Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 09.01.1882
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 09.01.1882
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-18820109
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-188201098
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-18820109
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1882
- Monat1882-01
- Tag1882-01-09
- Monat1882-01
- Jahr1882
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
8, 8. Januar. Nichtamtlicher Theil. 91 Nichtamtlicher Theil Hermann Kaiser. Schluß aus Nr. 3. Wersen wir nach der Betrachtung der engeren und weiteren Wirksamkeit Kaiser's als Buchhändler noch einen Blick auf seine Persönlichkeit und sein Einwirken auf das össentliche Leben. Ernst und Reinheit der Gesinnung, überlegener Verstand leuchten schon aus dem Vorangegangenen deutlich hervor; noch andere Gaben aber vereinigten sich in ihm zu einem reichen Schmuck schöner Eigenschaften. Vor allem durchdrangen Wahrhaftigkeit und Ueber- zeugungstreuc sein ganzes Wesen und prägten ihm den Cha rakter unbedingter Zuverlässigkeit auf. Durchaus selbständig in der Bildung seines Urtheils, überall auf eine kraftvolle, klare und gesicherte eigene Ueberzeugung hinarbeitcud, vertrat er aus verschiedenen Gebieten Ideen, welche der herrschenden Strömung entgegenstanden; niemals verleuguete er dabei den Muth der eigenen Meinung. Wohl verleitete ihn die Lebhaftigkeit seiner Em pfindung in einzelnen Fällen zu verfehlten Folgerungen; meistens aber war der weitere Grund solcher Abweichung leicht genug zu erkennen in der angeborenen Scheu vor dem Unwahren, Unge rechten oder Unschönen. Wo immer er bei Gegnern solche Mängel argwöhnte, und vielleicht manchmal mit Unrecht, da konnte sich seine sonst so milde und freundliche Form in schroffe Ab weisung verwandeln. Uneigennützigkeit und Freigebigkeit sind weitere Cha rakterzüge, welche sich in allen seinen Handlungen ausprägten. Kaiser übertrug sic auch aus seine geschäftlichen Beziehungen und hier wurden sie geradezu zurSchwäche. Das kühle, gewinnbringende Wägen des Kaufmanns, Kaiser hat es kaum gekannt und zu seinem Nutzen verwendet; ihm galt es zunächst, Schönes und Gutes zu schaffen und er vertraute, es werde ihm bescheidenen Gewinn bringen; oft hat er sich darin getäuscht. Diese schönen Eigenschaften fanden Unterstützung in einer seltenen Bedürsnißlosigkeit. Die materiellen Genüsse des Lebens kannte und liebte er wenig. Dem geselligen Verkehr in der modernen hauptstädtischen Form war er nicht geneigt; ein heiteres Gespräch unter Freunden aber verstand er wohl zu schätzen. Im Umgänge entfaltete er ein liebenswürdiges und gewinnen des Wesen, dessen angenehmer Eindruck durch die ansprechenden, seinen Gesichtszüge, das klug aufblickende Auge und die gefällige, schlanke Figur noch gehoben wurde. Seine Unterhaltung war lebhaft, voll origineller Gedanken; häufig sprang sie auf andere Gegenstände über und wurde durch schalkhafte Laune verkürzt. Dem Familienleben widmete sich Kaiser mit ganzem Gemüth. Im Hause theilte die Gattin seine musikalischen Leistungen mit Verständniß und Eifer. Das Glück des Besitzes eigener Kinder war ihm versagt, doch fand er Ersatz in der Er ziehung des Stiefsohnes und später im Verkehr mit dessen Familie. Mit Treue pflegte er die Gefühle der Freundschaft in seinem Herzen. Hier sei nur zwei Heimgegangener, unvergessener Männer gedacht: G. W. F. Müller und Julius Springer. Fesselte ihn an Müller die milde und versöhnliche Natur, die reiche, durch mancherlei Schicksalsschläge gewonnene und zu reinster sittlicher Gestaltung vertiefte