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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 11.10.1882
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- Erscheinungsdatum
- 11.10.1882
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- Deutsch
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4358 Nichtamtlicher Theil. 23Ü, tl. Öctoher. Nichtamtlicher Tbeil. Die Buchdruckcrkunst in der Türkei. Die „Politische Korrespondenz" erhält aus Konstanlinopel folgende interessante Mittheilung: Während die aegyptischcn Angelegenheiten Jeden im Palast des Sultans völlig in Anspruch nehmen, wandelt unter den Kammerherren des Padischah ein Mann, der. unbeirrt von dem aegyptischcn Fieber seiner Genossen, mit der Zähigkeit der starke» lleberzeugung und mit der ruhigen Pedanterie eines deutschen Professors an der Verwirklichung eines wissenschaftlichen Planes arbeitet, welcher das Interesse der europäischen Gelehrtenwelt in hohem Grade zu erregen geeignet ist. Der zweite Kammerherr des Sultans, Osman Bey, trägt sich nämlich seit längerer Zeit mit dem Gedanken, in Konstantinopel eine Musterbuchdruckerei zu gründen, deren ausgezeichnetes Material und auserlesenes Personal ihm die Möglichkeit bieten würde, die wichtigsten reli giösen, geschichtlichen und wissenschaftlichen Literaturdenkmäler der muselmännischen Civilisation, welche in Europa nur aus schlechten Handschriftencopien oder fehlerhaften gedruckten Ausgaben bekannt sind, in tadelloser Form zu veröffentlichen. Der Plan wurde bereits zur That, und das reich und glänzend ausgestattete Muster institut ist schon ins Leben getreten. Osman Bey erösfnete die Reihe der Drucke mit einer Ausgabe des Koran, welche dazu bestimmt ist, unter den ärmsten Elasten des muselmännischen Volkes in Fülle verbreitet zu werden, und deren Preis daher ungemein niedrig angesetzt ist. Man spricht von so manchen kühnen Unternehmungen, welche Osman Bey ins Werk zu setzen im Begriff stehen soll. So wird ihm die Absicht zugeschriebeu, die Werke der vornehmsten arabischen und türkischen Geschicht schreiber, welche bisher noch nie in Druck gelegt wurden, heraus zugeben. Es wäre dies wahrlich eine Leistung von nicht geringem wissenschaftlichen Werth, und Osman Bey würde, um ein Beispiel anzusühren, durch die genaue Wiedergabe der Schriften des be rühmten arabischen Historikers Ebu-Kaldun oder des türkischen Hodja Effendi den Orientalisten aller Länder einen großen Dienst leisten. Der Sultan ermuthigt seinerseits Osman Bey in diesem Unternehmen, welches bestimmt ist, eins der glänzendsten Gebiete der muselmännischen Civilisation in Helles Licht zu setzen. Die Geschichte der Buchdruckerkunst in der Türkei ist ebenso alt wie interessant, und eine kurze Hervorhebung ihrer wichtigsten Momente dürfte im gegenwärtigen Augenblick, wo die Kunst Gutenberg's nach obiger Meldung im Orient einen neuen Auf schwung zu nehmen scheint, nicht ohne Interesse sein. Während schon um die Mitte des 16. Jahrhunderts fast in allen Ländern Europas Druckereien bestanden und aus einzelnen derselben — ich erinnere hier nur an Manuzzi in Venedig, Junta in Florenz, Etienne in Paris und Plantin in Antwerpen — bereits noch heute bewunderte Meisterwerke hervorgegangen waren; während die Buchdruckerkunst schon 1532 durch Antonio de Meodoza's Be mühungen ihren Weg im Dienste der Civilisation und Humanität über den Ocean nach Amerika gesunden hatte, wurden im Osmanen- reich alle Vervielfältigungen von Büchern und sonstigen Werken noch fast zwei Jahrhunderte lang ausschließlich durch die Zunft der Abschreiber (Hattat) bewirkt. Das in allen muhamedanischen Staaten herrschende Vorurtheil gegen eine durch Maschinen zu be wirkende Herstellung von Büchern religiösen Inhalts stellte sich der Errichtung von Druckereien ebensosehr als unübersteigbarcs Hinderniß entgegen, wie die Scheu der Ulema's und hohen Be amten, die reiche und