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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.08.1882
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 16.08.1882
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- Deutsch
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3426 Nichtamtlicher Theil, II- 189, IS. August. Zeit reich an seltenen Mannscripten auf Papier und Pergament. Die Zerstörung der größten Bibliotheken des Alterthums durch Feuer und Flamme hat also dazu beigetragcn, Vieles aus dein Alterthum zu retten, was uns überliefert worden ist, Vieles vor dem gänzlichen Untergang bewahrt, eben durch die Zerstückelung. Es bleibt immerhin wunderbar, daß in diesen Zerstörungen der Bücher noch so Vieles von dem frühesten geistigen Besitz des Alterthums gerettet worden ist ; denn wie ein deutscher Schriftsteller so treffend sagt"): „Denn trotz aller jener Völkerstürme, trotz aller Verwüstungen, die Jahrhunderte lang über die Welt hinzogen und ganze Nationen vertilgten, die Sprache einer halben Welt von den Lippen der Lebenden verdrängten, sie waren doch nicht im Stande, zugleich auch deren Literatur bis aus das letzte Stäubchen zu ver nichten. Fürwahr, wir dürfen nicht klagen, daß die Schrecken jener Bölkerstürme uns so wenig vom Alterthum übrig ließen, wir möchten vielmehr staunen, wenn wir aus die griechische und römische Lite ratur blicken, wie Vieles und Mannigfaltiges uns erhalten blieb." Man kann also behaupten, daß der Werth des Buches ver- hältnißmäßig zunimmt, wo eine Erleichterung des Gebrauches und der Besichtigung eintritt; — man braucht also deshalb noch nicht zu wehklagen, daß die beiden herzoglichen Bibliotheken der Mal- boroughs und Hamiltons unter dem Hammer in alle Welttheile zerstreut werden; entschieden kommen sie in gute Hände, die fleißig für die Nachwelt daraus schöpfen werden. Denn im Grunde — was nützen diese Schätze in den Händen Derer, die davon nichts begreifen, die für die schönen Arbeiten des mittelalterlichen Mönches in seinem Skriptorium und der frühen Druckerpressen keinen Sinn, Gefühl und Geschmack besitzen; verbrennt sie, sagten die Barbaren, verkauft sie, sagt man heute! Und wir wissen recht wohl, daß sie sicher sind die Psalterien aus den alten deutschen Klöstern, diese un schätzbaren illustrirten Dantes, diese köstlichen griechischen Manu skripte. Es ist nicht ohne Interesse, zwei herzogliche Bibliotheken zu vergleichen, die gleichzeitig unter dem Hammer des Auktionators zersplittert werden. Beide sind Sammlungen der werthvollsten Art, wie sie jedenfalls nicht leicht wieder dem Bibliophilen geboten werden, geboten werden können, da es dergleichen Privatbiblio theken nur wenige in Europa gibt. Die Sunderland-Bibliothek, von einer Persönlichkeit ge sammelt, wurde vernachlässigt und zerfiel gewissermaßen; die Ha milton-Bibliothek dagegen hatte mehr Glück; nicht nur fanden sich zwei Männer von Geschmack vor, die sie sammelten, sie hatte auch Nachfolger, die mit gleicher Liebe die Bücher schätzten, sie hüteten und bewahrten. Die kostbaren Einbände der Hamilton'schcn Bücherei, von unfern Künstlern herrllhrend, biete» dem Liebhaber eine Ge schichte des Buchbindens, wie sie selten vereint war; bis aus den letztverstorbenen Herzog hinab, der ein großer Kenner und Liebhaber wirklich künstlerischer Einbände war, war jeder ein Bibliophile. Die Einbände der Hamilton-Bcckford-Bibliothek bilden des halb einen reizenden Contrast zu dem bedauernswürdigen Zustande der Sunderland'schen. Mr. Bcckford war einer jener enthusiastischen Sammler von Büchern, wie sein Schwiegersohn, der zehnte Herzog von Hamilton, sür prachtvolle gemalte Manuskripte, frühe Drucke mit Holz schnitten, Initialen und Illustrationen aller Art war. Auch war ihm für die Erwerbung jener Schätze alles günstig: ein langes Leben, ein großes Vermögen, so konnte er Meisterstück an Meister stück anreihen, seine Galerien wie seine Bibliothek ausdehnen und be reichern. Verarmte Eigcnthümer brachten ihre Kunstschätze aus Italien, Frankreich, den Niederlanden und Deutschland und traten gern die Familicnschätze ihrer ruinirten Häuser ab. *) Schmidt, Geschichte der Denk- und Glaubensfreiheit im erstell Jahrhundert der Kaiserherrschast und des Christenthuins. 