Lebenserfahrung, so be wunderte er an Springer den ausgezeichneten Jntellect, die sel tene Energie und Arheitstüchtigkeit, welche ihm eigen waren. Beiden Männern hat er, über ihr Grab hinaus, dankbare Liebe und Verehrung bewahrt, welche in der richtigen Erkenntniß und Werthschätzung ihrer hohen geistigen und sittlichen Bedeutung den festgefügten Grund hatten. In socialen und politischen Dingen folgte er einer ausgesprochen freisinnigen Richtung, ohne sich einer bestimmten Partei in die Arme zu werfen oder deren Schlagworte sich an- zueignen; auch hier bewahrte er ein selbständiges Urtheil von Fall zu Fall. Am politischen Leben hat sich Kaiser wenig be theiligt, das wüste Parteitreiben, die so oft zur Herrschaft ge langende Phrase, die innere Unwahrheit und Heuchelei, die sich so leicht mit den leidenschaftlich geführten Kämpfen verbindet, waren ihm zuwider. Den Pflichten, welche die Communal-Verwaltung ihren Bürgern auserlegt, unterzog sich Kaiser mit freudiger Bereitwillig keit. Mancherlei Aemter übertrug ihm im Laufe der Jahre das Vertrauen der Bürgerschaft. Nützliche Thätigkeit entwickelte er während des Zeitraumes von 1862 bis Anfang der 70er Jahre als Vorsteher seines Stadtbezirks und als Districts-Vorsteher. Die erfolgte Wahl zum Stadtverordneten mußte er jedoch wegen Kränklichkeit und Ueberhäusung mit anderen Beschäftigungen ab lehnen. Besonders segensreich wirkte er in vieljähriger Arbeit als Mitglied des Waisenrathes, woraus später hingewiesen wer den soll. Die Humanitären Zwecke des Vereins gegen Verarmung förderte er durch reges Interesse für die Sache und mit ge wissenhafter Treue und Hingebung. Ihm gebührt das Verdienst, bei der Entstehung und Einrichtung des Vereins mitgewirkt zu haben. In dem Localcomite für die Dorotheenstadt vom Mai 1870 bis März 1880 stellvertretender Vorsitzender, übernahm er von da bis zu seinem Tode den Vorsitz. Von 1870 bis 1875 war er außerdem Mitglied des Vorstandes des Vereins, legte aber dieses Amt zum allgemeinen Bedauern wegen Kränklichkeit nieder. Den Bestrebungen, welche zur Errichtung desSchaper'schen Goethe-Denkmals führten, schloß sich Kaiser mit warmer Be geisterung an; ihm wurden die Arbeiten zur Beschaffung der Mittel und das Rechnungswesen übertragen. Tiefe Befriedigung gewährte ihm die langersehnte Vollendung und Aufstellung des Denkmals; vielleicht war es das letzte Kunstwerk, dessen An schauung ihm hohen Genuß, reinste Freude bereitete. I» srüher Jugend schon bezeigte Kaiser eine besondere Nei gung für die Musik. Die Verhältnisse seines elterlichen Hauses gestatteten aber nicht, seine Anlage durch regelmäßigen Unterricht zu fördern. Nur kurze Zeit bot sich ihm Gelegenheit, von einer begabten Verwandten im Clavierspiel unterwiesen zu werden. Was ihm so an methodischer Ausbildung entgangen war, ersetzte Kaiser durch unermüdlichen Fleiß und er gelangte zu einer bei Dilettanten ganz ungewöhnlichen Technik. Aber nicht die Fertig keit seines Spiels fesselte die Zuhörer, vielmehr war es die Wiedergabe der eigenen Empfindungen seines sinnigen Gemüths, der edle Vortrag und das tiefe Eindringen in die Gedanken der Meister, von denen in erster Reihe Beethoven, Wagner, Chopin seine bewunderten Ideale waren. Ein ausgezeichnetes Gedächt nis; befähigte ihn, namentlich auch das, was er durch Studium in sich ausgenommen oder auch nur gehört, in freier Variirung zu anderen Tonfiguren umzuformen, welche der Stimmung des Augenblickes entsprachen. Kaiser wählte die Musik als das bevorzugte Mittel, um sich aus den Nichtigkeiten des Lebens in die Sphäre höheren 13*
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder