vereinigten Kreissynoden von Berlin", als: Statut und Ge schäftsordnung, Vorsitzsrage, Kirchensteuer und theilweise Ab schaffung der kirchlichen Gebühren und Opfer, Wahlen für den Vorstand und den geschäftsführenden Ausschuß mit größtem Eifer theilgenommen hat, braucht kaum noch erwähnt zu werden. Er hat diese große Veränderung des Berliner kirchlichen Lebens gerade noch herbeisühren helfen, die Früchte derselben hat er nicht mehr sehen sollen. Die übernommenen Pflichten im edelsten Sinne ganz zu erfüllen und mit bester Einsicht und Kraft der Gemeinde zu dienen zum Wachsthum an Dem, der ihr lebendiges ewiges Haupt ist, — das ist der Grundsatz seiner kirchlichen Gesinnung gewesen, damit hat er sich weit über den nächsten Kreis seiner unmittelbaren Wirksamkeit hinaus selbst ein ehren des Denkmal gesetzt und der Kirche das Bild eines echten evan gelischen Gemeinde-Aeltesten hinterlaffen. In so edlem, thatkräftigem Wirken fand ihn noch der Herbst. Obgleich seine Gesundheit niemals eine starke gewesen war, entschloß er sich doch nur sehr selten, die gewohnte Beschäftigung in seiner stillen Gartenstube zu unterbrechen; hier nur förderte ihm die Arbeit. Hier, wo er so gern der Pracht des kommen den Frühlings sich erfreute, sah er zum letzten Male die Blätter welken, — auch sein Leben neigte zum Ende. — Es war schon besorgnißerregend, als er Anfang September, scheinbar ohne ernstere Erkrankung, die Stätte seines Wirkens verließ. Nur zu bald rechtfertigte sich die Sorge; auffallender wurden Schwäche und Theilnahmlosigkeit, ein typhöses Fieber hatte ihn ergriffen. Am 29. September entschlief er, wie wir glauben, ohne Schmerz und ahnungslos. Tiefe Trauer geleitete ihn zum Grabe; Worte warmen Dankes, inniger Liebe und Verehrung wurden an seinem Sarge vernommen. Wir bewahren sein Andenken als das eines Mannes, der eine schöne, in sich harmonische Begabung vielseitig zu edler Ent faltung zu bringen wußte; der scharfen Verstand, eindringende
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