einslußbegabte Zunft der Abschreiber der großen Vortheile zu berauben, die dieselbe aus ihrem Monopol zog. Erst 1726 erließ Sultan Achmed III., ein glühender Verehrer und großherziger Beschützer der Wissenschaften und Künste, etnen kaiser lichen Hatt, durch welchen in der Hauptstadt des Islam, in Kon stantinopel selbst, eine Reichsdruckerei errichtet wurde. Diese wichtige Neuerung war vorher durch ein Fetwa des Scheich ul Islam Abdullah Effendi, welcher ebenso wie der da malige Großvezier Ibrahim Pascha dem Fortschritt huldigte, aus drücklich genehmigt worden. Ebenso hatten die meisten Mitglieder des Collegiums der Ulema's, darunter besonders die vier Kasiasker (Oberlandrichter) durch Siegel und Unterschrift ihre Zustimmung ertheilt, nachdem der Großherr ihnen schriftlich garantirt hatte, daß der Koran, die Comnientare dazu und überhaupt alle das Scheriat (religiöses Recht) behandelnden Werke auch fernerhin nur durch Abschreibe» vervielfältigt werden sollten. Der Reichsgeschichtschreiber Aaßim Tschelebisade schildert in seinen im kaiserlichen Staatsarchiv ruhenden Aufzeichnungen das wichtige Ereigniß der Einführung der Buchdruckerkunst in der Türkei mit folgenden Worten: » ... . Muhamed Said Effendi, Beamter des Geheimzimmers Sr. Hoheit (Centralbureau des Großveziers), begleitete seinen Vater, Jirmisekiß Tschelebi Muhamed Effendi, Botschafter der hohen Pforte in Frankreich, nach Paris. Er hatte dort Gelegenheit, die von den Franzosen, den Teufeln des Menschengeschlechts, in Anwendung gebrachte sinnreiche Methode, Bücher und andere Werke schnell und billig zu vervielfältigen, an Ort und Stelle gründlich kennen zu lernen. Diese Erfindung reizte ihn sehr, und ihr Studium erweckte in ihm den heißen Wunsch, die segensreiche Kunst auch in sein Vaterland einzusühren. Ibrahim Effendi, Be amter der hohen Pforte, ursprünglich im Lande der Ungläubigen geboren, später aber in Stambul durch Studium und Gnade ans den rechten Weg des Islam gebracht, vereinte sich mit Said, und beide zusammen überreichten dem Großvezier eine Eingabe unter dem Titel: Vossilotut tibnat, in welchem sie den Nutzen der Buch druckerkunst klarlegten und die Nothwendigkeit betonten, sie in das Thor der Glückseligkeit (Konstantinopel) einzusühren. Der Groß vezier, überzeugt von der Wahrheit der ihm mitgetheilten That- sache und von der Zweckmäßigkeit der ihm ausgesprochenen Wünsche, trug die Angelegenheit dem hohen Chalifen vor, und dieser legte dem weisen und unparteiischen Herrn des Glaubens, dem gelehrten Scheich ul Islam Mufti Abdullah Effendi, folgende Frage in der hergebrachten Form schriftlich vor: „Frage: Wenn Said, des Drückens kundig, die Absicht hegt, philosophische und andere löb liche Werke mit Maschinen durch die beim Drucken herkömmliche Weise zu vervielfältigen, erlaubt ihm dies das heilige'Gesetz?" Hieraus erließ der Mufti folgendes Fetwa: „Antwort: Ja. Die richtige und billige Vervielfältigung von guten Werken ist löblich und verdient jede Aufmunterung. Es ist aber im höchsten Grade wünschenswerth, daß Said sich mit fähigen und redlichen Leuten verbindet, welche im Stande sind, den Druck auszusühren und zu beaufsichtigen, sowie die nöthigen Corrccturen und Revisionen an zustellen. Diez schrieb der arme Abdullah, des Propheten Knecht, Gott sei ihm gnädig. Der Allmächtige weiß es besser." Darauf erließ Effendimis (wörtlich „Unser Herr", Bezeichnung für den Sultan) am 15. Zilkade 113g (1726) das Edict zur Errichtung der Reichsdruckcrei.« Durch den hier in Betracht kommenden kaiserlichen Hatt wurden der ungarische Renegat Ibrahim Effendi, der später noch den Ehrenbeinamen Basmadschi (der Drucker) erhielt, und der Türke Muhamed Said Effendi zu Directoren des neuen Staats instituts ernannt, dessen Errichtungs- und Unterhaltungskosten der Sultan aus seiner Privatcasse bestritt. Desgleichen bezahlte der
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