1S47. Die berühmtesten Meister-Buchbinder sind in der Sammlung rcpräsentirt, wie Nicolas u. Clovis Evc — Le Ganon — Monnier — Desseuil — Boyer — Padeloup — Thouvenin — Bozerian — Simier — Montagu — Johnson — Baumgarten — Kalt- hoeber — Staggemeier — Welcker — Hering — Charles Lewis Clarke — Bedsord — Roger Pahne — von Letzterem sagt I)r. Dibdin, er erschien wie ein „ausgehender Stern", der sein Lustrum nach allen Seiten hin verbreitete, die Herzen aller edlen Söhne der Bibliomanie erfreuend. Sein Einband der Ausgabe des Aeschylus mit Illustrationen von Flaxman war ein Meisterstück, wofür er 1795 336 Mark berechnete. Die Becksord-Bibliothek ist reich an französischen Werken, französischen Einbänden und Ausgaben. Der Herzog selbst ist Duc de Chatelhörault de France, mit Königshäusern verschwägert, des halb auch der große Reichthum an Büchern mit dem Wappen von Franz I., Heinrich II. von Frankreich und von „Diane de Poitiers", in graucko söneobule, eine der geistvollsten und gelehrtesten Frauen einer witzigen und gelehrten Epoche. Ferner finden sich Bücher aus dem Besitz von Heinrich IV., Margarethe von Navarra und dem Cardinal von Bourbon vor. Merkwürdigerweise sucht man ver gebens nach einem Bande von dem weiblichen Bibliophil Ninon de l'Enclos. Die schöne Ninon — noch schön, als sie schon 80 Jahre alt war — hatte eine prachtvolle Bibliothek. Sie war sehr geist reich, denn wie bekannt las ihr Scarron seine Satiren vor, Moliörc seine Komödien, Larochefoucauld seine ückaximes, Saint Evremont seine Gedichte — Fontenelle seine visloxuos. Was ist aus den schönen Büchern der schönen Ninon geworden, wer kann berichten? Man sagt freilich, sie hätte sie an Voltaire vermacht, das ist aber kaum glaublich, denn er war bei ihrem Tode noch ein Knabe; ist dem aber doch so, dann müßten sich Bücher in der Eremitage von St. Petersburg vorfinden, wohin Voltaire's Bibliothek ging. Aber der Bibliophil kann sich sür diese Lücke trösten, finden wir doch hier Bücher von den berühmtesten Päpsten, den bewandertsten Cardinälen, Bischöfen, von Maioli und Laurinus — Soulin und Girardot de Prefond — Guyon de Sardisre und namentlich von Grolier. Wie der Herzog von Aumale ein König der Bibliophilen ist, so ist Grolier ein König des Büchereinbandes. Die Bibliothek des Herzogs von Aumale hat einen Werth von 200,000 -S und um saßt 10,000 Bände, von denen jeder einzelne Band sich rühmen kann, von einem Bibliophilen entdeckt worden zu sein. Grolier hatte einen wahren, nie wieder erreichten Schatz von Büchereinbänden. Man hat auch wirklich geglaubt, er sei selbst ein Buchbinder gewesen; dem ist aber keineswegs so. Jean Grolier, in Lyon 1479 geboren, war einer der Mäcene der französischen Renaissance. Franz I. machte ihn zum Intendanten der Finanzen und schickte ihn mit einem Gesandtschaftsaustrag nach Venedig, wo er auf seine Kosten „Do Lsso von Lnckavus" drucken ließ. Während seines Aufenthalts in Venedig gab er ein „historisches Diner" an sieben Buchdrucker, die er „die sieben Könige der Wissenschaft" nannte, und wohl mag sein Ausspruch gerechtfertigt erscheinen, wenn wir be denken, daß unter den Gästen sich der ewig berühmte Aldus Manutius befand. Als die Gäste ausbrachen, überreichte Grolier einem jeden ein Paar Panzerhandschuhe mit goldenen Zechinen gefüllt. Dieser große Patron der Buchdruckerkunst wurde 86 Jahre alt, er sammelte eine große Masse von prachtvoll gebundenen Büchern, die größtentheils die Aufschrift hatten: „L. ck. Krolior L ses amitj". Er war generös im Verleihen seiner Bücher an seine literarischen Freunde, und besonders freute es ihn, wenn die Bücher „nicht zurückgegeben wurden", denn, meinte er scherzend, seine Realen werden zum neuen Bücherkauf gelichtet! Da sich unter den Bcckford'schen Büchern eine große Anzahl von Grolier's Bänden ! fanden, ist es fast zu vermuthen, daß Grolier's Freunde behilflich
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